OGH 4Ob315/76

OGH4Ob315/766.4.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Hamburger Fern‑Lehrinstitut W* KG & Co Gesellschaft m.b.H., 2.) Hamburger Fern‑Lehrinstitut W* KG & Co Gesellschaft m.b.H. & Co KG, beide *, beide vertreten durch Dr. Andreas Puletz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) A* Gesellschaft m.b.H., *, 2,) Dr. G*, Kaufmann, ebendort, beide vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Revisionsstreitwert S 73.333,33) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 9. Dezember 1975, GZ. 1 R 263/75-24, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22. August 1975, GZ. 37 Cg 743/74-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00315.76.0406.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Untergerichte werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung – unter Einbeziehung ihres in Rechtskraft erwachsenen Teiles – wie folgt zu lauten hat :

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, ab sofort eine Werbung mit dem Text: „Das heisst, schon beim ersten Antreten durchzukommen – wie der weitaus grösste Teil unserer Kandidaten bei Matura und B‑Matura“ bei Exekution zu unterlassen.

Das Mehrbegehren der Kläger, den Beklagten zur ungeteilten Hand auch die Werbeankündigungen: „Die Zuhause‑Matura„ bzw. „Die Matura zu Hause machen“ sowie „Wir ermöglichen unseren Kandidaten das Wichtigste: Durchkommen“ zu untersagen, wird abgewiesen.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Beklagten 1/3 der mit S 12.959,23 (darin S 1.390,‑‑ Barauslagen und S 856,98 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, somit einen Betrag von S 4.319,74, binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Die Kläger werden ermächtigt, den stattgebenden Teil des Urteilsspruches binnen drei Monaten nach Rechtskraft je einmal in den Tageszeitungen „Kronen‑Zeitung“, „Kleine Zeitung, Ausgabe Graz“, „Kleine Zeitung, Ausgabe Klagenfurt“ und „Kurier“ im redaktionellen Teil mit Fettdrucküberschrift und Fettdruckumrandung auf Kosten der Beklagten, welche hiefür zur ungeteilten Hand haften, zu veröffentlichen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

 

Entscheidungsgründe:

Die zweitklagende Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. und die erstbeklagte Gesellschaft m. b. H. betreiben Fernlehrinstitute und stehen daher in einem Wettbewerbsverhältnis; die erstklagende Gesellschaft m. b. H. ist geschäftsführende Komplementärin der Zweitklägerin, der Zweitbeklagte Geschäftsführer der Erstbeklagten.

Die Erstbeklagte veröffentlichte in den Monaten Mai/Juni 1974 ein Zeitungsinserat (Beil. C), in welchem es u.a. heisst:

„Die Zuhause‑Matura.

Wir ermöglichen unseren Maturanten das Wichtigstes: Durchkommen.

Die Matura zu Hause machen, also ohne täglichen Besuch einer Tages- oder Abendschule, ermöglicht Ihnen der Heimstudienplan der A*. Das gilt auch für die Handelsakademie‑Matura und die Beamtenmatura. Heute wird die Zuhause‑Matura von vielen bevorzugt, gibt sie doch jedermann die Möglichkeit, optimal und rationell zum Ziel der Matura geführt zu werden. Das heisst, schon beim ersten Antreten durchzukommen – wie der weitaus grösste Teil unserer Kandidaten bei Matura und B‑Matura. Der Weg zur Zuhause‑Matura steht jetzt jedem ohne Aufnahmebeschränkungen offen ....“

