OGH 7Ob546/76

OGH7Ob546/7618.3.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick, Dr. Petrasch, Dr. Kuderna und Dr. Wurz als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) E*, Angestellte, *, 2.) J*, Taxiunternehmer, *, 3.) A*, Hausfrau, *, sämtliche vertreten durch Dr. Martha Friedmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*, Geschäftsfrau, *, vertreten durch Dr. Leopold Srb, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ungültigkeit eines Testamentes (Streitwert 110.000,-- S), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 14. November 1975, GZ 5 R 208/75‑13 womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 28. Mai 1975, GZ 39 f Cg 954/74‑8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0070OB00546.76.0318.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind schuldig, der Beklagten die mit 4.984,08 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 298,08 S Umsatzsteuer und 960,-- S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind die Geschwister des am * verstorbenen K*. Sie haben im Verlassenschaftsverfahren zu 1 A 476/74 des Bezirksgerichtes Hietzing auf Grund des Gesetzes Erbserklärungen abgegeben. Die Beklagte hat ebenfalls eine Erbserklärung abgegeben, und zwar auf Grund eines mündlichen Testamentes vom 2. 3. 1974. Beide Erbserklärungen wurden vom Gericht angenommen, die Kläger wurden auf den Rechtsweg verwiesen. Mit ihrer fristgerechten Klage begehren sie die Feststellung, daß das mündliche Testament vom 2. 3. 1974 ungültig sei und ihnen auf Grund des Gesetzes das Erbrecht zum Nachlaß des K* zusteht.

Die beiden Untergerichte haben das Klagebegehren abgewiesen. Hiebei gingen sie von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

K*, der kein gutes Verhältnis zu seinen Geschwistern hatte, lernte im Jahre 1970 die Beklagte kennen. Er wohnte in der Folge teils in deren Wohnung, teils in seiner eigenen. Sowohl bei der Gründung einer neuen Existenz als auch in anderen Belangen wurde er mehrfach von der Beklagten unterstützt. Am 2. 3. 1974 wurde sein Namenstag in der Wohnung der Beklagten gefeiert. Eingeladen waren das Ehepaar W* und C* S* und St*. Als das Gespräch auf einen PKW der Beklagten kam, wandte sich St* in freundlicher, aber etwas aufreizender Art (Hänselei) an K* und fragte ihn, was die Beklagte für das bekäme, was sie ihm alles gebe. K* antwortete darauf sinngemäß: „Was soll ich geben, sollte ich früher sterben, dann gehört sowieso alles dir“ (gemeint die Beklagte). Ferner fügte er bei: „Mit der Schwester bin ich eh böse. Ihr seid ohnehin alle Zeugen da. Ich habe eh auch ein Testament gemacht, ihr habt ja alles gehört, das ist mein Ernst. Ich meine es so, wie ich es gesagt habe“. Diese Äußerung wurde zwar nicht in feierlichem Ton gemacht, war wohl aber ernst gemeint und wurde so auch von S* S* und W* S* aufgefaßt. Zwei Tage vor seinem Tod erwähnte K* gegenüber W* S* gesprächsweise neuerlich, er habe sowieso ein Testament gemacht. Wahrscheinlich hat er ein solches schriftliches Testament zugunsten der Beklagten auch errichtet, jedoch ist der Zeitpunkt der Errichtung ebenso unbekannt wie der Verbleib.

In rechtlicher Hinsicht nahmen die Untergerichte das Vorliegen der Voraussetzungen für die Errichtung eines wirksamen mündlichen Testamentes an.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Streitwert 50.000,-- S übersteigt.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Kläger. Sie berufen sich auf die Revisionsgründe des § 503 Z 2, 3 und 4 ZPO und stellen den Antrag, das Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Abgesehen davon, daß der Hinweis des Erstgerichtes, die Gemeinschaft zwischen der Beklagten und dem Erblasser sei eher als Interessengemeinschaft anzusehen, eine Wertung darstellt und nicht eine Feststellung, ist darauf zu verweisen, daß der Revisionsgrund des § 503 Z 3 ZPO nur vorliegt, wenn die Aktenwidrigkeit für das Urteil von wesentlicher Bedeutung ist. Aktenwidrigkeiten bezüglich bloßer Hilfstatsachen bilden keinen Revisionsgrund (Fasching IV, 317). Inwieweit die Wertung des Verhältnisses zwischen dem Erblasser und der Beklagten als Lebens- oder Interessengemeinschaft von entscheidender Bedeutung sein soll, ist unerfindlich. Selbst wenn daher eine diesbezügliche Feststellung aktenwidrig wäre, könnte dies dem herangezogenen Revisionsgrund nicht zum Erfolg verhelfen. Der Revisionsgrund des § 503 Z 3 ZPO ist daher nicht gegeben.

