European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00331.76.0511.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
1.) Der Revisionsrekurs der zweitklagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die zweitklagende Partei hat die Kosten ihres unzulässigen Rechtsmittels selbst zu tragen.
2.) Dem Revisionsrekurs der erstklagenden Partei wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, daß der Punkt I.) des erstgerichtlichen Beschlusses wiederhergestellt wird und die Entscheidung im übrigen zu lauten hat:
„Die Bewilligung der einstweiligen Verfügung wird vom Erlag einer Sicherheitsleistung in der Höhe von S 500.000,‑‑ durch die erstklagende Partei abhängig gemacht.
Die zweitklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die Hälfte der Kosten des Provisorialverfahrens erster Instanz, das sind S 3.092,51 (darin sind S 221,76 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die zweitklagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rekurses selbst zu tragen. Die klagenden Parteien sind ferner zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die Hälfte der Kosten des von diesen erhobenen Rekurses, das sind S 4.490,64 (darin enthalten S 332,64 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die erstklagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.
Begründung:
Die klagenden Parteien begehren mittels Klage die beklagte Partei schuldig zu erkennen, den Namen „B*„ aus ihrem Firmenwortlaut zu entfernen und die Firma zu ändern. „In eventu“ begehren sie die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die Verwendung der Bezeichnung „B*" in Alleinstellung oder in derart räumlicher oder graphisch‑optischer Abhebung von den übrigen Bestandteilen des Firmenwortlautes, sodaß der Eindruck eines einheitlichen Firmenwortlautes nicht eindeutig gegeben ist, zu unterlassen. Schließlich soll die beklagte Partei schuldig erkannt werden, jede dem Namen „Ba*“ oder den reg. Marken „Bay*“, „Baym*“, „Bayr*“, „Bayl*“ und „Bays*“ ähnliche Bezeichnung von chemischen und pharmazeutischen Waren, insbesondere die Bezeichnung „B*“ zu unterlassen und den gesamten Urteilsspruch in der „Presse“ zu veröffentlichen.
Mit diesem Klagebegehren verbinden die klagenden Parteien den Antrag, der beklagten Partei im geschäftlichen Verkehr mittels einstweiliger Verfügung die Verwendung der Bezeichnung „B*“ in Alleinstellung oder in derart räumlicher oder graphisch-optischer Abhebung von den übrigen Bestandteilen des Firmenwortlautes, sodaß der Eindruck eines einheitlichen Firmenwortlautes nicht eindeutig gegeben sei, zu verbieten.
Zur Begründung bringen die klagenden Parteien vor, infolge einer jahrzehntelangen Entwicklung sei der Name „Ba*“ schon vor 90 Jahren zum kennzeichnenden Teil der von der erstklagenden Partei geführten Firma und zu einem internationalen Gütebegriff auf dem Gebiet der chemischen Industrie geworden. Sie bringe unter anderem Erzeugnisse auf dem Gebiet der Wasseraufbereitung und der Konservierung von Getränken (Bier, Wein, alkoholfreie Getränke) auf den Markt und produziere ein breites Band von Pharmazeutika. Sie sei Eigentümerin folgender Marken:
Bayc* I.R.Nr. *, Prioritätsdatum 2. 3. 1964; registriert für die Warenklassen 1,2,3 unter anderem für chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke;
Bay* I.R.Nr. *, Prioritätsdatum 15. 7. 1970, Warenklasse 5, unter anderem registriert für chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke;
Baym* I.R.Nr. R *, Prioritätsdatum 23. 1. 1953, Warenklasse 1,2 unter anderem registriert für chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke;
Bayr* I.R.Nr. *, Prioritätsdatum 7. 3. 1968, Warenklasse 5 (Pharmazeutika);
Ba* I.R.Nr. *, Prioritätsdatum 25. 2. 1955, Warenklasse 42, unter anderem registriert für chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke;
Bayl* I.R.Nr. *, Prioritätsdatum 4. 8. 1955, Warenklassen 1,7,8,9,10,12,21,26,27 unter anderem registriert für chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke;
Bays* I.R.Nr. *, Prioritätsdatum 6. 11. 1968, Warenklasse 5, unter anderem registriert für chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke.
