OGH 5Ob538/76

OGH5Ob538/761.6.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Samsegger und Dr. Griehsler als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.‑Ing. DDr. J* G*, Rechtsanwalt, *, wider die beklagten Parteien 1.) W* S*, Kriminalbeamter, und 2.) E* S*, Angestellte, beide in * wohnhaft, beide vertreten durch Dr. Rudolf Pippan, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 56.650,30 s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 1. Dezember 1975, GZ 3 R 144/75‑24, womit infolge Berufung der klagenden und der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 25. Juli 1975, GZ 16 Cg 166/74‑16, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0050OB00538.76.0601.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.909,47 (einschließlich S 171,07 Umsatzsteuer und S 600,— Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte die solidarische Verurteilung beider Beklagter zur Zahlung von insgesamt S 56.650,30 samt 4 % Verzugszinsen seit 16. Dezember 1973. Er behauptete, diesen Betrag schuldeten ihm die beiden Beklagten als Auftraggeber für ihre Rechtsvertretung im Strafverfahren gegen L* G* wegen Betruges (AZ 12 Vr 1597/69 des Landesgerichtes Klagenfurt), im Nachlaßverfahren nach P* G* (AZ A 57/60 des Bezirksgerichtes Rosegg) und im Erbschaftsstreit gegen L* G* (AZ 17 Cg 77/71 des Landesgerichtes Klagenfurt). In allen diesen Verfahren sei er, der Kläger, zwar auf Grund der Bevollmächtigung durch die Zweitbeklagte aufgetreten, doch habe die Aufträge hiezu ihr Gatte, der Erstbeklagte, erteilt, der rechtlich sehr versiert sei und sich überdies am 6. November 1973 auch ausdrücklich zur Bezahlung der Kosten der Vertretung der Zweitbeklagten verpflichtet habe.

Die Beklagten haben die Abweisung des Klagebegehrens beantragt. Sie stellten die Ansprüche des Klägers der Höhe nach außer Streit. Der Erstbeklagte bestritt jedoch, in eigenem Namen Aufträge zur Rechtsvertretung seiner Frau, der Zweitbeklagten, erteilt und eine Verpflichtung zur Bezahlung der Kosten des Klägers persönlich übernommen zu haben. Die Zweitbeklagte wendete ein, daß der Kläger sie im Erbschaftsstreit nicht über die Verjährung des Anspruches entsprechend belehrt, keine entsprechenden Sachverhaltsbehauptungen vor dem Prozeßgericht erster Instanz aufgestellt, die Revisionsgründe in der Rechtsmittelschrift nicht gehörig ausgeführt und auch andere Vertretungsfehler begangen habe, sodaß er gemäß § 1299 ABGB für die aussichtslose Prozeßführung zu haften habe. Die Zweitbeklagte hat deshalb einredeweise die ihr in dem Erbschaftsstreit in allen drei Instanzen auferlegten Prozeßkosten von insgesamt S 38.837,80 zuzüglich der von ihr entrichteten Gerichtsgebühren von S 19.510,— (insgesamt also S 58.347,80) als Gegenforderungen geltend gemacht.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Gegenforderung der Zweitbeklagten nicht zu Recht bestehe, und verurteilte die Zweitbeklagte nach dem Inhalt des Klagebegehrens; das Klagebegehren gegen den Erstbeklagten wies es jedoch ab.

Im wesentlichen wurde vom Erstgericht folgender Sachverhalt festgestellt:

