European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0070OB00010.76.0304.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
1.) Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluß vom 9. Oktober 1975, 3 R 109/75‑39, wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte hat die Kosten dieses Rechtsmittels selbst zu tragen.
2.) Dem Rekurs gegen den Beschluß vom 20. November 1975, 3 R 110/75‑43, wird Folge gegeben, dieser Beschluß aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten dieses Rekurses sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Begründung:
Die Klägerin war alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der Firma W* M* & Co KG. Einziger Kommanditist dieser Gesellschaft war ihr Sohn D* M*. Die genannte Firma hatte mit der Beklagten zwei Versicherungsverträge abgeschlossen, und zwar eine Feuerversicherung für Gebäude, Einrichtungen, Vorräte udgl. und eine Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung. Am 5. November 1969 ereignete sich im Betrieb der Firma eine Explosion, wodurch ein Teil der Betriebsanlage gänzlich zerstört und ein Teil erheblich beschädigt wurde. Im Jahre 1971 wurde zu S 19, 20/71 des Landesgerichtes Salzburg sowohl über das Vermögen der Kommanditgesellschaft als auch über das Vermögen der Klägerin Konkurs eröffnet. Am 9. Juli 1974 faßte das Landesgericht Salzburg zu S 19, 20/71-235 folgenden Beschluß:
„Die Ausführung des Beschlusses des Gläubigerausschusses des Inhaltes, daß folgende von den Gemeinschuldnern behauptete Forderungen gegen die * Versicherung 1.) Verlust des Forderungsnachlasses von 60 % aus dem angenommenen und bestätigten Ausgleichsverfahren; 2.) Wertverfall an Gebäuden, Maschinen und Einrichtungen; 3.) Verlust von Patentrechten und ideellen Werten (Marktstellung, Markenname, Facharbeiterstamm, Personalverlust u.a.) wegen der nicht rechtzeitigen Leistung der Versicherungssumme an den beiden Gemeinschuldnern nicht gemäß § 119 Abs. 5 KO zur freien Verfügung überlassen werden sollen, wird gemäß § 95 Abs. 3 KO untersagt.
Diese Forderungen werden gemäß § 119 Abs. 5 KO den beiden Gemeinschuldnern zur freien Verfügung überlassen.“
Die Klägerin begehrte zuletzt den Zuspruch von 36,041.527,90 S s.A. mit der Begründung, die Beklagte habe vertragswidrig die sich aus den Versicherungsverträgen ergebenden Leistungen nicht erbracht. Insbesondere wäre sie zur Leistung von Akontozahlungen verpflichtet gewesen. Durch die Nichtleistung derartiger Akontozahlungen sei es zu einem Liquidierungsengpaß gekommen, der am 4. März 1970 zur Eröffnung eines Ausgleichsverfahrens sowohl gegen die Firma als auch gegen die Klägerin geführt habe. Am 4. Mai 1970 sei der Ausgleichsvorschlag, demzufolge von den nicht bevorrechteten Forderungen eine 40 %ige Quote zu leisten gewesen wäre, bestätigt worden. Allerdings hätten die bevorrechteten Forderungen bis 4. Mai 1971 bezahlt werden müssen. Da die Beklagte weiterhin keine Zahlung geleistet habe, wäre eine Befriedigung der bevorrechteten Forderungen nicht möglich gewesen. Aus diesem Grunde sei es zur Konkurseröffnung gekommen. Die Beklagte habe sohin durch ihr rechtswidriges Verhalten die entstandenen Schäden schuldhaft verursacht. Diese Schäden setzen sich wie folgt zusammen:
1.) Verlust der 60 %igen Quote 18,910.541,37 S
2.) Differenz zwischen dem
wahren Wert und dem
Versteigerungserlös eines
Privathauses der Klägerin und
persönlicher Fahrnisse 1,759.835,-- S
3.) Verkehrswert der Firmengebäude,
Maschinen, Büroeinrichtungen und
Mietrechtsverlust, Verlust an
Marktanteil und Patentrechten 12,776.131,90 S
4.) Persönlicher Verdienstentgang
als Entschädigung als mit arbeitende
Gesellschafterin 2,595.000,-- S
insgesamt 36,041.527,90 S
(richtig: 36,041.508,27 S
Bei diesen Forderungen handle es sich um höchstpersönliche Ansprüche der Klägerin, allenfalls um Ansprüche, die ihr mit Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Konkursgerichtes vom 10. Mai 1974 (richtig: 9. Juli 1974) gemäß § 119 Abs. 5 KO überlassen worden seien. Ferner stellte der Kläger ein Feststellungsbegehren, über das noch nicht entschieden wurde.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Sie bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin, sowie die ihr, der Beklagten, angelastete schuldhafte Vertragsverletzung.
