OGH 4Ob312/76

OGH4Ob312/766.4.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Leidenfrost als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger, Dr. Friedl, Dr. Resch und Dr. Kuderna als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hamburger Fern‑Lehrinstitut W* KG & Co. Gesellschaft m.b.H., *, vertreten durch Dr. Andreas Puletz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1./ A* Gesellschaft m.b.H., *, 2./ Dr. G*, Kaufmann, *, beide vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert S 120.000,‑‑), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 3. Oktober 1975, GZ. 3 R 224/75‑38, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 11. Juni 1975, GZ. 19 Cg 162/73‑33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt bzw. beschlossen:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0040OB00312.76.0406.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Untergerichte werden hinsichtlich des Verbotes der Behauptung: „Die A* stellt jährlich über 80 % aller erfolgreichen Maturanten, die in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz mit Hilfe von Fernunterricht vorbereitet werden. Rund 90 % dieser Kandidaten bestehen die Prüfung sofort, die meisten übrigen bei der Wiederholung“ dahin abgeändert, daß dieser Teil des Unterlassungsbegehrens der Klägerin mit Teilurteil abgewiesen wird.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Im übrigen, also hinsichtlich der weiteren Behauptungen des beanstandeten Inserates vom 6. 5. 1973 sowie im Ausspruch über die Ermächtigung der Klägerin zur Urteilsveröffentlichung und im Kostenpunkt, werden die Entscheidungen der Untergerichte aufgehoben; die Rechtssache wird in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe:

Die erstbeklagte Gesellschaft mbH., deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte ist, veröffentlichte am 6. 5. 1973 in der „K*“ ein ganzseitiges Inserat (Beilage B), in welchem es unter dem Zwischentitel „Das Bildungsangebot der A*“ u.a. heißt:

„Die A* stellt jährlich über 80 % aller erfolgreichen Maturanten, die in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz mit Hilfe von Fernunterricht vorbereitet werden. Rund 90 % unserer Kandidaten bestehen die Prüfung sofort, die meisten übrigen bei der Wiederholung. Die gleiche, aber auf österreichische Verhältnisse angepaßte Methode verbürgt entsprechende Resultate auch in unserem Lande. Die ersten erfolgreichen Kandidaten bei Matura und B-Matura bestätigen diese Erwartung“.

Die am Ende des Inserates angeführte Bezeichnung des werbenden Unternehmens lautet:

„A* – *, Telefon * – Weitere Schulen: Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München, Stuttgart, Zürich“.

Ein Werberundschreiben der Erstbeklagten vom 25. 9. 1973 (Beilage C) enthält u.a. folgende Behauptungen:

„Die Frage ist nur: welcher Schule soll man sich anvertrauen. Jede behauptet, sie sei gut. Die A* kann es nachweisen: durch die zahllosen Menschen aus dem Berufsleben, die unsere Schulorganisation auf anspruchsvolle staatliche Prüfungen vorbereitet. Dort stellt eine staatliche Kommission unbestechlich fest, was der Kandidat leistet. Und damit auch, was die Schule leistet, die ihn ausgebildet hat. Dazu ein Beispiel: Über 80 % aller erfolgreichen Maturanten, die in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz mit Hilfe von Fernunterricht vorbereitet werden, kommen von unserer Schulorganisation, und rund 90 % unserer Kandidaten bestehen die Prüfungen auf den ersten Anhieb. Die gleiche, aber auf österreichische Verhältnisse angepaßte Methode verbürgt entsprechende Resultate auch in unserem Land. Die ersten erfolgreichen Kandidaten bei Matura und B‑Matura bestätigen diese Erwartung“.

Auch in diesem Rundschreiben ist als Absender die „A* Gesellschaft mbH, *, Telefon *, PSK‑Konto *, CA‑BV Kto. *" angeführt.

