VwGH Ra 2019/03/0121

VwGHRa 2019/03/012128.1.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Agrargemeinschaft E, vertreten durch den Obmann J F in U, vertreten durch Dr. Christian J. Winder und Dr. Klemens Stefan Zelger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anichstraße 1/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 23. August 2019, Zl. LVwG-2019/41/0701-9, betreffend Feststellung einer Eigenjagd (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Lienz; mitbeteiligte Partei:

Jagdgenossenschaft U, vertreten durch den Obmann E O in U), zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Tir 2004 §4 Abs3
JagdG Tir 2004 §5
JagdG Tir 2004 §5 Abs1
JagdG Tir 2004 §5 Abs4
JagdG Tir 2004 §5 Abs5
JagdG Tir 2004 §5 Abs5 litb
JagdG Tir 2004 §5 Abs5 litc
JagdG Tir 2004 §5 Abs5 litd
JagdG Tir 2004 §6
JagdG Tir 2004 §6 Abs1
JagdG Tir 2004 §8 Abs3
JagdG Tir 2004 §9
JagdG Tir 2004 §9 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019030121.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von Euro 1.346,40 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die belangte Behörde hatte mit Bescheid vom 21. Februar 2019 den Antrag der Revisionswerberin auf Feststellung des Eigenjagdgebiets "L", bestehend aus den Grundstücken 885/1, 885/2, 885/3, 912, 914/2, 916/3, 959/1 und 1719, alle inneliegend in der EZ 15 der KG 85213 U, gemäß § 4 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 2 des Tiroler Jagdgesetzes 2004 (TJG 2004) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die als Eigenjagd beantragte Fläche übersteige zwar das gesetzlich erforderliche Mindestausmaß von 115 ha, sie biete auch günstige Einstands- und Äsungsbedingungen für Gams-, Rot- und Rehwild und lasse dessen abschussplanmäßige Nutzung zu; auch stünden Interessen der Landeskultur der beantragten Feststellung der Eigenjagd nicht entgegen. Doch würde durch die Feststellung der Eigenjagd der Zusammenhang von Grundstücken der Genossenschaftsjagd unterbrochen, weil im ostwärtigen Bereich der Zusammenhang zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil bloß durch die Grundstücke 1637 und 1667 nicht mehr gegeben sei. Diese Flächen seien "als Straßen, Wege, Eisenbahngrundstücke, natürliche und künstliche, fliesende sowie stehende Gewässer und ähnliche Grundflächen" anzusehen, es handle sich daher um Grundflächen iSd § 9 Abs. 2 TJG 2004, die durch ihren Längenzug den nötigen Zusammenhang nicht herstellten. Zudem bestehe im nordwestlichen Bereich zwar ein Punktzusammenhang, es werde die Grenze des Zumutbaren, darüber von einem Grundstück zum anderen zu gelangen, aber maßgeblich überschritten: Der angesprochene Bereich bestehe hauptsächlich aus stark felsdurchsetztem Gelände und sei als äußerst eingeschränkt bis nicht begehbar einzustufen. Zusätzlich sei nicht auszuschließen, dass in weiterer Folge sogar Felskletterei erforderlich wäre, um in den nördlichen Teil des bestehenden Genossenschaftsjagdgebiets zu gelangen. Aufgrund dessen sei der Zusammenhang der Genossenschaftsjagd U zu näher genannten Grundstücken mit einem Gesamtausmaß von etwa 242 ha nicht mehr gegeben, sodass dieser Anteil in weiterer Folge gemäß § 8 TJG 2004 anzugliedern wäre. Dadurch wären Dritte in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen unverhältnismäßig beeinträchtigt.

2 In der dagegen erhobenen Beschwerde machte die Revisionswerberin zusammengefasst Folgendes geltend:

3 Ausgehend von den konkreten Verhältnissen sei es im Bereich des Punktzusammenhangs zumutbar, von einem Grundstück zum anderen zu gelangen (was näher, insbesondere unter Hinweis auf Geländeneigung und -bewuchs sowie eine angeschlossene Stellungnahme eines Bergführers und eine "Wanderskala" begründet wurde). Zudem sei die Beurteilung der belangten Behörde insofern verfehlt, als es sich beim Grundstück 1637, das in der Natur zum größten Teil als Alpe genutzt werde, während bloß ein geringer Teil im Ausmaß von ca. 35 m als Weg erkennbar sei, nicht um eine Fläche iSd § 9 Abs. 2 TJG 2004 handle. Der Zusammenhang der verbleibenden Genossenschaftsjagd sei daher jedenfalls an zwei Stellen gegeben. Zudem wandte sich die Beschwerde mit näherer Begründung gegen die Interessenabwägung der belangten Behörde. 4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.

