European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00592.76.0914.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Erblasserin hinterließ mehrere schriftliche letztwillige Verfügungen. In der als Nachtrag zu einem früheren Testament (vom Dezember 1964) bezeichneten letztwilligen Erklärung vom 2. Jänner 1966 ernannte die Erblasserin mehrere Testamentsvollstrecker, nämlich E* und drei weitere Personen. Die im § 80 AußStrG angeordnete Bekanntmachung dieser Anordnung unterblieb. Mit dem Beschluß des Erstgerichtes vom 13. Juni 1973, ON. 29, wurde die von der erblasserischen Enkelin S* auf Grund des mündlichen Testamentes vom 5. Feber 1973 zum ganzen Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung angenommen (Punkt 1.), hingegen der Antrag dieser Erbin, ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu übertragen, mit der Begründung abgewiesen, daß ihr Erbrecht nicht für ausgewiesen erkannt werde, da bei der Testamentserrichtung nicht alle Zeugen ununterbrochen anwesend gewesen seien (Punkt 2.). Während nämlich die Testamentszeugin L* bei der zum Zwecke der Kundmachung der mündlichen letztwilligen Erklärung durchgeführten Vernehmung ausgesagt habe, bei der Errichtung des mündlichen Testamentes ständig im Krankenzimmer der Erblasserin anwesend gewesen zu sein, hätte die zweite Zeugin, M* angegeben, sich nicht erinnern zu können, ob L* bei der Verlesung der letztwilligen Anordnung wieder hereingekommen sei. I* habe bezeugt, daß L* bei der Testamentserrichtung größtenteils anwesend gewesen sei. Die ständige Anwesenheit der L* hätte er aber nicht mit Sicherheit bezeugen können.
Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes in seinem Punkt 2.) dahin ab, daß der erbserklärten Erbin S* die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen wurde (Beschluß vom 25. Juli 1973, ON. 55). Das Rekursgericht kam nach eingehender Würdigung der Aussagen der Testamentszeugen zur Überzeugung, daß an der Anwesenheit aller drei Zeugen während der Testamentserrichtung nicht zu zweifeln sei. Da das Erbrecht der erbserklärten Erbin auf Grund des mündlichen Testaments der Erblasserin somit ausgewiesen sei, bestehe kein Grund, ihr die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses zu verweigern.
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 20. Dezember 1974, ON 143, wurde der Nachlaß der erbl. Enkelin S* eingeantwortet und die Verlassenschaftsabhandlung für beendet erklärt.
E* bekämpft „als Testamentsvollstreckerin“ den ihr auf Verlangen zusammen mit der Einantwortungsurkunde am 26. Mai 1976 zugestellten Beschluß des Rekursgerichtes ON 55, mit Revisionsrekurs. Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und festzustellen, daß das Erbrecht der S* nicht als ausgewiesen erachtet und der Beschluß des Erstgerichtes (ON 29) in seinem Punkt 2.) wieder hergestellt werde. Hilfsweise stellt sie den Antrag, den angefochtenen Beschluß ON 55 aufzuheben und den Untergerichten die eidliche Vernehmung der Testamentszeugen aufzutragen. Über ihren rechtzeitig gegen die Einantwortungsurkunde eingebrachten Rekurs wurde vom Rekursgericht bisher nicht entschieden.
Die Rekurslegitimation leitet die Rechtsmittelwerberin aus ihrer Ernennung zur Testamentsvollstreckerin ab. In dieser Eigenschaft sei sie berechtigt, die Annahme der ihrer Ansicht nach unberechtigten Erbserklärung und der sich daran anknüpfenden weiteren Verfügungen des Abhandlungsgerichtes mit Rekurs zu bekämpfen. Da die Aussagen der Testamentszeugen zur Frage einer ununterbrochenen und gleichzeitigen Anwesenheit bei der Testamentserrichtung einander widersprechen, liege kein formgerechtes mündliches Testament vor. Es wäre daher nach Ansicht der Rekurswerberin auf die Interessen der in der letztwilligen Anordnung vom Dezember 1964 samt Nachtrag vom Dezember 1965 eingesetzten und bestimmbaren Erben (jüdisches Altersheim und Blindenheim) Bedacht zu nehmen und der Verlassenschaftskurator nicht zu entheben gewesen.