In ihrer am 29. 11. 1973 eingebrachten Klage stellt die Klägerin das Begehren, den Beklagten zur ungeteilten Hand ab sofort jede Werbung mit dem im Urteilsantrag wörtlich wiedergegebenen Text des Zeitungsinserates vom 6. 5. 1973 zu untersagen und die Klägerin zur Urteilsveröffentlichung in mehreren Tageszeitungen auf Kosten der Beklagten zu ermächtigen. Die Ankündigung der Beklagten sei insofern unrichtig, als in Österreich keineswegs 80 % der im Fernunterricht ausgebildeten erfolgreichen Maturanten von der Erstbeklagten gestellt würden; letztere habe vielmehr, wenn überhaupt, erst ganz wenige Schüler mit Erfolg zur Matura oder B‑Matura herangebracht, was nur einem geringen Bruchteil der in letzter Zeit in Österreich erfolgreichen Absolventen einschlägiger Eernlehrkurse entspreche. Auch die Behauptung der Erstbeklagten, daß – in Österreich – rund 90 % ihrer Kandidaten die Prüfung sofort, die meisten übrigen aber bei der Wiederholung bestanden hätten, entspreche nicht den Tatsachen, zumal die Erstbeklagte bisher nicht einmal 10 Kandidaten zur Matura oder B‑Matura geführt habe. Wenn die Erstbeklagte darauf verweise, daß sie in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz 80 % der erfolgreichen Maturanten stelle, dann könne das zwar ziffernmäßig (noch) nicht bestritten werden; diese Werbebehauptung sei aber schon deshalb irreführend, weil die angeführten Erfolge in Wahrheit von dem deutschen bzw. schweizerischen Schwesterinstitut der Erstbeklagten, nicht aber von dieser selbst erreicht worden seien.

Die Beklagten stellen ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien in Abrede, weil die Klägerin keine Geschäftstätigkeit ausübe; das in der Öffentlichkeit als „HFL“ auftretende Unternehmen sei die „Hamburger Fern‑Lehrinstitut W* KG & Co Gesellschaft mbH & Co KG“. Entgegen der im Provisorialverfahren vom Obersten Gerichtshof vertretenen Auffassung (Beschluß vom 19. 3. 1974, 4 Ob 309/74, ON. 8) habe die Erstbeklagte in dem beanstandeten Inserat nur behauptet, daß sie von den ersten erfolgreichen österreichischen Kandidaten bei Matura und B‑Matura in der Annahme bestärkt werde, auch hier in Zukunft ähnliche Erfolge erzielen zu können wie die A* in Deutschland und in der Schweiz; die Werbung der Erstbeklagten sei daher nicht zur Irreführung der angesprochenen Interessenten geeignet. Tatsächlich stelle aber die Erstbeklagte mehr als 60 % und damit den überragenden Anteil aller erfolgreichen Maturanten. Richtig sei zwar, daß nicht die Erstbeklagte selbst, sondern ihre Muttergesellschaft (in der Schweiz) bzw. eine Schwestergesellschaft (in der Bundesrepublik Deutschland) die behaupteten Erfolge erzielt hätten; die Erstbeklagte unterrichte jedoch nach den gleichen Methoden und unter Verwendung des gleichen Lehrmaterials wie diese beiden Gesellschaften im Ausland, und das allein sei für das angesprochene Publikum wesentlich. Dem Begehren der Klägerin stehe hier im übrigen auch das Schikaneverbot entgegen, weil sich auch die Klägerin in ihrer Werbung auf die von ihrer deutschen Schwestergesellschaft erzielten Erfolge berufen und sich solcherart mit diesem Institut identifiziert habe.

Dazu hat die Klägerin noch ergänzend vorgebracht, daß nicht nur die von den Beklagten genannte Kommanditgesellschaft, sondern auch sie selbst eine Geschäftstätigkeit als Fernunterrichtsinstitut ausübe und damit aktiv als Konkurrenzunternehmen der Erstbeklagten auftrete.