Das Erstgericht wies die Klage hinsichtlich eines Betrages von 4,354.835,-- S (Differenzbetrag zwischen dem Versteigerungserlös aus der kridamäßigen Versteigerung des Privathauses und dessen tatsächlichem Wert – 1,046.700,-- S sowie der persönlichen Fahrnisse – S 713-135,-- sowie Verdienstentgang der Klägerin als mitarbeitender Gesellschafterin 2,595.000,-- S zurück. Das restliche Klagebegehren von 31,686.692,80 S wies es mit Urteil ab. Die Zurückweisung eines Teiles der Klagsforderungen begründete es damit, daß diese Forderungen nicht im Beschluß des Konkursgerichtes enthalten seien, mit dem der Klägerin Forderungen überlassen worden seien. Bezüglich des restlichen (abgewiesenen) Klagebegehrens sei die Klägerin aktiv nicht legitimiert, weil es sich hiebei um Forderungen der Gesellschaft handle, die nur entweder diese selbst oder sämtliche Gesellschafter geltend machen können.
Mit Beschluß vom 9. Oktober 1975, 3 R 109/75‑39, hob das Oberlandesgericht Graz den Zurückweisungsbeschluß im Rahmen der Anfechtung (1,759.835,-- S) auf und wies das Erstgericht an, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund über diese Ansprüche sachlich zu entscheiden. Hiebei traf es aus den Konkursakten folgende zusätzliche Feststellungen:
Am 2. März 1972 brachte der Masseverwalter dem Gläubigerausschuß das Schreiben eines gewissen Dris. H* vom 28. Februar 1972 zur Kenntnis, wonach die Firma und deren Gesellschafter auf dem Standpunkt stehen, daß die Beklagte auch für den Schaden haftbar zu machen sei, der durch die unrechtmäßige Zurückhaltung der Zahlung aus den Feuerversicherungsverträgen entstanden sei. Es handle sich hiebei um den entgangenen Forderungsnachlaß im Ausgleich, den infolge des Konkursverfahrens eingetretenen Substanzverlust und den bisher entgangenen Gewinn. In der Sitzung vom 19. April 1973 informierte der Masseverwalter den Gläubigerausschuß dahin, daß diese Forderungen vorläufig und überschlägig mit rund 43,000.000,-- S beziffert werden. Er schlug vor, sämtliche aus einer angeblichen Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen durch die Beklagte resultierenden Ansprüche, soweit sie nicht ohnedies gemäß § 6 Abs. 3 KO höchstpersönliche Rechte der Gemeinschuldner darstellen, diesen gemäß § 119 Abs. 5 KO zur freien Verfügung zu überlassen. Der Gläubigerausschuß lehnte dies jedoch ab. Hierauf überließ der Konkurskommissär mit Beschluß vom 6. August 1973 gemäß § 119 Abs. 5 KO) die Forderungen den Gemeinschuldnern. Nachdem dieser Beschluß vom Rekursgericht aufgehoben werden war, berichtete der Masseverwalter, daß die Klägerin zu 19 Cg 576/73 (nunmehr 7 Cg 368/74) des Landesgerichtes für ZRS. Graz eine Klage auf 43,291.541,37 S eingebracht habe und daß diese Ansprüche ident mit denen in der Gläubigerausschußsitzung vom 19. April 1973 behandelten Ansprüchen seien. Mit Schreiben vom 3. April 1974 beantragte der Masseverwalter im Gläubigerausschuß, folgende Forderungen gemäß § 119 Abs. 5 KO den Gemeinschuldnern zur freien Verfügung zu überlassen:
„Verlust des angenommenen und bestätigten Forderungsnachlasses im Ausgleichsverfahren von 60 %,
Wertverfall an Gebäuden auf Grund der Verkehrswertschätzung und Neuwert-Schadensermittlung (alle diese Forderungen sind in dem Schreiben des D* M* vom 17. Mai 1972 zahlenmäßig präzisiert),
Wertverfall an Maschinen und Einrichtungen, Wertverfall der Büroeinrichtung inkl. Mietrechte und bestätigter Investitionen für Umbau,
Wertverfall für Privatvermögen der Frau A* M*, geschätzter Verlust bei Hausversteigerung, Verlust von Patentrechten und ideellen Werten (Markenname, Marktstellung, allgemeine Verbindungen, Facharbeiterstand, Personalverlust).“
Diese Forderungen entsprechen inhaltlich genau den Schadenersatzforderungen gegen die Beklagte, die D* M* in seinem Schreiben vom 17. Mai 1972 bekanntgegeben hatte. Jedenfalls sind dort auch Forderungen wegen „Wertverfall Privatvermögen Frau A* M*“ und „geschätzter Verlust bei Hausversteigerung“ von insgesamt 1,677.000,-- S enthalten.
