European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00531.76.0330.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.812,44 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 837,94 Umsatzsteuer und S 500,— Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin, offenbar deutsche Staatsbürgerin mit dem Wohnsitz in D*, begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung – Rückzahlung – eines Betrages von DM 100.000,— samt Anhang (Zinsenbegehren Seite 16), zahlbar zu Handen ihres in Österreich wohnhaften Vertreters in österreichischen Schillingen. Ihr wesentliches Vorbringen geht dahin, sie habe am 27. Februar 1973 (das Datum 27. Juli 1973 in der Klage wurde laut S. 16 richtiggestellt) den Klagsbetrag zur Sicherung einer damals in Aussicht genommenen, aber erst später zu vereinbarenden Beteiligung an der Erstbeklagten auf deren Konto bei der Bayrischen Hypothekenbank in Mittenwald (Oberbayern) überwiesen, doch sei es in der Folge (wegen des Verhaltens der Erstbeklagten bzw. verschiedener die Beklagten betreffender Umstände) zu keiner Vereinbarung gekommen. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Rückzahlung des eingezahlten Betrages, wobei die Zweitbeklagte als Komplementärin der Erstbeklagten für deren Verbindlichkeiten hafte.
Die Beklagten beantragten Klagsabweisung mit der Begründung, der von der Klägerin unbestritten am 27. Februar 1973 überwiesene Betrag sei das Angeld bzw. die Teileinlage für einen bereits abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag – über die Beteiligung der Klägerin als Kommanditistin an der erstbeklagten Kommanditgesellschaft – gewesen, die Klägerin könne mangels Aufkündigung der Gesellschaftsrechte den schon eingezahlten Teil ihrer Einlage nicht zurückfordern. Überdies stehe der Klägerin selbst dann, wenn kein gültiger Kommanditvertrag abgeschlossen worden sein sollte, kein Anspruch auf Rückersatz zu, weil der „durch ihr Verhalten angerichtete Schaden“ den von ihr bezahlten Betrag übersteige.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit DM 100.000,— samt Anhang zu Recht besteht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht besteht; es gab daher dem Leistungsbegehren statt.
Nach den für die Entscheidung wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes schlug Dr. J* H*, der Steuerberater der Klägerin, der Klägerin im Sommer 1972 eine Anlagemöglichkeit in Österreich durch Beteiligung an der Erstbeklagten vor. Da er auch Minderheitsgesellschafter, Treuhänder und Aufsichtsratsmitglied der Zweitbeklagten sowie – allerdings „in fremdem Namen“ – mit einer Einlage von S 100.000,– Kommanditist der Erstbeklagten war und ist, interessierte sich die Klägerin tatsächlich für diese Form der Geldanlage. Es kam zu Besprechungen und Verhandlungen, bei welchen die Klägerin ihrerseits verschiedene Wünsche, vor allem hinsichtlich einer ausschließlichen Beteiligung, äußerte. Im Laufe dieser Gespräche, bei denen es vor allem um Fragen der Finanzierung und der Ausräumung devisenrechtlicher Schwierigkeiten ging, erklärte Dr. H* der Klägerin, es seien noch andere Interessenten da, die Klägerin solle vorerst 100.000,— DM überweisen, um „am Drücker“ zu bleiben, das heißt sich ein „Vorrecht“ an der Beteiligung zu verschaffen. Aus diesem Grund kam es zur unbestrittenen Überweisung des genannten Betrages.
Die anschließend fortgesetzten Verhandlungen führten dazu, daß die Beklagten am 2. Mai 1973 dem Dr. H* „die erforderlichen Verträge“ für die Klägerin mit einem gleichzeitig an die Klägerin gerichteten Schreiben übersandten, in welchem die Beklagten der Klägerin unter anderem mitteilten, daß Dr. H* als „Treuhänder der Beklagten in Deutschland“ ermächtigt sei, kleine Änderungen an den Verträgen vorzunehmen; die Klägerin hätte die angeschlossenen Urkunden unterschreiben und durch Unterfertigung eines vorbereiteten Antwortschreibens ihr Einverständnis bzw. die Kenntnisnahme der im Detail angeführten Vereinbarungen bzw. verschiedener Umstände erklären sollen. Dazu kam es jedoch nicht. Die Klägerin hegte nämlich vor allem gegen die ihr auf diese Weise erstmals zur Kenntnis gebrachte, in den Papieren vorgesehene Einschaltung von zwei ihr unbekannten Treuhändern Bedenken, besprach sich mit ihrem Anwalt und entschloß sich auf Grund dieser Besprechung, sich an der Erstbeklagten nicht zu beteiligen.
