Normen
AktG 1965 §15
GmbHG §115
KStG 1988 §9 Abs7
SteuerreformG 2005
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RO2021150012.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Strittig ist im Revisionsverfahren, ob der von der Revisionswerberin geltend gemachten Firmenwertabschreibung nach § 9 Abs. 7 KStG 1988 eine „fremdbezogene“ Beteiligungsanschaffung zugrunde lag.
2 Die Revisionswerberin ist ‑ nach den unbestrittenen Feststellungen des Bundesfinanzgerichts ‑ eine mit Gesellschaftsvertrag vom 20. Juli 2006 von AH als Alleingesellschafter gegründete Holding GmbH. Sie erwarb mit den Kauf‑ und Abtretungsverträgen vom 4. August 2006 und 7. August 2006 sämtliche Geschäftsanteile der A GmbH, einer im Bereich der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung tätigen Gesellschaft, von deren ‑ im Ausmaß von jeweils 2,29 % bis 18,9 % unmittelbar bzw. mittelbar an der Gesellschaft beteiligten ‑ Gesellschaftern, unter denen sich auch der Bruder des AH befand, um einen Gesamtpreis von 8 Mio. €.
3 In einem nächsten Schritt war die Veräußerung und Abtretung der Anteile der revisionswerbenden Holding an die ehemaligen Gesellschafter der A GmbH („Altgesellschafter“) sowie zwei weitere natürliche Personen („Neugesellschafter“) geplant. Zur Absicherung dieser Vorgehensweise hatten AH und zwei Altgesellschafter der A GmbH bereits bei Gründung der Revisionswerberin mit Notariatsakt vom 20. Juli 2006 wechselseitige „Put‑ und Call‑Optionen“ vereinbart. Gegenstand dieses Vertrags war das Anbot des AH auf Übertragung seiner Anteile an der Revisionswerberin gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe der Stammeinlage und korrespondierend das Recht zweier Altgesellschafter der A GmbH auf Annahme dieses Angebots (inklusive Weitergabeklauseln). Gleichzeitig enthielt die Vereinbarung das Angebot dieser beiden Altgesellschafter der A GmbH, die Anteile des AH an der Revisionswerberin gegen Zahlung des genannten Kaufpreises zu übernehmen. Diese Anbote hatten jeweils Gültigkeit bis 21. Dezember 2006 und waren fix, bindend, unwiderruflich und unkündbar.
4 Am 1. August 2006 errichteten die Altgesellschafter der A GmbH sowie die beiden späteren Neugesellschafter der Revisionswerberin ‑ nicht in Notariatsaktsform ‑ eine Punktation zu einer Syndikatsvereinbarung. Alle Unterzeichner waren darüber hinaus Dienstnehmer der A GmbH. In dieser Punktation erklärten sich die Unterzeichner damit einverstanden, in den nächsten Monaten mit allen anderen Unterzeichnern einen Syndikatsvertrag abzuschließen, der im Wesentlichen die Verpflichtung zur einheitlichen Willensbildung und Stimmrechtsausübung unter anderem in der Generalversammlung der revisionswerbenden Holding beinhaltet.
5 Mit Kauf‑ und Abtretungsvertrag vom 9. Oktober 2006 trat AH ‑ in Entsprechung der vereinbarten Vorgehensweise ‑ seine Geschäftsanteile an der revisionswerbenden Holding GmbH im Ausmaß von 75 % an die Altgesellschafter der A GmbH sowie im Ausmaß von 16,67 % an zwei weitere natürliche Personen als Neugesellschafter ab. Die Käufer überwiesen AH im Oktober 2006 den jeweiligen Abtretungspreis für die Übernahme der Anteile an der Revisionswerberin in Höhe von insgesamt 55.000 €. Dieser Betrag wurde in zwei, noch im Oktober und November 2006 erfolgten, Zahlungen von AH an eine Altgesellschafterin zurücküberwiesen.
6 Den verbleibenden Anteil an der Revisionswerberin von 8,33 % behielt AH zunächst treuhändig für einen Altgesellschafter der A GmbH bis er ihn schließlich mit Kauf‑ und Abtretungsvereinbarung vom 29. April 2008 an diesen Gesellschafter abtrat. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung wurde AH kein Entgelt für die Übertragung dieses Anteils überlassen.
