European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00520.76.0406.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision der Beklagten wird nicht, jener des Klägers teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger den Betrag von S 16.500,— samt 4 % Zinsen seit 3. September 1973 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Das Mehrbegehren nach Zahlung von S 12.453,69 samt 4 % Zinsen seit 3. September 1973 wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz werden gegenseitig aufgehoben.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger an Kosten des Revisionsverfahrens einen Betrag von S 790,89 (einschließlich S 336,– Barauslagen und S 33,69 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger verpachtete der Beklagten den Gastbetrieb „K*“ mit dem Standort *. Als Pachtzins wurde ein Betrag von S 6.000,– monatlich vereinbart.
Mit der Behauptung, daß die Beklagte mit den Pachtzinsfälligkeiten Juni, Juli und August 1973 im Rückstand sei und auf Grund der vereinbarten Wertsicherungsklausel ab Jänner 1972 bis September 1973 Aufwertungsbeträge im Betrag von S 10.953,69 schuldig geworden sei, begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von S 28.953,69 samt Nebengebühren.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der Kläger habe von ihr ab Weihnachten 1972 eine Betriebseinschränkung von 24 Uhr auf 22 Uhr verlangt, was zu wesentlichen Umsatzeinbußen geführt habe. Sie habe aus diesem Grund vom Kläger eine Herabsetzung des Pachtzinses auf vorerst S 3.000,— monatlich verlangt und sich die Geltendmachung dieses Anspruches vorbehalten. Durch die Vertragsverletzung des Klägers durch Herabsetzung der bis 24 Uhr vereinbarten Betriebszeit sei ihr hieraus ein Schaden durch Geschäftsrückgänge entstanden, der die geltend gemachte Pachtzinsminderung beträchtlich übersteige. Sie rechne daher ihre Ansprüche in der Höhe von S 47.132,— gegenüber der Klagsforderung als Gegenforderung auf. Da der Kläger die in der Klage geltend gemachten Werterhöhungsbeträge von ihr bisher nicht begehrt habe, sei dieser Anspruch unbegründet, weil er darauf stillschweigend verzichtet habe.
Der Kläger brachte noch vor, daß im Pachtvertrag eine allfällige Verrechnung einer Gegenforderung des Pächters auf Ansprüche des Verpächters ausgeschlossen worden sei.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit dem Betrag von S 7.701,55 zu Recht, die eingewendete Gegenforderung aber nicht zu Recht besteht. Es erkannte demgemäß die Beklagte schuldig, dem Kläger den Betrag von S 7.701,55 samt 4 % Zinsen ab 3. September 1973 zu bezahlen. Das Mehrbegehren wies es ab. Es legte seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:
Das sogenannte K* war früher eine Garage, die der Kläger im Jahre 1952 zu einem Gaststättenbetrieb ausbaute und von der Hauseigentümerin A* D* mietete. Es handelt sich dabei um ein Restaurant mit zwei Räumen mit ca. 40 Sitzplätzen im Parterre, ungefähr im Zentrum von *. Bis zum Abschluß des Pachtvertrages mit der Beklagten war das Lokal abends stets bis 24 Uhr geöffnet.
Im April 1971 verpachtete der Kläger diesen Gastbetrieb an die Beklagte. Der Pachtvertrag begann mit 1. Mai 1971 und sollte am 30. April 1974 ablaufen. Es wurde ein Pachtzins von monatlich S 6.000,— vereinbart, der jeweils im vorhinein bis längstens 5. eines jeden Monates zu bezahlen war. Der Pachtzins wurde wertgesichert vereinbart, und zwar nach dem Index der Verbraucherpreise 1966 mit der für März 1971 veröffentlichten Indexziffer als Ausgangspunkt. Schwankungen bis zu 5 % sollten zunächst unberücksichtigt bleiben, durften jedoch im Falle ihres Überschreitens zur Gänze herangezogen werden. Anläßlich des Abschlusses des Pachtvertrages wurde zwischen den Streitteilen ausdrücklich vereinbart, daß der Betrieb bis 24 Uhr offengehalten werden dürfe. Von einer früheren Sperrstunde war damals nicht die Rede. Diese wesentliche Vertragsbestimmung wurde auch im Pkt. X des Pachtvertrages festgehalten. Gemäß Pkt. XIII wurde zwischen den Streitteilen vereinbart, daß eine Verrechnung allfälliger Gegenforderungen des Pächters auf Ansprüche des Verpächters, die aus diesem Vertrag entspringen, ausgeschlossen ist.
