OGH 6Ob527/76

OGH6Ob527/7619.2.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lassmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Sperl, Dr. Petretto, Dr. Samsegger und Dr. Resch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. V*, vertreten durch Dr. Friedrich Willheim, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*, vertreten durch Dr. Herbert Troyer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 6.000,— samt Anhang, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 19. November 1975, GZ 32 R 258/75-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau vom 10. April 1975, GZ C 158/74‑12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0060OB00527.76.0219.000c

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 1.131,74 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 74,94 S Umsatzsteuer und 120,– S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger – ein Rechtsanwalt – begehrt Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 6.000,— S samt Anhang und bringt vor, er sei von Verkäufern einer Liegenschaft mit der Errichtung des Kaufvertrages beauftragt worden. Der Beklagte habe mit Vereinbarung vom 24. März 1972 gegenüber den Verkäufern die Verpflichtung übernommen, Käufer für die 6.000 m2 umfassende Liegenschaft zu vermitteln und diesen die Pauschalkosten der Vertragserrichtung bekanntzugeben und „an den Kläger zu überbinden“. Dies sei auch bei Kaufverträgen mit verschiedenen Käufern geschehen, nicht jedoch bei einem Kaufvertrag mit S* E*. Da es sich hiebei um eine Unterlassung des Beklagten gehandelt habe, habe sich dieser dem Kläger gegenüber zur Bezahlung der Pauschalkosten im Betrage von 6.000 S verpflichtet.

Der Beklagte beruft sich demgegenüber darauf, er habe ohnedies gegenüber dem Käufer S* E* mitgeteilt, daß der Kaufvertrag auf Kosten des Käufers vom Kläger errichtet werden müsse, doch habe E* erklärt, er werde seinen Anwalt Dr. Krissl mit der Verfassung des Vertrages betrauen und er habe sich davon auch nicht durch den Hinweis abbringen lassen, daß dies der Bedingung seiner Vereinbarung mit den Verkäufern widerspreche. Der Beklagte bestreitet die Übernahme einer persönlichen Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kläger, betreffend die Kosten der Errichtung des von diesem verfaßten Kaufvertrages.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab; das Berufungsgericht änderte die Entscheidung erster Instanz mit dem nunmehr angefochtenen Urteil im Sinne des Klagebegehrens ab und legte seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde, der sich aus unbekämpften und übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes sowie aus Feststellungen zusammensetzt, die das Berufungsgericht auf Grund eigener Beweisaufnahme getroffen hat:

Mit Vereinbarung vom 23. März 1972 (24. März 1972), abgeschlossen mit den durch I* H* ihre Mutter und Vormünderin, vertretenen Minderjährigen, je Eindritteleigentümern der Liegenschaft Grundstück Nr. *, KG *, Teilblatt *, E*, U* und S* S*, übernahm der Beklagte P* die Vermittlung des Verkaufes eines etwa 6.000 m2 großen Grundstückes als Ganzes oder in Teilstücken zu bestimmten Bedingungen: So bedurfte jeder Verkauf der Zustimmung der Verkäufer. Alle Gebühren und Kosten, insbesondere die Grunderwerbssteuer, die Abteilungskosten (Errichtung eines Abteilungsplanes durch einen Zivilgeometer, behördliche Genehmigung) sowie die Kosten und Gebühren der Kaufverträge und deren grundbücherliche Durchführung waren von den Käufern zu tragen. Die Kaufverträge waren in allen Fällen vom Rechtsanwalt der Verkäufer zu errichten. Mit Schreiben vom nämlichen Tage (23. 3. 1972) bestätigte die Mutter und Vormünderin der Verkäuferinnen dem Beklagten, daß er ermächtigt sei, „den ganzen Verkauf bzw. teilweisen Abverkauf der getroffenen Vereinbarung gemäß zu vermitteln, welche Ermächtigung aber mit 30. Juni 1972 erlösche“.

Mit der Errichtung der Kaufverträge beauftragten die Eigentümerinnen den Kläger, der den Auftrag übernahm. Als Honorar war ein Pauschalbetrag vereinbart.