Unter Berufung auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb stellen die Klägerinnen den Urteilsantrag, den Beklagten zur ungeteilten Hand ab sofort eine Werbung mit folgenden Texten zu untersagen:

a) „Die Zuhause‑Matura“ bzw. „Die Matura zu Hause machen“,

b) „Wir ermöglichen unseren Maturanten das Wichtigste: Durchkommen“,

c) „Das heisst, schon beim ersten Antreten durchzukommen – wie der weitaus grösste Teil unserer Kandidaten – bei Matura und B‑Matura“;

ausserdem verlangen die Klägerinnen die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten im redaktionellen Teil der Tageszeitungen „Kronen-Zeitung“, „Kleine Zeitung, Ausgabe Graz“, „Kleine Zeitung, Ausgabe Klagenfurt“ und „Kurier“.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Unterlassungsbegehrens zu b) und c) und gab auch dem Veröffentlichungsbegehren der Klägerinnen statt; das Unterlassungsbegehren zu a) wurde hingegen – insoweit rechtskräftig – abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,‑‑ übersteigt, wird von den Beklagten seinem ganzen Inhalt nach mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung bekämpft. Der Revisionsantrag geht auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Kläger haben beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Den Entscheidungen der Untergerichte liegen folgende wesentliche Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:

Die Erstbeklagte hat im Jahr 1972 8 B‑Maturanten herausgebracht, ausserdem einen Maturanten namens K*, welcher die Prüfung am 30. Dezember 1972 bestanden hat, zum Teil aber noch von der deutschen Schwestergesellschaft der Erstbeklagten vorbereitet worden war. Weitere 7 Schüler der Erstbeklagten haben Vorprüfungen für die Matura erfolgreich abgelegt. Dass ausser K* noch ein weiterer Schüler der Erstbeklagten die (allgemeine) Matura beim ersten Antreten bestanden hätte, wurde nicht als erwiesen angenommen.

Rechtlich hielt das Erstgericht schon den Slogan „Wir ermöglichen unseren Maturanten das Wichtigste: Durchkommen" für irreführend, weil er den Eindruck erwecke, dass die Erstbeklagte besondere Möglichkeiten habe, um den Prüfungserfolg der von ihr vorbereiteten Kandidaten zu gewährleisten. Dieser Eindruck werde durch die folgende Behauptung, Wonach der weitaus grösste Teil der Kandidaten der Erstbeklagten bei Matura und B‑Matura schon beim ersten Antreten durchkomme, noch verstärkt, zumal diese Angabe auf eine grosse Anzahl erfolgreicher Schüler schliessen lasse; selbst bei Einbeziehung der 8 B‑Maturanten könne aber hier von einer statistisch signifikanten Aussage keine Rede sein. Da eine B‑Matura heute überhaupt nicht mehr aktuell sei, erweise sich auch die Zusammenfassung von Maturanten und B‑Maturanten in einem einzigen Inserat als irreführend. Erfolgreich abgelegte Vorprüfungen hätten schon deshalb äusser Betracht zu bleiben, weil der Werbetext der Erstbeklagten nur von „Matura“ und „B-Matura“ spreche, von einer erfolgreichen Matura aber bei Ablegung nur einzelner Vorprüfungen nicht die Rede sein könne. Da die Beklagten entgegen ihrer Darlegungspflichtig weder behauptet noch bewiesen hätten, dass sie eine grössere Anzahl von Personen zur Matura geführt hätten und dass von diesen Schülern der weitaus grösste Teil beim ersten Antreten durchgekommen sei, verstosse das beanstandete Insrat insoweit gegen § 2 UWG.