In der Folgezeit führte die Beklagte diesen Gastbetrieb, der ganzjährig (bis auf je 14 Tage im Frühjahr und im Herbst) von 10.30 Uhr bis 24 Uhr offen war. Vom erzielten Umsatz entfielen von Mai 1971 bis Dezember 1972 ca. 2/3 auf Getränke und 1/3 auf Speisen. Das K* war ein gutgehendes Lokal, das vor allem in den Abendstunden auch nach 22 Uhr zumeist voll besetzt war. Nach 22 Uhr kamen ca. dreimal pro Woche der Turnverein (ca. 20 Leute), zweimal Musikanten und auch andere Gruppen, die jeweils Getränke und auch kleinere Speisen konsumierten. Der Tagesumsatz bewegte sich zwischen S 3.000,— und S 3.500,—.
Zur selben Zeit führte der Kläger einen Rechtsstreit mit der Hauseigentümerin A* D*. Diesen Rechtsstreit verlor der Kläger im Herbst 1972 und war danach verpflichtet, das K* bereits um 22 Uhr zu schließen. Am 7. Dezember 1972 rief deshalb der Kläger den Ehegatten der Beklagten, H* F*, an und erklärte ihm, daß die Beklagte den Geschäftsbetrieb ab sofort um 22 Uhr schließen müsse. Der Kläger betonte gleichzeitig, daß ihm dies leid tue, die Beklagte solle zu keinem Schaden kommen und er werde einen neuen Pachtvertrag durch seinen Anwalt vorbereiten lassen, in dem der Pachtzins entsprechend herabgesetzt werden sollte. Über die Höhe einer Pachtzinsminderung wurde zwischen den Streitteilen nie etwas gesprochen. Die Beklagte hat daraufhin die neue Sperrstunde mit 22 Uhr eingehalten und auf den versprochenen neuen Pachtvertrag gewartet. Diesen hat sie jedoch nie erhalten. Mit Schreiben vom 29. Dezember 1972 hatte die Beklagte ihre Bereitschaft erklärt, die neue Sperrstunde mit 22 Uhr einzuhalten, bestand jedoch grundsätzlich auf ihrem vertraglichen Recht auf Betriebsführung bis 24 Uhr und machte gleichzeitig eine Minderung des Pachtzinses gemäß § 1096 ABGB geltend. Diesen Anspruch wiederholte sie im Schreiben vom 8. Jänner 1973, präzisierte die in Anspruch genommene Pachtzinsminderung auf S 3.000,— monatlich und verrechnete die für Dezember 1972 und Jänner 1973 geleisteten Zahlungen von je S 6.000,— auf die Monate Dezember 1972 bis März 1973. Aber auch im Februar, März, April und Mai 1973 bezahlte die Beklagte jeweils S 6.000, — monatlich an Pachtzins. Daraufhin teilte der Beklagtenvertreter dem Kläger mit Schreiben vom 14. Juni 1973 mit, daß diese auf Grund der in Anspruch genommenen Pachtzinsminderung von S 3.000,— zu viel bezahlten Beträge bis einschließlich November 1973 als Pachtzinszahlungen anzusehen seien. In der Folge leistete die Beklagte bis einschließlich November 1973 keine weiteren Zahlungen mehr, erst ab Dezember 1973 bezahlte sie jeweils S 3.000,— Pachtzins. Am 18. Dezember 1974 bezahlte die Beklagte S 5.142,75 an Wertsicherung für Oktober 1973 bis einschließlich Feber 1974 an den Kläger.
Die Beklagte erzielte im monatlichen Durchschnitt folgende Umsätze:
1971 | Küche | S 10.859,–, | Keller | S 23.548,–, |
1972 | " | S 18.402,–, | " | S 20.698,–, |
1973 | " | S 18.920,–, | " | S 16.217,–, |
1974 | " | S 20.312,–, | " | S 14.940,–. |
Daraus ergibt sich, daß im Anlaufjahr 1971 wesentlich mehr getrunken als verzehrt wurde, in der Folge hat sich der Küchenumsatz dem Getränkeumsatz ziemlich genähert. Ab 1973 überwiegt jedoch der Küchenumsatz den Getränkeumsatz immer mehr. Diese Entwicklung, insbesonders der deutliche Umsatzrückgang bei den Getränken in den Jahren 1973 und 1974 ist auf die Herabsetzung der Sperrstunde von 24 auf 22 Uhr zurückzuführen, da besonders nach 22 Uhr früher mehr getrunken als gegessen wurde. Die Küchenrohaufschläge betragen im Schnitt ca. 100 %, während die Getränkerohaufschläge sich von 150 % aufwärts bewegen. Durch die Verkürzung der Sperrstunde auf 22 Uhr erlitt die Beklagte während der Zeit vom 1. Jänner 1973 bis 30. April 1974 einen monatlichen Nettoverdienstentgang von S 2.945,75, was einem täglichen Nettoverdienstentgang von ca. S 100,— entspricht. Ein Rückgang des Küchenumsatzes wegen der Verkürzung der Sperrstunde ist nicht eingetreten, ebenso hatte die Beklagte dadurch keine nennenswerte Energieersparnis.