7 Der gesamte Ablauf der Gründung der Revisionswerberin und ihrer Übernahme der Anteile an der A GmbH war von den Altgesellschaftern der A GmbH geplant worden. AH hatte auf Inhalt und Ablauf der Vorgänge keinen Einfluss. Das Stammkapital zur Gründung der Revisionswerberin in Höhe von 60.000 € wurde AH von einer Gesellschafterin der A GmbH zur Verfügung gestellt. In die Finanzierung des Erwerbs der Anteile an der A GmbH durch die Revisionswerberin war AH nicht eingebunden. AH stellte der Revisionswerberin ein Honorar für seinen Aufwand im Zusammenhang mit der Übertragung der Anteile in Rechnung.
8 Mit Bescheid vom 17. März 2008 wurde dem Antrag der Revisionswerberin vom 21. Dezember 2007 auf Feststellung einer Gruppe gemäß § 9 Abs. 8 KStG 1988 zwischen ihr als Gruppenträgerin und der A GmbH als Gruppenmitglied stattgegeben.
9 Am 17. Dezember 2008 wurde eine ‑ die in Rn. 4 erwähnte Punktation ersetzende ‑ Syndikatsvereinbarung in Notariatsaktform abgeschlossen.
10 In den Jahren 2007 bis 2009 machte die Revisionswerberin eine jährliche Firmenwertabschreibung nach Maßgabe des § 9 Abs. 7 KStG 1988 in Höhe von 266.667 € (ein Fünfzehntel der Hälfte der Anschaffungskosten der A GmbH) geltend.
11 Im Jahr 2012 fand eine Außenprüfung unter anderem betreffend Körperschaftsteuer 2007 bis 2009 bei der Revisionswerberin statt. Der Prüfer gelangte zur Ansicht, dass die von der Revisionswerberin im Prüfungszeitraum geltend gemachte Firmenwertabschreibung im Zusammenhang mit der Anschaffung der A GmbH als inländisches Gruppenmitglied zu Unrecht erfolgt sei, weil nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Beteiligungsanschaffung von „einem“ einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter vorliege.
12 Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers, nahm die Verfahren hinsichtlich der Bescheide über die Feststellung Gruppenträger 2007 bis 2009 mit Bescheiden jeweils vom 11. Juli 2012 wieder auf, erließ am selben Tag jeweils neue Feststellungsbescheide und am 18. Juli 2012 die Körperschaftsteuerbescheide Gruppe 2007 bis 2009. Darin erkannte es die strittige Firmenwertabschreibung nicht an.
13 Mit einem gemäß § 299 BAO erlassenen Bescheid vom 18. Juli 2012 hob das Finanzamt auch den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2010 vom 25. Mai 2012 auf und erließ einen neuen Feststellungsbescheid sowie am 20. Juli 2012 den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2010, der die Firmenwertabschreibung nicht mehr berücksichtigte.
14 Mit Schriftsatz vom 7. Juli 2013 beantragte die Revisionswerberin die Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO u.a. betreffend die Bescheide jeweils vom 11. Juli 2012 und 18. Juli 2012 über die Feststellung Gruppenträger 2007 bis 2010. Die Anträge wurden vom Finanzamt mit den Bescheiden jeweils vom 16. Jänner 2014 abgewiesen. Die dagegen nach Fristverlängerungen eingebrachte Beschwerde vom 31. März 2014 wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 29. Juli 2015 abgewiesen.
15 Am 16. April 2013 hatte das Finanzamt auch einen Bescheid über die Feststellung Gruppenträger 2011 sowie einen Sachbescheid über die Körperschaftsteuer Gruppe 2011 erlassen, ohne die strittige Firmenwertabschreibung zu gewähren. Die dagegen nach Fristverlängerung erhobene Beschwerde vom 3. Juni 2013 wies das Finanzamt mit einer weiteren Beschwerdevorentscheidung ebenfalls vom 29. Juli 2015 ab.
16 Am 26. August 2015 beantragte die Revisionswerberin die Vorlage ihrer Beschwerden vom 3. Juni 2013 und 31. März 2014 an das Bundesfinanzgericht.
