European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1925:0030OB00270.25.0416.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Der Kläger und der Beklagte errichteten zum Betriebe einer Apotheke eine offene Handelsgesellschaft. Der Kläger, ein Ausländer, brachte die Apotheke und das Warenlager, der Beklagte die Konzession ein. Der Kläger hatte sich das Eigentumsrecht an seiner Einlage vorbehalten und die Apotheke hatte bei der Auflösung der Gesellschaft an den Kläger zurückzufallen. Der Beklagte hatte sich verpflichtet, seine Konzession dem Kläger solange zur Verfügung zu stellen, bis dieser sie auf seinen Namen überschreiben lassen könne. Infolge der Gebarung des Beklagen beantragte der Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Das Gericht erster Instanz wies den Antrag ab.
G r ü n d e:
Die vorliegenden Gedächtnisprotokolle können selbst mit einer Ergänzung im Sinne des § 391 EO den Anspruch der gefährdeten Partei nicht bescheinigen. Die beantragte einstweilige Verfügung würde lediglich den erst im Wege des Verfahrens herzustellenden Erfolg des Klageanspruches vorwegnehmen. Abgesehen davon ist auch eine finanzielle Belastung eines Unternehmens an sich noch keine Gefährdung im Sinne des § 381 EO; auch kann eine solche Gefährdung nicht in der Pfändung der Apothekerkonzession erblickt werden. Dazu bedarf es bestimmter Handlungen des Gegners der gefährdeten Partei, die aber nicht behauptet werden.
Das Rekursgericht bewilligte die einstweilige Verfügung zur Sicherung der Ansprüche des Magisters B* R* auf Übergabe der Apotheke samt Warenvorräten und auf Rücklegung der Apothekerkonzession zugunsten des Magisters B* R* oder einer anderen, vom Kläger zu bezeichnenden Person, welche Ansprüche Magister B* R* auf Grund des Kaufvertrages vom 11. Juli 1921 und der Gesellschaftsverträge vom 9 Dezember 1921 sowie vom 21. November 1922 gegen den Beklagten behauptete, und zwar 1. dadurch, dass dem Beklagten verboten wurde, die der Apotheke zugrunde liegende Apothekerkonzession zugunsten einer anderen als der vom Kläger bezeichneten Person zurückzulegen oder anheimzusagen, 2. durch Verwaltung der genannten Apotheke.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse keine Folge.
G r ü n d e :
Rechtliche Beurteilung
Zu den Ausführungen des Rvisionsrekurses über die Vertragsabmachungen kann nur insoweit Stellung genommen werden, als es sich um die Bescheinigung des Anspruches handelt. Diesfalls kann nun wohl ernstlich nicht daran gezweifelt werden, dass der Vertrag, wie er im Gedenkprotokolle vom 9. Dezember 1921 festgehalten ist und als Grundlage des ganzen Geschäftes zu gelten hat, weder unerlaubt noch als gegen die guten Sitten verstoßend angesehen werden kann. Er widerstreitet aber auch nicht der Vorschrift des § 15 des Gesetzes vom 18. Dezember 1906, RGBl Nr 5 aus 1907, betreffend die Regelung des Apothekenwesens. Danach muss, wenn eine öffentliche Apotheke, die auf Grund einer Konzession betrieben wird, durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder im Erbwege auf einen anderen übergeht, dieser, falls er die Apotheke betreiben will, eine neue Konzession erwirken. Hält man nun den Betrieb der Apotheke durch eine offene Handelsgesellschaft wie bisher für zulässig, dann ist auch die Zurücklegung der Konzession zugunsten des neuen Gesellschafters, der die Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession erfüllt, rechtlich als möglich anzusehen, die vom Beklagten übernommene Verpflichtung, die Konzession entweder zugunsten des Klägers oder zugunsten einer anderen von ihm genannten Persönlichkeit zurückzulegen, als ein rechtlich relevanter und vielleicht durchzusetzender Anspruch zu behandeln. Man darf nicht vergessen, dass der Kaufvertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten bereits wirklich zustande gekommen, vom Kläger auch erfüllt worden ist, weshalb ihm von vorneherein nicht das Recht abgesprochen werden kann, auch die zur Sicherung seiner aus dem Kaufvertrag bereits erworbenen Rechte notwendigen Verfügungen zu treffen, worunter auch die Übertragung der Konzession inbegriffen sein kann, wenn sie im Prozesse ersiegt wird. Diese ihm durchaus nicht vorgreifenden Ausführungen gelten nur der Bescheinigung des Anspruches; sie können auch durch die Behauptung des Beklagten, dass auf diese Weise durch Vorschiebung eines Strohmannes die Konzession einer Wiener Apotheke erlangt werden könnte, um so weniger entkräftet werden, als ja der Beklagte selbst durch sein Vorgehen beim Kaufabschlusse und bei dem Betriebe in der Form einer offenen Handelsgesellschaft dem Kläger hilfreich zur Seite zu stehen bereit war, was die Konzession selbst anbelangt aber der Behörde jedenfalls die Ingerenz zusteht, Ungehörigkeiten entgegenzutreten. Ist aber der Anspruch als bescheinigt anzusehen, dann liegt auch die Gefährdung vor. Denn der Beklagte hätte es in der Hand, die Verwirklichung der Kaufvertragsbestimmung zu vereiteln, und er hat überdies dadurch, dass er bei den Zahlungen an die Gehaltkasse so namhafte Rückstände anwachsen ließ, auch die Verwirklichung der Ansprüche des Klägers, denen von vornherein die Berechtigung nicht abgesprochen werden kann und die ja auch die Übergabe der Warenvorräte umfassen, ernstlich gefährdet, weshalb sowohl das Verbot als auch die Verwaltung als Maßnahme der einstweiligen Verfügung mit Recht getroffen wurden. Dass der Verwaltung die Pfändung vorangehen müsse, gilt nur für die befriedigungsweise Exekution; überdies lässt § 383 EO die Durchführung der Verwaltung in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen über die Verwaltung bei befriedigungsweiser Exekution zu.
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