Nach § 816 ABGB hat der Testamentsvollstrecker entweder als ein Machthaber die Anordnungen des Erblassers selbst zu vollziehen oder den saumseligen Erben zur Vollziehung desselben zu betreiben. Sein Aufgabenkreis ist durch die § 80, 95, 164 AußStrG genauer festgelegt worden. Zur Erfüllung dieser Aufgaben muß dem Testamentsvollstrecker die Möglichkeit eingeräumt werden, die Intentionen des Erblassers durchzusetzen. Deshalb wird sein Recht zur Antragstellung und zur Ergreifung von Rechtsmitteln gegen die darüber ergangenen Beschlüsse von der Rechtsprechung bejaht (GlUNF 2.145, SZ 14/246, SZ 40/62, SZ 41/70 u.a.; ebenso Rintelen, Verfahren Außerstreitsachen, Seite 72; a.M. Weiß in Klang2 III, S. 1058). Der Testamentsvollstrecker ist daher auch berechtigt, die Annahme seiner Ansicht nach unberechtigter Erbserklärungen und der daran anschließenden weiteren Verfügungen des Abhandlungsgerichtes mit Rekurs zu bekämpfen. E* ist somit zur Anfechtung der die Übertragung der Nachlaßverwaltung an die erbserklärte Erbin bewilligenden Rekursentscheidung legitimiert; ihr Revisionsrekurs ist aber nicht begründet.
Richtg ist, daß einem erbserklärten Erben ungeachtet der Annahme seiner Erbserklärung die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses nicht übertragen werden darf, wenn die der Erbserklärung zu Grunde liegende mündliche letztwillige Erklärung den äußeren Formerfordernissen eines Testamentes nicht entspricht und das Erbrecht daher nicht hinreichend ausgewiesen ist (§§ 123, 145 AußStrG). Die Einhaltung der äußeren Form eines außergerichtlichen mündlichen Testamentes ist schon dann anzunehmen, wenn dargetan ist, daß bei der letztwilligen Erklärung drei fähige Zeugen gleichzeitig anwesend waren, worunter Personen zu verstehen sind, die nicht offenbar von der Funktion eines Testamentszeugen im Sinne der §§ 591 ff ABGB ausgeschlossen sind (NotZ 1931 S. 57, RiZ 1964 S 16, RiZ 1965 S 47 ua). Nach den Feststellungen des Rekursgerichtes waren die oben erwähnten drei Zeugen bei der Erklärung des letzten Willens der Erblasserin gleichzeitig anwesend. Der Oberste Gerichtshof ist, da er auch im außerstreitigen Verfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist (EvBl 1973/222 uva), an diese Feststellung gebunden. Er hat nur die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, nicht aber die Würdigung der Beweise durch die zweite Instanz zu überprüfen (ebenso 5 Ob 70/7, 5 Ob 109/74, 1 Ob 621/76). Die mangelnde Übereinstimmung der drei Testamentszeugen in der Frage ihrer gleichzeitigen Anwesenheit ist für die Einhaltung der äußeren Form des mündlichen Testamentes unerheblich. Die Übereinstimmung der Aussagen könnte auch durch andere Beweismittel als durch die Vernehmung der Testamentszeugen erwiesen werden, soweit es sich um die äußere Form handelt (vgl. Weiss in Klang2 III S. 326). Die Frage der Gültigkeit des mündlichen Testamentes, dessen Inhalt im vorliegenden Fall alle drei Testamentszeugen übereinstimmend wiedergegeben haben, ist ausschließlich im Rechtsweg zu klären. Ein unter Einhaltung der äußeren Form errichtetes mündliches Testament ist so lange als gültig anzusehen, als seine Ungültigkeit nicht im Prozeß erwiesen ist. Bei der Entscheidung, ob das Erbrecht hinreichend ausgewiesen und damit eine wesentliche Voraussetzung für die Überlassung der Besorgung und Verwaltung des Nachlasses erfüllt ist, kann auf die Frage der Gültigkeit der mündlichen letztwilligen Erklärung hinsichtlich der inneren Form nicht eingegangen werden. Die Beeidigung der Zeugen, von welchen ein eigenhändig gefertigter Aufsatz über das mündlich errichtete Testament vorliegt oder welche nach der Vorschrift des § 65 AußStrG vernommen sind, ist nach § 123 Abs. 2 AußStrG zur Ausweisung des Rechtstitels an sich nicht erforderlich. Die Einhaltung der äußeren Form kann allerdings auch noch im Prozeßweg bestritten werden.
Das Rekursgericht ist somit zutreffend davon ausgegangen, daß die erbserklärte Erbin ihr Erbrecht hinreichend ausgewiesen hat. In der Übertragung der Nachlaßverwaltung an die erbserklärte Erbin kann daher ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.Der Revisionsrekurs erweist sich aus den dargestellten Erwägungen als unberechtigt, sodaß ihm der Erfolg zu versagen war.
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