17 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der Revisionswerberin vom 31. März 2014 gegen die den Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO betreffend Feststellung Gruppenträger 2007 bis 2010 abweisenden Bescheide jeweils vom 16. Jänner 2014 sowie die Beschwerde vom 3. Juni 2013 gegen den Feststellungsbescheid Gruppenträger 2011 und den Sachbescheid Körperschaftsteuer 2011 jeweils vom 16. April 2013 als unbegründet ab.
18 In Ergänzung zu dem eingangs wiedergegebenen, im Revisionsverfahren unstrittigen Sachverhalt ging das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus den im Einklang mit dem Geschehensablauf stehenden Angaben des Zeugen AH ‑ er sei im Zuge der Gründung der Revisionswerberin gebeten worden, „die Anteile im eigenen Namen zu halten aber mit Treuhandcharakter (eine schriftliche Treuhandvereinbarung gab es nicht)“ ‑ vom Vorliegen einer Treuhandschaft zwischen den Altgesellschaftern der A GmbH und AH, dem Bruder eines Altgesellschafters, aus. Dies werde auch dadurch unterstrichen, dass AH nicht versucht habe, Veräußerungsgewinne zu erzielen, sondern sein Honorar im Zusammenhang mit der Übertragung der Anteile an der Revisionswerberin an diese verrechnet habe. Darüber hinaus lasse sich der Ablauf von der Gründung der Revisionswerberin bis zu ihrer Übernahme der Anteile an der A GmbH und die seitens der Gesellschafter zum Ausdruck gebrachte Absicht, einheitliche Beteiligungsverhältnisse und die „Verbilligung“ von Gesellschaftsanteilen, insbesondere im Hinblick auf die Hereinnahme zukünftiger Partner herzustellen und den länger beteiligten Altgesellschaftern die stillen Reserven in ihren Anteilen abzugelten, nicht mit der Behauptung vereinbaren, diese Altgesellschafter hätten keinen beherrschenden Einfluss auf die Revisionswerberin vor und seit ihrer Gründung gehabt. Die erfolgreiche Umsetzung einer solchen Absicht setze nämlich einen bestimmenden Einfluss auf alle beteiligten Gesellschaften voraus. Bekräftigt werde dies auch durch den Umstand, dass die Stammeinlage der Revisionswerberin durch eine Altgesellschafterin der A GmbH AH zur Verfügung gestellt worden sei. Dass die Altgesellschafter ihre Anteile ohne entsprechenden Einfluss auf die Revisionswerberin aufgegeben hätten, sei nicht glaubhaft. Im Übrigen würden auch die wechselseitigen Zahlungsflüsse, etwa in Bezug auf die Zahlungen und Rückzahlungen im Zusammenhang mit der Abtretung der Gesellschaftsanteile an der Revisionswerberin belegen, dass eine wirtschaftliche Zuordnung der Anteile an der Revisionswerberin an AH niemals beabsichtigt gewesen sei oder tatsächlich vorgelegen habe.
19 In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Bundesfinanzgericht zunächst davon aus, die Revisionswerberin und die A GmbH seien im Zeitpunkt der Beteiligungsanschaffung durch die Revisionswerberin zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst gewesen und es habe daher eine konzernhafte Verbindung zwischen diesen Gesellschaften vorgelegen. Nicht entscheidend sei, ob der konzernhaften Verknüpfung schriftliche Vereinbarungen zugrunde lagen. Ein Konzern könne auf vertraglicher Grundlage oder auf faktischem Zusammenschluss beruhen. Aufgrund der ‑ unter Berücksichtigung der treuhändischen Haltung der Anteile an der Revisionswerberin ‑ vorliegenden weitgehenden Personenidentität der beteiligten Gesellschafter und der von den Gesellschaftern der A GmbH geplanten und durchgeführten Vorgehensweise, auf die AH keinen Einfluss habe nehmen können, schloss das Bundesfinanzgericht auf eine koordinierte Willensbildung und damit auf einen faktischen Zusammenschluss zwischen den Gesellschaften und den Gesellschaftern. Eine wie in der vorliegenden Konstellation durchgeführte Abwicklung lasse sich nur erklären und herstellen, wenn zwischen sämtlichen Personen eine einheitliche Vorgehensweise akkordiert sei. Da somit die Anteile an der A GmbH unmittelbar von einem konzernzugehörigen „Unternehmen“ (nämlich dem jeweiligen unternehmerischen Gesellschafter) angeschafft worden seien, liege keine fremdbezogene Beteiligungsanschaffung vor, sodass eine Abschreibung des Firmenwerts ausscheide.