Die Zweitbeklagte ist während des Bestandes der Ehe ihrer Mutter E* mit A* G* geboren worden. Diese Ehe wurde später geschieden. A* G* starb 1944, sein Vater P* G* 1960. Im Verlassenschaftsverfahren nach P* G* beim Bezirksgericht Rosegg (AZ A 57/60) gaben M* A*, eine Tochter des Verstorbenen, und L* G*, ein Enkel des Verstorbenen und Sohn der E* und des A* G*, auf Grund des Testaments vom 14. Dezember 1959 unbedingte Erbserklärungen ab und wurden hierauf je zur Hälfte in den Nachlaß eingeantwortet. Die Zweitbeklagte war in dem Testament des Verstorbenen nicht angeführt gewesen und in der Todfallsaufnahme auch als Nachkomme nicht genannt worden. Nach dem Tode ihrer Mutter im März 1969 fand die Zweitbeklagte ein Schreiben auf, worin sie vom Tod des P* G* informiert wurde. Sie begab sich zusammen mit dem Erstbeklagten zum Kläger, der beide schon vorher in verschiedenen Rechtssachen vertreten hatte, und zeigten ihm diesen Brief und ein in der Zwischenzeit von dem Rechtsanwalt Dr. Max Kogler erhaltenes Schreiben vom 17. April 1969 vor, in welchem dieser im Auftrage des L* G* der Zweitbeklagten mitteilte, daß sie nur seine Halbschwester sei. Der Kläger verfaßte hierauf ein Antwortschreiben an Dr. Kogler, in welchem er in ihrem Namen Pflichtteilsansprüche gegen L* G* geltend machte und darauf hinwies, daß L* G* absichtlich die Zweitbeklagte bei der Todfallsaufnahme und im Verlassenschaftsverfahren nach P* G* verschwiegen habe, um sie um ihre Erb- oder Pflichtteilsansprüche zu bringen; aus diesem Grunde könne auch nicht die kurze Verjährungsfrist des § 1487 ABGB nicht Anwendung finden. Am 21. Mai 1969 erstattete der Kläger bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt gegen L* G* wegen Verdachtes des Betruges infolge Verschweigung der Zweitbeklagten als Pflichtteilsberechtigte im Verlassenschaftsverfahren nach P* G* eine Anzeige, die jedoch nach Durchführung von Vorerhebungen gemäß § 90 StPO zurückgelegt wurde. Am 27. Mai 1969 teilte Dr. Kogler dem Kläger mit, daß L* G* Pflichtteilsansprüche der Zweitbeklagten nicht anerkenne. Der Kläger besprach hierauf mit beiden Beklagten die Sach- und Rechtslage und die beiden Beklagten entschlossen sich, die Ansprüche der Zweitbeklagten im Zivilrechtsweg zu verfolgen. Der Kläger ließ sich den Mantelbeschluß und die Einantwortungsurkunde aus dem Verlassenschaftsverfahren nach P* G* zustellen und erhob gegen beide Beschlüsse namens der Zweitbeklagten Rekurs wegen Nichtigkeit, weil die Zweitbeklagte als Pflichtteilsberechtigte dem Verfahren nicht beigezogen wurde. Das Gericht zweiter Instanz wies den Rekurs mit der Begründung zurück, es liege keine Nichtigkeit vor, weil dem Gericht während des Verfahrens von der Existenz der Zweitbeklagten nichts bekannt gewesen sei, ein nichtiges Verfahren aber voraussetze, daß dem Gericht ein Fehler unterlaufen sei; da Pflichtteilsansprüche gemäß § 1487 ABGB längst verjährt seien, fehle es der Zweitbeklagten auch an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Dem dagegen eingebrachten Rekurs gab der Oberste Gerichtshof nicht Folge, weil er das Verlassenschaftsverfahren durch Zustellung der Einantwortungsurkunde an die (bekannt gewordenen) Erben als rechtswirksam beendet ansah; noch weniger als ein neuaufgetretener Erbe könne ein neuauftretender Pflichtteilsberechtigter die Einantwortung bekämpfen, wenn er dem Verlassenschaftsverfahren mangels Kenntnis des Gerichtes von seiner Berechtigung nicht beigezogen worden sei. Der Kläger hat hierauf abermals mit beiden Beklagten die Sach- und Rechtslage besprochen und ihnen geraten, gegen L* G* Klage einzubringen. Er erklärte dabei, daß der Prozeß gewonnen werden müsse. Bei dieser Besprechung der Beklagten mit dem Kläger hat der Erstbeklagte auf Grund seiner größeren Erfahrung (er ist Kriminalbeamter) weit mehr gesprochen als die Zweitbeklagte. Der Kläger brachte danach beim Landesgericht Klagenfurt zur AZ 17 Cg 77/71 namens der