OGH 3Ob58/76

OGH3Ob58/768.6.1976

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Winkelmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reithofer, Dr. Stix, Dr. Schubert und Dr. Wurz als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei U*, vertreten durch Dr. Gerhard Schütz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Erwirkung von Unterlassungen (§ 355 EO), 1.) infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS. Wien als Rekursgerichtes vom 25. Februar 1976, GZ. 46 R 46-48/76-24, insoweit der Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 1. Dezember 1975, GZ 14 E 9923/75-5, abgeändert wurde, und 2.) infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS. Wien als Rekursgerichtes vom 7. April 1976, GZ. 46 R 46-48/76-28, womit der Revisionsrekurs teilweise zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00058.76.0608.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Rekurs (ON 31) wird nicht Folge gegeben. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses ON 26, insoweit sich dieser gegen Punkt II des Spruches des rekursgerichtlichen Beschlusses ON 24 richtet, wird somit bestätigt. Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses ON 31 selbst zu tragen.

Dem Revisionsrekurs (ON 26) wird insoweit, als sich das Rechtsmittel gegen Punkt I des Beschlusses ON 24 richtet, Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird im Punkt I des Spruches dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Beschluß ON 5 wiederhergestellt wird. Der Verpflichtete hat die Kosten seines Rekurses (ON 12) selbst zu tragen.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, dem betreibenden Gläubiger die mit S 4.039,20 bestimmten Kosten des Revisionsrekurses ON 26 (darin S 259,20 Umsatzsteuer und S 540,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Begründung:

Das Handelsgericht Wien bewilligte der betreibenden Partei als Titelgericht mit Beschluß vom 27. November 1975, 18 Cg 307/75, gegen die verpflichtete Partei auf Grund der einstweiligen Verfügung vom 21. November 1975 die Exekution „durch Verbot der Ankündigung des Verkaufes von Waren, die aus der Konkursmasse des Konkurses über das Vermögen der L*Gesellschaft m.b.H., *, zu S 77/75 des Landesgerichtes Innsbruck stammt, und auch eigener Ware, in *, als Konkursverkauf, u.zw. im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit Leder- und Pelzwarenbekleidung“. Als Exekutionsgericht schreitet das Exekutionsgericht Wien zu 14 E 9.925/75 ein. Der Exekutionsbewilligungsbeschluß wurde der verpflichteten Partei am 28. November 1975 zugestellt.

Am 1. Dezember 1975 (ON 3) brachte die betreibende Partei einen Antrag auf Verhängung der Haft in der Dauer von drei Tagen gegen den Verpflichteten sowie auf Androhung der Haft in der Dauer von zehn Tagen für den Fall des neuerlichen Zuwiderhandelns ein. Dieser Antrag wurde damit begründet, daß die verpflichtete Partei nach Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses „unverändert und unter Mißachtung des gerichtlichen Verbotes diesem zuwiderhandle, u.zw. in der Annoncenwerbung und in Hinweistafeln im Geschäftslokal, *.“

Das Erstgericht verhängte mit Beschluß vom 1. Dezember 1975, ON 5, gegen die verpflichtete Partei wegen Zuwiderhandelns gegen die Exekutionsbewilligung am 29. und 30. November 1975 eine Geldstrafe von S 10.000,--. Das Mehrbegehren auf Verhängung einer Haftstrafe von drei Tagen und auf Androhung der Haft in der Dauer von 10 Tagen für den Fall des weiteren Zuwiderhandelns wies es hingegen ab. Dazu stellte das Erstgericht in seinem Beschluß fest, daß die verpflichtete Partei nach Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses vom 27. November 1975 am 29. und 30. November 1975 diesem Beschluß zuwidergehandelt habe. Die verhängte Geldstrafe sei im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage angemessen. Die Androhung einer weiteren Strafe sei unzulässig.

Dieser Beschluß wurde hinsichtlich der Verfahrenskosten durch den in der Folge unangefochten gebliebenen Beschluß ON 8 ergänzt.

Am 9. Dezember 1975, ON 11, beantragte die betreibende Partei, die neuerliche Verhängung einer Haftstrafe gegen den Verpflichteten wegen eines neuerlichen Zuwiderhandelns am 6. Dezember 1975. Diesen Antrag wies das Erstgericht mit Beschluß vom 10. Dezember 1975, ON 13, ab. Am 15. Dezember 1975, ON 15, brachte die betreibende Partei einen weiteren Antrag auf Verhängung einer Haftstrafe wegen eines neuerlichen Zuwiderhandelns des Verpflichteten am 14. Dezember 1975 ein. Dieser Antrag wurde vom Erstgericht mit Beschluß vom 17. Dezember 1975, ON 16, abgewiesen.

