OGH 4Ob553/76

OGH4Ob553/7615.6.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1./ A*, Maler- und Anstreichergeselle *, 2./ H*, Krankenschwester, ebendort, beide vertreten durch Dr. Felix Winiwarter, Rechtsanwalt in Krems, wider die beklagte Partei A*, Pensionistin *, vertreten durch Dr. Michael Stern, DDr. Peter Stern, Rechtsanwälte in Wien, wegen Duldung (Streitwert S 15.000,‑‑) infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Berufungsgerichtes vom 18. März 1976, GZ. R 62/76‑24, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Krems an der Donau vom 27. Dezember 1975, GZ. C 348/75‑16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00553.76.0615.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Beklagten die mit S 1.882,29 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 240,-- Barauslagen uns S 121,65 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind auf Grund des Kaufvertrages vom 24. April 1972 (Beilage ./G) je zur Hälfte bücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ * KG.* mit dem Haus * bzw. *. Auf dieser Liegenschaft ist zugunsten der Beklagten – der Mutter der Verkäuferin E* – das „Mitbenützungsrecht auf die Dauer ihres Witwenstandes“ einverleibt. Gemäß Punkt III. des Kaufvertrages haben die Kläger diese ihnen bekannte „Reallast“ übernommen, wobei ausdrücklich festgehalten wurde, daß „eine Regelung über das Ausmaß dieses Mitbenützungsrechtes zwischen der Verkäuferin und A* nicht besteht“. Tatsächlich war der Inhalt des in Rede stehenden „Mitbenützungsrechtes“ der Beklagten weder bei seiner Bestellung durch die Rechtsvorgänger der Kläger näher umschrieben noch später klargestellt worden; Übereinstimmung hatte nur darüber bestanden, daß die Liegenschaft im Besitz der Familie des verstorbenen Mannes der Beklagten bleiben und daß diese mit ihren Kindern dort Aufenthalt nehmen sollte. Eine Vereinbarung in der Richtung, daß bestimmte Räumlichkeiten einer der beteiligten Personen zur alleinigen Benützung zufallen sollten, war nicht getroffen worden. Auch die Beklagte war sich darüber klar gewesen, daß sie und ihre Kinder als Familie das Haus und den Garten gemeinsam benützen würden. Derzeit wird die Liegenschaft EZ * KG. * von der Beklagten allein bewohnt und benützt.

Mit der Behauptung, daß die Beklagte nicht bereit sei, den Klägern die Mitbenützung ihres Eigentums zu gestatten, stellen die Kläger unter Berufung auf § 354 ABGB den Urteilsantrag, die Beklagte sei schuldig zu dulden, daß die Kläger das gegenständliche Haus samt Garten „jederzeit unbeschränkt mitbenützen“ könnten.

Demgegenüber behauptet die Beklagte, daß ihr im Jahr 1943 das alleinige Benützungsrecht an der gegenständlichen Liegenschaft eingeräumt worden sei. Sie habe das Haus und den Garten bis zuletzt immer allein benützt und auch alle öffentlichen Abgaben für die ganze Liegenschaft gezahlt. Eine Mitbenützung des Hauses durch die Kläger wäre überdies auch praktisch ausgeschlossen, weil es sich um ein ausgesprochenes Einfamilienhaus handle, welches zur gemeinsamen Benützung mit familienfremden Personen ungeeignet sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Fehlens der nach § 226 ZPO erforderlichen Bestimmtheit ab.

Die Berufung der Kläger blieb erfolglos. Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und verwies ergänzend darauf, daß das „Mitbenützugsrecht“ der Beklagten, falls es nicht „allumfassend“ sein sollte, vorerst in seinem Umfang bestimmt werden müsse; erst dann könnte den Klägern – unter der Voraussetzung eines entsprechenden Urteilsbegehrens – kraft ihres Eigentumsrechtes eine Benützung der gegenständlichen Liegenschaft über den Umfang des Mitbenützungsrechtes der Beklagten hinaus nicht verwehrt werden.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,‑‑übersteigt, wird von den Klägern seinem ganzen Inhalt nach mit Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Der Revisionsantrag geht auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte hat beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Untergerichte sind im Sinne der von ihnen angeführten Lehre und Rechtsprechung zutreffend davon ausgegangen, daß ein Duldungsbegehren, wie es hier vorliegt, nur dann die nach § 226 ZPO erforderliche Bestimmtheit aufweist, wenn es die Art und den Umfang der vom Beklagten zu duldenden Handlungen des Klägers eindeutig erkennen läßt. Diesen Anforderungen wird jedoch das hier erhobene Begehren auf Duldung der „jederzeitigen unbeschränkten Mitbenützung“ der EZ * KG. * schon deshalb nicht gerecht, weil ihm überhaupt nicht zu entnehmen ist, auf welche Teile des Hauses sich dieses – unbestrittenermaßen durch die verbücherte persönliche Dienstbarkeit der Beklagten beschränkte – Recht der Kläger auf Mitbenützung ihrer Liegenschaft erstrecken und auf welche Weise es überhaupt ausgeübt werden soll. In dieser allgemeinen Fassung könnte das Begehren der Kläger daher, wie das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang mit Recht hervorgehoben hat, keinesfalls die Grundlage einer Exekutionsführung nach § 355 EO sein. Gegen die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung vermag auch die Revision der Kläger keine stichhältigen Argumente vorzubringen; entgegen ihren Behauptungen müßte insbesondere der Versuch einer Exekutionsführung in der Weise, daß „jeder Versuch der Beklagten, die Mitbenützung der Kläger zum Beispiel durch Absperren des Hauses oder einzelner Räume desselben zu verhindern, durch Aufsperren durch den Exekutor bzw. in der Folge durch Zwangs- und Beugemaßnahmen verhindert wird“, schon an der völligen Unbestimmtheit des von den Klägern hier in Anspruch genommenen Mitbenützungsrechtes scheitern. Aus dem gleichen Grund kann dem Urteilsantrag der Kläger aber auch nicht teilweise – etwa durch die von den Klägern begehrte Einfügung der Worte: „… beschränkt durch das Mitbenützungsrecht der Beklagten“ – Folge gegeben werden.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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