5 Das Verwaltungsgericht traf folgende (auf das Wesentliche zusammengefasste) Feststellungen:

6 Die Gesamtfläche der sich aus den Grundstücken 912, 885/1, 914/2, 885/2, 885/3, 959/1, 1719 und 916/3 (bei der Wendung "858/1, 858/2 und 858/3" anstatt richtig "885/1, 885/2 und 885/3" handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler, wie sich aus der Aktenlage, insbesondere dem Antrag der Revisionswerberin in Verbindung mit dem Grundbuchsauszug und dem behördlichen Bescheid, ergibt) ergebenden, im nördlichen Teil des Etales eine zusammenhängende Fläche bildenden beantragten Eigenjagd betrage 180,1708 ha, woraus sich unter Abzug der nicht land- und forstwirtschaftlich nutzbaren Fläche eine jagdlich nutzbare Gesamtfläche von 173,6727 ha ergebe. Aufgrund des hohen Alpanteils weise das beantragte Jagdgebiet für alle drei vorkommenden Schalenwildarten (Rot-, Reh- und Gamswild) nahezu ideale Äsungsbedingungen auf und seien auch genügend Einstandsmöglichkeiten vorhanden.

7 Das beantragte Eigenjagdgebiet setze sich gänzlich aus Flächen der Genossenschaftsjagd U (2.881,08 ha) zusammen. Es reiche von einem nördlichen über einen südöstlichen bis südlichen bis hin zu einem nordwestlichen Teil, liege zwischen 1.600 und 2.300 m Seehöhe und sei somit hochmontan bis subalpin, sei durch Gräben, Rücken und Mulden strukturiert und durch Forststraßen befahrbar sowie zudem durch Steige erschlossen und somit fußwegig bejagbar.

8 Zur Konfiguration der strittigen Flächen und zum fraglichen Zusammenhang wird Folgendes ausgeführt:

"Im Zusammenhang mit der Form des beantragten Eigenjagdgebiets entstehen im nordöstlichen und im südöstlichen Bereich zwei schmale Schläuche, die zumindest die Bejagung der künftig entstehenden Flächen erschweren werden. Der südöstliche Schlauch und hier insbesondere das Gst 959/1 mit einer maximalen Breite von etwa 40 Metern und einer minimalen Breite von etwa 6 Metern lässt, obwohl zu etwa drei Vierteln durch eine Forststraße erschlossen, einen geordneten Jagdbetrieb nicht wirklich zu. Ebenso lässt der säbelförmige Schlauch (Wiese bzw. Alm) des Gst 914/2 einen geordneten Jagdbetrieb künftig kaum zu beziehungsweise wird einen solchen deutlich erschweren. Durch eine im Feststellungsfall folgende Angliederung dieser beiden Teilflächen von zusammen maximal acht Hektar wäre allerdings das formbedingte Defizit dieser Eigenjagd rasch saniert.

Die Erreichbarkeit in das Jagdgebiet der beantragten EJ 'L-Alm' über eine öffentliche Straße ist nicht gegeben. Das Jagdgebiet ist nur über Forststraßen erschlossen.

Durch die Feststellung der Eigenjagd 'L-Alm' würde der Zusammenhang der Genossenschaftsjagd U zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil lediglich an einem Punkt (nördlichster Teil des Gst 476) bestehen, um von einem Grundstück zum anderen zu gelangen, ohne fremden Grund zu betreten. In weiterer Folge ist eine Begehbarkeit des Gst 913 in einem stark felsdurchsetzem Gelände zwar ohne Felskletterei, unter Verwendung von Sicherungshaken oder anderen Sicherungselementen, aber zum größten Teil durch anspruchsvolles Bergwandern T3 und in Minimalbereichen als Alpinwandern T4 im Sinne der SAC Wanderskala möglich, allerdings nicht ausschließlich im Bereich des Gst 913, sondern fallweise auch unter Inanspruchnahme des auch auf dem beantragten Eigenjagdgebiet verlaufenden Fußsteiges auf Gst 912. Voraussetzung zur Begehbarkeit des vorhandenen Fußsteiges ist zudem Trittsicherheit im hochalpinen Gelände. Es ist somit nicht sichergestellt, ob und wie man, ohne das Gebiet der EJ 'L-Alm' zu berühren, vom westlichsten Teil des Gst 913 gefahrlos zu den übrigen Teilen dieses Grundstückes gelangen kann. Die Gste 1637 und 1667 im östlichen Teil des GJ-Gebietes U ermöglichen durch die Feststellung der Eigenjagd 'L-Alm' keine rechtliche Verbindung der zur GJ- U gehörenden Flächen zwischen dem nördlichem und dem südlichen Teil."