Die zweitklagende Partei sei zur Zahl HRB * in das Handelsregister eingetragen und habe ihren Sitz in Wien. Ihr Betriebsgegenstand umfasse unter anderem die fabriksmäßige Erzeugung von Chemikalien, chemisch-technischen Artikeln aller Art, ferner Ein-, Durch-, Ausfuhr-und Kleinhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit Chemikalien, Farbstoffen, Textilhilfsmitteln und chemisch‑technischen Artikeln aller Art. Sie vertreibe in Österreich die von der erstklagenden Partei erzeugten Produkte, die mit den Erzeugnissen der beklagten Partei konkurrieren. Sie sei berechtigt, die vorgenannten Marken der erstklagenden Partei zu benützen.
Das Handelsgericht Wien habe die beklagte Partei auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 15. September 1972 und des Nachtrages zum Gesellschaftsvertrag vom 19. Oktober 1972 in das Handelsregister eingetragen. Sie sei eine Tochtergesellschaft der B* Chemische Fabrik München. Gegenstand des Unternehmens sei die Herstellung und der Vertrieb chemischer und pharmazeutischer Produkte. Die beklagte Partei vertreibe in Österreich Erzeugnisse auf dem Gebiet der Wasseraufbereitung und der Getränkekonservierung. Sie verwende das Schlagwort „B*“ nicht nur im vollen Firmenwortlaut, sondern auch graphisch‑optisch isoliert oder im Zusammenhang mit einem aus Farbklötzen zusammengestellten Ypsilon. Die Firmen der klagenden Parteien seien mit der Firma der beklagten Partei unter Bedachtnahme auf die beiden Schlagworte „Ba*“ und „B*“ verwechselbar ähnlich. In den beteiligten Verkehrskreisen werde ein „B*“-Produkt dem „Ba*“‑Konzern zugeordnet. Infolge der Berühmtheit des „Ba*“‑Zeichens und der starken Ähnlichkeit der „B*“‑Bezeichnung könne kein Zusatz im Firmenwortlaut der beklagen Partei die Verwechslungsfähigkeit ausschließen, es sei denn, es werde auf die Unternehmensverschiedenheit zu den klagenden Parteien hingewiesen. Die Bezeichnung „B*“ sei ferner mit den vorgenannten Marken verwechslungsfähig.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Sicherungsantrages. Sie bestritt die behauptete Verwechslungsfähigkeit und berief sich auf die Priorität der Bezeichnung „B*“ gegenüber den Unternehmenskennzeichen der klagenden Parteien und deren Marken im Hinblick auf die Verwendung der erwähnten Bezeichnung durch das Stammhaus der beklagten Partei in München. Die Bezeichnung „B*“ komme auch ihr als Tochtergesellschaft zugute. Schließlich sei das Verbot der Benützung einer registrierten Firma durch einstweilige Verfügung unzulässig.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung hinsichtlich der erstklagenden Partei und wies den Sicherungsantrag der zweitklagenden Partei ab. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
R*, ein Vertreter der beklagten Partei, hat am 22. März 1974 an einen Kunden ein mit „B* Ges. m. b. H.“ überschriebenes und mit „Firma B*“ gezeichnetes Schreiben gerichtet. Die erstklagende Partei ist Inhaberin der unter Nr. * international registrierten Marke „Bayc*„ mit Priorität vom 2. März 1964 für die Warenklassen 1‑6 einschließlich, 13, 16 und 19 sowie der unter Nr. * international registrierten Marke „Bays*„ mit Priorität vom 6. November 1968 für die Warenklasse 2. Die beklagte Partei wurde am 19. Oktober 1972 in das Handelsregister eingetragen.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht eine Verwechslungsfähigkeit der Unternehmensbezeichnung „B*“ mit „B*“. Hingegen sei das erstgenannte Zeichen mit den zugunsten der erstklagenden Partei registrierten Marken „Bayc*“ und „Bayso*“ verwechslungsfähig ähnlich. Die erstklagende Partei besitze die Priorität gegenüber der Firma der beklagten Partei. Die von der beklagten Partei behauptete Verwendung der Bezeichnung „B*“ in Österreich durch ihre Stammgesellschaft in München und die dadurch eingetretene Verkehrsbekanntheit sei für den gegenständlichen Rechtsstreit, der nicht die Rechte dieser Stammgesellschaft zum Gegenstand habe, bedeutungslos. Der Auffassung der beklagten Partei, sie dürfe die Rechte ihrer Münchner Stammgesellschaft ausüben, weil sie ihre Firma von deren Firma ableite, sei entgegenzuhalten, daß sie ihre Firma nur dann von der Münchner Gesellschaft ableiten dürfe, wenn sie damit in Österreich nicht in fremde Rechte eingreife. Eine Verkehrsgeltung der Firma der Münchner Stammgesellschaft in Österreich sei als nicht bescheinigt anzusehen. Eine solche Bescheinigung wäre nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens möglich; dies sei jedoch im Provisorialverfahren nicht zulässig.