20 In einer näher ausgeführten Alternativbegründung bejahte das Bundesfinanzgericht auch noch die Anwendungsvoraussetzungen für den weiteren in § 9 Abs. 7 KStG 1988 verankerten Ausschlusstatbestand („Anschaffung von einem unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter“).
21 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, weil Judikatur zur „Auslegung des Konzernbegriffs des § 9 Abs. 7 KStG 1988 auf natürliche Personen sowie zur Anschaffung von einem beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter“ fehle.
22 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, die unter dem Gesichtspunkt des Art. 133 Abs. 4 B‑VG u.a. vorbringt, es fehle Judikatur zum Vorliegen des Erwerbs von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter iSd § 9 Abs. 7 KStG 1988 im Kontext von Gesellschaften, an denen zehn nicht miteinander familiär verbundene Gesellschafter jeweils mit Minderheitsanteilen beteiligt seien.
23 Das Finanzamt erstattete eine näher begründete Revisionsbeantwortung.
24 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
25 Die Revision ist ‑ wie die nachstehenden Ausführungen zeigen ‑ zulässig, aber nicht begründet.
26 Gemäß § 9 Abs. 7 KStG 1988 idF vor dem AbgÄG 2014 war im Falle der Anschaffung einer Beteiligung durch ein Gruppenmitglied bzw. den Gruppenträger, ausgenommen unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter, ab Zugehörigkeit dieser Körperschaft zur Unternehmensgruppe beim unmittelbar beteiligten Gruppenmitglied bzw. Gruppenträger eine Firmenwertabschreibung in einer dort näher beschriebenen Weise vorzunehmen.
27 Strittig ist, ob der Revisionswerberin für die durch die Kauf‑ und Abtretungsabtretungsverträge vom 4. August 2006 und 7. August 2006 erfolgte Anschaffung der Geschäftsanteile der A GmbH eine Firmenwertabschreibung nach § 9 Abs. 7 KStG 1988 zusteht oder ob die Beteiligungsanschaffung einen in dieser Norm genannten Ausschlusstatbestand erfüllt.
28 Die Firmenwertabschreibung im Sinne des § 9 Abs. 7 KStG 1988 wurde mit dem Steuerreformgesetz 2005 eingeführt, um den Wirtschaftsstandort Österreich zu attraktivieren. § 9 Abs. 7 KStG 1988 enthielt von Anfang an eine „Konzernschranke“, um Gestaltungen im Konzern oder innerhalb der Unternehmensgruppe hintanzuhalten (vgl. VwGH 6.7.2020, Ro 2019/13/0018).
29 So steht eine Firmenwertabschreibung nach § 9 Abs. 7 zweiter Satz KStG 1988, in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2005, nicht zu, wenn die Beteiligungsanschaffung „unmittelbar oder mittelbar von einem konzernzugehörigen Unternehmen bzw. unmittelbar oder mittelbar von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter“ erfolgt ist. Nur „fremdbezogene“ Beteiligungsanschaffungen sollen Anlass für eine Firmenwertabschreibung geben (vgl. VwGH 31.1.2018, Ro 2016/15/0020, unter Hinweis auf die ErlRV 451 BlgNr. 22. GP 26).
30 Ein „schädlicher“ Konzernerwerb im Sinne des § 9 Abs. 7 KStG 1988 liegt somit nur dann vor, wenn zum Zeitpunkt der Anschaffung der Beteiligung bereits ein Konzernverhältnis zwischen veräußernder und erwerbender Gesellschaft bestand oder Käufer und Verkäufer zu diesem Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar von demselben Gesellschafter beherrscht wurden (vgl. neuerlich VwGH 6.7.2020, Ro 2019/13/0018).
31 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits klargestellt, dass für die Auslegung des Konzernbegriffs in § 9 Abs. 7 KStG 1988 ‑ mangels spezialrechtlicher Definition ‑ auf den gesellschaftsrechtlichen Konzernbegriff des § 15 AktG bzw. § 115 GmbHG abzustellen ist (vgl. neuerlich VwGH 31.1.2018, Ro 2016/15/0020, mwN).