Das Berufungsgericht billigte diese rechtliche Beurteilung. Die beanstandeten, vom Erstgericht mit Recht als Einheit behandelten Werbebehauptungen könnten von einem unbefangenen Leser nur dahin verstanden werden, dass für Schüler der Erstbeklagten ein Durchkommen beim ersten Versuch wahrscheinlich sei, weil der weitaus grösste Teil der von der Erstbeklagten ausgebildeten Kandidaten bei Matura und B-Matura diese Prüfungen schon beim ersten Antreten bestanden habe. Da. der Hinweis auf Prüfungserfolge in einem Werbetext nur dann sinnvoll sei, wenn die Anzahl dieser Erfolge auf die Qualität der angebotenen Ausbildung schliessen lasse, könnten nur zahlenmässig grosse Erfolge, nicht aber die Prüfungsergebnisse einzelner Kandidaten, eine solche Schlussfolgerung rechtfertigen. Habe aber die Erstbeklagte nach den Feststellungen des Erstgerichtes nur einen Kandidaten für die allgemeine Reifeprüfung und weitere 7 Kandidaten für die B‑Matura vorbereitet, dann sei der beanstandete Werbetext zur Irreführung des angesprochenen Publikums geeignet. Bestandene „Vorprüfungen“ im Sinne der §§ 36 ff., SchulunterrichtsG BGBl 1974/139 könnten einer erfolgreich abgelegten Matura oder B‑Matura nicht gleichgesetzt und infolgedessen auch nicht berücksichtigt werden. Da die Klägerinnen naturgemäss nicht in der Lage seien, die konkreten Behauptungen der Beklagten über die Erfolge ihrer Unterrichtstätigkeit zu widerlegen, habe das Erstgericht die Beklagten mit Recht zur Darlegung der Richtigkeit ihrer Angaben verhalten; die Beklagten hätten sich aber bis zuletzt geweigert, entsprechendes Zahlenmaterial über den Anteil ihrer erfolgreichen Prüfungskandidaten vorzulegen – wobei sie sich zu Unrecht auf die Gefahr einer Preisgabe angeblicher Geschäftsgeheimnisse berufen hätten –, und seien daher ihrer Darlegungspflicht nicht nachgekommen.

Aus dem Revisionsgrund des § 503 Z. 4 ZPO wenden sich die Beklagten zunächst gegen die Auffassung der Untergerichte, dass die beiden den Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens bildenden Werbesätze „zusammengehörten“ und daher nur gemeinsam beurteilt werden könnten. Diese Rüge ist berechtigt, weil eine solche Auslegung in der Tat weder im Wortlaut noch in der graphischen Gestaltung des Inserates Beilage C eine Stütze findet: Der beanstandete Werbetext lässt deutlich erkennen, dass die einleitende, als Überschrift auch drucktechnisch besonders hervorgehobene Ankündigung „Wir ermöglichen unseren Maturanten das Wichtigste: Durchkommen“ nur eine ganz allgemeine, blickfangartig herausgestellte Werbeaussage über die Leistungsfähigkeit der Erstbeklagten ist, welche durch die nachfolgenden Ausführungen über die Vorteile der hier angebotenen „Zuhause‑Matura“ – unter denen sich auch die beanstandete Behauptung findet, dass der weitaus grösste Teil der Kandidaten der Erstbeklagten bei Matura und B‑Matura schon beim ersten Antreten durchkomme – wohl näher ausgeführt und ergänzt wird, mit diesem Text jedoch keineswegs eine untrennbare Einheit bildet. Dass die beiden beanstandeten Behauptungen selbständig nebeneinander stehen und daher auch getrennt auf ihre Eignung zur Irreführung des angesprochenen Publikums zu prüfen sind, folgt schon daraus, dass selbst bei Richtigkeit des erstgenannten Satzes – wonach die Erstbeklagte ihren Schülern das „Durchkommen“ bei der „Zuhause‑Matura“ ermögliche – noch keineswegs feststünde, ob der weitaus grösste Teil der Schüler die Reifeprüfung tatsächlich schon beim ersten Antreten erfolgreich besteht. Wird aber die Behauptung der Erstbeklagten „Wir ermöglichen unseren Maturanten das Wichtigste: Durchkommen“ für sich allein und unabhängig vom weiteren Text des Inserates geprüft, dann ist in ihr ein Verstoss gegen § 2 UWG nicht zuerkennen. Schon das Berufungsgericht hat mit Recht darauf verwiesen, dass diese Werbeaussage entgegen der Meinung der Klägerinnen nicht als Garantie eines Prüfungserfolges für jeden Schüler der Erstbeklagten und noch weniger als Ankündigung besonderer, unter Umständen auch unlautere Machenschaften einschliessender Möglichkeiten der Erstbeklagten zur Erlangung des angestrebten Zieles aufgefasst werden kann; der unbefangene Leser wird ihr vielmehr nur die allgemeine Behauptung entnehmen können, dass das Ausbildungsprogramm und die Unterrichtsmethode der Erstbeklagten – selbstverständlich bei entsprechender Mitarbeit der einzelnen Schüler – auch bei der sogenannten „Zuhause-Matura“ eine erfolgreiche Ablegung der Reifeprüfung erwarten lassen. Da die Klägerinnen die Richtigkeit dieser Behauptung nicht in Abrede gestellt und während des gesamten Verfahrens nicht einmal behauptet haben, dass etwa die Lehrmethode der Erstbeklagten zur ordnungsgemässen Vorbereitung auf die Matura und die B‑Matura aus irgendwelchen Gründen nicht geeignet wäre, scheidet die Annahme einer Irreführung der interessierten Verkehrskreise im Sinne des § 2 UWG hinsichtlich dieser allgemeinen Werbeaussage von vorneherein aus. Aus diesen Erwägungen musste in teilweiser Abänderung der untergerichtlichen Entscheidungen das Unterlassungsbegehren der Klägerinnen hinsichtlich der Behauptung „Wir ermöglichen unseren Maturanten das Wichtigste: Durchkommen“ abgewiesen werden.

