OGH 3Ob117/76

OGH3Ob117/767.9.1976

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Winkelmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fedra, Kinzel, Dr. Reithofer und Dr. Stix als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei G* H*, Hafnermeister, *, vertreten durch Dr. Max Kogler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, und anderer betreibender Gläubiger wider die verpflichteten Parteien 1.) E* S*, Ingenieur und Firmengesellschafter, *, 2.) L* S*, Realitätenbesitzer und Firmengesellschafter, *, 3.) S* S*, Realitätenbesitzer und Firmengesellschafter, *, 4.) Dr. G* B*, Wirtschaftsjurist, *, 5.) K* M*, Firmengesellschafterin, *, 6.) O* S*, Grafiker und Firmengesellschafter, *, 7.) P* S*, Gartengestalter und Firmengesellschafter, *, 8.) D* R*, Firmengesellschafterin, *, USA, die viertverpflichtete Partei vertreten durch Dr. Alfred Daljevec, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 20.000.000,– s.A., 1.) Rekurses der betreibenden Partei und 2.) Revisionsrekurses der viertverpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 30. 6. 1976, GZ. 2 R 246/76‑16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bad St. Leonhard i.L. vom 24. 4. 1976, E 2006/76‑3 teils als nichtig aufgehoben, teils bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00117.76.0907.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I.) 1.) Aus Anlaß des Rekurses der betreibenden Partei wird der angefochtene Beschluß in seinem Punkt 1.), soweit er die erst-, zweit-, dritt-, sechst‑ und achtverpflichteten Parteien betrifft, als nichtig aufgehoben und der Rekurs der viertverpflichteten Partei gegen Punkt C) der erstinstanzlichen Exekutionsbewilligung hinsichtlich der erst-, zweit-, dritt-, sechst- und achtverpflichteten Parteien zurückgewiesen.

2.) Im übrigen wird dem Rekurs der betreibenden Partei Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird in seinem die viertverpflichtete Partei betreffenden Teil des Punktes 1.) dahin abgeändert, daß die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes im Punkt C) und im Kostenpunkt hinsichtlich der viertverpflichteten Partei wiederhergestellt wird.

3.) Die von der viertverpflichteten Partei zu ersetzenden Rekurskosten der betreibenden Partei werden mit S 30.844,80 (darin S 2.284,80 Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

 

II.) Der Revisionsrekurs der viertverpflichteten Partei wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Auf Grund des vollstreckbaren Vergleiches des Handelsgerichtes Wien vom 12. 11. 1975, 12 Cg 193/75, und des Zessionsvertrages vom 30. 3. 1976, bewilligte das Erstgericht zur Hereinbringung der Forderung des betreibenden Gläubigers von S 20.000.000,— s.A. die Zwangsversteigerung der Liegenschaftsanteile

A) der erst- bis achtverpflichteten Parteien an der Liegenschaft EZ * Kat.Gem.P*, Gerichtsbezirk Bad St. Leonhard

B) der erst- bis fünftverpflichteten Parteien an der Liegenschaft EZ * Kat.Gem.P*, Gerichtsbezirk Bad St. Leonhard

C) der erst- bis viert-, sechst- und achtverpflichteten Parteien an den Liegenschaften EZ * und EZ * Kat.Gem.E*, Gerichtsbezirk Eisenkappel.

