European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00284.75.0120.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der erste Absatz der von der zweiten Instanz abgeänderten Entscheidung wie folgt zu lauten hat: „Den Einwendungen des Klägers, daß die Berechtigung des Beklagten zur Geltendmachung der Kostenforderung von 3.234,36 S aus dem Beschluß des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 6. März 1975, GZ. U 410/74‑16, gehemmt ist, wird stattgegeben.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.029,12 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon 69,12 S Umsatzsteuer und 96,-- S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Auf Grund des Kostenbestimmungsbeschlusses des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 6. März 1975, GZ. U 410/74‑16, wurde dem nunmehrigen Beklagten gegen den nunmehrigen Kläger die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der Kostenforderung von 3.234,36 S vom Titelgericht mit Beschluß vom 7. April 1975, GZ. E 539/75‑1, bewilligt. Dieses Exekutionsverfahren ist beim Bezirksgericht Kufstein, an das dieses Verfahren am 15. April 1974 überwiesen wurde, zu E 2874/75 anhängig. Schon vorher, nämlich mit Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 12. März 1975, GZ. E 2144/75‑1, wurde die betriebene Kostenforderung zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung des Rechtsanwaltes Dr. Walter Wohlrab von 6.925,19 S gepfändet und mit Beschluß des letztgenannten Gerichtes vom 21. März 1975 dem betreibenden Gläubiger zur Einziehung überwiesen. Diese Forderungspfändung wurde am 14. März 1975 bewirkt, der Überweisungsbeschluß wurde dem nunmehrigen Beklagten am 27. März 1975 (durch Hinterlegung) zugestellt.
Der Kläger erhebt mit der vorliegenden Klage Einwendungen gegen die Kostenforderung des Beklagten aus dem Beschluß des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 6. März 1975, GZ. U 410/74‑16, mit dem Begehren auf Feststellung, daß dieser Anspruch erloschen sein. Er brachte hiezu vor, auf Grund des oben dargestellten Sachverhaltes sei der Beklagte nicht mehr berechtigt, zur Hereinbringung der Kostenforderung von 3.234,36 S gegen ihn Exekution zu führen, zumal der Beklagte hiezu vom Überweisungsgläubiger, Dr. Walter Wohlrab, nicht ermächtigt worden sei.
Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und wendete ein, seinem Vertreter stehe ein gesetzliches Pfandrecht nach § 19 Abs. 1 RAO zu. Dieses Pfandrecht sei bereits mit der Festsetzung der Kosten dem Grunde nach am 7. Jänner 1975 entstanden. Die Kostenersatzforderung des Beklagten sei bereits mit der Belastung durch das gesetzliche Pfandrecht zugunsten seines Vertreters existent geworden, sodaß diesem niemand, auch nicht Dr. Wohlrab, zuvorkommen könne. Das von diesem exekutiv erwirkte Pfandrecht habe dem gesetzlichen Pfandrecht des Beklagtenvertreters Dr. Feichtner „sowohl dem Range wie auch seinem geringen Gewichte nach zu weichen“. Die Kostenforderung des Beklagtenvertreters gegenüber dem Beklagten sei nach wie vor in der Höhe von 3.234,36 S unberichtigt.