Nachdem der Gläubigerausschuß der Überlassung dieser Forderungen an die Gemeinschuldner neuerlich nicht zugestimmt hatte, erging der Beschluß des Konkursgerichtes vom 10. Mai 1974 (richtig 9. Juli 1974).
Rechtlich ging das Rekursgericht davon aus, daß unter dem „Wertverfall an Gebäuden, Maschinen und Einrichtungen“ auch der „Wertverfall für Privatvermögen der A* M* geschätzter Verlust bei Hausversteigerung“ zu verstehen sei. Darunter fielen aber auch die beiden vom Erstgericht zurückverwiesenen Forderungen im Gesamtbetrag von 1,759.835,-- S. Diesbezüglich sei es demnach zu einer Überlassung im Sinne des § 119 Abs. 5 KO gekommen, weshalb der Geltendmachung dieser Forderungen das Hindernis der §§ 6 Abs. 3 und 7 Abs. 1 KO nicht entgegen stehe.
Mit Beschluß vom 20. November 1975, 3 R 110/75-43, hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es führte hiezu aus, die Versicherungsverträge seien zwar von der Firma abgeschlossen worden, der Gesellschafter sei jedoch Träger der Rechte und Verbindlichkeiten der Gesellschaft, weshalb die Klägerin aus diesen Verträgen berechtigt und verpflichtet sei. Ein durch ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten verursachter Schaden sei daher auch im Vermögen der Klägerin eingetreten. Die Rechtsgrundlage für ein derartiges Ersatzbegehren sei in den §§ 918, 921 ABGB zu erblicken. Im Falle der verschuldeten Nichterfüllung sei Schadenersatz zu leisten, der allerdings nach § 1333 ABGB zunächst durch die gesetzlichen Zinsen bestimmt sei. Darüberhinaus habe aber der Gläubiger einer fälligen, nicht bezahlten Geldschuld nach Handelsrecht auch Anspruch auf Ersatz des die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden wirklichen Schadens und entgangenen Gewinnes. Die Klägerin könne daher die 60 %ige Quote als ihr persönlich zustehenden Schadenersatzanspruch geltend machen. Bei den übrigen geltend gemachten Forderungen handle es sich allerdings um solche, die zum Gesellschaftsvermögen gehören. Die Klägerin sei daher bezüglich dieser Forderungen nicht allein verfügungsberechtigt. Die Beklagte habe den Mangel der Aktivlegitimation zwar eingewendet, allerdings nur in dem Sinn, daß der Klägerin die entsprechenden Forderungen nicht zur freien Verfügung überlassen worden seien. Demgegenüber sei das Erstgericht jedoch der Auffassung gewesen, daß sich der Mangel der Aktivlegitimation der Klägerin daraus herleite, daß sie nur zur gesamten Hand mit dem weiteren Gesellschafter berechtigt sei. Aus diesem Grunde hätte das Erstgericht die Klage erst nach einer hinreichenden Erörterung abweisen dürfen. Da es an einer solchen Erörterung fehle, habe das Erstgericht gegen § 182 ZPO verstoßen. Dies müsse zu einer Aufhebung des Urteiles führen.
Gegen den Beschluß vom 9. Oktober 1975 (ON 39) richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Den Beschluß vom 20. November 1975 (ON. 43) bekämpft die Beklagte mit Rekurs, in welchem sie beantragt, diese Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht aufzutragen, die von der Klägerin eingebrachte Berufung unter Abstandnahme von dem herangezogenen Aufhebungsgrund zu erledigen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs gegen den Beschluß vom 9. Oktober 1975 (ON. 39) ist nicht berechtigt, wohl aber der Rekurs gegen den Beschluß vom 20. November 1975 (ON. 43).