Zweitbeklagten gegen L* G* die Klage auf Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an der Hälfte des von L* G* von P* G* ererbten halben Anteiles an der Liegenschaft EZ * des Grundbuches über die Katastralgemeinde V* oder Zahlung von S 300.000,— s.A. ein; das Klagehilfsbegehren war auf Zahlung von S 140.000,— wegen Verkürzung um den Pflichtteil aus jedem im Gesetz möglichen Rechtsgrund, sei es wegen Bereicherung oder als Schadenersatz oder als Pflichtteil oder aus welchem Grunde immer, gerichtet. Zum Klagehauptbegehren wurde vorgebracht, daß P* G* auf Grund der Mitteilung seines Sohnes A* G* der Meinung gewesen sei, die Zweitbeklagte sei nicht von ihm gezeugt worden; deshalb habe er sie in seinem Testament übergangen und es stehe ihr daher gemäß § 777 ABGB der volle Erbrechtsanspruch nach P* G* zu. Sollte P* G* sie aber in Kenntnis ihrer leiblichen Abstammung von seinem Sohne übergangen haben, stehe ihr der gesetzliche Pflichtteil zu. L* G* als Beklagter hatte u.a. Verjährung geltend gemacht und die Abweisung der Klage beantragt. Das Prozeßgericht erster Instanz wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß die Zweitbeklagte nicht das leibliche Kind des A* G* sei, und dies sei auch P* G* bekannt gewesen; L* G* habe nicht im entferntesten daran gedacht, daß die Zweitbeklagte erbberechtigt sei. Es sei der Beweis nicht erbracht worden, daß L* G* die Existenz der Zweitbeklagten, die mangels durchgeführter erfolgreicher Bestreitung ihrer ehelichen Geburt als eheliche Tochter des A* G* gelten müsse, im Verlassenschaftsverfahren nach P* G* arglistig verschwiegen habe, um sich einen größeren Erbteil zu sichern. Die Ansprüche der Zweitbeklagten seien daher gemäß § 1487 ABGB verjährt. Der Kläger besprach mit beiden Beklagten den durch dieses Urteil geschaffenen Sachverhalt und erklärte ihnen, daß er eine Berufung gegen das Urteil für zweckmäßig erachte. Die Berufung hatte jedoch keinen Erfolg. Der Kläger besprach hierauf abermals mit beiden Beklagten die Sach- und Rechtslage und brachte im Auftrag der Zweitbeklagten Revision gegen das Berufungsurteil ein. Auch dieses Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Während des Verfahrens ist meistens der Erstbeklagte in der Kanzlei des Klägers erschienen und hat die den Prozeß betreffenden Schriftstücke abgeholt, sonst hat der Kläger Protokollabschriften, Entscheidungen und Durchschriften von Rechtsmitteln der Zweitbeklagten übermittelt. Bei den Besprechungen im Zuge des Verfahrens hat meistens der Erstbeklagte auf Grund seiner größeren Erfahrung in rechtlichen Dingen mit dem Kläger die Sach- und Rechtslage besprochen. Am 23. Oktober 1973 legte der Kläger beiden Beklagten über die Kosten des Zivilrechtsstreites Rechnung. Daraufhin erschien am 6. November 1973 der Erstbeklagte bei ihm und teilte ihm mit, daß er und seine Frau, die Zweitbeklagte, nicht in der Lage seien, die Kosten zu bezahlen. Das Ansinnen des Erstbeklagten, der Kläger möge einen Teppich in Zahlung nehmen, lehnte der Kläger ab. Daraufhin bat der Erstbeklagte ihn, mit der Bezahlung der Kosten bis Mitte Dezember 1973 zuzuwarten; er, der Erstbeklagte, werde den Teppich verkaufen und dann die halben Kosten sofort und den Rest in Raten bezahlen. Er ersuchte den Kläger, an die Zweitbeklagte wegen ihrer Krankheit kein Schreiben wegen der Kosten zu richten, und äußerte in diesem Zusammenhang, daß er die Kosten bezahlen werde. Dabei ersuchte er, ihm Ratenzahlung zu gewähren. Es kam jedoch zu keiner Einigung zwischen ihm und dem Kläger über eine Ratenzahlung. Am 12. März 1974 ersuchten die beiden Beklagten in einem Schreiben den Kläger, die Kosten in Raten zahlen zu dürfen. Der Kläger richtete daraufhin weitere Mahnungen an beide Beklagten und stellte ihnen eine Ermäßigung der Gesamtforderung auf S 50.000,— in Aussicht. Es kam jedoch zu keiner Einigung über eine Ermäßigung der Forderung des Klägers oder über eine Ratenzahlung.