Darüber hinaus kommt aber der Revision der Beklagten keine Berechtigung zu: Wie bereits die Untergerichte richtig ausgeführt haben, wird ein jedenfalls nicht ganz unerheblicher Teil der angesprochenen, an einem Fernstudium interessierten Publikumskreise dem Hinweis der Erstbeklagten auf besondere Prüfungserfolge des „weitaus grössten Teils“ ihrer Schüler bei Matura und B‑Matura zwanglos die Behauptung entnehmen, dass die Erstbeklagte bereits eine grössere Anzahl erfolgreicher Kandidaten sowohl für die allgemeine Reifeprüfung als auch für die sogenannte B‑Matura ausgebildet habe. Ob es sich dabei im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes um „zumindest drei- bis vierstellige Zahlen“ handeln muss, kann dahingestellt bleiben; die im konkreten Fall festgestellte Anzahl von insgesamt 8 erfolgreichen Maturanten (ein Absolvent der allgemeinen Reifeprüfung und sieben B‑Maturanten) reicht jedenfalls in keiner Weise aus, um dem grosspurigen Hinweis der Erstbeklagten auf den „weitaus grössten Teil ihrer Kandidaten“ die Eignung zur Irreführung über den Umfang ihrer Unterrichtstätigkeit zu nehmen.

Die gegenteiligen Ausführungen der Beklagten in der Revision können nicht überzeugen: So geht insbesondere ihr Hinweis auf die von der Schweizer Muttergesellschaft und der deutschen Schwestergesellschaft der Erstbeklagten mit einer gleichartigen Lehrmethode erzielten Erfolge hier schon deshalb fehl, weil das beanstandete Inserat keinen Hinweis auf eine Tätigkeit der „A*“ im Ausland enthält und daher seine Aussage über die Prüfungserfolge „unserer Kandidaten“ zwangsläufig nur auf die von den Schülern der Erstbeklagten in Österreich erzielten Prüfungsergebnisse bezogen werden konnte. Das Berufungsgericht hat aber auch überzeugend dargelegt, dass diejenigen Kandidaten der Erstbeklagten, die lediglich „Vorprüfungen“ abgelegt haben – wobei es sich im übrigen nach den Feststellungen der Untergerichte gleichfalls nur um insgesamt 7 Schüler handelt –, bei der Ermittlung der „durchgekommenen“ Schüler der Erstbeklagten schon deshalb nicht berücksichtigt werden dürfen, weil solche Vorprüfungen im Sinne der §§ 36 ff. SchulunterrichtsG keinesfalls der eigentlichen Reifeprüfung gleichgestellt werden können, der Werbetext der Erstbeklagten aber ausdrücklich auf das (sofortige) Durchkommen „bei Matura und B‑Matura“ abgestellt ist. Das Bestehen einer solchen Vorprüfung ist aber entgegen der Meinung der Beklagten noch lange kein „Durchkommen“ bei der Matura oder der B‑Matura selbst, wie es allein den Gegenstand des Werbeinserates Beilage C bildet.