Gegen den Beschluß ON 5 erhob der Verpflichtete insoweit Rekurs, als gegen ihn eine Beugestrafe verhängt worden war. Gegen die Beschlüsse ON 13 und 16 erhob die betreibende Partei die Rekurse ON 18 und 21.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verpflichteten Folge, es änderte den erstgerichtlichen Beschluß ON 5 dahin ab, daß es den Strafvollzugsantrag ON 3 abwies (Punkt I des Beschlusses ON 24). Den beiden Rekursen des betreibenden Gläubigers wurde hingegen nicht Folge gegeben (Punkt II des Beschlusses ON 24). Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, die Exekutionsbewilligung des Handelsgerichtes Wien widerspreche dem Gesetz, weil sie den beizutreibenden Anspruch nicht angebe. Die Exekutionsbewilligung habe nur in der Erlassung eines Verbotes bestanden. Ein derartiges Exekutionsmittel sei aber im Gesetz (§ 355 EO) nicht vorgesehen und daher unzulässig. Davon abgesehen sei es auch nicht sinnvoll, ein Verbot, das dem Verpflichteten vermutlich bereits in der einstweiligen Verfügung, also im Exekutionstitel, erteilt worden sei, in der Exekutionsbewilligung zu wiederholen. Dazu komme, daß der Vollzug eines Verbotes durch seine Zustellung an den Adressaten erfolge. Hiezu bedürfe es also keiner Exekution. Da somit nicht feststellbar sei, zur Erwirkung welchen Unterlassungsanspruches der betreibenden Partei die Exekutionsbewilligung des Handelsgerichtes Wien vom 27. November 1975, 18 Cg 307/75, erteilt worden sei, dürften im vorliegenden Exekutionsverfahren keine Vollzugsbeschlüsse gefaßt werden. Mit diesen Ausführungen wurde  ohne ausdrücklichen Hinweis auch die Bestätigung der Beschlüsse ON 13 und 16 begründet.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes (Pkt. I u. II) erhob die betreibende Partei Revisionsrekurs (ON 26).

Das Rekursgericht wies mit dem Beschluß ON 28 den Revisonsrekurs, insoweit sich dieser gegen Punkt II des Beschlusses ON 24 (Bestätigung der Abweisung der Strafvollzugsanträge ON 11 und 15) richtete, gemäß § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO, § 78 EO als unzulässig zurück.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluß erhob der betreibende Gläubiger ein Rechtsmittel, u.zw. den unrichtig als Revisionsrekurs bezeichneten Rekurs ON 31.

Rechtliche Beurteilung

Zum Rekurs ON 31 gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ON 28:

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Im Fall der Bestätigung eines erstgerichtlichen Beschlusses ist auch im Exekutionsverfahren ein weiterer Rechtszug unzulässig (§ 528 Abs. 1 Z 1 ZPO, § 78 EO). Es muß sich hierbei um eine voll bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes handeln (JB 56 neu = SZ 24/335). Wurde aber in einem Beschluß über zwei von einander nach ihren rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen deutlich verschiedene und abgesondert entscheidbare Gegenstände entschieden, so ist die Bestätigung der Entscheidung der zweiten Instanz in Ansehung eines dieser Gegenstände als vollbestätigend anzusehen und damit nach § 528 Abs. 1 Z. 1 ZPO unanfechtbar (Fasching IV, 454 f.; Heller-Berger-Stix, 664 f.; JBl 1964, 328, SZ 26/254, MietSlg 19.535, MietSlg. 24.586, u.v.a.). Werden in einer Unterlassungsexekution (§ 355 EO) nacheinander Strafvollzugsanträge nach § 355 Abs. 1 EO wegen wiederholten Zuwiderhandelns gegen die Exekutionsbewilligung gestellt, so handelt es sich um verschiedene Anträge mit eigenem tatsächlichen und rechtlichen Schicksal, über die abgesondert zu entscheiden ist, wie das im vorliegenden Fall auch die erste Instanz gemacht hat. Lediglich das Rekursgericht hat über die drei Straftvollzugsanträge in einem gemeinsamen Beschluß entschieden. Dieser Umstand vermag nichts daran zu ändern, daß es sich hierbei um die Entscheidung über völlig verschiedene Ansprüche gehandelt hat. Es ist auch bedeutungslos für die Beurteilung der Zulässigkeit der Anfechtung der Entscheidung der zweiten Instanz über verschiedene Ansprüche, aus welchen Erwägungen und Gründen die zweite Instanz über die einzelnen Ansprüche entschieden hat. Im vorliegenden Fall ist es daher bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtszuges an den Obersten Gerichtshof unbeachtlich, daß das Rekursgericht alle drei Strafvollzugsanträge mit der Begründung für nicht berechtigt angesehen hat, daß die Exekutionsbewilligung überhaupt nicht vollstreckbar sei.