Der Beklagte vermittelte vier Käufer und erwarb ein Teilgrundstück selbst. Alle Kaufverträge mit Ausnahme jenes mit S* E* (zu dem sich später seine Verlobte C* S* als Mitkäuferin gesellte), errichtete der Kläger.

Als ersten Kaufinteressenten warb der Beklagte den Bankangestellten S* E* aus *. Dieser interessierte sich für das größte und schönste Teilstück des damals noch nicht geteilten Grundstückes. E* war der erste Interessent, und der Beklagte wollte „den Vertrag durchbringen“. Er übernahm deshalb die Kosten der Vermessung, obwohl ihm deren Höhe nicht bekannt war, und unterließ es auch, E* zu eröffnen, es sei Bedingung des Kaufvertrages, daß der Kaufvertrag vom Rechtsanwalt der Verkäufer auf Kosten der Käufer errichtet werden müsse. Indessen wußte der Beklagte in diesem Zeitpunkt noch nicht, daß der Kläger der Rechtsanwalt der Verkäufer war.

Der Beklagte teilte das Anbot des S* E* der Mutter und Vormünderin der Verkäuferinnen nur unvollständig mit; er unterließ es, ihr mitzuteilen, daß E* erklärt hatte, er werde mit der Verfassung des Vertrages den Anwalt seines Vertrauens Dr. Fritz Krissl betrauen und die Geometerkosten nicht bezahlen. Das Anbot E* teilte Frau H* dem Kläger mit, der Anfang April dem Beklagten den Vertragsentwurf in der Sache E* schickte. Dieser reichte den Entwurf an Dr. Krissl weiter. In dem hiedurch ausgelösten Briefwechsel zwischen Dr. Krissl und dem Kläger teilte der erstere dem letzteren mit, daß die Käufer des Grundstückes, nämlich S* E* und seine Verlobte C* S*, ihm den Auftrag zur Errichtung des Vertrages erteilt hätten und nicht bereit seien, dem Kläger ein Honorar zu bezahlen und sei dies auch nur ein Regiebeitrag. Diese Mitteilung nahm der Kläger zum Anlaß, dem Beklagten am 26. April 1972 unter anderem folgendes zu schreiben: „Wie Sie vielleicht schon wissen, hat Rechtsanwalt Dr. Fritz Krissl sich als Vertreter der Käufer S* E* und C* S* für die erste Parzelle gemeldet und ebenfalls, wie ich, einen Kaufvertrag verfaßt … Zu den Kosten sagt Herr Kollege Dr. Krissl folgendes: Hiezu wurde zwischen Herrn P* und meinen Mandanten ausdrücklich vereinbart, daß die Kosten der Vermessung durch einen beeideten Zivilgeometer von seiten der Verkäufer getragen werden, da die Vermessung in einem Zuge mit den übrigen noch abzuverkaufenden Grundstücken erfolgen soll. Bezüglich der Vertragserrichtung ist es üblich, daß die Käufer, die den Vertrag auch bezahlen müssen, auch die Wahl des vertragserrichtenden Anwaltes oder Notars haben. Im gegenständlichen Falle haben, wie bereits erwähnt, die beiden Käufer meine Kanzlei beauftragt, mir Vollmacht erteilt, so daß die Vertragskosten auch in meiner Kanzlei auflaufen werden.

Dazu weist meine Mandantschaft nachdrücklich auf folgendes hin: In der Vereinbarung mit Ihnen wurde unter Z 8) als ausdrückliche Bedingung ausgeführt, daß die Kosten der Errichtung des Aufteilungsplanes sowie meine Kosten vom Käufer getragen werden müßten. Wenn also die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Krissl in dieser Hinsicht richtig sind, haben Sie ... die Abmachung nicht eingehalten und haften selbstverständlich zunächst hinsichtlich dieses gegenständlichen Teilgrundstückes dafür. Meine Kosten in dieser Sache betragen bisher 6.000,— S. Ich ersuche um Ihre umgehende Stellungnahme und verbleibe …“.

Der Beklagte erhielt dieses Schreiben und ließ es unbeantwortet.