Die Klägerin hatte ihren Steuerberater Dr. H* nur zu Verhandlungen mit der Beklagten ermächtigt, nicht aber zu deren endgültigen Abschluß. Eine Feststellung in der Richtung, daß es bereits vor Zusendung der schriftlichen Verträge zu einer mündlichen Einigung zwischen den Beklagten einerseits und Dr. H* in seiner Eigenschaft als Vertreter der Klägerin andererseits gekommen sei (also Dr. H* in Überschreitung der ihm von der Klägerin erteilten Vollmacht mit den Beklagten fix abgeschlossen hätte), lehnte das Erstgericht ausdrücklich ab (es bezeichnete in diesem Zusammenhang die Angaben des Zeugen Dr. J* H* als nicht sehr glaubwürdig und wies auf seine Interessenkollision sowie auf seine eigene Aussage hin, daß sich die Klägerin auch in einem anderen Anlagefall den Vertragsabschluß vorbehalten habe).
Bei diesem Sachverhalt vertrat das Erstgericht primär die Auffassung, die Klägerin habe den Betrag von DM 100.000,— nur für den Fall des in der Folge nicht zustandegekommenen Vertragsabschlusses überwiesen und sei daher zur Rückforderung dieses Betrages berechtigt (nur hilfsweise argumentierte das Erstgericht damit, daß der Klägerin auch bei Beurteilung der Überweisung als „Angeld“ ein Rückzahlungsanspruch zustehe). Hinsichtlich des von den Beklagten behaupteten Schadens liege jedenfalls kein Verschulden der Klägerin und damit auch keine Ersatzpflicht derselben vor.
Mit dem angefochtenen Urteil bestätigte das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes. Es verneinte das Vorliegen des von den Beklagten behaupteten Verfahrensmangels, bezeichnete die Beweiswürdigung des Erstgerichtes als zutreffend, insbesondere in der Richtung, daß einerseits Dr. H* zwar bevollmächtigt war, für die Klägerin Verhandlungen einzuleiten und zu führen, nicht aber für diese endgültig abzuschließen, andererseits nicht erweislich ist, daß Dr. H* in Mißbrauch dieser Vertretungsbefugnis mit der Beklagten fixe Vereinbarungen getroffen hätte (so ausdrücklich AS 186 = S 12 des angefochtenen Urteils).
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht im wesentlichen aus, ein ausdrücklicher Vertragsabschluß sei nach den getroffenen Feststellungen zu verneinen, das Zustandekommen einer Vereinbarung durch konkludente Handlungen sei gleichfalls abzulehnen, weil einerseits der Beitritt eines Kommanditisten durch stillschweigende Vereinbarung praktisch kaum in Frage komme, andererseits hier Dr. H* wegen der teilweisen Vertretung auch der Beklagten einen allfälligen Abschlußwillen besonders deutlich hätte äußern müssen (in diesem Zusammenhang vertrat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht des Erstgerichtes die Auffassung, daß die Klägerin eine etwa erfolgte Erklärung des Dr. H*, den Vertrag namens der Klägerin abzuschließen, gegen sich hätte gelten lassen müssen).
Ferner vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, daß schon wegen devisenrechtlicher Bestimmungen kein gültiger Vertrag habe zustandekommen können; die von der Klägerin geleistete Zahlung sei als eine vor Vertragsabschluß und im Hinblick auf eine erst abzuschließende Vereinbarung gegebene Anzahlung und nicht als Angeld zu beurteilen, das Rückforderungsbegehren der Klägerin sei daher berechtigt. Schließlich sei der Hinweis auf einen den Beklagten angeblich entstandenen Schaden nicht als Aufrechnungseinrede anzusehen, doch sei der vom Erstgericht gefaßte dreigliedrige Urteilsspruch nicht bekämpft worden.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil in klagsabweisendem Sinne abzuändern, allenfalls es aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Soweit die Revisionswerber vorbringen, auf Grund der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes wäre eine ergänzende Vernehmung des Zeugen Dr. J* H* erforderlich gewesen, lassen sie außer Acht, daß die Beweiswürdigung des Erstgerichtes vom Berufungsgericht insbesondere in der Richtung als zutreffend bezeichnet wurde, als es zwischen den Beklagten und der Klägerin zu keinem ausdrücklichen Vertragsabschluß gekommen ist. Kommt jedoch ein stillschweigender Vertragsabschluß aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht, wie noch ausgeführt werden wird, so bestand kein Anlaß zu einer ergänzenden Vernehmung des Zeugen Dr. J* H*. Der Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO liegt daher nicht vor.