Die Indexzahl für März 1971 des Verbraucherpreisindex 1966 betrug 118,1, jene für Jänner 1972 124,1, die für Oktober 1972 131,2 und die für September 1973 138,4.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt wie folgt: Gemäß § 1096 ABGB sei der Bestandnehmer u.a. für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit, wenn das Bestandstück während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft wird, daß es zu dem bedungenen Gebrauch nicht tauge. Es stehe fest, daß durch die ohne Verschulden der Beklagten vom Kläger verlangte Verkürzung der Betriebszeit der bedungene Gebrauch des Pachtobjektes im Vergleich zu früher nur mehr mangelhaft ausgeübt werden könne. Die Beklagte sei daher berechtigt, eine angemessene Minderung des Pachtzinses zu begehren. Da die Beklagte einen Verdienstentgang von monatlich S 3.000,– zu verzeichnen habe, sei die von ihr beanspruchte Minderung des Pachtzinses als angemessen anzusehen. Dem Kläger stehe sohin ab Dezember 1972 bis April 1974 nur ein Pachtzins von S 3.000,— monatlich zu. Diesen Pachtzins habe die Beklagte auch für die Monate Juni, Juli und August 1973 bezahlt, wenn man die Zuvielzahlungen der Beklagten während der Monate Dezember 1972 bis Mai 1973 von je S 3.000,– berücksichtige. Der Kläger könne daher für die geltend gemachte Zeit keinen Pachtzins fordern. Der Hinweis des Klägers auf Punkt XIII des Pachtvertrages, wonach Gegenforderungen von der Beklagten nicht geltend gemacht werden könnten, sei schon deshalb verfehlt, weil es sich dabei um keine Gegenforderung handle, sondern um einen Anspruch auf Pachtzinsminderung. Der Verzicht auf einen solchen Anspruch im vorhinein sei aber unwirksam. Unter Berücksichtigung, daß ab Dezember 1972 nur mehr ein Pachtzins von S 3.000,— gerechtfertigt sei, errechne sich die Aufwertung nach dem vereinbarten Index unter Berücksichtigung der vom Kläger herangezogenen – für ihn ungünstigeren – Prozentsätze vom Jänner 1972 bis einschließlich September 1973 mit S 7.701,55. Ein stillschweigender Verzicht auf rückwirkende Wertsicherungsforderungen könne nicht angenommen werden. Der Aufwertungsbetrag könne daher innerhalb der Verjährungsfrist geltend gemacht werden.
Der als Verdienstentgang errechneten Schadenersatzforderung der Beklagten stehe das im Pachtvertrag vereinbarte Aufrechnungsverbot entgegen. Darüber hinaus gehe die eingewendete Schadenersatzforderung auch über den erzielten Preisminderungsanspruch nicht hinaus, es sei überdies auch kein Verschulden des Klägers erwiesen. Die Zahlung der Beklagten von S 5.142,75 am 14. Februar 1974 müsse deshalb unberücksichtigt bleiben, weil dieser Betrag die Aufwertung ab Oktober 1973 betreffe, in der Klage aber nur Wertsicherungsbeträge bis einschließlich September 1973 geltend gemacht worden seien.