A) Zum Revisionsrekurs:
Mit ihren Ausführungen rügt die Rekurswerberin in Wahrheit keine Aktenwidrigkeit. Eine solche liegt nämlich nur vor, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, also infolge eines bei der Darstellung der Beweisergebnisse unterlaufenen Irrtums, der aus den Streitakten selbst erkennbar und behebbar ist; Aktenwidrigkeit liegt nicht in der Gewinnung von Feststellungen durch Schlußfolgerungen; beruhen diese auf unlogischer Gedankentätigkeit, ist darin eine unrichtige rechtliche Beurteilung zu erblicken (ZVR 1962/64, JBl 1955, 505, JBl 1954, 73, u.v.a.). Die Beklagte zeigt keinen Widerspruch zwischen dem Akteninhalt und den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen auf. Sie wiederholt vielmehr diese Feststellungen und führt lediglich aus, der vom Berufungsgericht gezogene Schluß, der inhaltlich richtig wiedergegebene Beschluß des Konkursgerichtes vom 10. Mai 1974 sei dahin auszulegen, daß darunter auch die beiden gegenständlichen Forderungen fallen, sei unzutreffend. Damit behauptet die Beklagte jedoch keine Aktenwidrigkeit, sondern nur eine dem Berufungsgericht ihrer Meinung nach unterlaufene unrichtige rechtliche Beurteilung.
Entgegen der Meinung der Beklagten hat aber das Berufungsgericht den Beschluß des Konkursgerichtes vom 10. Mai 1974 richtig ausgelegt. Er ist es mit Recht auch auf dessen Begründung eingegangen, weil für die Auslegung der Tragweite einer Entscheidung auch deren Gründe heranzuziehen sind (EvBl 1967/66, SZ 25/121, SZ 24/63 u.a.). Überläßt das Konkursgericht einem Gemeinschuldner eine Forderung, so kann zu deren Identifizierung auch auf die Vorgänge, die zu ihrer Überlassung geführt haben, Bedacht genommen werden. Der Masseverwalter hatte die nach seinem Antrag zu überlassenden Forderungen als identisch mit den hier ursprünglich eingeklagten 43,291.541,37 S bezeichnet und in seinem Antrag vom 3. April 1974 auf das Schreiben des D* M* vom 17. Mai 1972 verwiesen. Dieser Antrag, der mit einem Hinweis auf die Klage und das genannte Schreiben begründet worden war, war Gegenstand des Beschlusses des Konkursgerichtes. Daß sich dieser Beschluß auf die in dem Antrag erwähnten Forderungen bezog, ist seiner Begründung, die die vorliegende Klage und das Schreiben des D* M* vom 3. April 1974 ausdrücklich erwähnt, einwandfrei zu entnehmen. Das Schreiben vom 3. April 1974 enthält unter anderem Beträge von insgesamt 1,677.000,-- S für Wertverfall im Privatvermögen der A* M*. Genau dieser Betrag wurde aber in der vorliegenden Klage aus demselben Titel begehrt. Die Änderung dieses Betrages auf 1,759.835,-- S geht auf die Klagsausdehnung in der Tagsatzung vom 14. Oktober 1974 (S. 128) zurück, was im übrigen der Rekurswerberin bekannt ist, weil sie im Revisionsrekurs selbst auf die Identität dieser gegenständlichen Teilforderung mit der eingeklagten verweist (S. 236 f.).
Das Rekursgericht hat daher richtig erkannt, daß die Forderungen von insgesamt 1,759.835,-- S den Gemeinschuldnern vom Konkursgericht gemäß § 119 Abs. 5 KO überlassen worden sind, weshalb für sie nicht § 6 Abs. 3 KO gilt. Dies schließt eine Zurückweisung der Klage aus dem vom Erstgericht herangezogenen Grunde aus.
Ob die Klägerin allein die Forderung einklagen kann, ist eine Frage der Aktivlegitimation. Die sachliche Legitimation ist eine Angelegenheit des materiellen Rechtes (Fasching II, 127), weshalb die Entscheidung darüber nur in Urteilsform erfolgen kann (Fasching II, 137). Eine Zurückweisung der Klage aus diesem Grunde wäre daher ausgeschlossen.
Dem Revisionsrekurs war sohin ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf die §§ 40 und 50 ZPO.
