VwGH Ra 2020/06/0149

VwGHRa 2020/06/01494.5.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache 1. des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Hallein und 2. der Stadtgemeinde Hallein, beide vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 8. Juni 2020, 405‑3/707/1/2‑2020, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (weitere Partei: Salzburger Landesregierung; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hallein; mitbeteiligte Partei: b GmbH, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art132 Abs4
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs8
GdO Slbg 2019 §44 Abs1 Z8
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020060149.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B‑VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B‑VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Bescheid vom 4. Mai 2020 erteilte die vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg belangte Behörde der Mitbeteiligten die Baubewilligung für die Adaptierung der auf dem GSt. Nr. X, KG O, bestehenden ehemaligen MDF‑Produktions‑ und Lagerhallen zwecks Einrichtung und Errichtung näher angeführter Maßnahmen unter Vorschreibung von Auflagen.

5 Dagegen wurde am 25. Mai 2020 die vom Bürgermeister der Stadtgemeinde Hallein unterfertigte „Amtsbeschwerde“ erhoben, die mit dem in Revision gezogenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg als unzulässig zurückgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

6 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht aus, dass ausdrücklich der Bürgermeister der Stadtgemeinde Hallein Beschwerde erhoben habe. Nach § 7 Abs. 1 Z 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997 (BauPolG) sei aber nicht der Bürgermeister, sondern die (Stadt‑) Gemeinde beschwerdelegitimiert. Mangels Parteistellung bzw. mangels Beschwerdelegitimation sei die Beschwerde des Bürgermeisters somit als unzulässig zurückzuweisen.

7 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, der angefochtene Beschluss des Landesverwaltungsgerichts berücksichtige die Regelung des § 44 Abs. 1 Z 8 der Salzburger Gemeindeordnung 2019, LGBl Nr. 9/2020 (GdO) nicht, wonach dem Bürgermeister die Wahrnehmung der Parteienrechte der Gemeinde eingeräumt würden. Es sei insbesondere zu klären, ob die Verpflichtung und Zuständigkeit des Bürgermeisters die Rechte der Gemeinde als Partei wahrzunehmen auch die Erhebung eines Rechtsmittels miteinschließe und mit welcher rechtlichen Konsequenz die Wahrnehmung der Parteienrechte der Gemeinde durch den Bürgermeister bei einer vom Bürgermeister erhobenen Beschwerde in die Frage der Zurechenbarkeit dieser Beschwerde zur Parteistellung genießenden Gemeinde miteinzufließen habe. Die vom Bürgermeister eingebrachte Beschwerde sei im Lichte des § 44 Abs. 1 Z 8 GdO als Beschwerde der Stadtgemeinde zu werten.

8 Vorauszuschicken ist, dass ‑ wie auch die Revision richtig ausführt ‑ im Falle der Übertragung des Vollzugs von baurechtlichen Angelegenheiten an staatliche Behörden der Gemeinde in den von diesen Behörden durchgeführten Baubewilligungsverfahren Parteistellung (als Amtspartei) sowie Rechtsmittellegitimation gemäß Art 132 Abs. 4 B‑VG (Amtsbeschwerde an das Landesverwaltungsgericht) und Art 133 Abs. 8 B‑VG (Amtsrevision an den Verwaltungsgerichtshof) zukommt (vgl. Giese, Salzburger Baurecht², § 7 BauPolG, Rn 30). Dem Bürgermeister obliegt nach § 44 Abs. 1 Z 8 GdO die Wahrnehmung der Rechte der Gemeinde als Partei in allen öffentlich‑ und zivilrechtlichen Verfahren.

9 Die Beurteilung des Inhalts einer Beschwerde ist immer eine Frage der Auslegung im Einzelfall. Eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG liegt zum Beispiel nur dann vor, wenn die Auslegung einer Parteierklärung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden ist (VwGH 18.8.2020, Ra 2020/16/0119, mwN). War die Deutung des Beschwerdeinhalts durch das Landesverwaltungsgericht zumindest vertretbar, steht dies der Zulässigkeit der Revision jedenfalls entgegen.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 25.4.2006, 2002/06/0210, ausgesprochen, dass eine Beschwerde des Bürgermeisters nicht als Organhandlung gewertet werden könne, die dem Rechtsträger Gemeinde zuzurechnen wäre, wenn aus dieser nicht hervorgehe, dass der Bürgermeister bei deren Erhebung als Vertreter dieser Gemeinde aufgetreten sei und ein Hinweis auf einen Beschluss des Gemeindevorstandes zur Erhebung der Beschwerde weder der Beschwerde noch den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens zu entnehmen sei. In einem solchen Fall sei eine beim Verwaltungsgerichtshof vom Bürgermeister erhobene Beschwerde nicht der Gemeinde zuzurechnen und daher als unzulässig zurückzuweisen.

11 Im Hinblick darauf ist die vom Landesverwaltungsgericht vorgenommene Auslegung der vorliegenden Beschwerde nicht unvertretbar, weil der Bürgermeister die Beschwerde im eigenen Namen erhob, die Beschwerdeausführungen stets in seinem Namen erfolgten, er wiederholt auf seine Sicht der Dinge verwies und als Bürgermeister der Stadtgemeinde Hallein unterschrieb, ohne anzuführen, er handle in Wahrnehmung der Rechte bzw. in Vertretung der Stadtgemeinde Hallein.

12 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

13 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage der Revisionslegitimation der Zweitrevisionswerberin.

14 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. Mai 2022

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