Das Berufungsgericht sprach über Berufung beider Teile einen Betrag von S 13.500,– zu und wies das Mehrbegehren ab (der Ausspruch, daß die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, blieb unangefochten). Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes mit Ausnahme jener, daß die Beklagte allein wegen der Vorverlegung der Sperrstunde einen täglichen Nettoverdienstentgang von etwa S 100,— gehabt hätte. Bei der rechtlichen Beurteilung ging es davon aus, daß die Parteien vereinbarten, daß eine Verrechnung allfälliger Gegenforderungen der Beklagten auf Ansprüche des Klägers aus dem Pachtvertrag ausgeschlossen sei. Diese Vereinbarung sei zulässig und nicht sittenwidrig gewesen. Die Beklagte könne daher gegen die Forderung nach Zahlung des Pachtzinses für die Monate Juni, Juli und August 1973 nicht mit Erfolg geltend machen, daß sie in anderen Monaten wegen der Leistung des vollen vereinbarten Zinses trotz einer Minderung gemäß § 1096 ABGB zuviel und damit den Zins auch für die Monate Juni, Juli und August 1973 bereits gezahlt habe. Wenn der Zins für andere Monate tatsächlich gemäß § 1096 ABGB gemindert gewesen sei und ihn die Beklagte trotzdem in voller Höhe zahlte, habe sie hinsichtlich des Differenzbetrages eine Leistung zur Erfüllung einer Nichtschuld erbracht, die sie unter der Voraussetzung des § 1431 ABGB zurückverlangen könne. Diesen Rückforderungsanspruch könne sie aber wegen des vereinbarten Aufrechnungsverbotes gegen den Anspruch des Klägers auf den Pachtzins für die angeführten Monate nicht einwenden. Bei der Prüfung der Frage, ob der Pachtzins für diese Monate gemindert worden sei, müsse berücksichtigt werden, daß bei einem Gaststättenbetrieb die Öffnungszeit ein Faktor des Umsatzes und damit des Verdienstes sei. Die Vorverlegung der Sperrstunde sei daher ein Umstand, der die Brauchbarkeit des Bestandgegenstandes vermindert habe. Genaue Unterlagen darüber, in welchem Ausmaß die Vorverlegung der Sperrstunde den Gebrauch des Bestandgegenstandes eingeschränkt habe, lägen nicht vor. Es müsse berücksichtigt werden, daß der Getränkeumsatz des Jahres 1974 gegenüber jenem im Jahre 1973 deutlich abgesunken sei. Dies sei aber nicht eine Folge der Vorverlegung der Sperrstunde gewesen, weil die Sperrstunde in beiden Jahren um 22 Uhr gewesen sei. Das größere Absinken des Getränkeumsatzes des Jahres 1973 gegenüber jenem im Jahre 1972 müsse allerdings mit der Vorverlegung der Sperrstunde in Zusammenhang gebracht werden. Es müsse auch berücksichtigt werden, daß die Vorverlegung der Sperrstunde für die Beklagte zumindest auf dem Arbeitssektor auch Vorteile gebracht habe. Das Ausmaß der Befreiung der Beklagten von der Entrichtung des Bestandzinses müsse daher gemäß § 273 ZPO festgesetzt werden. Es sei mit monatlich S 1.500,— angemessen, sodaß der Zins für die 3 angeführten Monate je S 4.500,— betrage und die Beklagte noch einen Betrag von S 13.500,— zu zahlen habe. Zur Abweisung des über S 7.701,55 hinaus gehenden Aufwertungsanspruches durch das Erstgericht habe der Kläger in der Berufung nichts vorgebracht, sodaß insoweit eine Überprüfung der Entscheidung des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht nicht möglich gewesen sei. Dies sei aber bedeutungslos, weil der Aufwertungsanspruch des Klägers überhaupt nicht bestehe. Es sei kein Grund zur Annahme gegeben, daß der Kläger die Aufwertungsbeträge bereits vor Erhebung der Klage verlangt habe. Es sei aber ein Verzicht auf Nachforderungen von Bestandzinsaufwertungen für die Vergangenheit in der Regel schon dann anzunehmen, wenn der Bestandgeber durch längere Zeit die Aufwertung nicht verlangte, obgleich die Voraussetzungen dafür vorlagen, und er den nicht erhöhten Bestandzins unbeanstandet entgegennahm. Da dies im vorliegenden Fall zutreffe, verstoße das nunmehr gestellte Begehren nach Aufwertung der Bestandzinse für die Vergangenheit gegen Treu und Glauben, sodaß es abzuweisen gewesen sei.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wenden sich die Revisionen beider Teile. Die Beklagte bekämpft den Zuspruch eines Betrages von S 13.500,— an den Kläger wegen Aktenwidrigkeit, Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder es aufzuheben. Der Kläger wendet sich gegen den abweislichen Teil des Urteiles des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern oder aufzuheben.
Beide Teile beantragen, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist teilweise, jene der Beklagten nicht berechtigt.