Am 4. Juli 1972 erschien der Beklagte in der Kanzlei des Klägers, um dort den Kaufvertrag mit einem J* S* und nach Unterfertigung auch seinen eigenen zu übernehmen. Der Kläger nahm die Anwesenheit des Beklagten zum Anlaß, um die Kostensache E*/Dr. Krissl und damit den hierauf bezughabenden Teil seines Schreibens, zu dem der Beklagte bis nun noch keine Stellung genommen hatte, zu besprechen. Der Beklagte erklärte, die Kosten in dieser Sache in der mitgeteilten Höhe von 6.000,— S anzuerkennen und diese Kosten selbst an den Kläger zu bezahlen. Hierüber verfaßte der Kläger eine Aktennotiz, die in ihrem bezughabenden Teil wie folgt lautet: „Hinsichtlich der Spesen hat er den im Korrespondenzwege bekanntgegebenen Kostenzuschuß in Sache E* per 6.000,— S anerkannt. Die Geometerkosten für die Abteilung trägt er aus eigenem.“

Mit Schreiben vom 21. Juli 1972 teilte der Kläger dem Dr. Krissl mit, daß seinerseits (und seitens seiner Mandantschaft) ein Kostenanspruch gegen die Käufer nicht mehr erhoben werde.

Den Kaufvertrag zwischen S* E* und C* S* als Käufer und den Verkäuferinnen errichtete Dr. Krissl als von beiden Vertragspartnern hiezu beauftragt.

Der Kläger forderte vom Beklagten den Betrag von 6.000,— S mit Kostennote vom 30. Dezember 1972 und mit Schreiben vom 27. Juli 1973. Beide Briefe ließ der Beklagte unbeantwortet; er hat bisher keine Zahlung geleistet.

Zur rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes führte das Berufungsgericht aus:

Auszugehen sei davon, daß das von den Käufern E* und S* gestellte Kaufanbot von den Eigentümern erst angenommen worden sei, als der Beklagte erklärt hatte, er werde die Kosten des Geometers und die für die Herstellung eines Vertragsentwurfes aufgelaufenen und mit 6.000,— S bekanntgegebenen Kosten des Klägers aus eigenem bezahlen. Diese Erklärung habe der Beklagte dem Kläger als dem Vertreter der Eigentümerinnen und hinsichtlich der Vertragskosten als dem Forderungsberechtigten abgegeben. Diese Zahlungsverpflichtung habe den Beklagten verbunden, den Verkäufern die Geometerkosten zu ersetzen, wenn sie diese auf Grund eines vom Beklagten gemäß der Vollmacht vom 23. März 1972 erteilten Auftrages hätten bezahlen müssen und sie habe vor allem den Beklagten zum Ersatz der Vertragskosten des Klägers verbunden, wenn die Verkäuferinnen auf Grund ihres Vertrages mit dem Kläger und zufolge Verschuldens des Beklagten als ihres Vertragspartners zur Bezahlung der Vertragskosten herangezogen worden wären. Bezüglich der Vertragskosten des Klägers habe der Beklagte, als der den Verkäuferinnen gegenüber Verpflichtete, dem Kläger, als den Verkäuferinnen gegenüber Berechtigte, erklärt, daß er die Forderung des Klägers – die im Falle der Annahme des Kaufanbotes E*/S* durch die Verkäuferinnen nur diesen gegenüber bestanden habe – zur Zahlung aus eigenem übernehme. Bei diesem Sachverhalt sei es für die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch gegen den Beklagten entstanden sei, gleichgültig, ob in der Erklärung des Beklagten, dem Kläger die 6.000,— S zu bezahlen, ein echter Anerkenntnisvertrag und damit eine neue selbständige Verpflichtung zu sehen sei, oder eine Vereinbarung, die mit 6.000,– S der Höhe nach als zu Recht bestehend anerkannten Vertragskosten zur eigenen Zahlung zu übernehmen. In diesem Fall sei der Rechtsgrund für die Zahlung die Schuldübernahme nach § 1405 ABGB – wenn man den Kläger einmal als Vertreter der Schuldner und zugleich als ihren Gläubiger ansehe – andernfalls bestehe die Forderung gemäß § 1406 ABGB. In dem einen wie in dem anderen Fall sei aber der Kläger forderungsberechtigt.