In rechtlicher Hinsicht ist zunächst festzuhalten, daß ein zwischen der Klägerin mit dem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland und der Erstbeklagten mit dem Sitz in Österreich abgeschlossener Vertrag über die Beteiligung der Klägerin als Kommanditistin der Erstbeklagten bei dem nach den getroffenen Feststellungen vorgesehenen Vertragsabschluß durch Annahme eines Offertes der Erstbeklagten – Unterfertigung der übersendeten Verträge – (vgl. HS 6532, 6538, 7437 u.a.) zufolge § 36 ABGB nach österreichischem Recht zu beurteilen wäre, zumal alle Rechtswirkungen des Vertrages in Österreich eintreten sollten. Es ist daher auch nach österreichischem Recht zu beurteilen, ob die von den Beklagten behauptete Vereinbarung zustandekam (im übrigen würde auch die Anwendung der Bestimmungen des BGB zu keinem anderen Ergebnis führen).
Bei Prüfung dieser Frage ist von der Feststellung der Vorinstanzen auszugehen, daß Dr. J* H* von der Klägerin nur zur Verhandlungsführung, nicht aber zu einem endgültigen Vertragsabschluß ermächtigt war. Ob die Klägerin diese Vollmachtsbeschränkung den Beklagten ausdrücklich hätte mitteilen müssen, wie es das Berufungsgericht anscheinend als erforderlich ansieht, oder ob den Beklagten die festgestellte Beschränkung der Vollmacht des Dr. H* im Innenverhältnis hier nicht ohnedies bekannt war oder doch bekannt sein mußte – der Hinweis des Berufungsgerichtes auf die Möglichkeit des sogenannten Selbstkontrahierens und der für gewisse Phasen festgestellten Doppelvertretung legt letzteres nahe, weil ein Selbstkontrahent bzw. Doppelvertreter in seiner Eigenschaft als Kontrahent bzw. Vertreter des einen Vertragsteils wohl wissen wird, daß er als Vertreter des anderen Vertragsteiles nicht abschlußberechtigt ist – braucht hier nicht näher erörtert zu werden, weil ohnedies nicht festgestellt wurde, daß Dr. J* H* für die Klägerin den von den Beklagten behaupteten Vertrag (ausdrücklich) abgeschlossen hätte. Die diesbezügliche Feststellung – welche Parteienerklärungen erfolgt und welche nicht erwiesen sind –gehört in das Gebiet der irrevisiblen Tatsachenfeststellung bzw. Beweiswürdigung (ebenso Fasching IV, 333, RZ 1974/54, ÖBl 1974, 111 u.a.).
Da eine ausdrückliche Erklärung, nicht bloß (weiter) verhandeln, sondern zu bestimmten Bedingungen abschließen zu wollen, hier nicht festgestellt wurde, wäre die Berufung der Revisionswerber auf die Bestimmung des § 861 ABGB nur stichhältig, falls die umschriebene, zum Zustandekommen des Vertrages erforderliche Abschlußerklärung als konkludent erfolgt anzusehen wäre (vgl. hiezu EvBl 1961/450, MietSlg 19.478, JBl 1973, 617, 1974, 146 u.a.).