Das Erstgericht erkannte – von einer Einschränkung hinsichtlich der begehrten Urteilsveröffentlichung abgesehen – im Sinne des Klagsbegehrens. Es ging dabei auf Grund eines Gutachtens des Sachverständigen Dkfm. P* von der Feststellung aus, daß die klagende Gesellschaft mbH zwar von der „Hamburger Fern‑Lehrinstitut W* KG & Co Gesellschaft mbH & Co KG“ – deren Komplementärin die Klägerin ist – in ihrer Unterrichtstätigkeit „weitgehend zurückgedrängt" worden sei, trotzdem aber auch noch selbst eine solche Lehrtätigkeit ausübe. Durch das Vorbringen der Beklagten sei klargestellt, daß in der Schweiz und in der Bundesrepublik Deutschland nicht die Erstbeklagte selbst, sondern deren Mutter- bzw. Schwestergesellschaften 80 % aller erfolgreichen Maturanten stellen; das gehe aber aus dem beanstandeten Inserat nicht hervor, weil dort gerade durch die Anführung der „weiteren Schulen" in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München, Stuttgart und Zürich beim unbefangenen Leser der Eindruck erweckt werde, daß es sich dabei um Schulen der Erstbeklagten handle. Der Anzeige könne entnommen werden, daß die Erstbeklagte selbst über das notwendige Lehrmaterial, das geeignete System und das entsprechend qualifizierte Lehrpersonal verfüge, um solche Erfolge auch in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz erreichen zu können. Stelle sich dann aber heraus, daß es sich dabei nicht um die Erstbeklagte, sondern um andere Fernschulen handle, welche nur mit ähnlichen Methoden und ähnlichem Lehrmaterial arbeiten, dann werde damit der beanstandeten Werbung „weitgehend der Boden entzogen“. Die Angaben über die Erfolgsquote der „A*“ im Ausland – und zwar sowohl hinsichtlich des 80 %igen Marktanteils als auch hinsichtlich der 90 % übersteigenden Prüfungserfolge – seien daher im Sinne des § 2 UWG zur Irreführung über die Leistungen der Erstbeklagten geeignet. Ob sich auch die Klägerin gleichartiger Verfehlungen schuldig gemacht habe, sei nicht zu prüfen, weil das wettbewerbswidrige Verhalten eines Mitbewerbers einen eigenen Wettbewerbsverstoß grundsätzlich nicht rechtfertigen könne.

Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Von den als unbedenklich übernommenen Tatsachenfeststellungen der ersten Instanz ausgehend, billigte das Berufungsgericht auch die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts durch das Prozeßgericht. Die Aktivlegitimation der Klägerin sei schon deshalb zu bejahen, weil die Klägerin eine, wenn auch nicht sehr umfangreiche, eigene Fernunterrichtstätigkeit entfalte und im übrigen auch als persönlich haftende Gesellschafterin der mehrfach genannten Kommanditgesellschaft zur Klage berechtigt wäre. Durch die beanstandete Werbung werde vor allem bei nicht rechtskundigen Personen der Eindruck eines auch in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz tätigen, rechtlich einheitlichen Unternehmens hervorgerufen, welches durch seine Kapitalkraft besonders qualifizierte Fachleute zur Betreuung der Schüler verpflichten könne; auf eine allfällige rechtliche und wirtschaftliche Verflechtung der beteiligten Unternehmen komme es bei dieser Sachlage nicht an, zumal eine Angabe geschäftlicher Art auch dann im Sinne des § 2 UWG zur Irreführung geeignet sei, wenn sie mit den tatsächlichen Verhältnissen nur in einem geringeren als dem vorgestellten Umfang übereinstimme. Für einen Fernschüler mache es jedenfalls einen wesentlichen Unterschied, ob er sich einem einheitlich organisierten Unternehmen internationaler Größenordnung zum Selbststudium anvertraue oder nur einem nationalen Unternehmen, das lediglich die Tochtergesellschaft einer (Schweizer) Muttergesellschaft ist. Dabei könne auch die Anwendung allenfalls übereinstimmender Lehrmethoden die Gefahr einer Irreführung des angesprochenen Publikums nicht ausschließen und damit die beanstandete Werbung nicht rechtfertigen. Auch gegen den Umfang der der Klägerin eingeräumten Befugnis zur Urteilsveröffentlichung auf Kosten der Beklagten bestünden keine Bedenken.

