Normen
GebG 1957 §14 TP6 Abs1
GebG 1957 §14 TP6 Abs5 Z10
MeldeG 1991 §18 Abs2 idF 1994/505
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020160160.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revision, dem angeschlossenen angefochtenen Erkenntnis und den vorgelegten Akten des Verfahrens ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
2 Der Mitbeteiligte, ein im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl tätiger Bediensteter, trug bei seiner Dienstbehörde auf einem Vordruck über eine Auskunftssperre nach § 18 Abs. 2 MeldeG, welches in Tabellenform die Spalten „Name“, „Wohnadresse“ und „Unterschrift“ enthielt, in der seinen Namen in gedruckter Form aufweisenden Zeile handschriftlich seine Wohnanschrift ein und brachte in der entsprechenden Spalte seine Unterschrift an.
3 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion K, übermittelte mit E‑Mail vom 19. Mai 2016 unter dem Betreff „Antrag Auskunftssperre“ den offensichtlich eingescannten Vordruck der Wohnsitzgemeinde des Mitbeteiligten.
4 Der Bürgermeister der Wohnsitzgemeinde des Mitbeteiligten erließ einen dem Mitbeteiligten und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion K, zugestellten Bescheid mit folgendem Spruch:
„Bescheid
Über Antrag des [Mitbeteiligten] vom 19.05.2016 ergeht folgender
Spruch
Der Bürgermeister der [Wohnsitzgemeinde des Mitbeteiligten] verfügt über [Mitbeteiligten] eine Auskunftssperre im zentralen Melderegister (ZMR und LMR) für die Dauer von zwei Jahren.
Rechtsgrundlage: § 18 Abs. 2 Meldegesetz 1991 ‑ MeldeG, BGBl. Nr. 9/1992, zuletzt geändert mit dem Gesetz BGBl. I Nr. 52/2015.“
5 Mit Schreiben vom 6. Dezember 2016 forderte der Bürgermeister der [Wohnsitzgemeinde des Mitbeteiligten] den Mitbeteiligten auf, u.a. die Eingabegebühr nach § 14 TP 6 GebG von 14,30 € binnen zwei Wochen zu überweisen.
6 Mit Bescheid vom 27. März 2017 setzte das damalige Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel gegenüber dem Mitbeteiligten eine Eingabegebühr gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG für einen „Antrag auf Erteilung einer Auskunftssperre“ in Höhe von 14,30 € und eine Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von 7,15 € fest.
7 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte mit Schriftsatz vom 24. April 2017 Beschwerde mit dem Antrag, den bekämpften Bescheid aufzuheben. Er brachte vor, aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seien alle Bediensteten durch die Leitung der Organisationseinheiten auf die Möglichkeit der Durchführung einer Meldesperre hingewiesen worden. Er habe in der Regionaldirektion K des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ersucht, diese Meldesperre auch für seine Person zu beantragen. Diese Beantragung sei von der Regionaldirektion K beim Gemeindeamt veranlasst worden. Die Meldeauskunftssperre sei nicht in seinem Privatinteresse erfolgt.
8 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. Mai 2017 wies das damalige Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel die Beschwerde als unbegründet ab, wogegen der Mitbeteiligte mit Schriftsatz vom 19. Juni 2017 einen Vorlageantrag stellte, worin er sein Beschwerdevorbringen wiederholte und weiters vorbrachte, es widerspreche dem Zweck der amtswegigen Meldeauskunftssperre, ein privates Interesse der betroffenen Person anzunehmen. Aufgrund der dienstlichen Tätigkeit habe sein Dienstgeber eine amtswegige Meldeauskunftssperre beantragt.
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesfinanzgericht aus, dass der Beschwerde gemäß § 279 BAO Folge gegeben werde und dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
10 Es lägen ausschließlich schutzwürdige dienstliche Interessen an der notwendigen Auskunftssperre vor.
11 Die dagegen vom damaligen Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
12 Eingangs ist festzuhalten, dass der Spruch des angefochtenen Erkenntnisses ohne ausdrückliche, dem § 279 Abs. 1 BAO entsprechende Aussage lediglich der Beschwerde Folge gibt, was dahingehend auszulegen ist, dass das Bundesfinanzgericht dem in der Beschwerde gestellten Antrag folgend den bekämpften Bescheid des Finanzamtes vom 27. März 2017 ersatzlos aufgehoben hat.
13 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
14 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden; er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Das Finanzamt trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das angefochtene Erkenntnis sei nicht nachvollziehbar und nicht überprüfbar, weil das Bundesfinanzgericht nicht begründet habe, weshalb „der Einschreiter mit seiner Eingabe keinerlei private Interessen verfolgt habe.“ Das Bundesfinanzgericht begründe das Vorliegen eines ausschließlich öffentlichen Interesses mit den mit jenen des Einschreiters übereinstimmenden Angaben der Dienststelle des Mitbeteiligten, ohne anzuführen, weshalb die Interessen des Dienstgebers mit jenen des Einschreiters ident sein müssten. Das Bundesfinanzgericht hätte ausschließlich das Privatinteresse des Einschreiters überprüfen müssen. Die Beweiswürdigung sei in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden, weil sie lediglich auf den Angaben einer Partei fuße, deren Interessen für die Beurteilung der gegenständlichen Rechtsfrage unerheblich seien.