B) Zum Rekurs gegen den Beschluß vom 20. November 1975 (ON. 43):
Unzutreffend ist die Behauptung des Rekurses, die Klägerin habe ihre Ansprüche ausschließlich als höchstpersönliche geltend gemacht. In der Tagsatzung vom 14. Oktober 1974 (S. 127) hat sie nämlich vorgebracht, sich auch auf die Überlassung nach § 119 Abs. 5 KO zu berufen. Der Entscheidung lag daher auch die Geltendmachung aus diesem Rechtsgrund zugrunde.
Daß die geltend gemachten Ansprüche keine höchstpersönlichen im Sinne des § 6 Abs. 5 KO sind, haben die Untergerichte richtig erkannt. Auf ihre zutreffenden Ausführungen zu diesem Punkt kann verwiesen werden.
Richtig sind auch die Ausführungen des Berufungsgerichtes, die besagen, daß aus der Überlassung der Forderung an die Klägerin durch das Konkursgericht eine Entscheidung über die aktive Klagslegitimation in diesem Verfahren nicht vorweggenommen werden konnte. Durch eine Überlassung im Sinne des § 119 Abs. 5 KO wird eine Forderung zum konkursfreien Vermögen. Zu diesem steht der Gemeinschuldner in derselben Beziehung, als ob der Konkurs nicht eröffnet wäre (Bartsch-Pollak 3 I, 30). Durch die Überlassung geben die Organe im Konkursverfahren nur zu erkennen, daß sie die Forderung nicht in Anspruch nehmen und daß diese daher aus dem Konkursvermögen ausscheidet. Die Forderung kann nur dem Gemeinschuldner überlassen werden. Ob sie materiell berechtigt und ob sie den Gemeinschuldner oder einer dritten Person zusteht, hat das Konkursgericht nicht zu prüfen. Der Überlassungsbeschluß hat daher bezüglich dieser Fragen keine Rechtswirkung.
Die Ausführungen des angefochtenen Beschlusses zum begehrten Ersatz der Ausfallsquote (60 %) gehen davon aus, daß die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft aus Verträgen der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet seien. Dies ist allerdings in dieser allgemeinen Form nicht zutreffend. Gemäß Art. 7 Nr. 9 der 4. EV HGB werden die Einlagen der Gesellschafter und die durch die Geschäftsführer für die Gesellschaft erworbenen Gegenstände gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter. Zu dem Gesellschaftsvermögen gehört auch, was auf Grund eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstandes erworben wird. Demnach sind Forderungen der Gesellschaft aus einem von ihr abgeschlossenen Versicherungsvertrag, soferne dieser nicht einen Dritten als Berechtigten nennt, ebenso ein Teil des Gesellschaftsvermögens wie Schadenersatzforderungen gegen den Versicherer wegen Nichterfüllung des Versicherungsvertrages. Das Gesellschaftsvermögen einer Kommanditgesellschaft ist aber ein Sondervermögen, das den Gesellschaftern nur zur gesamten Hand zusteht (Hämmerle, Handelsrecht2 II, 24 f., HS 6155, EvBl 1964/13, SZ 23/57 u.a.). Dies hat zur Folge, daß die Forderungen der Gesellschaft nicht einem Gesellschafter allein, sondern ihm zwar als ungeteiltes Ganzes aber nur in Verbindung mit den anderen Gesellschaftern gehören, so daß die Forderungen nicht einmal nach Quoten unter den Gesellschaftern geteilt sind. Die Geltendmachung einer Gesellschaftsforderung steht dem einzelnen Gesellschafter als solchem nicht zu (Mueck, Das Recht der OHG4 219 f).
Versicherungsnehmer war nur die Gesellschaft. Daß auch der Klägerin Rechte aus den Versicherungsverträgen eingeräumt worden wären, hat sie nicht behauptet. Sohin konnten nur die Gesellschaft und allenfalls die Gesamtheit der Gesellschafter Leistungen aus den Versicherungsverträgen begehren. Leistete der Versicherer vertragswidrig nicht, kann dies nur einen Schadenersatzanspruch seines Vertragspartners begründen. Nur dieser ist zur Geltendmachung eines solchen Anspruches legitimiert. Die Klägerin war nicht Vertragspartnerin der Beklagten. Die behauptete Vertragsverletzung durch die Beklagte könnte ihr nur insoferne Schäden zugefügt haben, als hiedurch ihr Anteil an der Gesellschaft geschmälert wurde und sie allenfalls infolge einer durch die Vertragsverletzung bewirkten Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft für deren Schulden aufkommen müßte. Hiebei handelt es sich jedoch nicht um Schäden, die durch die Vertragsverletzung unmittelbar im Vermögen der Klägerin verursacht wurden, sondern nur um mittelbare Schäden. Der Ausdruck „jedermann“ im § 1295 ABGB bezieht sich aber nur auf den auf das Schuldverhältnis Berechtigten (Gläubiger), nicht auch auf den durch die Nichterfüllung des Vertrages mittelbar geschädigten Dritten (Koziol-Welser 3 I, 303, EvBl 1960/286, SZ 23/23 u.a.).