Der Anspruch der zweitklagenden Partei sei nicht bescheinigt, weil eine Verwechslungsfähigkeit ihrer Firma mit der der beklagten Partei nicht vorliege und weil die zweitklagende Partei ihr behauptetes Verfügungsrecht über die Marken der erstklagenden Partei nicht bescheinigt habe.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß in dessen die zweitklagende Partei betreffenden abweislichen Teil und änderte ihn im übrigen dahin ab, daß auch der Sicherungsantrag der erstklagenden Partei abgewiesen wurde. Das Rekursgericht, das zur Bekämpfung des als bescheinigt angenommenen Sachverhaltes aus rechtlichen Gründen nicht Stellung nahm, vertrat die Auffassung, ein Verbot, die allein Kennzeichnungskraft besitzende Bezeichnung „B*“ zu verwenden, komme dem Verbot der Verwendung der Firma der beklagten Partei gleich. Ein solches Verbot könne jedoch durch einstweilige Verfügung nicht angeordnet werden. Daran vermögen auch die im Sicherungsantrag enthaltenen Verbotseinschränkungen nichts zu ändern, weil sich die hieraus ergebenden Voraussetzungen für eine erlaubte Verwendung der Bezeichnung „B*“ nur auf die weiteren, nicht unterscheidungskräftigen Firmenbestandteile beziehen und weil nicht einzusehen sei, warum die Verwendung des vollen Firmenwortlautes erlaubt, die schlagwortartige Verwendung des einzigen kennzeichnungskräftigen Firmenbestandteiles aber verboten sein sollte. Da mit dem Sicherungsantrag somit eine im Wege einer einstweiligen Verfügung unzulässige Firmenänderung der beklagten Partei angestrebt werde, müsse der Antrag abgewiesen werden, ohne daß auf die übrigen aufgeworfenen Fragen einzugehen sei. Aus denselben Gründen ergebe sich die mangelnde Berechtigung des Sicherungsantrages der zweitklagenden Partei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Parteien. Die erstklagende Partei strebt die Wiederherstellung der Entscheidung erster Instanz an, die zweitklagende Partei die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung auch hinsichtlich ihrer Person. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der zweitklagenden Partei ist unzulässig, jener der erstklagenden Partei zulässig und berechtigt.
Zum Revisionsrekurs der zweitklagenden Partei:
Gemäß dem § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO sind Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz, durch die der angefochtene erstgerichtliche Beschluß bestätigt wurde, unzulässig. Diese Bestimmung gilt nach der Vorschrift des § 78 EO auch für das Exekutionsverfahren; ein außerordentlicher Revisionsrekurs ist im Verfahren über einstweilige Verfügungen nicht zulässig (7 Ob 60/75; RZ. 1972 185; SZ 43/154; EvBl. 1958/204 u.v.a.). Da das Rekursgericht die hinsichtlich des von der zweitklagenden Partei erhobenen Sicherungsantrages abweisliche Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt hat, liegt insoweit eine voll bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes vor. Die Sicherungsanträge der klagenden Parteien stehen nicht in einem unteilbaren rechtlichen Zusammenhang, sondern können ein voneinander unabhängiges rechtliches und tatsächliches Schicksal haben. Die Grundsätze des Jud. 56 neu über teilweise bestätigende Entscheidungen kommen daher auf den vorliegenden Fall nicht zur Anwendung (ÖBl 1975, 89; ÖBl 1974, 35, JB1 1964, 328; 4 Ob 318/76 u.v.a.). Der uuzulässige Revisionsrekurs der zweitklagenden Partei war daher zurückzuweisen.
Zum Revisionsrekurs der erstklagenden Partei:
Der Sicherungsantrag stimmt inhaltlich mit dem Eventualbegehren überein und dient daher dessen Sicherung. Diese Sicherung des Eventualbegehrens ist zulässig, weil Haupt- und Eventualbegehren einander nicht ausschließen (7 Ob 3/75, NotZtg 1931, 240. AM: Heller‑Berger‑Stix, 2698 jedoch ohne Begründung. Aus der Zitierung der beiden letztgenannten Entscheidungen scheint aber hervorzugehen, daß sie ihre ablehnende Haltung ebenfalls auf den Fall beschränkt wissen wollen, daß Haupt- und Eventualbegehren einander ausschließen). Für die Sicherungsfähigkeit spricht auch der Umstand, daß bedingte Ansprüche gemäß dem § 378 Abs. 2 EO durch einstweilige Verfügungen gesichert werden können, ein Eventualbegehren jedoch einem bedingten Anspruch sehr ähnlich ist.
Entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes ist im Provisorialverfahren die Erlassung des Verbotes der Verwendung eines bestimmten Firmenschlagwortes an sich möglich. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, findet das dem Gericht bei Sicherung von Unterlassungsansprüchen eingeräumte Ermessen seine Grenze in dem Sicherungszweck, der nur zu vorläufigen Maßnahmen führen darf. Würde dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Verfügung verboten werden, im geschäftlichen Verkehr seine registrierte Firma zu gebrauchen, dann müßte er entweder seinen Betrieb einstellen und die Firma löschen lassen oder eine andere Firma wählen. Ein solches Verbot ginge über die nach, dem § 24 UWG zulässigen Anordnungen hinaus und würde einen endgültigen Zustand schaffen, der dem Wesen einer Sicherungsmaßnahme widerspräche (ÖBl 1971, 81; ÖBl 1957, 8; SZ 27/317 u.a.). Ein solches Verbot wird jedoch im Sicherungsantrag der klagenden Partei gar nicht begehrt. Der beklagten Partei soll lediglich die Verwendung des einen Bestandteil des Firmenwortlautes bildenden Firmenschlagwortes „B*“ in Alleinstellung oder in einer derartigen Abhebung von den übrigen Bestandteilen des Firmenwortlautes verboten werden, daß der Eindruck eines einheitlichen Firmenwortlautes nicht mehr gegeben ist. Das Verbot der isolierten Verwendung eines bestimmten Firmenwortlautes ist jedoch, wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, an sich möglich, weil dadurch der oben erläuterte, dem Wesen einer Sicherungsmaßnahme widersprechende endgültige Zustand nicht herbeigeführt wird. Der normale Gebrauch der Firma ohne besondere Hervorhebung des beanstandeten Teiles wird nämlich vom Verbot der einstweiligen Verfügung ausgenommen, sodaß er im Rahmen des Geschäftsbetriebes weiterhin möglich ist (ÖBl 1973, 41; ÖBl 1972, 68; JB1. 1962, 509; SZ 22/17). Entgegen den Bedenken des Rekursgerichtes, das diese Judikatur nicht beachtet hat, ist durchaus einzusehen, aus welchem Grund die Verwendung des vollen Firmenwortlautes zulässig, die Verwendung eines den Firmenwortlaut entnommenen Firmenschlagwortes aber verboten sein kann. Gerade die schlagwortartige Herausstellung eines Firmenbestandteiles ist nämlich gewöhnlich geeignet, eine Verwechslungsgefahr zu erhöhen (Baumbach‑Hefermehl 11 I, 1209).
Zu prüfen ist, ob die behauptete Verwechslungsgefahr hinsichtlich des Firmenbestandteiles „B*“ und der Firma der erstklagenden Partei (der Sicherungsantrag der zweitklagenden Partei ist bereits rechtskräftig abgewiesen) insbesonders des Firmenbestandteiles „Ba*“, besteht. Die Verwechslungsgefahr ist nach der Auffassung eines nicht ganz unbeträchtlichen Teiles der angesprochenen Verkehrskreise zu beurteilen. Dabei ist immer von der Vorstellung auszugehen, die diese Kreise schon bei flüchtiger Betrachtung in der Eile des Geschäftsverkehrs mit der betreffenden Bezeichnung verbinden. Entscheidend ist der Gesamteindruck, nicht aber eine zergliedernde Betrachtung einzelner Wortbestandteile. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß der Durchschnittskäufer die beiden Bezeichnungen fast niemals gleichzeitig wahrnimmt, sondern immer nur mehr oder weniger verschwommene Erinnerungsbilder miteinander vergleichen kann (ÖBl 1973, 106; 4 Ob 324/75 u.v.a.; Hohenecker‑Friedl, Wettbewerbsrecht, 50). Die Verwechslungsgefahr ist insbesondere dann anzunehmen, wenn durch den Zeichengebrauch der Anschein einer Identität der beiden Unternehmen (Verwechslungsgefahr im engeren Sinn) oder wenn der Anschein eines besonderen Zusammenhanges wirtschaftlicher oder organisatorischer Natur dieser beiden Unternehmen (Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn) erweckt wird. Bei Wortbezeichnungen besteht die Verwechslungsgefahr dann, wenn sie entweder nach dem Wortbild, dem Wortsinn oder dem Wortklang einander so nahe kommen, daß Verwechslungen im geschäftlichen Verkehr entstehen können (ÖBl 1972, 69; 4 Ob 332/75 u.a Hohenecker‑Friedl a.a.O.).