Die klagende Partei hat dieses Vorbringen bestritten und eingewendet, der Beklagte habe die Kostenforderung seines Vertreters aus dem Strafverfahren U 410/74 bereits bezahlt, sodaß damit das Pfandrecht erloschen sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Ansicht, der Rechtsanwalt, der eine Partei zuletzt vertreten habe, habe gemäß § 19 a Abs. 1 RAO ein Pfandrecht an der Kostenersatzforderung der Partei, wenn dieser Kosten von einem Gericht, einer anderen öffentlichen Behörde oder einem Schiedsgericht zugesprochen worden seien. Nach dieser Gesetzesstelle stehe dem Beklagtenvertreter auf jeden Fall ein Pfandrecht an der Kostenersatzforderung des Beklagten gegen den Kläger zu. Die Forderung des Beklagtenvertreters an den Beklagten sei jedoch noch nicht getilgt, sondern es sei noch ein Betrag von 2.844,07 S offen. Das Pfandrecht selbst sei zugleich mit der Kostenforderung dem Grunde nach am 7. Jänner 1975, dem Tag der Berufungsverhandlung und Urteilsverkündung in zweiter Instanz, entstanden. Der Beschluß des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 6. März 1975 setze bloß die Höhe des Anspruches fest. Aus dem Akt gehe nicht hervor, daß am 7. Jänner 1975 eine bereits früher entstandene Gegenforderung des Kostenschuldners also des Klägers, vorhanden gewesen sei, sodaß deswegen die Entstehung des Pfandrechtes verhindert worden wäre. Der Anspruch des Beklagten aus dem Beschluß des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 6. März 1975, U 410/74, zu dessen Hereinbringung dieses Gericht mit Beschluß vom 7. April 1975, E 2874/75, die Exekution bewilligt habe, bestehe aufrecht. Die Forderung des Klagsvertreters gegen den Beklagten sei zweitrangig, sodaß der Klagsvertreter nicht berechtigt gewesen sei, die Forderung des Beklagten gegen den Kläger zu pfänden.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß es dem Einwendungen des Klägers, „der Anspruch des Beklagten aus dem Beschluß des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 6. März 1975, U 410/74, auf Zahlung von3.234,36 S sei gehemmt“, stattgab. Es gelangte zu der Ansicht, nach der Pfändung und Überweisung einer Forderung zur Einziehung sei nur mehr der Überweisungsgläubiger befugt, die Forderung gegen den Drittschuldner im Prozeß- oder Zwangsvollstreckungsverfahren geltend zu machen. Sollte der Verpflichtete dennoch gegen die Drittschuldner Exekution führen, so könne sich letzterer dagegen durch Oppositionsklage wehren. Dies gelte auch für den vorliegenden Fall. Der Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf das gesetzliche Pfandrecht seines Vertreters nach § 19 a RAO an der betriebenen Forderung berufen, weil dieses der Exekutionsführung auf die Forderung nicht entgegenstehe. Bei der Fassung des Urteilsspruches habe sich das Berufungsgericht an die vonHeller-Berger-Stix, 410, vorgeschlagene Lösung gehalten. Im Ergebnis bedeute dies keine Änderung des ursprünglichen Klagebegehrens; nach ständiger Rechtsprechung könne das Gericht im Spruch eine klarere und deutlichere, vom Begehren abweichende Fassung geben, falls sich letztere im Wesen mit dem Begehren decke. Dies gelte insbesondere für das Begehren einer Oppositionsklage.
Dieses berufungsgerichtliche Urteil ficht der Beklagte wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag an, es dahin abzuändern, daß das erstgerichtliche Urteil wiederhergestellt werde; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
In Ausführung der Rechtsrüge vertritt der Beklagte die Ansicht, das Berufungsgericht hätte das Ersturteil schon deshalb bestätigen müssen, weil dem Kläger keine Klageberechtigung zukomme. Die Klage hätte sein Vertreter, Rechtsanwalt Dr. Walter Wohlrab, erheben müssen, zu dessen Gunsten die Prozeßkostenersatzforderung aus dem Strafverfahren U 410/74 des Bezirksgerichtes Hopfgarten gepfändet und dem diese Forderung zur Einziehung überwiesen worden sei. Die gegenteilige Lehrmeinung stehe mit der Bestimmung des § 37 EO im Widerspruch. Wenn man im übrigen dem Kläger die Befugnis einräume, die Rechte dritter Personen an der gepfändeten Forderung geltend zu machen, so müßte man dies auch dem Beklagten zubilligen, der durch seine Exekutionsführung gegen den Kläger letztlich Ansprüche und Rechte seines Vertreters wahrgenommen habe. Die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens sei eine Folge der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Rechtssache durch die zweite Instanz. Folge man den Rechtsstandpunkt der Revision, so wäre ein Widerspruch im erstgerichtlichen Urteil zu klären gewesen: Das Erstgericht habe nämlich festgestellt, daß die Forderung des nunmehrigen Beklagtenvertreters noch in der Höhe von 2.844,07 S aushafte; es habe aber das Klagebegehren gänzlich abgewiesen. Es ergebe sich somit ein Differenzbetrag von 390,29 S, den weder das Erstgericht noch das Berufungsgericht einer Erörterung oder Beurteilung unterzogen habe.