Die Revision ist aber auch insoweit nicht im Recht, als sie sich gegen die den Beklagten im angefochtenen Urteil auferlegte Pflicht zur Darlegung der Richtigkeit der beanstandeten Werbeaussage wendet: Die neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat im Anschluss an Baumbach‑Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht11 I 783 f. § 3 dUWG Anm. 78 schon Mehrfach auf die Möglichkeit einer Verschiebung der Beweislast im Sinne einer Verpflichtung des Beklagten zur Darlegung der Richtigkeit seiner Behauptungen verwiesen, wenn bei einer nach § 2 UWG zu beurteilenden Alleinstellungswerbung im Einzelfall für den Kläger besondere Schwierigkeiten bestehen, die Unrichtigkeit der vom Beklagten in Anspruch genommenen Spitzenstellung nachzuweisen (EvBl 1970/131 = ÖB1. 1970, 22; ÖBl 1973, 53; ÖB1 1975, 57; 4 Ob 309/74; 4 Ob 354/74; 4 Ob 367/74). Dieser Grundsatz – welcher entgegen der Meinung der Beklagten keineswegs eine allgemeine Umkehr der Beweislast bei Verstössen gegen § 2 UWG bedeutet – muss aber über den Bereich der Alleinstellungswerbung hinaus ganz allgemein überall dort gelten, wo es bei einer als irreführend beanstandeten Werbebehauptung dem ausserhalb des Geschehensablaufes stehenden Kläger im Einzelfall mangels genauer Kenntnis der entscheidenden Tatumstände unmöglich ist, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären, während andererseits dem Beklagten die entsprechenden Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch ohne weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben. Kommt der Beklagte der in solchen Fällen anzunehmenden Darlegungs- und Beweispflicht nicht nach, dann kann das Gericht von der Unrichtigkeit der beanstandeten Werbeangabe ausgehen (Baumbach‑Hefermehl a.a.O. 807 Anm. 118 f.).

Diese Voraussetzungen sind aber hier schon deshalb gegeben, weil gerade die Frage, welcher Prozentsatz der Schüler der Erstbeklagten die Reifeprüfung bereits beim ersten Antreten erfolgreich abgelegt hat, von den aussenstehenden Klägerinnen praktisch überhaupt nicht beantwortet werden kann, während es umgekehrt der Erstbeklagten ohne weiteres möglich sein muss, an Hand ihrer Geschäftsunterlagen zumindest konkrete Zahlenangaben zu liefern. Dass sich die Erstbeklagte dabei nicht auf angebliche Geschäftsgeheimnisse berufen kann, weil ja sie selbst es gewesen ist, die mit den überragenden Prüfungserfolgen ihrer Kandidaten geworben hat, haben schon die Untergerichte zutreffend erkannt (vgl. dazu Baumbach‑Hefermehl a.a.O: 808 Anm. 119). Der Revision der Beklagten war daher, soweit sie sich gegen das Verbot der Behauptung „Das heisst, schon beim ersten Antreten durchzukommen – wie der weitaus grösste Teil unserer Kandidaten bei Matura und B‑Matura“ wendet, aus den angeführten Erwägungen ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 43 Abs. 1, § 50 ZPO.

Da die Klägerinnen im Verfahren erster Instanz im Endergebnis nur mit 1/3 ihres Unterlassungs‑ und Veröffentlichungsbegehrens durchgedrungen, mit 2/3 aber unterlegen sind, haben sie den Beklagten 1/3 der Kosten dieses Verfahrensabschnittes zu ersetzen. Im Berufungs- und Revisionsverfahren haben beide Parteien je zur Hälfte obsiegt, so dass hier mit einer gegenseitigen Kostenaufhebung vorzugehen war.

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