Mit Recht hat das Berufungsgericht zu dieser Frage die Auffassung vertreten, daß beim hier festgestellten Sachverhalt ein derartiger stillschweigender Vertragsabschluß – über die Beteiligung eines Kommanditisten an einer Kommanditgesellschaft durch einen zum Abschluß gar nicht befugten Bevollmächtigten, welcher seinerseits auch Interessen des anderen Partners zu wahren hatte – nicht als zustandegekommen anzusehen ist (vgl. Stanzl in Klang2 IV/1, 819/820 und die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 863 ABGB bzw. des Bundesgerichtshofs zu § 145 BGB), zumal die übersendeten „Verträge“ hinsichtlich der Treuhändereinschaltung für die Klägerin neu waren und die Beklagten Dr. H* in gewissem Umfang zu Änderungen derselben ermächtigten (woraus auch der Schluß zu ziehen ist, daß selbst die Beklagten bei Übermittlung der Vertragsurkunden an die Klägerin der Meinung waren, daß noch keine endgültige Vereinbarung vorlag).
Die von der Klägerin geleistete Zahlung kann ferner schon deshalb nicht als „Angeld“ im Sinn des § 908 ABGB angesehen werden, weil der Betrag nicht „bei Abschließung eines Vertrages“ gegeben wurde. Es handelte sich vielmehr, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, um eine in Erwartung eines erst abzuschließenden Vertrages erbrachte Vorleistung („... um am Drücker zu bleiben....“), welche die Klägerin wegen des Nichtzustandekommens des von ihr in Aussicht genommenen Vertrages in Analogie zur Bestimmung des § 1435 ABGB nach österreichischem Recht (vgl. SZ 28/168, 32/149 u.a.) zurückfordern kann (vgl. SZ 36/30, 40/15, 42/94 u.a.). Eine weitere Auseinandersetzung mit der nicht einheitlich beurteilten Frage, nach welchem Recht internationale Bereicherungsansprüche zu beurteilen sind (siehe die unter Nr. 16 zu § 37 ABGB der MGA 1972 zitierten Entscheidungen), ist entbehrlich, weil die Anwendung des hier allenfalls in Betracht kommenden § 812 BGB zum gleichen Ergebnis führen würde. Dieser Anspruch der Klägerin durch dessen Erfüllung ja der Zustand vor ihrer Zahlung wiederhergestellt werden soll, hat allerdings zur Folge, daß die Erstbeklagte den in der Bundesrepublik Deutschland in Empfang genommenen Fremdwährungsbetrag an sich wiederum in der Bundesrepublik Deutschland und in Fremdwährung zurückzuzahlen hätte. Die Klägerin begehrt jedoch Zahlung in österreichischen Schillingen, wozu sie bei der gegenständlichen, nicht als „Effektivforderung“ anzusehenden Forderung berechtigt ist (Stanzl in Klang2 IV/1, 729 f.).
Die somit hier begehrte, devisenrechtlich gesondert zu beurteilende urteilsmäßige Leistungsverpflichtung kann zufolge Z 2 a der Kundmachung der österreichischen Nationalbank DE 9/71 grundsätzlich ausgesprochen werden, weil dem Klagebegehren eines Devisenausländers gegen einen Deviseninländer auf Zahlung ohne Nachweis einer devisenrechtlichen Bewilligung stattgegeben werden kann, falls das Zustandekommen der Zahlungsverpflichtung auf einem Rechtsverhältnis beruht, welchem keine devisenrechtlichen Vorschriften entgegenstanden bzw. entgegenstehen, die Zahlung der Urteilsschuld kann jedoch in diesem Fall normalerweise nur auf Sperrkonto oder mit Bewilligung der Nationalbank erfolgen. Die angeführte Beschränkung hinsichtlich der Zahlung hat auf den Urteilswortlaut keinen Einfluß (ebenso Schwarzer-Czoklich, Das österreichische Währungs- und Devisenrecht2, 523 Anm. 7, RZ 1971, 159 u.a., zuletzt 5 Ob 203/75), die hier ausdrücklich beantragte Zahlungsweise „zu Handen“ des in Österreich wohnhaften Vertreters der Klägerin, Rechtsanwalt Dr. Klee, ist durch die Kundmachung DE 8/71 Z 4 gedeckt (die Einhaltung der in DE 8/71 Z 4 angeordneten Vorgangsweise – Erlag auf Anderkonto usw –obliegt dem Rechtsanwalt und ist gleichfalls nicht in den Urteilsspruch aufzunehmen).
Aus allen diesen Erwägungen war der Revision nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO, wobei nur die tatsächlich beigebrachten Barauslagen zuzusprechen waren.
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