9 Diese Feststellungen ergäben sich, so das Verwaltungsgericht weiter im Rahmen der Beweiswürdigung, aus dem Akt der belangten Behörde, insbesondere dem jagdfachlichen Gutachten vom 14. Dezember 2017 samt Ergänzung vom 23. Mai 2019 sowie dem Ergebnis der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Der Zeuge L habe bestätigt, dass ein Zusammenhang des Genossenschaftsjagdgebiets U im nordwestlichen Bereich bestehe und es möglich sei, ohne Verwendung von Sicherungshaken oder anderen Sicherheitselementen das GSt 913 im Bereich des Ekofels zu durchqueren. Der Zeuge habe erklärt, aus seiner Sicht sei beim Durchqueren des Grundstücks eine Felskletterei zwar nicht erforderlich, beim betroffenen Bereich handle es sich aber um ein anspruchsvolles Bergklettern iSv T3 und in Minimalbereichen T4 der SAC-Wanderskala. Es sei eine gute Trittsicherheit im hochalpinen Gelände gefordert und es sei nicht auszuschließen, dass sich der vom Zeugen angegebene Fußsteig nicht auch teilweise auf dem Gst 912 der Revisionswerberin befinde.

10 Dass man sich bei der Durchquerung des Gst 913 nicht immer zu 100 % auf diesem Grundstück, sondern teilweise auch auf Gst 912 befinde und dass durch eine Feststellung der Eigenjagd "L-Alm" im östlichen Bereich durch die Gst 1637 und 1667 (Flussgrundstück) der Zusammenhang der jagdlichen Flächen der Genossenschaftsjagd U zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil nicht mehr gegeben wäre, habe der jagdfachliche Amtssachverständige im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Verwaltungsgericht am 24. Juli 2019 "bekräftigt". Damit sei evident, dass durch die beantragte Feststellung der Eigenjagd "L-Alm" der Zusammenhang der Genossenschaftsjagd U zu den Grundstücken 913, 915/3, 914/1, 927/2, 915/2, 916/1, 916/2, 1720 bis 1728 mit einem Gesamtflächenausmaß von ca. 242 ha nicht mehr gegeben wäre. 11 Das Verwaltungsgericht führte weiter aus, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sei bestätigt worden, dass nach Feststellung der Eigenjagd ein Zusammenhang der nördlichen und südlichen Flächen der Genossenschaftsjagd nicht mehr gegeben wäre. Dass durch eine allfällige Eigenjagdfeststellung die Bewirtschaftung der Genossenschaftsjagd massiv eingeschränkt würde, habe der Bürgermeister der Gemeinde U im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde ausgeführt. Durch die Eigenjagdfeststellung wäre jedenfalls die Gemeinde U als Eigentümerin der Grundstücke Gst 913 mit einer Fläche von 98,1863, Gst 915/3 mit einer Fläche von 19,2824 ha und Gst 916/1 mit einer Fläche von 0,6950 in ihren wirtschaftlichen Interessen unverhältnismäßig beeinträchtigt.

12 Die erforderliche Angliederung einer Fläche von ca. 242 ha an das Eigenjagdgebiet stünde in Widerspruch zu den Zielsetzungen des TJG 2004, würde doch damit die Fläche des Eigenjagdgebiets L-Alm von ca. 180 ha um ca. 130 % aufgestockt.