Das Rekursgericht hat daher den Revisionsrekurs der betreibenden Partei (ON 26), soweit sich dieser gegen den bestätigenden Teil (Punkt II) des rekursgerichtlichen Beschlusses ON 24 richtet, mit Recht zurückgewiesen.

II. Zum Revisionsrekurs ON 26:

Der Revisionsrekurs ist insoweit, als er sich gegen Punkt I des rekursgerichtlichen Beschlusses ON 24 richtet, zulässig und berechtigt.

Der betreibende Gläubiger wendet sich mit diesem Rechtsmittel dagegen, daß das Rekursgericht den Exekutionsbewilligungsbeschluß als nicht vollstreckbar angesehen hat.

Trotz der ungewöhnlichen Formulierung des Begehrens besteht kein Zweifel, daß die betreibende Partei auf Grund der einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 21. November 1975, 18 Cg 307/75 eine Unterlassungsexekution im Sinne des § 355 EO beantragt und vom Titelgericht rechtskräftig bewilligt erhalten hat. Auch für den Verpflichteten bestanden nach seinem weiteren Vorbringen im Verfahren diesbezüglich offenbar keinerlei Zweifel. Der Beschuß des Handelsgerichtes Wien vom 27. November 1975, 18 Cg 307/75, ist daher als Bewilligung der Exekution zur Erwirkung der Unterlassung der Ankündigung des Verkaufes von Waren, die aus der Konkursmasse des Konkurses über das Vermögen der L*-Gesellschaft m.b.H., *, zu S 77/75 des Landesgerichtes Innsbruck stand, und auch eigener Ware, in *, als Konkursverkauf, u.zw. im geschäftlichen Verkehr beim Einzelhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit Leder-und Pelzwarenbekleidung, zu verstehen, wie dies das Erstgericht in seinem Beschluß ON 5 (bzw. ON 8) auch richtig zum Ausdruck gebracht hat.

Geht man nun von einer wirksamen Exekutionsbewilligung zur Erwirkung der oben näher bezeichneten Unterlassungen aus, so erweist sich der Strafvollzugsantrag der betreibenden Partei vom 1. Dezember 1975 (ON 3)  entgegen der Meinung der verpflichteten Partei als berechtigt. Beim ersten Antrag auf Verhängung einer Strafe nach § 355 Abs. 5 EO ist lediglich zu prüfen, ob der Verpflichtete der Exekutionsbewilligung nach der Zustellung zuwider gehandelt hat (EvBl 1975/9 u.a.). Der betreibende Gläubiger muß das Zuwiderhandeln konkret und schlüssig behaupten (Heller-Berger-Stix, 2.589). Ein solches Vorbringen beinhaltet der Strafvollzugsantrag ON 3 vom 1. Dezember 1975. Denn der betreibende Gläubiger behauptete in diesem Antrag ausdrücklich, daß der Verpflichtete am 29. und 30. November 1975, also nach Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses und vor Einbringung des Strafvollzugsantrages der Exekutionsbewilligung zuwider gehandelt habe. Wenn die verpflichtete Partei dagegen in ihrem Rekurs (ON 12) ausführt, die Inserate seien nicht von ihr eingeschaltet worden, so handelt es sich hierbei um im Rekursverfahren unzulässige und daher unbeachtliche Neuerungen. Das Erstgericht hat daher mit Recht gegen den Verpflichteten eine Strafe verhängt, daß das Erstgericht nur eine Geldstrafe als erste Strafe als ausreichend angesehen hat, blieb seitens des betreibenden Gläubigers unbekämpft. Soweit sich der Verpflichtete in seinem Rekurs gegen die Höhe der Geldstrafe wendet, kommt dem Rekurs keine Berechtigung zu: Die Geldstrafe ist der Höhe nach dem Inhalt des Unterlassungsanspruches auch als erste Strafe angemessen. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, daß auf Grund verbotswidriger Werbung getätigte Pelzverkäufe des Verpflichteten – im Verhältnis zur verhängten Geldstrafe beträchtliche Nachteile für die durch den Exekutionstitel geschützten Konkurrenten des Verpflichteten zur Folge haben können.

Es war daher dem Revisionsrekurs insoweit Folge zu geben, als er sich gegen die Abweisung des Vollzugsantrages ON 5 gerichtet hat.

Die Entscheidung über die Kosten dieses Revisionsrekurses stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO, § 78 EO.

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