32 § 15 AktG und § 115 GmbHG formulieren gleichlautend:
„(1) Sind rechtlich selbständige Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt, so bilden sie einen Konzern; die einzelnen Unternehmen sind Konzernunternehmen.
(2) Steht ein rechtlich selbständiges Unternehmen auf Grund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluß eines anderen Unternehmens, so gelten das herrschende und das abhängige Unternehmen zusammen als Konzern und einzeln als Konzernunternehmen.“
33 Für die Annahme einer (tatsächlich wahrgenommenen) „einheitlichen Leitung“ iSd § 15 AktG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Mindesterfordernis, dass eine sich „auf Grundsätzliches beschränkende Koordinierung in den wichtigsten Fragen der Unternehmenspolitik“ vorhanden ist. Als Mittel der einheitlichen Leitung kommen vor allem Beteiligungen, die nicht Mehrheitsbeteiligungen zu sein brauchen, personelle Verflechtungen, maßgebende Finanzierungen und vertragliche Beziehungen in Betracht (vgl. neuerlich VwGH 31.1.2018, Ro 2016/15/0020, mwN). Die einheitliche Leitung eines Konzerns kann sowohl auf rechtlichen als auch auf rein faktischen Gegebenheiten beruhen (vgl. VwGH 28.10.2009, 2008/15/0049; siehe auch VwGH 18.12.1996, 94/15/0162).
34 Ein Konzern kann auch vorliegen, wenn kein Mutterunternehmen besteht, von dem die einheitliche Leitung ausgeht. Für einen Gleichordnungskonzern ist typisch, dass die Leitung nicht von einem „herrschenden Unternehmen“ besorgt wird, sondern von einer anderen Stelle als Konzernspitze, sodass keines der Konzernunternehmen von einem anderen Konzernunternehmen abhängig ist (vgl. neuerlich VwGH 31.1.2018, Ro 2016/15/0020, mwN). Auch natürliche Personen können rechtlich selbständige Unternehmen durch ihre Leitungstätigkeit zu einem Konzern verbinden (vgl. zum Konzernbegriff des § 15 AktG iZm dem Ausschluss des Investitionsfreibetrags nach § 10 Abs. 5 EStG 1988 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 101/2006 neuerlich VwGH 18.12.1996, 94/15/0162; 28.10.2009, 2008/15/0049).
35 Nach den ‑ in der Revision unbestritten gebliebenen ‑ Feststellungen des Bundesfinanzgerichts war AH trotz seiner Stellung als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der revisionswerbenden Holding GmbH faktisch weder in deren Gründung noch in die Planung und den Ablauf der Anteilsübernahmen maßgeblich eingebunden noch konnte er darauf Einfluss nehmen. Sämtliche diesbezügliche Entscheidungen wurden durch eine koordinierte Vorgehensweise der Altgesellschafter der A GmbH getroffen, finanziert und umgesetzt. Sogar die Aufnahme des Kredites in Höhe von 6,9 Mio. € zur Finanzierung des Kaufpreises für den Erwerb der Anteile an der A GmbH durch die Revisionswerberin erfolgte ohne Einbindung des AH. Den ihm bezahlten Kaufpreis für seine Anteile an der Revisionswerberin überwies AH nur wenige Wochen nach Zahlungseingang an eine Altgesellschafterin zurück und stellte stattdessen der Revisionswerberin ein Honorar für seinen Aufwand in Zusammenhang mit der Gründung der Revisionswerberin und den Anteilsabtretungen in Rechnung.
36 Diese faktisch koordinierte Vorgehensweise in Zusammenhang mit den Beteiligungsanschaffungen war auch in rechtlicher Hinsicht, einerseits durch eine Treuhandvereinbarung und andererseits durch die Put‑ und Call‑Optionen vom 20. Juli 2006, abgesichert. Zum Vorliegen eines ‑ wie hier vom Bundesfinanzgericht angenommenen ‑ bloß treuhändigen Erwerbs von Beteiligungen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass in einer derartigen Konstellation nicht von einer fremdbezogenen Anschaffung ausgegangen werden könne (vgl. VwGH 3.9.2019, Ra 2018/15/0052, mwN).