13 Nicht entscheidend sei, dass die Grundstücke 1721 bis 1728 mit einem Flächenausmaß von ca. 50 ha im Eigentum von Mitgliedern der Revisionswerberin stünden und diese eine Erklärung abgegeben hätten, durch die beantragte Feststellung nicht in ihren Rechten beeinträchtigt zu sein. Von der Eigentümerin der Grundstücke 914/1, 915/2 und 927/2 mit einem Flächenausmaß von ca. 72 ha sei eine solche Erklärung nämlich nicht abgegeben worden.

14 Der Argumentation der Beschwerde schließlich, im östlichen Teil des Genossenschaftsjagdgebiets sei der Zusammenhang durch das Gst 1637 weiterhin gegeben, sei zu entgegnen, dass die gegenständliche (Teil‑)Parzelle lediglich eine durchschnittliche Breite von 3,5 m aufweise, somit der Definition des § 9 Abs. 2 TJG entspreche und deshalb den erforderlichen Zusammenhang nicht herstellen könne. Somit könne weder dieses Grundstück noch das "Flussgrundstück 1667" den notwendigen Zusammenhang bilden. 15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte - außerordentliche - Revision.

16 Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.

 

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 Die Zulässigkeitsbegründung der Revision macht

u. a. geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, ob bloß durch Flächen iSd § 9 Abs. 2 und 3 TJG 2004 verbundene Teile eines schon festgestellten Jagdgebiets als abgetrennt gelten, ob die wirtschaftlichen Interessen eines Grundeigentümers durch eine Abtrennung einer Grundfläche vom Gebiet der bestehenden Genossenschaftsjagd und die Angliederung an ein angrenzendes Jagdgebiet unverhältnismäßig beeinträchtigt würden und ob die Feststellung einer Eigenjagd deshalb verweigert werden könne, weil sie die Angliederung einer Grundfläche erfordere, die größer ist als das Eigenjagdgebiet selbst.

19 Die Revision ist, wie im Folgenden zu zeigen, zulässig und auch begründet.

20 Das Verwaltungsgericht hat die von der Revisionswerberin beantragte Feststellung der Eigenjagd im Wesentlichen deshalb abgelehnt, weil durch ihre Feststellung der Zusammenhang von Teilflächen der Genossenschaftsjagd im Ausmaß von ca. 242 ha mit der restlichen Genossenschaftsjagd nicht mehr gegeben wäre und diese Flächen daher dem Eigenjagdgebiet angegliedert werden müssten, was im Widerspruch zu den Zielsetzungen des TJG 2004 stehe. Zudem würde durch die Eigenjagdfeststellung die Gemeinde U als Eigentümerin von Teilen dieser abgetrennten Flächen in ihren wirtschaftlichen Interessen unverhältnismäßig beeinträchtigt. 21 Dem hält die Revision zunächst entgegen, dass die Rechtsfolgen einer allfälligen Abtrennung von Teilen des Genossenschaftsjagdgebiets im Revisionsfall deshalb nicht zu prüfen seien, weil eine allfällige Abtrennung (durch Flächen iSd § 9 Abs. 2 TJG 2004, die den notwendigen Zusammenhang nicht herstellten bzw. durch Bestehen eines bloßen Punktzusammenhangs ohne tatsächliche zumutbare Verbindung) nur im Zusammenhang mit der Bildung eines Jagdgebiets relevant sei, nicht aber dann, wenn das zu beurteilende Jagdgebiet - wie hier das Genossenschaftsjagdgebiet - schon bestehe.

22 Die Revision macht weiter geltend, der Umstand allein, dass nach einer erfolgten Eigenjagdgebietsfeststellung abgetrennte Flächen des Genossenschaftsjagdgebiets anderen Jagdgebieten angegliedert werden müssten, begründe für sich genommen noch keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Interessen Dritter iSd § 5 Abs. 5 lit. d TJG 2004. Vielmehr sei das Verfahren zur Angliederung nach § 8 TJG 2004 ein vom Eigenjagdgebietsfeststellung sverfahren getrenntes Verfahren und seien die Flächenverhältnisse gegebenenfalls dort zu berücksichtigen. Hinzu trete, dass ausgehend von den Intentionen des Gesetzgebers ein Eigenjagdgebiet ohnehin eine Mindestgröße von 300 ha haben solle und die Möglichkeit der Feststellung von Eigenjagdgebieten mit einer Mindestgröße von bloß 115 ha nur eine historisch bedingte, zeitlich befristete Ausnahmeregelung darstelle. Durch die in Rede stehende Angliederung würde eine Größe von mehr als 300 ha erreicht, diese Vorgangsweise entspreche daher entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts den Absichten des Gesetzgebers. Der vom Verwaltungsgericht vermisste Zusammenhang der Flächen des Genossenschaftsjagdgebiets sei sowohl im östlichen Bereich durch die Grundstücke Nr. 1637 und 1667 als auch im westlichen Bereich im Bereich des Grundstücks Nr. 913 mit dem Grundstück Nr. 476 gegeben. Die vom Verwaltungsgericht schließlich vermeinte unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Interessen der Gemeinde U werde bloß pauschal, ohne inhaltliche Konkretisierung, behauptet. 23 Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend. 24 Gemäß § 4 Abs. 1 TJG 2004 darf die Jagd nur auf einem festgestellten Jagdgebiet, bei dem es sich entweder um ein Eigenjagdgebiet oder um ein Genossenschaftsjagdgebiet handeln kann, ausgeübt werden.