Das Rekursgericht hob diesen Exekutionsbewilligungsbeschluß aus Anlaß des vom Viertverpflichteten ergriffenen Rekurses „in seinem Punkt C) (Bewilligung der Exekution durch Zwangsversteigerung der Anteile der Erst-, Zweit-, Dritt-, Viert-, Sechst- und Achtverpflichteten an den Liegenschaften * und EZ * Kat.Gem.E*, Gerichtsbezirk Eisenkappel)“ einschließlich des davon betroffenen, S 61.620,58 übersteigenden Teiles der Kostenentscheidung wegen Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Bad St. Leonhard i.L. als nichtig auf und überwies den Exekutionsantrag in diesem Umfange gemäß § 44 Abs 1 JN dem Bezirksgericht Eisenkappel, dem es auch die Entscheidung über die restlichen Kosten des Exekutionsbeschlusses von  7.272,11 vorbehielt (Punkt 1.) des Beschlusses des Rekursgerichtes). Es war der Ansicht, daß das Bezirksgericht Bad St. Leonhard als Exekutionsgericht zur Bewilligung der Exekution durch Zwangsversteigerung der nicht in seinem Sprengel gelegenen Liegenschaften unzuständig sei. Die Unzuständigkeit sei im Exekutionsverfahren in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen und begründe gemäß § 51 EO in Verbindung mit § 477 Abs 1 Z 3 ZPO Nichtigkeit. Im Punkt 2.) seiner Entscheidung gab das Rekursgericht dem Rekurs des Viertverpflichteten nicht Folge und sprach aus, daß der Rechtsmittelwerber die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen habe.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird in seinem Punkt 1.) vom betreibenden Gläubiger mit Rekurs und im Punkt 2.) sowie im Kostenausspruch vom Viertverpflichteten mit Revisionsrekurs bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

 

I. Zum Rekurs des betreibenden Gläubigers:

 

Wird eine Exekutionsbewilligung wegen Unzuständigkeit des angerufenen und in erster Instanz einschreitenden Gerichtes vom Rekursgericht als nichtig aufgehoben und der Exekutionsantrag gemäß § 44 JN an das zuständige Gericht überwiesen, so liegt in Wahrheit eine abändernde und daher grundsätzlich anfechtbare Entscheidung vor (SZ 41/180, 3 Ob 129/74, Fasching IV, 442). Der Rekurs des betreibenden Gläubigers ist daher zulässig. Aus Anlaß dieses Rekurses ist folgender, vom Rekurs nicht geltend gemachte Sachverhalt aufzugreifen:

Der Viertverpflichtete hatte mit seinem Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung der ersten Instanz nicht nur die Exekution auf seine eigene Liegenschaftsanteile, sondern nach dem Wortlaut seiner Anfechtungserklärung und auch nach dem Rechtsmittelantrag die Bewilligung der Exekution auf die Liegenschaftsanteile sämtlicher – in der Anfechtungserklärung namentlich angeführter – Verpflichteten bekämpft. Ein Vollstreckungsgenosse ist jedoch nur zum Rekurs gegen jenen Teil der Exekutionsbewilligung berechtigt, der ihn selbst betrifft. Durch die Solidarhaftung mehrerer Verpflichteter für eine Geldschuld entsteht im Exekutionsverfahren kein der notwendigen Streitgenossenschaft des Zivilprozesses ähnliches Rechtsverhältnis, das einen Vollstreckungsgenossen zur Anfechtung der Exekution auf das Vermögen der Mitverpflichteten legitimieren würde. Der Rekurs des Viertverpflichteten wäre daher, soweit er die Exekution gegen die übrigen Verpflichteten betraf, vom Rekursgericht zurückzuweisen gewesen. Die Bewilligung der Exekution auf die Liegenschaftsanteile der Erst-, Zweit-, Dritt-, Sechst- und Achtverpflichteten war also im Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichtes mangels Anfechtung durch die hievon betroffenen Verpflichteten bereits rechtskräftig. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, stellt die Nichtbeachtung der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung eine im § 477 ZPO selbst nicht genannte Nichtigkeit dar (SZ 30/48, EvBl 1969/65, RZ 1970, 125 u.v.a), die auch von Amts wegen wahrzunehmen war. Die Entscheidung des Rekursgerichtes war daher im Punkt 1., soweit sie die Erst-, Zweit-, Dritt-, Sechst- und Achtverpflichteten betrifft, wenn dies auch im Rekurs des betreibenden Gläubigers nicht geltend gemacht worden war, vom Obersten Gerichtshof als nichtig aufzuheben und es war in diesem Umfang der Rekurs des Viertverpflichteten wegen den Beschluß des Erstgerichtes zurückzuweisen.