Dem Kläger war bekannt gewesen, daß Ansprüche auf Ergänzung des Pflichtteiles nach 3 Jahren verjähren. Es ergab sich aber auf Grund der Sachlage der Verdacht, daß L* G* im Verlassenschaftsverfahren nach P* G* die Zweitbeklagte absichtlich verschwiegen und dadurch geschädigt hat. Es lag daher nahe, daß der Anspruch der Zweitbeklagten gegen ihn auf Grund eines Verbrechens gemäß § 1489 ABGB erst in 30 Jahren verjährt. Es war jedoch dem Kläger weder bei Einbringung der Strafanzeige noch bei Einbringung der Klage gegen L* G* bekannt, daß diesem der Beweis der gutgläubigen Verschweigung der Zweitbeklagten bei der Errichtung der Todfallsaufnahme und im Verlassenschaftsverfahren gelingen werde. Er konnte nicht voraussehen, daß das Beweisverfahren ein für die Zweitbeklagte ungünstiges Ergebnis bringen werde. Da die Ehelichkeit der Zweitbeklagten nicht bestritten worden war, konnte der Kläger bei Einbringung der Klage nicht wissen, daß das Beweisverfahren ergeben werde, die Zweitbeklagte sei keine leibliche Tochter des verstorbenen A* G* und folglich keine Enkelin des verstorbenen P* G*, sodaß L* G* wegen der Verschweigung der Person der Zweitbeklagten kein Vorwurf gemacht werden könne. Das Ergebnis des Beweisverfahrens war zur Zeit der Klageeinbringung nicht voraussehbar. Da die Möglichkeit bestand, daß die Beweise auch anders gewürdigt werden könnten, war die Einbringung der Berufung nicht aussichtslos. Der Kläger hat die Berufung auch ordnungsgemäß ausgeführt. Es hatte zwar nach Übernahme der Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht eine Revision wenig Aussicht auf Erfolg, es wäre aber in Hinblick auf die zu klärenden Rechtsfragen unrichtig gewesen, wenn der Kläger die von der Zweitbeklagten gewünschte Revision nicht erhoben hätte. Die Revision selbst wurde einwandfrei ausgeführt.