Mit der Mängelrüge machen die Kläger nur geltend, das Berufungsgericht habe das Vorliegen der bereits in der Berufung gerügten Verfahrensmängel als nicht gegeben bezeichnet. Demnach machen sie in Wahrheit keinen Mangel des Berufungsverfahrens, sondern nur Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens geltend. Ein erstinstanzlicher Verfahrensmangel kann aber nicht mehr als Revisionsgrund geltend gemacht werden, wenn das Berufungsgericht bereits erkannt hat, daß dieser Mangel nicht vorliegt (SZ 27/4, SZ 22/106, EvBl 1965/188 u.v.a.). Demnach wird auch der Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO zu Unrecht geltend gemacht.

Mit der Rechtsrüge unternehmen die Kläger weitgehend den Versuch, die Feststellungen der Untergerichte zu bekämpfen. In diesem Umfang ist daher die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Welchen von mehreren von einander abweichenden Aussagen einer Person das Gericht den Vorzug gibt, fällt in das Gebiet der Beweiswürdigung. Die Untergerichte haben die gleichzeitige Anwesenheit dreier Zeugen, den Inhalt der Erklärung des Erblassers, die Tatsache, daß diese Erklärung ernst gemeint und als solche von den Zeugen auch erkannt wurde, sowie den Hinweis des Erblassers auf die Zeugeneigenschaft der drei Personen festgestellt. An diese dem Akteninhalt entsprechenden Feststellungen ist der Oberste Gerichtshof gebunden. Geht man von ihnen aus, so muß das Vorliegen der Gültigkeitsvoraussetzungen für das mündliche Testament bejaht werden. Zur Gültigkeit eines mündlichen Testamentes ist es erforderlich, daß der Erblasser die Absicht hat, vor den anwesenden Zeugen seinen letzten Willen zum Ausdruck zu bringen. Die Zeugen müssen nicht eigens zur Testamentserrichtung herbeigerufen worden sein, sie müssen aber der Erklärung des letzten Willens im Bewußtsein ihrer Zeugeneigenschaft beiwohnen (EvBl 1955/42, SZ 22/135, SZ 18/46 u.a.). Es ist richtig, daß der Inhalt des mündlichen Testamentes nur durch die Aussage der Testamentszeugen dargetan werden kann. Diese Aussagen müssen aber, um den gesetzlichen Anforderungen zu genügen, nicht wörtlich, sondern nur dem Sinn nach übereinstimmen (Klang² III, 328). Im vorliegenden Fall stimmen die Aussagen der drei vernommenen Testamentszeugen über den Inhalt des mündlichen Testamentes sinngemäß vollkommen überein.

Daß ein letzter Wille in der vorgeschriebenen Form errichtet worden ist, kann, ebenso wie die gegenteiligen Behauptungen, nicht nur durch die Vernehmung der Testamentszeugen, sondern auch durch beliebige andere Beweismittel erwiesen werden. Nur der Beweis über den Inhalt der letztwilligen Anordnung ist ein formaler (Klang² III, 326 f). Abgesehen davon, daß auch in diesem Punkt die Aussagen der vernommenen Zeugen nicht wesentlich voneinander abweichen, wären demnach die Untergerichte berechtigt gewesen, auch im Falle der Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen über die Vorgänge, die zur Errichtung des Testamentes geführt haben, Feststellungen zu treffen, die die Einhaltung der gesetzlichen Form bestätigen. Es erweist sich sohin auch die Rechtsrüge als nicht gerechtfertigt.

Der Revision war demnach nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

 

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