Zum gleichen Ergebnis gelange man, sähe man im Vertrag zwischen Grundeigentümern und Beklagten bezüglich des des dem Kläger zustehenden Anspruches auf Vertragskosten einen Vertrag zugunsten Dritter, da auch der begünstigte Dritte bei Vertragsverletzung, gestützt auf den zu seinen Gunsten geschlossenen Vertrag, auf Ersatz des eigenen Schadens den schuldhaften Vertragsverletzer direkt klagen könne.

Zu der vom Erstgericht angeschnittenen, aber dann nicht weiter ausgeführten Frage, ob eine Vereinbarung wie im Punkte 8) des Vertrages vom 23. März 1972 festgehalten, gegen die guten Sitten verstoße oder nicht, genüge es, auf die von der Rechtsprechung über die Sittenwidrigkeit entwickelten Grundsätze zu verweisen. Kein Zweifel: Sittenwidrig sei diese Vereinbarung nicht.

Es erweise sich somit, daß der Anspruch des Klägers zu Recht bestehe und am Klagstag längst zur Zahlung fällig gewesen sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder das Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Soweit die Ausführung der Rechtsrüge vom festgestellten Sachverhalt abweicht und versucht, eine Art eigene Darstellung zur Geltung zu bringen, was in nicht unbedeutendem Umfang geschieht, ist darauf kein Bedacht zu nehmen.

Unrichtig ist die Rechtsansicht, der Kläger hätte sich die Anerkenntniserklärung des Beklagten unterfertigen lassen müssen. Der Anerkennungsvertrag ist grundsätzlich ein formfreier Konsensualvertrag (JBl 1958, 44).

Der Hinweis darauf, daß die Verkäuferinnen durch ihre Mutter und Vormünderin den von Dr. Krissl entworfenen Vertrag abschlossen, verfehlt das Thema des Rechtsstreites. Der Klagsanspruch hängt nicht davon ab, ob nach Entstehung der Kosten des Klägers die Verkäuferinnen gegenüber den Käufern die ursprüngliche Bedingung fallen ließen, der Vertrag müsse vom Anwalt der Verkäuferinnen verfaßt werden. Mehrfach erörtert der Beklagte in der Revision die Frage, ob die Nichtbeantwortung eines Schreibens des Klägers durch den Beklagten die Übernahme einer Zahlungspflicht durch schlüssiges Verhalten bedeute. Damit vernachlässigt der Beklagte die entscheidende Feststellung, daß er im persönlichen Gespräch mit dem Kläger die ausdrückliche Erklärung abgegeben hat, er anerkenne die Vertragserrichtungskosten in Höhe von 6.000,— S und werde sie an den Kläger bezahlen.

Aus dieser Erklärung leitet sich der Klagsanspruch jedenfalls ab. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kläger ihn ohne diese Voraussetzung unter den vom Berufungsgericht erwogenen oder allenfalls noch anderen rechtlichen Gesichtspunkten auch ohne diese Verpflichtungserklärung des Beklagten geltend machen könnte. Es erübrigen sich deshalb Überlegungen über die Vereinbarung vom 23. März 1972, insbesondere deren Punkt 8), und die Ansicht des Beklagten ist ausgesprochen abwegig. der Kläger sei auf Grund des festgestellten Sachverhaltes aktiv nicht legitimiert.

Mit der Revision wird eine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung vom 23. März 1972 geltend gemacht, die keineswegs vorliegt, weil es ohne weiteres angängig ist, die Verfassung des Kaufvertrages durch einen bestimmten Anwalt zum Inhalt des Kaufvertrages zu machen. Aus den bereits dargelegten Gründen ist aber auch diese Frage bedeutungslos.

Die Revision vermag somit die rechtlichen Grundlagen des Anspruches des Klägers nicht zu erschüttern, weshalb ihr ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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