Rechtlich kam das Erstgericht zu dem Ergebnis, daß dem Kläger kein Kunstfehler anzulasten sei und ihm daher das Honorar gebühre. Freilich sei nur die Zweitbeklagte als Vollmachtgeberin dafür haftbar, nicht jedoch der Erstbeklagte, denn dieser habe dem Kläger keine Vollmacht erteilt und auch keine Erklärung abgegeben, die als Übernahme der Haftung für die Kosten seiner Frau gedeutet werden könnte. Es sei auch zu keiner Einigung mit dem Kläger darüber gekommen, daß der Erstbeklagte der Kostenschuld seiner Frau beitrete, denn der Kläger sei mit dem vom Erstbeklagten begehrten Forderungsnachlaß und der Gewährung von Ratenzahlungen nicht einverstanden gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Klägers, nicht jedoch der Berufung der Zweitbeklagten Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es beide Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, ihm den eingeklagten Betrag samt Zinsen und allen Prozeßkosten zu bezahlen.

Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen aus:

Es liege zwar kein ausdrücklicher Auftrag des Erstbeklagten an den Kläger zur Prozeßvertretung der Zweitbeklagten vor, wohl aber könne auf Grund der Feststellungen eine stillschweigende Vereinbarung angenommen werden, die der Kläger mit beiden Beklagten getroffen habe. Dafür seien folgende Erwägungen maßgeblich: Beide Beklagte seien gemeinsam mit dem Kläger in Kontakt getreten und es sei auch von Beiden mit dem Kläger konferiert und dem Kläger der Entschluß kundgetan worden, die Ansprüche gegen L* G* klageweise geltend zu machen; insbesondere sei der Erstbeklagte als Sprecher der rechtlich weniger erfahrenen Zweitbeklagten aufgetreten. Obwohl dieser Sachverhalt für eine selbständige Verpflichtung des Erstbeklagten gesprochen habe, sei es von diesem verabsäumt worden, dem Kläger eindeutig und zweifelsfrei wissen zu lassen, daß er nur in Vertretung seiner Frau handle und nicht gewillt sei, eine Kostenschuld zu übernehmen. Der Erstbeklagte habe den Eindruck einer selbständigen Auftragserteilung noch dadurch bestärkt, daß er aus eigenen Mitteln einen Kostenvorschuß zur Begleichung der Barauslagen zur Verfügung stellte. Er war es auch, der nach Beendigung des Zivilprozesses beim Kläger wegen einer Zahlungserleichterung mit der Begründung vorstellig geworden sei, daß er und seine Frau die Kosten nicht bezahlen könnten. Auch daraus sei zu entnehmen, daß sich der Erstbeklagte selbst als Kostenschuldner betrachtet habe; damit stehe auch seine weitere Erklärung in Einklang, daß er die Schuld bezahlen werde. Unerheblich sei es, daß es zu keiner Einigung über den angestrebten Kostennachlaß und die gewünschte Ratenzahlung gekommen sei, weil es sich hiebei nicht darum habe handeln können, daß erst damals eine Kostenhaftung des Erstbeklagten durch Schuldbeitritt begründet wurde; vielmehr habe damals bereits eine solche Haftung auf Grund stillschweigenden Zustandekommens bestanden. Schließlich habe der Erstbeklagte nach Rechnungslegung des Klägers an ihn und seine Frau seine Zahlungspflicht bei den folgenden Verhandlungen mit dem Kläger nicht in Abrede gestellt; er sei dabei ganz offenbar vom Bestand einer Gesamtschuld beider Eheleute gegenüber dem Kläger ausgegangen. Bei vernünftiger Überlegung und unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ließen alle diese Umstände nur den Schluß zu, daß auch der Erstbeklagte als Auftraggeber gegenüber dem Kläger zu gelten habe und demgemäß zur Zahlung der Vertretungskosten des Klägers verpflichtet sei. Da es sich um einen einheitlichen Auftrag handle, hafte er zur gesamten Hand mit der Zweitbeklagten. Dem Kläger könne auch nicht vorgeworfen werden, daß er die notwendige Information oder Aufklärung der Beklagten unterlassen habe. Über die Folgen eines Prozeßverlustes in kostenmäßiger Hinsicht mußten sich die Beklagten von vornherein im klaren gewesen sein. Dem Kläger könne auf Grund des Standpunktes der Zweitbeklagten, daß sie ein leibliches Kind des A* G* sei, nicht angelastet werden, er habe in dem Rechtsstreit mit L* G* keinen Vergleich angestrebt. Im übrigen seien die Beklagten nicht in der Lage anzuführen, welche Vergleichsvorschläge der Gegenseite der Kläger leichtfertig ausgeschlagen habe. Ebensowenig seien die dem Kläger vorgeworfenen Kunstfehler nicht näher bezeichnet worden. Grundsätzlich hafte der Rechtsanwalt seiner Partei gegenüber nur für eine Unkenntnis der Gesetze und der einhelligen Lehre und Rechtsprechung. In diesem Rahmen treffe ihn daher die Verpflichtung, seine Partei aufzuklären, wenn sich eine Prozeßführung als aussichtslos erweisen sollte. Tue er dies nicht, so sei seine Tätigkeit wertlos und er könne – abgesehen davon, daß er sich dadurch schadenersatzpflichtig gemacht habe – dafür auch kein Honorar ansprechen. Von einer aussichtslosen Prozeßführung könne jedoch im Prozeß gegen L* G* schon deshalb nicht gsprochen werden, weil es sich dort weitgehend um Beweisfragen gehandelt habe, bezüglich deren der Kläger auf die Richtigkeit der Angaben seiner Partei vertrauen durfte. Aus diesem Gesichtspunkt sei das Berufungsverfahren, in dem die Beweiswürdigung des Erstgerichtes bekämpft worden sei, keineswegs als aussichtslos anzusehen gewesen, ganz abgesehen davon, daß die Berufung – wie auch die Revision –vom Kläger nach eingehender Besprechung der Sach- und Rechtslage im Einverständnis mit den Beklagten erhoben worden sei. Insbesondere könne dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden, er habe die Möglichkeit der Verjährung des Klageanspruches nicht bedacht, weil sein auf die Angaben der Beklagten gestütztes Vorbringen darauf hinausgelaufen sei, daß der Anspruch infolge arglistigen Verschweigens der Zweitbeklagten als Noterbin im Verlassenschaftsverfahren nach P* G* durch L* G* der dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliege; erst im Beweisverfahren habe sich eine andere, nicht vorhersehbare Sachlage ergeben. Darüber hinaus beruhe die vom Obersten Gerichtshof angenommene kurze Verjährungsfrist für Ansprüche nach § 777 ABGB auf einen Analogieschluß aus den Bestimmungen der §§ 1487, 778 ABGB, sodaß mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung und einer hiezu bereits bestehenden ständigen Rechtsprechung und einhelligen Lehre eine gegenteilige Ansicht jedenfalls nicht den Vorwurf einer aussichtslosen Prozeßführung zu begründen vermöge.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beiden Beklagten wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Hauptantrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren gegen beide Beklagte abgewiesen werde; hilfsweise begehren beide Beklagte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die erste oder zweite Instanz zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, der Revision der beiden Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beiden Beklagten ist nicht berechtigt.