37 In diesem Zusammenhang wendet sich die Revision unter Hinweis auf das Nichtvorliegen einer entsprechenden schriftlichen Vereinbarung gegen die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts zum Bestehen eines Treuhandverhältnisses. Die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts unterliegt der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes aber nur insoweit, als das Ausreichen der Sachverhaltsermittlungen und die Übereinstimmung der Überlegungen zur Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu prüfen ist (vgl. z.B. VwGH 5.3.2020, Ra 2019/15/0159).
38 Dem Bundesfinanzgericht ist nicht entgegenzutreten, wenn es unter Würdigung aller Umstände zum Schluss gekommen ist, dass bereits bei Gründung der Revisionswerberin eine (nicht schriftliche) Treuhandvereinbarung zwischen den Altgesellschaftern der A GmbH und AH bestanden hat. Es hat sich dabei insbesondere auf die Aussage des Zeugen AH, er sei im Zuge der Gründung der Revisionswerberin gebeten worden, die Anteile im eigenen Namen zu halten, „aber mit Treuhandcharakter“, und die damit in Einklang stehenden, im Revisionsverfahren unbestrittenen Umstände gestützt, dass AH keinen Einfluss auf die Planung und Umsetzung der Anteilsübernahmen nehmen konnte, er den Abtretungspreis für seine Anteile an der Revisionswerberin an eine Altgesellschafterin zurückbezahlt und stattdessen sein Honorar nach Aufwand an die Revisionswerberin verrechnet hat. Die in der Revision ins Treffen geführte fehlende Schriftlichkeit zeigt ‑ insbesondere auch unter Berücksichtigung des zeitlichen Ablaufs der Gründung der Revisionswerberin und den darauf folgenden Anteilsübertragungen ‑ keinen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler in der Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts zum Vorliegen einer (nicht schriftlichen) Treuhandvereinbarung auf. Dass Schriftlichkeit in rechtlicher Hinsicht für ein formgültiges Zustandekommen der Treuhandvereinbarung im gegenständlichen Fall erforderlich gewesen wäre, wird in der Revision nicht ins Treffen geführt.
39 Zusätzlich zur Treuhandvereinbarung wurde die gegenständliche Vorgehensweise weiters durch die zwischen zwei Altgesellschaftern und AH bereits bei Gründung der Revisionswerberin am 20. Juli 2006 in Notariatsaktsform errichteten ‑ bis 21. Dezember 2006 bindenden, unwiderruflichen und unkündbaren ‑ wechselseitigen Put‑ und Call‑Optionen rechtlich abgesichert. Diese Vereinbarung enthielt ein Anbot des AH auf Übertragung seiner Anteile an der Revisionswerberin gegen Zahlung eines Entgelts in Höhe der Stammeinlage und das Recht zweier Altgesellschafter der A GmbH auf Annahme dieses Angebots (inklusive Weitergabeklauseln). Gleichzeitig beinhaltete die Vereinbarung ein Anbot dieser beiden Altgesellschafter der A GmbH, die Anteile des AH an der Revisionswerberin gegen das genannte Entgelt zu übernehmen.
40 Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, dass das Bundesfinanzgericht im Zeitpunkt der Beteiligungsanschaffungen durch die Revisionswerberin aufgrund des tatsächlichen Zusammenspiels rechtlicher und faktischer Elemente eine einheitliche Leitung iSd § 15 AktG und folglich das Vorliegen eines Konzernverhältnisses zwischen den Altgesellschaftern der A GmbH und der Revisionswerberin bejaht hat. Besteht ein Konzernverhältnis zwischen Verkäuferin und Käuferin, greift die Einschränkung der zulässigen Firmenwertabschreibung nach § 9 Abs. 7 KStG 1988, wie das Bundesfinanzgericht zu Recht angenommen hat.
41 Auf die weiteren Einwendungen der Revisionswerberin, die sich gegen das Vorliegen eines Erwerbs von einem einen beherrschenden Einfluss ausübenden Gesellschafter richten, braucht bei diesem Ergebnis nicht weiter eingegangen werden, weil die diesbezüglichen Ausführungen des Bundesfinanzgerichts lediglich eine Alternativbegründung des angefochtenen Erkenntnisses darstellen und bereits die Ausführungen zum Konzernausschlusstatbestand die Entscheidung tragen.
42 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
43 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 26. Juni 2024
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