Der Kläger meint zunächst, der Spruch der Entscheidung des Berufungsgerichtes sei „irreführend“, weil ausgesprochen werde, daß der Berufung des Klägers teilweise und jener der Beklagten zur Gänze Folge gegeben werde, obgleich die Beklagte nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes fast doppelt so viel zu zahlen habe wie nach der Entscheidung des Erstgerichtes. Demgegenüber ist aber darauf zu verweisen, daß es bei der Beurteilung der Frage, ob die Berufung ganz oder teilweise Erfolg hat, nicht darauf ankommt, in welchem Ausmaß dem Klagebegehren nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes stattgegeben wurde, sondern nur darauf, mit welchem Erfolg die Stattgebung oder Abweisung des Klagebegehrens durch das Erstgericht bekämpft wurde. Da die Beklagte in erster Instanz zur Zahlung eines Betrages von S 7.701,55 (Aufwertung des Bestandzinses für die Zeit vom Jänner 1972 bis September 1973) verurteilt worden war, das Berufungsgericht aber diesen Anspruch des Klägers zur Gänze verneinte, hat es der Berufung der Beklagten zur Gänze Folge gegeben. Der Kläger wandte sich gegen die Abweisung eines Betrages von S 21.252,14 (Zins für Juni, Juli und August 1973 in der Höhe von S 18.000,— und weiterer Aufwertungsbetrag von S 3.252,14), erreichte aber nur den Zuspruch eines Betrages von S 13.500,— sodaß seiner Berufung tatsächlich nur teilweise Folge gegeben wurde.
Weiter wendet sich der Kläger gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Frage der Aufwertung des Bestandzinses wegen der vereinbarten Wertsicherung sei in seiner Berufung nicht berührt worden, sodaß insoweit eine Überprüfung des abweislichen Teiles des Urteiles des Erstgerichtes nicht möglich gewesen sei. Die Überprüfung nach allen rechtlichen Gesichtspunkten sei vielmehr schon dann vorzunehmen, wenn die in der Berufung erhobene Rechtsrüge wenigstens zu irgendeiner materiell-rechtlichen Frage gesetzmäßig ausgeführt worden sei. Überdies sei die Verminderung der Wertsicherungsansprüche nur eine Folge der Herabsetzung des Bestandzinses durch das Erstgericht, die angefochten worden sei. Dazu ist festzuhalten, daß die Berufung des Klägers sich ausschließlich mit dem Bestandzins für die Monate Juni, Juli und August 1973 befaßte und darin geltend gemacht wurde, daß hinsichtlich dieser Beträge der vereinbarte Ausschluß einer Aufrechnung nicht beachtet worden sei und die Verrechnung von angeblichen Mehrleistungen für andere Monate mit dem Bestandzins für diese Monate demnach unzulässig sei, daß das Erstgericht eine zu starke Minderung des Pachtzinses für diese Monate angenommen habe und in Wahrheit überhaupt die Annahme einer Pachtzinsminderung nicht gerechtfertigt sei. Im Verfahren erster Instanz war aber nicht nur der Pachtzins für diese Monate, sondern darüber hinaus als besonderer Anspruch auch die Nachzahlung eines Betrages wegen der Erhöhung der Pachtzinse infolge der vereinbarten Wertsicherung begehrt worden. Die Rechtsrüge der Berufung konnte nur zu einer Überprüfung des Anspruches auf Zahlung des Pachtzinses für die Monate Juni, Juli und August 1973 nach allen rechtlichen Gesichtspunkten – somit auch hinsichtlich einer allfälligen Erhöhung auf Grund der Wertsicherung – nicht aber auch zu einer Überprüfung der Aufwertungsansprüche hinsichtlich des auf andere Zeiträume bezüglichen Pachtzinses führen. Es genügt nämlich zwar, daß die Rechtsrüge hinsichtlich irgendeiner Rechtsfrage gesetzmäßig ausgeführt ist, um bei der Erledigung des Rechtsmittels auf alle in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte Bedacht zu nehmen (ArbSlg 9.230, SZ 41/68, RZ 1969 52, ZVR 1975/101 u.a.). Das gilt aber nicht, wenn ein Tatbestand aus mehreren selbständigen rechtserzeugenden Tatsachen abgeleitet wird und sich die Rechtsausführungen nur auf eine dieser Tatsachen, nicht aber auch auf die anderen beziehen (1 Ob 813/53). Dies gilt umso mehr, wenn mehrere Ansprüche erhoben werden und sich die Rechtsausführungen nur auf einen von diesen beziehen. Die Ausführung der Rechtsrüge zu einem dieser Ansprüche führt somit nicht dazu, daß auch die anderen auf ihre gesetzliche Berechtigung zu überprüfen sind (vgl. JBl 1958 182). Auf eine Prüfung, ob die Abweisung des Aufwertungsanspruches, soweit er sich nicht auf die Zinsbeträge für die Monate Juni, Juli und August 1973 bezog, rechtlich begründet war, ist daher das Berufungsgericht richtigerweise nicht eingegangen. Die im Berufungsverfahren insoweit unterlassene Rechtsrüge kann auch nicht mehr im Revisionsverfahren nachgeholt werden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers in der Revision ist daher nicht einzugehen.