Unter wörtlicher Zitierung verschiedener Angaben des Klägers als Partei behaupten die Revisionswerber, es bestehe zwischen diesen Angaben und den Feststellungen der Unterinstanzen, daß der Kläger die Beklagten ausreichend über die Gefahren und Folgen eines Prozeßverlustes, insbesondere auf Grund der Verjährungseinrede des Prozeßgegners, informiert habe, ein Widerspruch und darin liege eine Aktenwidrigkeit im Sinne des § 503 Z 3 ZPO. Gleiches gelte in Ansehung des Umstandes, daß außer acht gelassen worden sei, daß der Kläger die gesamte Korrespondenz nur an die Zweitbeklagte gerichtet habe, also offenbar während des Prozeßverlaufes nur eine Klientin gehabt habe und nicht, wie nun nachträglich behauptet werde, zwei Klienten.

In Wahrheit bekämpfen die Revisionswerber mit diesen Behauptungen die im Revisionsverfahren unüberprüfbaren Tatsachenfeststellungen der Unterinstanzen wegen angeblich unrichtiger Beweiswürdigung. Von einer Aktenwidrigkeit im Sinne des § 503 Z 3 ZPO, die nur dann vorläge, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, das heißt, wenn der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolles oder eines sonstigen Aktenstückes unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde, kann hier keine Rede sein.

Die Rechtsrüge der Zweitbeklagten erschöpft sich im wesentlichen in Ausführungen über die angebliche Unterlassung des Klägers, sie im Prozeßverfahren gegen L* G* aufzufordern, die erforderlichen Gegenbeweise dafür beizubringen, daß sie die leibliche Tochter des A* G* sei. Damit entfernt sich die Revisionswerberin jedoch von dem durch ihr Prozeßvorbringen in erster Instanz abgegrenzten Bereich ihrer Einwendungen und verstößt damit gegen das Neuerungsverbot. Es kann deshalb auf dieses Vorbringen im Revisionsverfahren nicht mehr Bedacht genommen werden.

Ihr weiterer Einwand, das Berufungsgericht habe den „hier wohl klassischen Fall der Unterlassung der Aufklärung der Partei, auch über die Frage der Verjährung“, rechtlich „völlig unrichtig“ beurteilt, kann nicht als gehörige Ausführung einer Rechtsrüge angesehen werden, denn es handelt sich nur um eine begründungslos gebliebene Ablehnung der Richtigkeit von rechtlichen Schlußfolgerungen in dem angefochtenen Urteil. Die Verweisung auf die Begründung einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes mit der Behauptung, diese sei auf den gegenständlichen Fall fast wörtlich anzuwenden, kann die erforderlichen Ausführungen der Rechtsrüge nicht ersetzen. Auf diesen Anfechtungsgrund kann daher der Oberste Gerichtshof nicht näher eingehen.

In Ansehung des Erstbeklagten, dessen Prozeßverteidigung in erster Instanz lediglich auf den Einwand seiner mangelnden passiven Klagelegitimation beschränkt war, ist die Rechtsrüge nicht einmal andeutungsweise dargelegt, geschweige denn ausgeführt worden, wie es das Gesetz verlangt. Eine Überprüfung der Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes ist daher auch in diesem Falle nicht möglich.

Der Revision beider Rechtsmittelwerber konnte aus diesen Erwägungen kein Erfolg beschieden sein.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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