Da die Klägerin aus dem Versicherungsvertrag nicht berechtigt ist, fehlt ihr persönlich auch die Legitimation für die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches in der Höhe der Ausfallsquote. Dieser Anspruch ist nicht anders zu behandeln als jene Ansprüche, für die auch das Berufungsgericht die Aktivlegitimation der Klägerin verneint hat.
Geht man davon aus, daß der Klägerin nach dem bisherigen Prozeßvorbringen die Aktivlegitimation fehlt, so ist zu prüfen, ob dem Erstgericht tatsächlich eine Verletzung der Manuduktionspflicht vorgeworfen werden kann, wie dies das Berufungsgericht getan hat.
Wenn der Richter auch auf Grund der ihm nach § 182 ZPO obliegenden materiellen Prozeßleitung verpflichtet ist, selbst im Anwaltsprozeß darauf hinzuwirken, daß die für die Entscheidung notwendigen Angaben gemacht werden, so geht diese Pflicht doch nicht so weit, daß er Anwälte über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen verbundenen Rechtsfolgen zu belehren, zur Stellung bestimmter prozessualer Anträge anzuleiten oder gar zu einer Klagsänderung zu veranlassen hätte. Vielmehr kann er anwaltlich vertretene Personen die Sorge um ein ausreichendes Vorbringen überlassen (JBl 1965, 151, SZ 23/332, JBl 1957, 419 u.a.).
Im vorliegenden Fall kann keine Rede davon sein, daß die fehlende Aktivlegitimation der Klägerin nicht hinreichend zur Sprache gekommen wäre. Schon in der Klagebeantwortung hat die Beklagte darauf verwiesen, daß nur die Gesellschaft Versicherungsnehmerin sei. Im Rahmen der Bestreitung der aktiven Klagslegitimation wurden die Gesellschaftsverhältnisse dargestellt (S. 34). Im Schriftsatz vom 17. Februar 1974 ließ die Beklagte wieder unter einer Überschrift, die die Bestreitung der Aktivlegitimation klar erkennen läßt, keinen Zweifel daran, daß sie die Klägerin nicht als legitimiert ansehen würde, falls es sich bei den Schadenersatzforderungen um Gesellschaftsvermögen handeln sollte (S. 55). In der Tagsatzung vom 14. Oktober 1974 (S. 129) brachte die Beklagte neuerlich vor, daß eine Forderung der Gesellschaft geltend gemacht werde. Dieses prozessuale Verhalten der Beklagten kann gar nicht anders verstanden werden, denn als eine generelle Bestreitung der aktiven Klagslegitimation der Klägerin. Da sohin die Frage der aktiven Klagslegitimation hinreichend Gegenstand des Beklagtenvorbringens war, konnte die Klägerin durch die Ausführungen des Erstgerichtes zu diesem Punkt nicht überrascht werden. Das Erstgericht hat nicht eine von niemandem zu erwartende Rechtsansicht zum Ausdruck gebracht. Bei dieser Situation mußte es der Klägerin überlassen bleiben, ein Vorbringen zu erstatten, das ihre Legitimation decken hätte können. Insbesondere ist dem gesamten klägerischen Vorbringen kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß der zweite Gesellschafter der Klageführung zugestimmt hätte. Zur Behauptung einer bisher nicht einmal angedeuteten Tatsache hat der Richter eine Partei nicht anzuleiten. Vor allem ist er nicht berechtigt, im Rahmen der Manuduktionspflicht einer Partei die Beschaffung einer für die Stützung ihrer Legitimation erforderlichen Zustimmung nahezulegen.
Da sohin der vom Berufungsgericht aufgezeigte Verfahrensmangel nicht gegeben und nach dem Parteienvorbringen und den Verfahrensergebnissen die Klägerin zur Geltendmachung der von ihr erhobenen Ansprüche nicht legitimiert ist, erweist sich die Sache als spruchreif im Sinne der Bestätigung des Ersturteiles.
Dem Rekurs war sohin Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
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