Für die Monate Juni, Juli und August 1973 hat allerdings das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, daß das Aufwertungsbegehren gegen Treu und Glauben verstoße. Die Zinsbeträge für diese Monate wurden von der Beklagten noch nicht gezahlt und daher vom Kläger auch noch nicht unbeanstandet entgegengenommen. Mit Rücksicht auf die Meinungsverschiedenheiten über die Höhe der Zinsbeträge für diese Monate und darüber, ob sie mit behaupteten Mehrzahlungen der Beklagten zu verrechnen seien, bestand für diese kein Grund zur Annahme, daß der Anspruch auf Bestandzins für diese Monate bereits erledigt sei. Richtigerweise verwies auch das Berufungsgericht darauf, daß für die Annahme eines schlüssigen Verzichtes auf Aufwertung eines wertgesicherten Bestandzinses hinsichtlich erst zu leistender Beträge strengere Anforderungen zu stellen sind als hinsichtlich bereits eingeforderter, gezahlter und unbeanstandet entgegengenommener Beträge (MietSlg 26.124/4, 19.099, 19.098, 18.158, 18.157, 18.156/21, 17.071 u.a.). Da die Aufwertung des Bestandzinses vom Kläger spätestens mit der am 3. September 1973 überreichten Klage verlangt wurde und die Aufwertung erstmalig im Jänner 1972 möglich war, liegt zwischen der Möglichkeit des Begehrens nach Aufwertung und der tatsächlichen Erhebung dieses Begehrens kein so langer Zeitraum, daß die Geltendmachung des Aufwertungsanspruches an sich als Verstoß gegen Treu und Glauben angesehen werden könnte. Für die Zeit vor Juni 1973 konnte allerdings die Beklagte mit Rücksicht auf die Entgegennahme der Zinsbeträge durch den Kläger annehmen, daß eine Nachforderung eines Bestandzinsrestes wegen Erhöhung auf Grund der vereinbarten Wertsicherung nicht mehr erfolgen werde. Hiezu ist insbesondere auch von Bedeutung, daß der Kläger der Beklagten erklärte, der Zins werde wegen der Vorverlegung der Sperrstunde noch vermindert. Unter diesen Umständen durfte die Beklagte annehmen, daß sie jedenfalls nicht zu den bereits geleisteten Beträgen noch etwas zahlen müsse, sie also nur noch mit einer Verminderung des Zinses, nicht aber mit einer weiteren zusätzlichen Leistung für die einzelnen Monate zu rechnen habe. Sie konnte somit die Zinszahlung für diese Monate als erledigt ansehen, sodaß die nachträglich erhobene Forderung nach Zahlung eines Aufwertungsbetrages für diese Zeit gegen Treu und Glauben verstößt. Überdies ist darauf zu verweisen, daß die Beklagte für diese Zeit den vollen Zins zahlte, obgleich er gemäß § 1096 ABGB gemindert war. Diese Minderung betrug jedenfalls mehr als die vom Kläger verlangte Aufwertung, sodaß auch aus diesem Grund eine Nachzahlung für diese Monate nicht in Frage kommt. Bei der Feststellung des Zinses für die Monate Juni, Juli und August 1973, der noch nicht gezahlt ist, muß aber auf die vereinbarte Wertsicherung Bedacht genommen werden.