16 Gemäß § 18 Abs. 1 des Meldegesetzes 1991 (MeldeG) hat die Meldebehörde unter näher genannten Voraussetzungen aus dem Zentralen Melderegister Auskunft zu erteilen, ob und zutreffendenfalls wo innerhalb des Bundesgebietes ein eindeutig bestimmbarer Mensch angemeldet ist oder war. Scheint für den gesuchten Menschen kein angemeldeter oder zuletzt gemeldeter Hauptwohnsitz auf oder besteht in Bezug auf ihn eine Auskunftssperre, so hat die Auskunft der Meldebehörde zu lauten: „Es liegen über den/die Gesuchte(n) keine Daten für eine Meldeauskunft vor.“
17 § 18 Abs. 2 MeldeG in der im Revisionsfall noch maßgeblichen Fassung des Hauptwohnsitzgesetzes, BGBl. Nr. 505/1994, lautet:
„(2) Jeder gemeldete Mensch kann bei der Meldebehörde beantragen, daß Meldeauskünfte über ihn nicht erteilt werden (Auskunftssperre). Dem Antrag ist stattzugeben, soweit ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft gemacht wird. Ist ein solches Interesse offenkundig, so kann die Auskunftssperre auch von Amts wegen verfügt oder verlängert werden. Die Auskunftssperre kann für die Dauer von höchstens zwei Jahren verfügt oder verlängert werden; sie gilt während dieser Zeit auch im Falle der Abmeldung.“
18 § 14 Tarifpost (TP) 6 Abs. 1 des Gebührengesetzes 1957 (GebG) lautet:
„§ 14. Tarife der festen Stempelgebühren für Schriften und Amtshandlungen
Tarifpost 6 Eingaben
(1) Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich‑rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen,
feste Gebühr ........................................................... 14,30 Euro.“
19 Eine Auskunftssperre nach § 18 Abs. 2 MeldeG kann somit entweder auf Antrag oder von Amts wegen erfolgen.
20 Im Revisionsfall hat sich der Mitbeteiligte in einen bei seiner Dienstbehörde aufliegenden Vordruck eingetragen. Einen Adressaten eines Antrages enthält diese Liste den vorgelegten Akten des Verfahrens zufolge nicht. Eine Eingabe des Mitbeteiligten an den Bürgermeister seiner Wohnsitzgemeinde (Meldebehörde) liegt daher nicht vor. Vielmehr handelte es sich um einen Vorgang zwischen dem Mitbeteiligten und seinem Dienstgeber. Sollte der Mitbeteiligte in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis (Vertragsbediensteter) zu seinem Dienstgeber gestanden sein, läge in diesem Vorgang somit schon deshalb keine Eingabe iSd § 14 TP 6 Abs. 1 GebG vor. Sollte der Mitbeteiligte in einem öffentlich‑rechtlichen Dienstverhältnis gestanden sein, käme die Befreiung von der Eingabegebührenpflicht nach § 14 TP 6 Abs. 5 Z 10 GebG (Eingaben öffentlich‑rechtlich Bediensteter und ihrer Hinterbliebenen in Dienstrechtsangelegenheiten) in Betracht, weshalb nicht näher zu erörtern ist, ob es sich bei der Eintragung in die in Rede stehende Tabelle um eine Eingabe des Mitbeteiligten an seine Dienstbehörde gehandelt hat.
21 Die Übermittlung des erwähnten, offensichtlich eingescannten Vordrucks mit E‑Mail an die Meldebehörde ist als Vorgang zwischen dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und der Meldebehörde anzusehen.
22 Diese beiden Vorgänge sind wie folgt zu beurteilen:
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im Revisionsfall unter Einbeziehung des Mitbeteiligten das schutzwürdige Interesse iSd § 18 Abs. 2 MeldeG begründende Umstände erhoben und danach der Meldebehörde, wenngleich in missverständlicher Wortwahl („Antrag“), mitgeteilt. Damit war für die Meldebehörde ein ‑ im Revisionsfall nicht näher zu prüfendes ‑ schutzwürdiges Interesse iSd § 18 Abs. 2 MeldeG offenkundig, wodurch die Grundlage für die von Amts wegen erfolgte Auskunftssperre gegeben war und worauf der Mitbeteiligte im Vorlageantrag auch hingewiesen hat.
23 Dass sowohl im erwähnten Vordruck des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl als auch im erwähnten Bescheid über die Auskunftssperre enthaltene Wort „Antrag“ ändert daran nichts.
24 Lag somit keine Eingabe des Mitbeteiligten an die Meldebehörde vor, hat das Bundesfinanzgericht den bekämpften Bescheid des damaligen Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel im Ergebnis zu Recht aufgehoben und stellen sich die vom revisionswerbenden Finanzamt in der Begründung der Zulässigkeit der Revision aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit privaten Interessen des Mitbeteiligten im Revisionsfall nicht.
25 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 12. Februar 2021
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