European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00022.76.0518.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Dem Revisinnsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Erstgerichtes in Ansehung der Forderung von S 2.041,57 und der Kosten des Exekutionsantrages im Teilbeträge von S 425,82 (darin enthalten S 104,-- Barauslagen) wiederhergestellt wird. Im übrigen (Abweisung des Exekutionsantrages hinsichtlich des Mehrbegehrens und Entscheidung der zweiten Instanz über die Rekurskosten) wird der angefochtene Beschluß bestätigt.
Die Kosten des Revisionsrekurses werden mit S 906,41 (darin enthalten S 95,59 Umsatzsteuer und S 48,-- Barauslagen) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
Begründung:
Im Titelverfahren des Handelsgerichtes Wien, 19 Cg 166/74, schlossen die klagende (nunmehrige betreibende) Partei und die Beklagte (nunmehrige Verpflichteten) am 30. Juli 1974 folgenden Vergleich: „Die beklagten Parteien verpflichten sich zur ungeteilten Hand, den Betrag von S 481.133,-- und Kosten von S 6.908,57 zu Handen der Klagevertreter zu bezahlen. In diesem Betrag sind S 150.000,-- Zinsen enthalten. Die beklagten Parteien verpflichteten sich weiters zur ungeteilten Hand, S 24.000,-- Mehrwertsteuer von den Zinsen zu bezahlen.
Die Zahlung hat zu nachstehenden Fälligkeiten zu erfolgen: Am 25. Juli 1974 S 20.000,--, am 25. August 1974 S 20.000,--, am 25. September 1974 S 20.000,--, am 25. Oktober 1974 S 50.000,--, am 25. November 1974 S 50.000,--, am 25. Dezember 1974 S 100.000,-- und am 25. Jänner 1975 sowie am 25. der Folgemonate je S 50.000,-- bis zur gänzlichen Abstattung.
Im Falle des Verzuges sind vom aushaftenden Betrag 15 % Zinsen per anno zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer von den Zinsen zu bezahlen. Terminverlust tritt ein, wenn innerhalb eines 14‑tägigen Respiros nicht Zahlung geleistet wird. Übereinstimmung herrscht, daß zur Geltendmachung des Terminsverlustes ein rekommandiertes Schreiben an Rechtsanwalt Dr. Grohs oder dessen mittlerweiligen Stellvertreter zu richten ist, die 14‑Tagefrist vom Datum, des Poststempels zu rechnen ist und zur Vermeidung des Eintrittes des Terminsverlustes der Überweisungsauftrag der absendenden Bank innerhalb der 14‑tägigen Frist erteilt wird.
Im Falle des Eintrittes des Terminsverlustes verpflichten sich die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand, weitere S 100.000,-- samt 16 % Mehrwertsteuer, 15 % Zinsen seit Eintritt des Terminsverlustes samt 16 % Mehrwertsteuer aus den Zinsen zu bezahlen ...“.
Am 29. Juli 1975 beantragte der betreibende Gläubiger beim Titelgericht auf Grund dieses Vergleiches gegen die drei Verpflichteten die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Forderung von S 118.041,37 samt 15 % Zinsen aus S 50.000,-- vom 25. Mai 1975 bis zum 9. Juni 1975, aus S 168.041,37 vom 10. Juni 1975 bis zum 16. Juni 1975 und aus S 118.041,37 seit 17. Juni 1975, jeweils 16 % Mehrwertsteuer aus den Zinsen und S 604,16 sowie S 495,16 (Zinsen einschließlich Mehrwertsteuer für verspätete Zahlung der 6. und 7. Rate). Zu diesem Antrag wurde vorgebracht, unter Berücksichtigung der Abrechnungsvereinbarung, wonach die Anrechnung der Raten zunächst auf Kosten, dann auf allfällige Zinsen und letztlich auf Kapital zu erfolgen habe, habe nach Bezahlung der 10. Rate noch ein Rückstand von S 52.041,37 und S 495,16 und S 604,11 an Verzugszinsen bestanden. Da am 25. Mai 1975 S 50.000,-- nicht bezahlt worden seien, habe der betreibende Gläubiger Terminsverlust angedroht. Die verpflichteten Parteien, die keine einzige Rate pünktlich bezahlt hätten, sondern immer im Sinne des Vergleiches gemahnt hätten werden müssen, hätten bis 9. Juni 1975 die 11. Rate per S 50.000,-- bezahlen müssen. Da sie diesen Betrag erst eine Woche später (am 16. Juni 1975) überwiesen hätten, also die außergewöhnlich lange Nachfrist von 14 Tagen hätten verstreichen lassen, sei Terminsverlust eingetreten, in welchem Fall die verpflichteten Parteien zur ungeteilten Hand weitere S 100.000,-- samt 16 % Mehrwertsteuer, 15 % Zinsen seit Eintritt des Terminsverlustes (9. Juni 1975) sowie 16 % Mehrwertsteuer aus den Zinsen zu bezahlen hätten. Nach der verspäteten Zahlung der S 50.000,-- hätten die verpflichteten Parteien überhaupt keine Zahlung geleistet.
Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß. Als Exekutionsgerichte schreiten die Bezirksgerichte Linz (*) und Graz (*) sowie das Exekutionsgericht Wien (*) ein.
Das Rekursgericht wies den Exektionsantrag in Abänderung des erstgerichtlichen Bewilligungsbeschlusses zur Gänze ab. Es vertrat im wesentlichen die Ansicht, die Exekution hätte nur dann bewilligt werden dürfen, wenn der betreibende Gläubiger den Terminsverlust gemäß § 7 Abs. 2 EO nachgewiesen hätte.