Bei der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn erkennen die beteiligten Verkehrskreise zwar, daß es sich um zwei verschiedene Unternehmen handelt, schließen aber aus der Ähnlichkeit der Bezeichnungen, daß diese Unternehmen in Beziehungen wirtschaftlicher oder organisatorischer Art stehen. Die vermutete Verbindung muß so geartet sein, daß ein Unternehmen auf die Herstellung oder den Vertrieb des anderen Einfluß hat und es aus diesem Grund zuläßt, daß gleichartige Waren mit einem ähnlichen Kennzeichen in den Verkehr gelangen. Den Schluß auf wirtschaftliche Beziehungen oder organisatorische Zusammenhänge wird der Verkehr vorwiegend bei ähnlichen Unternehmenskennzeichen ziehen (Baumbach‑Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht9 II, 511 f.).
Im vorliegenden Fall ist zwar nicht eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinn, wohl aber eine solche im weiteren Sinn anzunehmen. Die beiden allein kennzeichnungskräfigen Firmenbestandteile „Ba*“ und „B*“ sind derart ähnlich, daß vor allem auch unter Bedachtnahme auf die überragende Verkehrsbekanntheit der erstgenannten Bezeichnung und unter Berücksichtigung der Branchengleichheit (beide Unternehmen dienen der Herstellung chemischer und pharmazeutischer Produkte) von den beteiligten Verkehrskreisen angenommen werden kann, daß zwischen der erstklagenden und der beklagten Partei ein wirtschaftlicher oder organisatorischer Zusammenhang besteht. Da die beklagte Partei, wie unbestritten ist, erst am 19. Oktober 1972 in das Handelsregister eingetragen wurde, wogegen die beklage Partei ihre Firma und insbesondere den Firmenbestandteil „Ba*“ schon lange vor diesem Zeitpunkt verwendet hat, kommt ihr die Priorität gegenüber der beklagten Partei zu, ohne daß sich diese auf die Firma ihrer Münchner Stammgesellschaft, in der die Bezeichnung „B*“ gleichfalls als Firmenbestandteil auf scheint, zu berufen vermag. Entscheidend ist nämlich nicht die Führung der Bezeichnung „B*“ als Firmenbestandteil durch die Stammgesellschaft, sondern ausschließlich die Führung dieser Bezeichnung durch die beklagte Partei, die jedoch erst nach der Eintragung und der dadurch hervorgerufenen rechtlichen Existenz der Gesellschaft erfolgt ist. Bei dieser Sachlage erübrigt es sich auf die behauptete Verwechslungsfähigkeit der Bezeichnung „B*“ mit den ähnlich klingenden registrierten Marken der erstklagenden Partei einzugehen.
Dem berechtigten Revisionsrekurs der erstklagenden Partei war daher Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des Punktes I.) des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern. Unter Bedachtnahme auf den Eventualantrag der beklagten Partei war jedoch gemäß dem § 390 Abs. 2 EO die Bewilligung der einstweiligen Verfügung von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, weil durch die einstweilige Verfügung ein sehr bedeutsamer Eingriff in die Interessenssphäre der beklagten Partei vorgenommen wurde. Der von dieser beantragte Betrag von S 1,000.000,-‑‑ ist jedoch zu hoch, sodaß ein Betrag von S 500.000,‑‑ (er entspricht im übrigen dem für die einstweilige Verfügung angegebenen Streitwert) als angemessen festzusetzen war.
Hinsichtlich der Kosten des Provisorialverfahrens erster Instanz ist zu berücksichtigen, daß der Sicherungsantrag der zweitklagenden Partei abgewiesen wurde. Die beklagte Partei hat daher Anspruch auf die Hälfte der vom Rekursgericht hiefür zuerkannten Kosten. Da die beklagte Partei die vom Erstgericht erlassene einstweilige Verfügung auch mangels Auferlegung einer Sicherheitsleistung mit ihrem Rekurs bekämpft hat, in dritter Instanz jedoch der erstklagenden Partei eine Kaution auf erlegt wurde, war der beklagen Partei die Hälfte der ihr durch diesen Rekurs erwachsenen Kosten zuzuerkennen, wobei die die zweitklagende Partei betreffende Kostenentscheidung der zweiten Instanz nicht mehr überprüfbar ist. Die Zahlungspflicht trifft daher insoweit beide klagenden Parteien zur ungeteilten Hand.
Die Kostenentscheidung gründet sich insgesamt auf die §§ 78, 393, 402 EO, 40, 41, 43, 50 ZPO.
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