25 Gemäß § 4 Abs. 2 TJG 2004 hat die Bezirksverwaltungsbehörde festzustellen, ob nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 5 und 6 TJG 2004 ein Eigenjagdgebiet oder ein Genossenschaftsjagdgebiet vorliegt.

26 Gemäß § 4 Abs. 3 TJG 2004 hat bei Änderung der für die Feststellung einer Grundfläche als Eigenjagdgebiet oder Genossenschaftsjagdgebiet maßgeblich gewesenen Verhältnisse die Bezirksverwaltungsbehörde die Eigenschaft der Grundfläche als Eigenjagd- oder Genossenschaftsjagdgebiet neu festzustellen oder Verfügungen im Sinne des § 8 Abs. 1 TJG 2004 zu treffen. 27 Gemäß 5 Abs. 4 TJG 2004 ist - sofern nicht die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 vorliegen - ein Eigenjagdgebiet eine demselben Eigentümer (physische oder juristische Person oder Mehrheit von Personen) gehörige zusammenhängende land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche von mindestens 300 Hektar, gleichgültig, ob sie in der gleichen Ortsgemeinde liegt oder nicht.

28 Gemäß § 5 Abs. 5 TJG 2004 ist - abweichend vom Abs. 4 - eine demselben Eigentümer (physische oder juristische Person oder Mehrheit von Personen) gehörige zusammenhängende land- oder forstwirtschaftlich nutzbare Grundfläche im Ausmaß von mindestens 115 Hektar dann ein Eigenjagdgebiet, wenn sich nach Einstands- und Äsungsbedingungen zumindest eine Schalenwildart ganzjährig als Standwild halten kann und die abschussplanmäßige Nutzung zumindest einer Schalenwildart möglich ist (lit. a), Interessen der Landeskultur der Feststellung als Eigenjagdgebiet nicht entgegenstehen (lit. b), die ordnungsgemäße Jagdausübung auf den betroffenen Grundflächen und den benachbarten Jagdgebieten nicht wesentlich erschwert wird (lit. c) und Dritte dadurch in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden (lit. d).

29 Gemäß § 6 Abs. 1 TJG 2004 bilden alle in einer Ortsgemeinde liegenden Grundflächen, die nicht als Eigenjagdgebiete festgestellt sind, das Genossenschaftsjagdgebiet, wenn sie zusammenhängen (§ 9 Abs. 1 TJG 2004) und mindestens 500 Hektar umfassen.

30 Gemäß § 8 Abs. 1 TJG 2004 sind, wenn die zusammenhängenden, nicht zu einem Eigenjagdgebiet gehörigen Grundflächen einer Gemeinde nicht das Ausmaß von 500 Hektar erreichen, sie unter Bedachtnahme auf eine ordnungsgemäße Jagdausübung benachbarten Jagdgebieten anzugliedern.

31 Gemäß § 8 Abs. 4 TJG 2004 ist eine Entscheidung, mit der eine Angliederung verfügt wurde, zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen für ihre Erlassung nicht mehr gegeben ist. 32 § 9 TJG 2004 regelt - u.a. - den Zusammenhang von Grundflächen und dessen Unterbrechung und bestimmt (auszugsweise):

"§ 9

Zusammenhang, Unterbrechung und Zusammenlegung

(1) Eine Grundfläche ist zusammenhängend, wenn man von einem Grundstück zum anderen gelangen kann, ohne fremden Grund zu betreten. Der Zusammenhang von Grundstücken ist auch dann gegeben, wenn sie nur in einem Punkt zusammenstoßen. Inseln gelten als mit den Ufergrundstücken zusammenhängend.

