VwGH Ra 2021/09/0020

VwGHRa 2021/09/002013.4.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision der A GmbH in B, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Frauengasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 30. November 2020, LVwG‑751079/2/KLi/SW, betreffend Abweisung eines Antrags auf Vergütung von Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz 1950 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz‑Land), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
COVID-19-MaßnahmenG Betretungsverbot 2020 idF 2020/II/107
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §1
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §2 Z1
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §4 Abs3
EpidemieG 1950 §20
EpidemieG 1950 §24
EpidemieG 1950 §32
EpidemieG 1950 §32 Abs1
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z5
EpidemieG 1950 §32 Abs1 Z7
EpidemieG 1950 §43 Abs4a
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090020.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Antrag vom 10. Juni 2020 begehrte die Revisionswerberin ‑ die Betreiberin einer Rehabilitationsklinik ‑ gestützt auf § 32 Epidemiegesetz 1950 (EpiG) Vergütung für den ihr im Zeitraum vom 19. März bis 17. Mai 2020 eingetretenen Verdienstentgang, weil ihre Klinik nach § 3 der mit 20. März 2020 in Kraft getretenen Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 idF BGBl. II Nr. 107/2020 bis zu deren Aufhebung mit 30. April 2020, mit Verordnung BGBl. II Nr. 148/2020, habe geschlossen gehalten werden müssen. Der über den Zeitraum des Betretungsverbots hinausgehende Zeitraum ergebe sich aus dem Erfordernis den Klinikbetrieb hinunter‑ bzw. wieder hochzufahren.

2 Mit Bescheid vom 7. Oktober 2020 wies die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG ab.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht begründend zusammengefasst aus, dass von Seiten der belangten Behörde gegen die Revisionswerberin keine Maßnahme nach § 20 EpiG gesetzt worden sei. Die sogenannte „Betriebsschließung“ beruhe hier auf § 3 Z 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020, in der Fassung BGBl. II Nr. 107/2020, die auf Basis von § 2 Z 1 COVID‑19‑Maßnahmengesetz (COVID‑19‑MG) erlassen worden sei. Einen Anspruch auf eine Vergütung des Verdienstentgangs nach § 32 Abs. 1 Z 5 iVm § 20 EpiG begründe dies nicht.

5 § 4 ‑ bzw. nunmehr § 12 ‑ Abs. 3 COVID‑19‑MG normiere zwar, dass die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 unberührt blieben. Dadurch werde jedoch bloß festgehalten, dass das COVID‑19‑Maßnahmengesetz dem Epidemiegesetz 1950 nicht materiell derogiere. Der Umstand, dass die Verordnung BGBl. II Nr. 98/2020 nicht aufgrund § 1 ‑ bzw. nunmehr § 3 ‑ COVID-19-MG erlassen worden sei, sodass es sich nicht um eine Verordnung handle, wonach gemäß § 4 ‑ bzw. nunmehr § 12 ‑ Abs. 2 COVID‑19‑MG die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 betreffend die Schließung von Betriebsstätten im Rahmen des Anwendungsbereichs einer solchen Verordnung nicht zur Anwendung gelangten, ändere nichts daran, dass gegen die Revisionswerberin keine Maßnahme nach § 20 EpiG gesetzt worden sei.

6 Auch Verkehrsbeschränkungen nach § 24 EpiG seien nicht vorgelegen. Ein Anspruch auf Refundierung im Sinn des § 32 Abs. 1 Z 7 EpiG bestehe im konkreten Fall daher auch nicht zu Recht.

7 Ein Entschädigungsanspruch gemäß § 32 EpiG sei somit deshalb zu verneinen, weil die Revisionswerberin keinen der in § 32 Abs. 1 EpiG taxativ gelisteten Sachverhalte verwirkliche.

8 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit der klaren und eindeutigen sowie durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juli 2020, G 202/2020, V 408/2020, u.a., klargestellten Rechtslage.

9 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision im Wesentlichen vor, dass die Rechtslage hier keinesfalls klar und eindeutig sei. Aufgrund der unklaren Regelung des COVID‑19‑Maßnahmengesetzes, insbesondere dessen § 4, sowie den ausdrücklich auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen, stelle sich die Rechtsfrage, ob die einzelnen Verordnungen (auch) als Verordnungen nach dem Epidemiegesetz 1950 zu qualifizieren und daher die darin festgelegten Bestimmungen für die Vergütung für den Verdienstentgang anzuwenden seien. Eine Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu auf Grundlage des § 2 COVID‑19‑MG erlassenen Verordnungen liege ebenfalls noch nicht vor. Dessen Erkenntnis vom 14. Juli 2020, G 202/2020, betreffe nämlich eine Verordnung nach § 1 COVID‑19‑MG, und damit eine völlig andere Rechtslage.

12 Mit diesem Vorbringen wird eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht aufgezeigt:

13 Zwar ist der Revisionswerberin insoweit zuzustimmen, dass das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juli 2020, G 202/2020, V 408/2020, u.a., zu der auf § 1 COVID‑19‑MG gestützten Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz BGBl. II Nr. 96/2020 erging.

14 Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Revision schon wegen des insoweit klaren Wortlauts des § 32 EpiG unzulässig ist (siehe dazu etwa bereits VwGH 11.3.2021, Ra 2020/09/0078; Ra 2021/09/0011). So stützte die Revisionswerberin ihren Anspruch ausdrücklich auf § 32 EpiG. Unstrittig lag jedoch weder eine Maßnahme nach § 20 EpiG noch eine solche nach § 24 EpiG vor.

15 Die in der Revision in diesem Zusammenhang erwähnte Bestimmung des § 32 Abs. 1 Z 5 EpiG stellt schon nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut auf einen nach § 20 EpiG eingeschränkten oder gesperrten Betrieb ab. Eine solche Betriebsbeschränkung liegt auch nach dem Zulässigkeitsvorbringen im hier zu beurteilenden Fall nicht vor, erfolgten die Einschränkungen doch durch die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID‑19‑Maßnahmengesetzes, BGBl. II Nr. 98/2020, in der Fassung BGBl. II Nr. 107/2020. Auch eine von § 32 Abs. 1 Z 7 EpiG vorausgesetzte Verkehrsbeschränkung nach § 24 EpiG lag nicht vor (siehe VfGH 10.12.2020, V 535/2020, zum Ausschluss der Umdeutung einer auf § 2 COVID‑19‑MG gestützten Verordnung in eine solche nach dem Epidemiegesetz 1950 bei Fehlen einer Verordnungsermächtigung in § 43 Abs. 4a EpiG, die dem für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister ‑ erst ‑ mit 15. Mai 2020 eingeräumt wurde). Auch § 4 Abs. 3 COVID‑19‑MG, wonach die Bestimmungen des Epidemiegesetzes 1950 „unberührt“ bleiben, ändert weder die Voraussetzungen für die Erlassung von Verfügungen nach dem Epidemiegesetz 1950 noch jene für den Ersatz von Verdienstentgang nach § 32 Abs. 1 EpiG (vgl. dazu das die Rechtslage überdies bereits klarstellende Erkenntnis VwGH 24.2.2021, Ra 2013/03/0018, Rn 32).

16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

Wien, am 13. April 2021

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