Normen
EpidemieG 1950 §15
EpidemieG 1950 §20
EpidemieG 1950 §32 Abs1
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z5
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021030019.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Betreiberin eines Unternehmens mit dem Unternehmensgegenstand Verwaltung des Stadions G und Organisation bzw. Abhaltung von Sportveranstaltungen.
2 Mit Verordnung vom 11. März 2020, kundgemacht und in Kraft getreten am selben Tag, ordnete die belangte Behörde gestützt auf § 15 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) ein Veranstaltungsverbot für sämtliche Veranstaltungen mit voraussichtlich mehr als 100 Personen in einem geschlossenen Raum oder mit voraussichtlich mehr als 500 Personen außerhalb geschlossener Räume oder im Freien befristet bis 3. April 2020 an.
3 Mit Schriftsatz vom 27. April 2020 beantragte die Revisionswerberin daraufhin bei der belangten Behörde eine Vergütung für Verdienstentgang gemäß § 32 EpiG in näher bezeichneter Höhe. Das Veranstaltungsverbot der belangten Behörde habe für die Revisionswerberin eine Schließung ihres Betriebes bedeutet. Solcherart gebühre ihr eine Vergütung für den Verdienstentgang, welcher dadurch entstanden sei, dass aufgrund des Veranstaltungsverbots näher umschriebene Veranstaltungen abgesagt worden seien.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht diesen Antrag ‑ in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides der belangten Behörde ‑ als unbegründet ab und erklärte die Revision für zulässig.
5 Zur Begründung verwies es unter anderem darauf, dass nach dem klaren Wortlaut des § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG ein Entschädigungsanspruch nur dann bestehe, wenn das betroffene Unternehmen gemäß § 20 EpiG in seinem Betrieb beschränkt oder gesperrt worden sei. Diese Voraussetzungen seien im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Die Revisionswerberin leite ihren Anspruch auf Verdienstentgang aus der Verordnung der belangten Behörde vom 11. März 2020 ab, mit der ein Veranstaltungsverbot gestützt auf § 15 EpiG erlassen worden sei. Dass dadurch die betrieblichen Tätigkeiten der Revisionswerberin beeinträchtigt worden seien, möge zutreffen. Jedoch rechtfertige diese mittelbare Wirkung nicht „die materielle Extendierung der Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 11.03.2020 auf den Anwendungsbereich des § 20 EpiG.“ Zusammenfassend sei aufgrund der klaren höchstgerichtlichen Judikatur festzuhalten, dass kein Anspruch der Revisionswerberin auf Vergütung für Verdienstentgang gemäß § 32 EpiG bestehe.
6 Zur Zulässigkeit der Revision führte das Verwaltungsgericht aus, dass gegenständlich eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG vorliege, „insbesondere weil es bisher keine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Veranstaltungsverboten nach § 15 EpiG iVm geltend gemachten Entschädigungsansprüchen“ gebe.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, die zur Zulässigkeit auf den Zulassungsausspruch des Verwaltungsgerichts verweist und ergänzt, verfahrensgegenständlich gehe es ausschließlich um die Frage, ob der Revisionswerberin, wie von ihr beantragt, eine Entschädigung gemäß § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG gebühre, weil ihr Betrieb mit der Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 11. März 2020 bis 3. April 2020 geschlossen bzw. eingeschränkt worden sei.
8 Die belangte Behörde verzichtete im Vorverfahren über diese Revision auf die Erstattung einer Revisionsbeantwortung.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Wird in der Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichts das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht dargestellt und auch vom Revisionswerber nicht (gesondert) dargelegt, dass die Entscheidung der Revision von der Beantwortung einer (anderen als der vom Verwaltungsgericht angesprochenen) Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt, so ist auch eine ordentliche Revision zurückzuweisen (vgl. nur etwa VwGH 20.12.2021, Ro 2021/03/0012, mwN).
13 Ein solcher Fall liegt hier vor:
14 Das Verwaltungsgericht hat insofern zutreffend ausgeführt, dass § 32 Abs. 1 EpiG nach seinem eindeutigen Wortlaut keinen Anspruch auf Vergütung für ein von einem Veranstaltungsverbot mittelbar betroffenes Unternehmen (wie hier die Revisionswerberin) begründet.
15 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach klargestellt, dass ein Anspruch auf Vergütung für den Verdienstentgang nach § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG ‑ ausgehend vom klaren Wortlaut dieser Norm ‑ eine Betriebsbeschränkung oder ‑schließung gemäß § 20 EpiG voraussetzt, und demgemäß eine Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG auf mittelbare Beeinträchtigungen eines Unternehmens durch ein Veranstaltungsverbot gemäß § 15 EpiG ablehnt (vgl. VwGH 29.11.2021, Ro 2021/03/0011, mwN). Auf dieser Basis ist auch der vorliegende Revisionsfall zu lösen.
16 An dieser Beurteilung ändert ‑ entgegen der von der Revisionswerberin in ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 2. Februar 2022 unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 15. Dezember 2021, E 3754/2021‑9, vertretenen (nicht näher begründeten) Auffassung ‑ der Umstand nichts, dass die Schließung von Verkehrsanstalten (wie Seilbahnen) nach § 26 iVm § 20 EpiG einen Verdienstentgangsanspruch nach § 32 EpiG begründen kann: Die Sonderregelung des § 26 EpiG, die selbst nicht die auf ihrer Grundlage zu ergreifenden Maßnahmen determiniert, ermächtigt iVm § 20 EpiG die Bezirksverwaltungsbehörde zu Betriebsschließungen und Betriebsbeschränkungen und damit zu Eingriffen iSd § 20 iVm § 26 EpiG, die einer Vergütung nach § 32 Abs. 1 EpiG zugänglich sind, während ein ‑ im Revisionsfall in Rede stehendes ‑ Veranstaltungsverbot nach § 15 EpiG bloß mittelbare Auswirkungen auf davon Betroffene zeitigt.
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 9. Februar 2022
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