Dem Rekurs des betreibenden Gläubigers ist zuzustimmen, daß das Rekursgericht die Zuständigkeit des Erstgerichtes zu Unrecht verneint hat. Nach § 6 EO hat der Gläubiger die Wahl, bei welchem der zum Einschreiten als Exekutionsgericht zuständigen Gerichte er um Bewilligung einer Exekution ansuchen will, wenn wegen der Lage des Vermögens, auf das Exekution geführt werden soll, in verschiedenen Gerichtssprengeln einleitende Exekutionshandlungen vorzunehmen sein würden. Diese Bestimmung gilt nicht nur für den Fall der ausschließlichen Zuständigkeit des Exekutionsgerichtes zur Exekutionsbewilligung (§ 4 Abs 1 Z 6 EO), sondern auch dann, wenn um Bewilligung der Exekution entweder beim Titelgericht oder beim Exekutionsgericht angesucht werden kann (§ 4 Abs 2 EO; Heller-Berger-Stix Seite 175 f mit ausführlicher Begründung). Der Gläubiger kann daher zwischen den mehreren Gerichten wählen, bei welchen sich die Einlagen der in Exekution zu ziehenden Liegenschaften befinden (§ 18 Z 1 EO). Das Erstgericht war demnach hinsichtlich sämtlicher Liegenschaften für die Bewilligung der Exekution zuständig.

Dem Rekurs des betreibenden Gläubigers war daher im übrigen Folge zu geben und die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes im Punkt C) hinsichtlich des Viertverpflichteten wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründen sich auf die §§ 41, 50 ZPO und 78 EO). Die Bestimmung des § 51 ZPO ist nicht anwendbar, da nur die Entscheidung des Rekursgerichtes, nicht das Verfahren als nichtig aufgehoben wurde. Gegenüber den Erst-, Zweit-, Dritt-, Sechst- und Achtverpflichteten gebührt dem betreibenden Gläubiger kein Kostenersatz, da er die teilweise Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses nicht geltend machte. Aus dem gleichen Grund hat der betreibende Gläubiger auch gegenüber dem Viertverpflichteten keinen Anspruch auf Ersatz des verzeichneten Streitgenossenzuschlages. Die Eingabengebühr kann nicht zugesprochen werden, da sie nicht beigebracht wurde.

 

II. Zum Revisionsrekurs des Viertverpflichteten:

 

Gemäß §§ 78 EO, 528 Abs 1 Z 1 ZPO ist auch in Exekutionssachen eine bestätigende Entscheidung zweiter Instanz mit Ausnahme der Fälle der §§ 83 Abs 3 und 239 Abs 3 EO unanfechtbar. Bei einer teilweise bestätigenden Rekursentscheidung gilt dies jedoch nur, wenn eine Trennung der vom Rekursgericht getroffenen Entscheidungen wegen ihres inneren Zusammenhanges nicht möglich wäre (SZ 25/224 u.a.). Besteht ein solcher innerer Zusammenhang nicht, was insbesondere dann der Fall ist, wenn von mehreren Ansprüchen jeder einzelne ein verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (JBl 1964, 328), ist jeder Teil gesondert zu beurteilen. Da es sich bei den Exekutionsanträgen auf Zwangsversteigerung mehrerer Liegenschaften um verschiedene, wenn auch gleichartige Exekutionen handelt, die ein voneinander unabhängiges Schicksal haben können, fehlt es im vorliegenden Fall an dem für die Rechtsmittelzulässigkeit erforderlichen inneren Zusammenhang der in den Punkten 1.) und 2.) des angefochtenen Beschlusses ergangenen Entscheidungen.

Soweit der Revisionsrekurs die übrigen Verpflichteten betrifft, ist er aus den bei der Erledigung des vom betreibenden Gläubiger erhobenen Rekurses dargestellten Erwägungen auch mangels der Rekurslegitimation des Viertverpflichteten unzulässig. Im Kostenpunkt ist der Beschluß der zweiten Instanz auch nach §§ 78 EO, 528 Abs 1 Z 2 ZPO unanfechtbar.

Der Revisionsrekurs des Viertverpflichteten war daher zurückzuweisen.

 

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