Normen
AVG §59 Abs1
BFA-VG 2014 §22a Abs1a
BFA-VG 2014 §34
B-VG Art130 Abs1 Z2
FrPolG 2005 §39
FrPolG 2005 §76
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §35
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019210169.L00
Spruch:
Der angefochtene Spruchpunkt wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Nigerias, wurde am 17. April 2018 auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG festgenommen. Mit sogleich in Vollzug gesetztem Bescheid vom selben Tag wurde gegen ihn die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Am 19. April 2018 wurde er nach Nigeria abgeschoben.
2 Mit Schriftsatz vom 28. Mai 2018 erhob der Revisionswerber gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG Beschwerde gegen die Festnahme samt anschließender Anhaltung sowie gegen den Schubhaftbescheid und die darauf gegründete Anhaltung in Schubhaft. Mit Schriftsatz vom 30. Mai 2018 erhob er gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 und Art. 132 B-VG iVm (insbesondere) § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG Beschwerde gegen die Abschiebung.
3 Das Bundesverwaltungsgericht gab den Beschwerden mit den Spruchpunkten A.I. bis A.III. des angefochtenen Erkenntnisses statt, indem es die Festnahme und die daran anschließende Anhaltung bis zur Schubhaftverhängung, den Schubhaftbescheid - der ersatzlos behoben wurde - und die Anhaltung in Schubhaft sowie die Abschiebung für rechtswidrig erklärte. Mit Spruchpunkt A.IV. verpflichtete es den Bund gemäß § 35 VwGVG gegenüber dem Revisionswerber zum Ersatz von Aufwendungen in der Höhe von EUR 737,60. Mit Spruchpunkt B. erklärte es schließlich, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Gegen Spruchunkt A.IV. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung des Vorverfahrens - eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
5 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, dass das Bundesverwaltungsgericht mit der Kostenentscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. Da das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden gegen drei verschiedene Verwaltungsakte stattgegeben habe, wäre dem Revisionswerber gemäß § 35 VwGVG der Aufwandersatz in dreifacher Höhe zuzusprechen gewesen.
6 Dieses Vorbringen trifft zu, sodass sich die Revision als zulässig und berechtigt erweist.
7 Ein Anspruch auf Kostenersatz im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht besteht gemäß § 35 VwGVG (der iVm § 22a Abs. 1a BFA-VG auch für Schubhaftbeschwerden gilt) dann, wenn sich eine Maßnahmenbeschwerde gegen mehrere Verwaltungsakte richtet und mit der Bekämpfung zumindest eines davon erfolgreich ist. Für den Ersatzanspruch des Beschwerdeführers kommt es darauf an, wie viele Verwaltungsakte er mit einer Maßnahmenbeschwerde erfolgreich angefochten hat. Bei der Ermittlung der Anzahl der Verwaltungsakte kann allerdings nicht allein darauf abgestellt werden, wie die zu Grunde liegende Beschwerde strukturiert ist und wie viele Einzelakte sie im Rahmen des bekämpften Amtshandelns zu erkennen vermeint. Wesentlich sind vielmehr die behördlichen Feststellungen über das angefochtene Verwaltungsgeschehen, anhand derer zu beurteilen ist, wie viele sachlich und zeitlich trenn- und unterscheidbare Akte, die einer isolierten Betrachtung zugänglich sind, vorliegen, wobei für diese Beurteilung auch der jeweils verfolgte Zweck der Amtshandlung(en) und die in Frage kommenden Rechtsverletzungen eine Rolle spielen (vgl. zum 31.8.2017, Ro 2016/21/0014, Rn. 23, mwN).
8 In dem genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof dazu mit näherer Begründung (siehe Rn 24 bis 28, insbesondere Rn 26 ff), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann, auch bereits ausgesprochen, dass nicht von einer Einheit der Festnahme nach § 34 BFA-VG einerseits und Schubhaft andererseits auszugehen ist (vgl. auch VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0161, 0162, Rn. 12). Insoweit liegen daher zwei Verwaltungsakte vor, die vom Revisionswerber in seiner Beschwerde vom 28. Mai 2018 angefochten wurden.
9 Mit der Beschwerde vom 30. Mai 2018 wurde ein weiterer, sowohl im Verhältnis zur Festnahme als auch im Verhältnis zur Schubhaft sachlich und zeitlich trenn- und unterscheidbarer Verwaltungsakt, nämlich die Abschiebung des Revisionswerbers, erfolgreich angefochten.
10 Da der Revisionswerber somit mit Beschwerden gegen insgesamt drei Verwaltungsakte erfolgreich war, hätte ihm gemäß § 35 VwGVG Aufwandersatz in dreifacher Höhe gebührt, während ihm das Bundesverwaltungsgericht den Schriftsatzaufwand gemäß § 1 Z 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung nur in einfacher Höhe zugesprochen hat.
11 Der angefochtene Spruchpunkt war daher gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
12 Der Spruch über den Aufwandersatz im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 19. September 2019
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