Zur Frage, in welcher Höhe ein Zins für diese Monate zu zahlen ist, ist zunächst festzuhalten, daß mit Recht eine Zinsminderung gemäß § 1096 ABGB wegen der Vorverlegung der Sperrstunde von 24 Uhr auf 22 Uhr angenommen wurde. Die Möglichkeit, das Lokal bis 24 Uhr offen halten zu können, wurde nämlich bei Begründung des Bestandverhältnisses ausdrücklich vereinbart. Die Vorverlegung der Sperrstunde führte dazu, daß der Bestandgegenstand nicht mehr voll im bedungenen Ausmaß gebraucht werden konnte. Der Bestandgegenstand wies damit eine teilweise Unbrauchbarkeit auf, die bei Vertragsabschluß nicht berücksichtigt war. Das führte dazu, daß der Zins gemäß § 1096 ABGB schon von rechtswegen gemindert wurde, ohne daß eine auf Zinsminderung gerichtete Erklärung des Bestandnehmers erforderlich oder auch nur erheblich war (Klang-Klang2 V 44, MietSlg 24.140, 24.139, 20.130 u.a.). Wenn der Bestandnehmer trotz einer vollen oder teilweisen Befreiung von der Entrichtung des Zinses mehr zahlt, als er noch zu zahlen hätte, dann entsteht hinsichtlich des zuviel gezahlten Betrages ein nach § 1431 ABGB zu beurteilender Rückforderungsanspruch des Bestandnehmers, weil er insoweit eine Leistung zur Erfüllung einer Nichtschuld erbrachte (MietSlg 20.130, 20.128 u.a.). Daraus hat das Berufungsgericht zutreffend gefolgert, daß dann, wenn die Beklagte dem Anspruch des Klägers auf den Bestandzins für einen bestimmten Monat entgegenhält, sie habe diesen Bestandzins schon ganz oder teilweise entrichtet, weil sie für andere Monate trotz einer gemäß § 1096 ABGB eingetretenen Zinsminderung den vollen Betrag geleistet habe, von der Beklagten eine Aufrechnung eines Rückforderungsanspruches mit dem fälligen Bestandzins geltend gemacht wird. Eine Verrechnung allfälliger Gegenforderungen der Beklagten mit Ansprüchen des Klägers aus dem Pachtvertrag wurde aber in diesem ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser vertragsmäßige Ausschluß der Aufrechnung war zulässig und verbindlich (SZ 27/197, 41/68, 43/7 u.a.). Der Zweck des Aufrechnungsverbotes bestand darin, daß der Gläubiger den geschuldeten Betrag erhält, ohne Rücksicht darauf, ob noch andere Ansprüche zwischen den Parteien offen sind und ohne daß diese Frage überhaupt geprüft wird. Dem widerspräche es aber, wenn einer fälligen Bestandzinsforderung angebliche Mehrleistungen in anderen Zeiträumen und der darauf gestützte Rückforderungsanspruch entgegengehalten werden könnten. Die Beklagte kann daher der Forderung nach Zahlung des Pachtzinses für die Monate Juni, Juli und August 1973 nicht mit Erfolg einwenden, sie habe ihn schon dadurch gezahlt, daß sie in früheren Monaten noch S 6.000,— zahlte, obgleich sie nur zu S 3.000,— (monatlich) verpflichtet gewesen sei, und die Mehrleistungen als Zahlungen für die Monate Juni, Juli und August 1973 gewidmet habe.
Zum Einwand der Revision der Beklagten, sie habe auch für die Monate Juni, Juli und August 1973 Zinsbeträge gezahlt, weil sie die vorher geleisteten Zahlungen auch für diese Monate gewidmet und der Kläger dem nicht widersprochen habe, ist entgegenzuhalten, daß eine Erklärung des Schuldners, welche Forderung mit der Zahlung getilgt werden soll, schon bei der Leistung abgegeben werden muß (Gschnitzer-Klang2 VI 383, SZ 40/119). Die Beklagte hat aber in den Schreiben vom 8. Jänner 1973 und 14. Juni 1973 eine nachträgliche (teilweise) Umwidmung bereits erfolgter Zahlungen vornehmen wollen. Diese brauchte der Kläger schon deswegen nicht hinnehmen, weil sie dem vereinbarten Aufrechnungsverbot widersprach. Es ist daher auch unerheblich, ob er gegen die von der Beklagten nachträglich und einseitig vorgenommene Umwidmung Einspruch erhob.