Diesen Beschluß des Rekursgerichtes ficht der betreibende Gläubiger mit dem Antrag an, ihn dahin abzuändern, daß der erstgerichtliche Beschluß entweder zur Gänze oder wenigstens in Ansehung der Forderung von S 2.041,37, S 495,16, 15 % Zinsen aus S 50.000,-- vom 25. Mai 1975 bis zum 9. Juni 1975, 15 % Zinsen aus S 52.041,37 vom 10. Juni 1975 bis 16. Juni 1975 und aus S 2.041,37 seit 17. Juni 1975, jeweils samt 16 % Mehrwertsteuer aus den Zinsen, und weitere S 604,16 wiederhergestellt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.
Nach dem Vorbringen im Exekutionsantrag schuldeten die Verpflichteten nach Bezahlung der 10. Rate noch S 52.041,37 von jenem Betrag, der bei Einhaltung der Ratenzahlungen zu bezahlen war. Hierauf hat der Verpflichtete nach dem weiteren Vorbringen im Exekutionsantrag S 50.000,-- bezahlt, sodaß demnach noch restliche S 2.041,37 ausständig waren. Zur Hereinbringung dieses Betrages hätte die Exekution – wie im Revisionsrekurs zutreffend ausgeführt wurde – jedenfalls bewilligt werden müssen, da diesbezüglich der Exekutionsantrag auch ohne Bedachtnahme auf den behaupteten Terminsverlust im Titel gedeckt war. Den darüber hinausgehenden Anspruch (S 100.000,-- und S 16.000,-- Umsatzsteuer, 15 % Zinsen aus S 50.000,-- vom 25. Mai 1975 bis 9. Juni 1975, aus S 168.041,37 vom 10. Juni 1975 bis 16. Juni 1975 und aus S 118.041,37 seit 17. Juni 1975, jeweils 16 % Mehrwertsteuer aus den Zinsen und S 604,16 und S 495,16 Zinsen einschließlich Mehrwertsteuer für verspätete Zahlung der 6. und 7. Rate) hat der betreibende Gläubiger auf den angeblich eingetretenen Terminverlust gestützt. Es handelt sich hierbei um Haupt- und Nebengebührenforderungen, die erst durch einen Terminsverlust als unbedingte Ansprüche entstehen und fällig werden konnten. Der Terminsverlust hat jedoch nach dem Exekutionstitel erst im Falle der Fruchtlosigkeit einer schriftlichen Mahnung einzutreten. Die Formulierung „Übereinstimmung herrscht, daß zur Geltendmachung des Terminsverlustes ...“ ist – entgegen der Meinung des Revisionsrekurswerbers – als ausdrückliche Vereinbarung über die Bedingungen des Eintrittes des Terminsverlustes zu verstehen. Für die durch einen Terminsverlust erst unbedingt und fällig werdenden Ansprüche sollte demnach die qualifizierte Mahnung aufschiebende Bedingung sein. Hinsichtlich dieser Forderungen hätte daher die Fälligkeit nach § 7 Abs. 2 EO im Exekutionsantrag nachgewiesen werden müssen. Zwar ist der Verzug der Schuldners auch dann nicht nachzuweisen, wenn sich dadurch die vorzeitige Fälligkeit der Forderung ergibt (Heller‑Berger‑Stix, 200), wohl aber sind positive, zum Eintritt der Fälligkeit der Forderung erforderliche Handlungen des Gläubigers nach § 7 Abs. 2 EO nachzuweisen, wie zum Beispiel eine qualifizierte Mahnung (Heller‑Berger‑Stix, 199 f). Es gilt hier nichts anderes wie etwa für die Geltendmachung wiederaufgelebter Teilforderungen im Sinne des § 353 Abs. 4 AO (siehe hiezu EvBl 1968/266, EvBl 1970/299, Heller‑Berger‑Stix, 110 f). Die im Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen SZ 25/228 und 3 Ob 40/60 beschäftigen sich nicht mit der Frage, ob eine erst durch einen Terminsverlust infolge erfolgloser qualifizierter Mahnung fällig gewordene Forderung im Exekutionsantrag im Sinne des § 7 Abs. 2 EO nachzuweisen ist. SZ 25/228 behandelt die Frage des Nachweises der Fälligkeit einer Forderung, die „über Verlangen“ eines Gläubigers zu bezahlen ist. In 3 Ob 40/60 ging es darum, ob der Gläubiger nach § 7 Abs. 2 EO nachweisen muß, daß der Verpflichtete nach einer schriftlichen Mahnung, die Bedingung für den Eintritt eines Terminsverlustes ist, auch noch nachweisen muß, daß der Schuldner nicht innerhalb der in der Mahnung eingeräumten Zahlungsfrist bezahlt hat.
Da der betreibende Gläubiger in Ansehung der erst nach der angeblich fruchtlosen qualifizierten Mahnung fällig gewordenen Beträge einen Nachweis nach § 7 Abs. 2 EO nicht erbracht hat, hat das Rekursgericht den Exekutionsantrag in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses in Ansehung dieser Forderungsbeträge mit Recht abgewiesen. In Ansehung des betriebenen Teilbetrages von S 2.041,37 war hingegen der erstgerichtliche Bewilligungsbeschluß samt den anteiligen Kosten des Exekutionsantrages wiederherzustellen.
Die Aussprüche über die Kosten beruhen auf den §§ 41, 50 ZPO und § 74 Abs. 1 und 78 EO.
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