(2) Straßen, Wege, Eisenbahngrundstücke, natürliche und künstliche, fließende sowie stehende Gewässer und ähnliche Grundflächen, die nach Umfang und Gestalt für sich allein eine ordnungsgemäße Jagdausübung nicht gestatten, bilden kein selbstständiges Jagdgebiet, unterbrechen den Zusammenhang eines Jagdgebietes nicht, stellen aber in der Längsrichtung zwischen getrennt liegenden Grundflächen den Zusammenhang zur Bildung eines Jagdgebietes nicht her.

(3) Grundflächen, die an ihrer breitesten Stelle weniger als 200 Meter breit sind, bilden kein Jagdgebiet; sie stellen bei einer Länge von mehr als 400 Metern den Zusammenhang zur Bildung eines Jagdgebietes zwischen Grundstücksteilen nicht her und dürfen bei der Berechnung der Größe des Jagdgebietes nicht mitgerechnet werden."

33 Voraussetzung für die Feststellung eines Eigenjagd- wie auch eines Genossenschaftsjagdgebiets ist der Zusammenhang der betreffenden, das Jagdgebiet bildenden Grundflächen: Sowohl § 5 Abs. 1, 4 und 5 TJG 2004 (für Eigenjagdgebiete) als auch § 6 TJG 2004 (für Genossenschaftsjagdgebiete) verlangen, dass es sich um "zusammenhängende" Flächen handelt, bzw. dass diese "zusammenhängen (§ 9 Abs. 1)".

34 Auch wenn auf die Definition des jagdrechtlichen Zusammenhangs in § 9 Abs. 1 TJG 2004 nur bei den Regelungen über das Genossenschaftsjagdgebiet verwiesen wird (durch den entsprechenden Klammerausdruck in § 6 Abs. 1 TJG 2004), nicht aber bei den Regelungen über das Eigenjagdgebiet in § 5 TJG 2004, muss - schon aufgrund der systematischen Stellung des § 9 TJG 2004 - davon ausgegangen werden, dass auch für Eigenjagdgebiete der erforderliche Zusammenhang an § 9 TJG 2004 zu messen ist.

Bestätigt wird dieser Befund durch einen Blick in die Materialien:

35 Die nunmehr in § 9 Abs. 1 TJG 2004 enthaltene Regelung geht auf die Novelle LGBl. Nr. 64/2015 zurück, mit der die bisher in § 5 Abs. 5 enthaltene Regelung betreffend den jagdrechtlichen Zusammenhang in den § 9 verschoben wurde, um zu verdeutlichen, dass (so die ErlRV 161/15 BlgLT 16. GP 4) "die Definition des Zusammenhangs zwischen Grundstücken für die Feststellung von Eigenjagd- und Genossenschaftsjagdgebieten gleichermaßen gelten soll".

36 Dieses Erfordernis des Zusammenhangs von Grundflächen muss - entgegen der Revision - nicht nur bei der (erstmaligen) Feststellung des Jagdgebiets erfüllt sein, sondern auch weiterhin:

§ 4 Abs. 3 TJG 2004 normiert, dass bei Änderung der für die Feststellung einer Grundfläche als Eigenjagdgebiet oder Genossenschaftsjagdgebiet maßgeblich gewesenen Verhältnisse von der Behörde gegebenenfalls eine Neufeststellung bzw. Angliederungsverfügung vorzunehmen ist. "Maßgebliche" Voraussetzung für die Feststellung sowohl eines Eigen- als auch eines Genossenschaftsjagdgebiets ist nach dem Gesagten u.a. der Zusammenhang der betreffenden Flächen; geht dieser verloren, hat also eine Neufeststellung zu erfolgen.

37 Einer allfälligen Abtrennung der im Revisionsfall in Rede stehenden Flächen des Genossenschaftsjagdgebiets im Ausmaß von ca. 242 ha (weil sie gegebenenfalls nur mehr mittels Flächen nach § 9 Abs. 2 TJG 2004, die in ihrer Längsrichtung den Zusammenhang aber nicht herstellen, bzw. über einen Punktzusammenhang ohne zumutbare tatsächliche Verbindung verbunden sind) kommt daher, auch wenn das Genossenschaftsjagdgebiet U schon besteht, entgegen der Revision doch Relevanz zu; dies erfordert entsprechend klare und nachvollziehbar begründete Feststellungen, die eine Beurteilung, ob die Voraussetzungen des § 9 TJG 2004 gegeben sind, zulassen.