Die Behauptung der Revision der Beklagten, das Berufungsgericht sei ohne Vorliegen entsprechender Feststellungen des Erstgerichtes davon ausgegangen, daß die Beklagte für die Monate Juni bis August 1973 keine Zahlungen geleistet habe, entspricht nicht dem Akteninhalt. Das Erstgericht hat nämlich ausdrücklich festgestellt, daß die Beklagte nur bis Mai 1973 jeweils S 6.000,— monatlich zahlte und dann bis einschließlich November 1973 keine Zahlungen mehr leistete (AS 127). Es führte dann weiter aus, daß die Beklagte den Pachtzins auch für die Monate Juni, Juli und August 1973 bezahlt habe, „wenn man die Zuvielzahlungen der Beklagten während der Monate Dezember 1972 bis Mai 1973 von je S 3.000,— berücksichtigt“ (AS 130). Für die Monate Juni bis August 1973 wurde somit keine Zahlung durch die Beklagte, sondern eine Umwidmung eines Teiles der Zahlungen für andere Monate angenommen. Die Revision der Beklagten kam lediglich durch ein unvollständiges und sinnwidriges Zitat der Feststellungen des Erstgerichtes zu dem behaupteten Widerspruch mit dem vom Berufungsgericht der Entscheidung zugrundegelegten Sachverhalt. Es liegt daher die von der Beklagten behauptete Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vor.
Zum Ausmaß der Zinsminderung führt der Kläger aus, sie ergebe nur einen so untergeordneten Betrag, daß sie den gesetzlichen Anspruch auf Pachtzinsminderung überhaupt nicht auslösen könne. Die Beklagte meint dagegen, daß mit Rücksicht auf die bewirkte Ertragsmindeung ein Minderungsbetrag von S 3.000,— monatlich angemessen sei.
Demgegenüber ist davon auszugehen, daß gemäß § 1096 ABGB der Bestandnehmer „für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit“ von der Entrichtung des Zinses befreit wird. Maßgeblich ist daher nicht der entgangene Ertrag oder Verdienst, weil § 1096 ABGB einen Anspruch auf dessen Ersatz nicht festlegt, sondern nur eine Zinsminderung wegen voller oder teilweiser Unbrauchbarkeit der Bestandsache gewährt. Überdies tritt die Zinsminderung von Gesetzes wegen und unabhängig von der Frage eines Verschuldens ein (Klang-Klang2 V 44). Der durch die Vorverlegung der Sperrstunde eingetretene Umsatzrückgang ist nur ein mittelbarer Anhaltspunkt dafür, in welchem Ausmaß der Gebrauch der Bestandsache dadurch beeinträchtigt wurde, wobei aber berücksichtigt werden muß, daß der Gebrauch der Bestandsache nicht die alleinige Voraussetzung und Ursache für die Möglichkeit, einen Umsatz und Verdienst zu erzielen, darstellt; es bedarf hiezu insbesondere auch des Einsatzes von Arbeitskraft und Kapital.
Die Betriebszeit verringerte sich durch die Vorverlegung der Sperrstunde von 13 1/2 auf 11 1/2 Stunden, also um etwa 1/6; der Umsatz an Getränken sank im Jahre 1973 gegenüber dem Jahre 1972 um etwa 1/5, während der Umsatz „Küche“ etwa gleich blieb. Hiebei muß allerdings bedacht werden, daß etwaige Preissteigerungen nicht berücksichtigt sind. Da das Ausmaß der Minderung des Gebrauches nicht genau berechenbar und feststellbar ist, kann es unter diesen Umständen gemäß § 273 ZPO mit etwa 1/6 bis 1/5 des vollen Gebrauches angenommen werden. Der volle Bestandzins für die Monate Juni bis August 1973 betrug unter Berücksichtigung der Erhöhung auf Grund der Wertsicherung monatlich S 6.683,71 (Klage AS 3 und Ersturteil AS 131). Nach Abzug des der Gebrauchseinschränkung entsprechenden Anteiles (1/5 bis 1/6 oder etwa S 1.114,— bis S 1.337,–) erscheint es daher gerechtfertigt, den infolge der Zinsminderung verbleibenden Betrag für diese drei Monate mit je S 5.500,— anzunehmen. Die Beklagte ist daher schuldig, einen Betrag von S 16.500,— zu zahlen, sodaß insoweit der Revision des Klägers Folge zu geben war, während im übrigen den beiden Revisionen ein Erfolg versagt werden mußte.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz stützt sich auf § 43 Abs 1 ZPO, jene über die Kosten des Revisionsverfahrens auf § 43 Abs 1, 50 ZPO. Hiebei ist davon auszugehen, daß der Kläger bei der Abwehr der Revision der Beklagten voll, die Beklagte bei der Abwehr der Revision des Klägers etwa zu 4/5 durchgedrungen ist. Der Kläger hat daher Anspruch auf die Kosten seiner Revisionsbeantwortung abzüglich 3/5 der Kosten der Revisionsbeantwortung der Beklagten.
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