Hiezu ist zunächst zu bemerken, daß sich auch die Mängelrüge gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes richtet. Der Beklagte verkennt in seinen Rechtsausführungen die Rechtswirkungen der Überweisung einer gepfändeten Forderung zur Einziehung (§ 308 EO). Diese bestehen vor allem darin, daß grundsätzlich nur mehr der Überweisungsgläubiger berechtigt ist, die überwiesene Forderung gegen den Drittschuldner im Prozeßverfahren (SpR. 220 alt, GIUNF 6448, SZ 15/210, JBl 1965, 591 = EvBl 1965/223, SZ 27/271, SZ 39/177) oder im Exekutionsverfahren (Heller-Berger-Stix, 394) geltend zu machen. Nur wenn der Überweisungsgläubiger ausdrücklich zustimmt, ist der Verpflichtete zur Exekutionsführung gegen den Drittschuldner zur Hereinbringung der gepfändeten und überwiesenen Forderung berechtigt (SZ 17/163). Gegen die Geltendmachung der gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Forderung im Wege eines erst nach der Überweisung zur Einziehung vom Gläubiger der gepfändeten Forderung (Verpflichteter der Forderungsexekution) beantragten Exekutionsverfahrens kann sich der Drittschuldner (als Verpflichteter des letzteren Exekutionsverfahrens) durch Einwendung im Sinne des § 35 EO zur Wehr setzen (GlUNF 2723, SZ 13/10, Heller-Berger-Stix, a.a.O.). Mit derartigen Einwendungen wird allerdings nicht ein Erlöschen oder eine Hemmung des betriebenen Anspruches geltend gemacht, sondern bloß die Hemmung der Berechtigung des Titelgläubigers zur Durchsetzung des Anspruches solange dieser einem anderen rechtswirksam zur Einziehung überwiesen ist. Maßgeblich für den Erfolg dieser Einwendungen ist somit, ob die durch die Anlaßexekution betriebene Forderung vor der Einleitung dieser Exekution gepfändet und dem Gläubiger des Titelgläubigers zur Einziehung überwiesen wurde und daß die Überweisung zur Einziehung im Zeitpunkt der Einleitung des Exekutionsverfahrens noch wirksam war. Was rechtens ist, wenn eine bereits exekutiv betriebene Forderung nachträglich gepfändet und zur Einziehung überwiesen wird, ist hier nicht zu erörtern, weil dieser Fall nicht vorliegt.
Die hier vertretene Auffassung steht nicht mit § 37 EO im Widerspruch, wie dies der Revisionswerber meint. Diese Bestimmung kann hier schon deshalb nicht angewandt werden, weil als Kläger nicht ein Dritter, sondern der Verpflichtete auftritt. Abgesehen davon, könnte der Verpflichtete – entgegen der in SZ 27/271 vertretenen Rechtsansicht, die übrigens den Fall einer nach der Exekutionsbewilligung erfolgten Überweisung betraf – sehr wohl durch die Eintreibung der gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Forderung in seinen Rechten verletzt werden, weil er im Fall der unbekämpften Exekutionsführung und Befriedigung des Titelgläubigers dem Überweisungsgläubiger gegenüber weiterhin auf Grund der Pfändung und Überweisung zur Leistung verpflichtet wäre.
Da im vorliegenden Fall feststeht, daß die Kostenforderung des Beklagten aus dem Beschluß des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 6. März 1975, GZ. U 410/74‑16, vor der Einleitung der Fahrnisexekution vom Vertreter des Klägers gepfändet und diesem zur Einziehung überwiesen wurde und letzterer Gläubiger den Beklagten zur Betreibung seiner Kostenforderung nicht ermächtigt hat, war den Einwendungen des Klägers Folge zu geben. Daß die Anlaßexekution nach den Revisionsbehauptungen zur Berichtigung einer der Forderung des Überweisungsgläubigers im Range vorgehenden Forderung des Vertreters des Beklagten, Rechtsanwalt Dr. Albert Feichtner, dienen sollte, vermag an der mangelnden Berechtigung des Beklagten zur Geltendmachung der betriebenen Forderung im Wege der Fahrnisexekution nichts zu ändern. Das Berufungsgericht hätte allerdings im Sinne der obigen Ausführungen zum Ausdruck bringen müssen, daß bloß die Berechtigung des Beklagten zur Geltendmachung des ihm aus dem Beschluß des Bezirksgerichtes Hopfgarten vom 6. März 1975, GZ. U 410/74‑16, zustehenden Anspruches – und nicht der Anspruch als solcher – gehemmt ist. Mit dieser, den berechtigten Einwendungen des Klägers entsprechenden Maßgabe war das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41 und 50 ZPO.
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