Das Urteil des Berufungsgerichtes, nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,‑‑übersteigt, wird von den Beklagten mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten. Die Beklagten beantragen, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren im vollen Umfang abgewiesen, allenfalls die Ermächtigung der Klägerin zur Urteilsveröffentlichung auf nur eine Tageszeitung eingeschränkt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin hat beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die beanstandete Zeitungsanzeige besteht aus zwei inhaltlich verschiedenen Teilen: Sie enthält zunächst zwei, konkrete Aussagen über die bisherigen Erfolge der „A*“ im Ausland: Über 80 % aller erfolgreichen Fernunterrichts‑Maturanten in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz würden von der „A*“ gestellt (1. Satz); rund 90 % ihrer Kandidaten bestünden die Prüfung sofort, die meisten übrigen bei der Wiederholung (2. Satz). Der folgende Teil des Inserates bezieht sich auf die Tätigkeit der „A*“ in Österreich: Die gleiche, österreichischen Verhältnissen angepaßte Methode – zu ergänzen: wie sie in der Schweiz und in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich angewendet wird – „verbürge auch in unserem Land entsprechende Resultate“ (3. Satz); die ersten erfolgreichen Kandidaten bei Matura und B‑Matura „bestätigten diese Erwartung" (4. Satz). Die Klägerin hält beide Teile der Werbeankündigung für irreführend im Sinne des § 2 UWG; während sie diese Auffassung aber hinsichtlich der Aussage über den Marktanteil und die Prüfungserfolge der A* im Ausland (Satz 1 und 2) allein darauf gründet, daß die hier angeführten – zahlenmäßig an sich nicht bestrittenen – Erfolge nicht von der Erstbeklagten selbst, sondern von deren Schweizer Muttergesellschaft bzw. deutschen Schwestergesellschaft erreicht worden seien, bezeichnet sie den zweiten Teil der Ankündigung über einen gleich hohen Marktanteil und eine entsprechende Erfolgsquote in Österreich (Satz 3 und 4) als schlechthin unrichtig und durch die spärlichen Prüfungserfolge der Erstbeklagten nicht gedeckt. Beide Untergerichte haben sich in ihren Entscheidungen nur mit dem erstgenannten Vorwurf auseinandergesetzt, trotzdem aber auf Grund ihrer übereinstimmenden Auffassung, daß sich die Erstbeklagte nicht ohne weiteres auf die Erfolge ihrer ausländischen Mutter- bzw. Schwestergesellschaften berufen dürfe, den Beklagten im Sinne des Urteilsantrages den beanstandeten Werbetext in seiner Gesamtheit untersagt. Demgegenüber haben aber die Beklagten schon in der Berufung zutreffend darauf verwiesen, daß die Frage, ob die Erstbeklagte zu Recht oder zu Unrecht mit den Erfolgen ihrer ausländischen Mutter- bzw. Schwestergesellschaften geworben hat, allein den ersten Teil des Inserates berührt und daher mit der weiteren Frage, ob die Behauptungen der Erstbeklagten über ihre bisherigen Erfolge in Österreich den Tatsachen entsprechen, überhaupt nichts zu tun hat. Auch in der Revision der Beklagten wird in diesem Zusammenhang abermals mit Recht hervorgehoben, daß die von den Untergerichten vertretene Rechtsansicht immer nur ein Verbot des ersten, die beiden „Erfolgsmeldungen“ aus der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz enthaltenden Teiles des beanstandeten Werbetextes rechtfertigen könnte, während das Schicksal des Unterlassungsanspruches hinsichtlich des zweiten, die Tätigkeit der Erstbeklagten in Österreich betreffenden Teiles der Ankündigung auch weiterhin nur davon abhängt, ob die hier aufgestellten Behauptungen – daß nämlich schon die ersten von der Erstbeklagten in Österreich zur Matura oder B‑Matura geführten Kandidaten eine ähnlich hohe Erfolgsquote wie in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz sowie einen ebenso überragenden Anteil der Erstbeklagten an der Gesamtzahl der erfolgreichen Fernunterrichts‑Maturanten erwarten lassen – der Wahrheit entsprechen oder nicht. Die Beklagten haben sich schon in der Klagebeantwortung (ON. 20 S 110 f) zum Nachweis dafür, daß die Erstbeklagte in Österreich tatsächlich den „überragenden Anteil“ aller Fernunterrichts‑Maturanten stellt und hier einen Marktanteil von jedenfalls mehr als 60 % besitzt, auf einen Sachverständigen aus dem Fernschulwesen und auf Parteienvernehmung berufen; auf der anderen Seite hat die Klägerin zum Beweis ihres gegenteiligen Vorbringens über den Marktanteil und die Erfolgsquote der Erstbeklagten in Österreich nicht nur gleichfalls einen Sachverständigenbeweis angeboten, sondern auch Zeugen namhaft gemacht und Parteienvernehmung beantragt (ON. 1 S. 4, ON. 21 S. 115, ON. 31 S. 151). Da erst nach Aufnahme dieser Beweise beurteilt werden kann, ob die Erstbeklagte mit den im 3. und 4. Satz ihres Zeitungsinserates enthaltenen Behauptungen über ihren Marktanteil und ihre Prüfungserfolge in Österreich irreführende Werbung im Sinne des § 2 UWG betrieben hat oder nicht, mußten die Urteile der Untergerichte, soweit sie diesen Teil der beanstandeten Werbeankündigung betreffen – und damit zweckmäßigerweise auch im Ausspruch über die Urteilsveröffentlichung –, schon deshalb aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverweisen werden.