38 Was die Frage anlangt, welche Konsequenzen der Umstand hat, dass nach einer erfolgten Eigenjagdgebietsfeststellung abgetrennte Flächen des Genossenschaftsjagdgebiets anderen Jagdgebieten angegliedert werden müssten, kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 20. November 2019, Ro 2019/03/0018, verwiesen werden: Blieben - nach erfolgter Feststellung des neuen Eigenjagdgebiets nach § 5 Abs. 5 TJG 2004 - Flächen des Genossenschaftsjagdgebiets "übrig", die nach Feststellung der neuen Eigenjagd an andere Jagdgebiete anzugliedern wären, wäre die Voraussetzung nach § 5 Abs. 5 lit. d TJG 2004 (wonach Dritte durch die Jagdgebietsfeststellung in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden dürfen) nicht erfüllt und wäre der Antrag auf Feststellung des Eigenjagdgebiets schon deshalb abzuweisen.

39 Der bloße Umstand hingegen, dass die Fläche des Genossenschaftsjagdgebiets durch die Feststellung der neuen Eigenjagd verkleinert wird, kann für sich genommen (weil notwendige Folge jeder Eigenjagdgebietsfeststellung nach § 5 Abs. 5 TJG 2004) nicht als Hindernis iSd § 5 Abs. 5 lit. d TJG 2004 angesehen werden.

40 Auch zur Voraussetzung nach § 5 Abs. 5 lit. c TJG - durch die Eigenjagdgebietsfeststellung darf die ordnungsgemäße Jagdausübung auf den betroffenen Grundflächen und den benachbarten Jagdgebieten nicht wesentlich erschwert werden - kann zunächst auf VwGH Ro 2019/03/0018 verwiesen werden: Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgeführt, dass die genannte Bestimmung sowohl auf jene Grundflächen abstellt, die sich in der gegebenenfalls neu festzustellenden Eigenjagd befinden als auch auf die Grundflächen der (möglichen) neuen benachbarten Jagdgebiete; sie verlangt einen Vergleich mit jener Situation, wie sie ohne Feststellung der neuen Eigenjagd gegeben ist. Eine wesentliche Erschwernis für die Jagdausübung läge jedenfalls vor, wenn die Bejagung oder die Hege des Wildes wesentlich erschwert würde, was etwa bei einem ungünstigen Grenzverlauf der Fall sein könnte, oder auch dann, wenn die jeweiligen Jagdgebiete nur nach Einräumung von (allenfalls weiteren) Jägernotwegen erreicht werden könnten. Eine wesentliche Erschwernis der Jagdausübung würde weiters jedenfalls dann vorliegen, wenn die Möglichkeiten der Bejagung in einem der betroffenen Jagdgebiete so eingeschränkt würden, dass die Erfüllung der Abschusspläne gefährdet wäre.

41 Fallbezogen folgt:

42 Träfe es zu, dass durch die Feststellung des von der Revisionswerberin beantragten Eigenjagdgebiets die in Rede stehenden Teile des Genossenschaftsjagdgebiets abgeschnitten würden, weil ein Zusammenhang zwischen den nördlichen und den südlichen Teilflächen nicht mehr bestünde, wäre der Antrag der Revisionswerberin jedenfalls zu Recht abgewiesen worden. Auf Basis der vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen kann diese Frage aber nicht abschließend beantwortet werden:

43 Zunächst ist klarzustellen, dass der notwendige Zusammenhang schon dann bestünde, wenn er entweder im nordwestlichen Bereich (Punktzusammenhang der Grundstücke Nr. 476 und 413) oder im nordöstlichen Bereich (über die Grundstücke Nr. 1637 und 1667) vorläge.

44 Die vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen zum nordöstlichen Bereich beschränken sich auf den Satz "Die Gste 1637 und 1667 im östlichen Teil des GJ-Gebietes U ermöglichen durch die Feststellung der Eigenjagd L keine rechtliche Verbindung der zur GJ U gehörenden Flächen zwischen dem nördlichem und dem südlichen Teil.", lassen also völlig offen, warum ein Fall des § 9 Abs. 2 TJG 2004 vorliegen sollte. Auch unter Heranziehung der disloziert - im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - wiedergegebenen Ausführungen, das Grundstück Nr. 1637 weise lediglich eine durchschnittliche Breite von 3,5 m auf und entspreche somit eindeutig der Definition des § 9 Abs. 2 TJG 2004, beim Grundstück Nr. 1667 wiederum handle es sich um "das Flussgrundstück", kann ohne Bezugnahme auf die Lage dieser Grundstücke im Verhältnis zu den übrigen Grundflächen der Genossenschaftsjagd und ihre Begrenzung durch andere Grundstücke (etwa durch Anschluss eines maßstabgetreuen Planes) nicht gesagt werden, dass der erforderliche Zusammenhang - weil nur durch die beiden genannten Grundstücke gegeben - fehlt.

45 Was den Punktzusammenhang (zwischen den Grundstücken 476 und 913) anlangt, hat das Verwaltungsgericht einen solchen bejaht, aber die Auffassung vertreten, aufgrund der konkreten örtlichen Verhältnisse sei nicht sichergestellt, man könne - ohne das Gebiet der festzustellenden Eigenjagd zu betreten - "vom westlichsten Teil des Gst Nr. 913 gefahrlos zu den übrigen Teilen dieses Grundstückes gelangen".

46 Dazu ist zunächst klarzustellen, dass ein Punktzusammenhang nicht dadurch berührt wird, dass erst in weiterer Folge Schwierigkeiten bestehen, ein Grundstück zu durchqueren. Abgesehen davon, dass ein vom Verwaltungsgericht offenbar gefordertes "gefahrloses" Begehen im alpinen Gelände regelmäßig nicht möglich ist, fehlt für die dem zugrunde gelegten (oben unter Rz. 8 wiedergegebenen) Annahmen des Verwaltungsgerichts eine schlüssige Begründung: Der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommene Bergführer JL hatte schon in seiner Stellungnahme vom 20. März 2019 ausgeführt, die Notwendigkeit von "Klettern in schwierigem alpinen Gelände" sei im betroffenen Bereich ausgeschlossen; "bei halbwegs beweglicher Gangart im alpinen Gelände" sei es einem Jäger durchaus möglich, das Grundstück Nr. 913 zu durchqueren, um in den nördlichen Teil des Genossenschaftsjagdgebiets zu gelangen. Er selbst habe dort "nie Sicherungshaken oder andere Sicherungselemente verwendet". 47 Auch die vom Verwaltungsgericht getroffene Feststellung, der weiterführende Weg verlaufe "fallweise auch ... auf Gst 912" (also im Bereich des beantragten Eigenjagdgebiets), kann nicht schlüssig auf die Aussage des genannten Zeugen, aber auch nicht auf die des in der Verhandlung ergänzend vernommenen Amtssachverständigen DI Sch gestützt werden: Der Zeuge JL hat ausgesagt, er könne sich "nicht festlegen, ob man nicht fallweise auch im Bereich der Grenze des Gst 913 verlässt und möglicherweise auch einmal in das Gst 912 hineinkommt"; er konnte zum (weiteren) Verlauf des Weges also nichts Sicheres sagen. Der Amtssachverständige hat entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung nicht etwa "bekräftigt, ... dass man sich bei der Durchquerung des Gst 913 nicht immer zu 100 % auf diesem Grundstück, sondern teilweise auch auf Gst 912 befindet". Vielmehr hat er - ausgehend vom Verhandlungsprotokoll - lediglich (ohne über eigene Kenntnisse von der Örtlichkeit zu berichten) erklärt, ausgehend von der Aussage des Zeugen JL sei nicht gesichert, ob man bei der weiteren Durchquerung des Grundstücks 913 sich immer zu 100 % auf diesem Grundstück befinde.

48 Nach dem Gesagten fehlt es an klaren, schlüssig begründeten Feststellungen, die die Beurteilung tragen könnten, der notwendige Zusammenhang von Teilflächen des Genossenschaftsjagdgebiets wäre durch die Feststellung des von der Revisionswerberin beantragten Eigenjagdgebiets nicht mehr gewahrt.

49 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

50 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 28. Jänner 2020

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