Die Revision der Beklagten ist aber auch insoweit berechtigt, als sie sich gegen die von den Untergerichten zum ersten Teil des Inserates vertretene Rechtsauffassung wendet: Es kann sicherlich nicht geleugnet werden, daß die hier behaupteten, der „A*“ zugeschriebenen Marktanteile und Erfolgsquoten in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz mangels weiterer Hinweise zwangsläufig nur auf die am Ende des Inserates als werbendes Unternehmen bezeichnete Erstbeklagte bezogen werden können und dadurch beim unbefangenen Leser der Ankündigung der Eindruck entstehen muß, die Erstbeklagte selbst habe diese Erfolge in ihren hier angeführten „weiteren Schulen“ in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München, Stuttgart und Zürich erzielt. Ebenso wie die Klägerin, haben aber auch die Untergerichte übersehen, daß vom Verbot des § 2 UWG grundsätzlich nur solche Angaben über geschäftliche Verhältnisse erfaßt werden, die geeignet sind, den Kaufentschluß des angesprochenen Publikums in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Eine Angabe, auf die das Publikum bei einer bestimmten Ware oder Leistung keinen Wert legt, ist nicht zur Irreführung geeignet; gegen § 2 UWG wird erst dann verstoßen, wenn der Geschäftsverkehr eine Angabe – ob zu Recht oder zu Unrecht – als wesentlich ansieht und sich deshalb bei Unrichtigkeit dieser Behauptung getäuscht glaubt. Zwischen den Vorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise und dem Entschluß, sich mit dem Angebot näher zu befassen, insbesondere zu kaufen, muß also ein innerer Zusammenhang bestehen. Die Angabe muß gerade in dem Punkt und in dem Umfang, in welchem sie von den tatsächlichen Verhältnissen abweicht, die Kauflust eines nicht unbeträchtlichen Teiles der umworbenen Verkehrskreise irgendwie beeinflussen (Baumbach‑Hefermehl, Wettbewerbs-und Warenzeichenrecht11 I 788 f. § 3 d.UWG Anm. 86; ähnlich auch schon SZ 13/222 = Rsp. 1932/7; ÖBl 1966, 111; ÖBl 1968, 131). Gerade in diesem Zusammenhang weisen aber die Beklagten mit Recht darauf hin, daß die an der Aufnahme eines Fernstudiums interessierten Verkehrskreise regelmäßig nur danach fragen werden, welche Erfahrung auf dem Gebiet der Erteilung von Fernunterricht dem jeweils werbenden Unternehmen zur Verfügung steht und welche Erfolge die von diesem Unternehmen angewendete Methode bisher tatsächlich erbracht hat; nur diese Umstände werden den Entschluß, sich einem bestimmten Fernunterrichtsinstitut anzuvertrauen, entscheidend beeinflussen, nicht aber die – dem Publikum regelmäßig gleichgültige – rechtliche Konstruktion des betreffenden Unternehmens. Für den Durchschnittsinteressenten, der den beanstandeten Werbetext der Erstbeklagten liest, ist es daher allein wesentlich, daß ihm hier ein Matura-Fernstudium nach einer Unterrichtsmethode geboten wird, die – naturgemäß den jeweiligen örtlichen Verhältnissen angepaßt – in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz eine dominierende Stellung erlangt und zu den im Inserat konkret angeführten, überragenden Prüfungserfolgen geführt hat. Ob es sich dabei um ein rechtlich einheitliches, in mehreren Ländern tätiges österreichisches Unternehmen oder aber um eine rechtlich wie wirtschaftlich verflochtene, aus einer (Schweizer) Muttergesellschaft und deren (deutschen bzw. österreichischen) Tochtergesellschaften bestehende, nach der gleichen Methode und unter Verwendung nahezu des gleichen Lehrmaterials arbeitende „Unternehmensorganisation„ (vgl. dazu Beilage C) handelt, ist hingegen für einen allfälligen Kaufentschluß ohne jede Bedeutung, hat es doch der Kunde – bei Richtigkeit der entsprechenden Erfolgsbehauptungen – auch im letztgenannten Fall mit einer Organisation „internationaler Größenordnung“ zu tun, deren marktbeherrschende Position im deutschsprachigen Ausland nicht nur ein Maximum an Erfahrung bei der Entwicklung erfolgversprechender Unterrichtsmethoden, sondern darüber hinaus auch eine entsprechende Kapitalkraft und damit den Einsatz besonders qualifizierter Fachleute zur Verfassung der Unterrichtsbriefe und zur Betreuung der Schüler erwarten lassen.

Die Klägerin hat die Behauptung der Beklagten, daß sie zu den in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz tätigen „A*“ im Verhältnis einer Schwester- bzw. Tochtergesellschaft stehe und nach den gleichen Grundsätzen sowie unter Verwendung des nahezu gleichen Lehrmaterials unterrichte wie diese, ebensowenig bestritten wie die Richtigkeit der in dem beanstandeten Inserat konkret angeführten Erfolgsquoten in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz. Geht man aber von der Richtigkeit dieser Tatsachenbehauptungen der Beklagten aus, dann ist damit dem gegen die beiden ersten Sätze des Inserates erhobenen Vorwurf einer irreführenden Werbung im Sinne des § 2 UWG aus den angeführten rechtlichen Erwägungen der Boden entzogen. Der Revision der Beklagten war daher auch in diesem Punkt Folge zu geben und in teilweiser Abänderung der untergerichtlichen Entscheidungen das Unterlassungsbegehren der Klägerin, soweit es sich auf den ersten Teil der Zeitungsanzeige vom 6. 5. 1973 bezieht, schon jetzt mit Teilurteil abzuweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht hinsichtlich des Teilurteils auf § 52 Abs. 2, im übrigen aber auf § 52 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

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