VwGH Ra 2019/06/0104

VwGHRa 2019/06/010424.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des M O in S, vertreten durch Dr. Kurt Bayr Dr. Marco Rovagnati, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 4. April 2019, LVwG- 2018/17/0936-3, betreffend Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Normen

BStMG 2002 §10
BStMG 2002 §10 Abs1
BStMG 2002 §11 Abs1
BStMG 2002 §20 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019060104.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Aufgrund einer Anzeige der ASFiNAG vom 3. Juli 2017 wurde der Revisionswerber mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (belangte Behörde) vom 13. Juli 2017 einer Übertretung des § 11 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) schuldig erkannt; über ihn wurde gemäß § 20 Abs. 1 BStMG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden) verhängt. Dem Revisionswerber wurde zur Last gelegt, am 18. April 2017 um 18.15 Uhr ein näher bezeichnetes Fahrzeug im mautpflichtigen Straßennetz an einem näher angegebenen Tatort der A 12 gelenkt zu haben, ohne dass die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Der Revisionswerber erhob gegen diese Strafverfügung Einspruch.

2 Im daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren teilte die ASFiNAG der belangten Behörde mit Schreiben vom 10. August 2017 unter gleichzeitiger Übermittlung entsprechender Lichtbilder mit, im gegenständlichen Fall habe der Lenker des Fahrzeuges das mautpflichtige Straßennetz mit einer nicht ordnungsgemäß geklebten 10-Tages-Vignette 2017 benützt. Die Vignette sei nicht von der Trägerfolie abgelöst und an der Windschutzscheibe angebracht worden, weshalb das schwarze aufgedruckte Kreuz sowie der ITF-Code der Trägerfolie ersichtlich gewesen seien. Dadurch hätten die Sicherheitsmerkmale nicht aktiviert werden können, die eine eventuelle Manipulation oder die weitere Verwendung in einem anderen Fahrzeug verhindern sollten. Dies sei von der automatischen Vignettenkontrolle erkannt und registriert worden. Der Aufforderung zur Ersatzmautleistung sei nicht entsprochen worden, weshalb Anzeige zu erstatten gewesen sei.

3 Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens wurde der Revisionswerber mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 15. Jänner 2018 wegen der mit Strafverfügung vom 13. Juli 2017 angelasteten Tat wiederum der Übertretung des § 11 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 1 BStMG schuldig erkannt und über ihn gemäß § 20 Abs. 1 BStMG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden) verhängt.

4 Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG), welche zunächst die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 21. März 2018 abwies.

5 Dagegen richtete der Revisionswerber einen Vorlageantrag an das LVwG, das nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos behob (1.) und die Beschwerde mit näherer Begründung als unbegründet abwies (2.). Weiters erlegte das LVwG dem Revisionswerber die Verpflichtung zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens auf (3.) und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (4.).

6 Hinsichtlich der Beschwerdeabweisung führte das LVwG beweiswürdigend ua. aus, der Revisionswerber habe die vorgelegten Beweise nicht entkräftet. Der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge einvernommene Mitarbeiter der ASFiNAG habe einen routinierten Eindruck gemacht, sei seriös und mit fundiertem Wissen aufgetreten und habe glaubwürdig und nachvollziehbar ausgeführt, dass der Lenker die Vignette (nur) zum Teil abgelöst und auf die Windschutzscheibe geklebt habe. Sei keine gültige Vignette erkennbar, werde dies von der Kamera fotografiert, sodann würde das Bild "per Computer in die Erstbearbeitung gehen" und der Mitarbeiter der ASFiNAG würde in der Folge entscheiden, ob die Vignette ungültig oder gültig geklebt worden sei. Dem Revisionswerber sei zumutbar gewesen, entsprechend den Anweisungen auf der Vignette diese vom Trägerpapier zu lösen und direkt auf die Windschutzscheibe zu kleben, sowie sich von deren ordnungsgemäßer Anbringung zu überzeugen; er habe die zum Zeitpunkt der festgestellten Verwaltungsübertretung mangelhaft aufgeklebte Vignette als ungültige Vignette zu verantworten. Zur Frage des Lenkens des in Rede stehenden Fahrzeuges durch den Revisionswerber zum Tatzeitpunkt führte das LVwG zusammengefasst aus, dieser habe seine Mitwirkungspflicht im gegenständlichen Verfahren vernachlässigt. Ein halbes Jahr, nachdem das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingeleitet worden sei, habe er der belangten Behörde mitgeteilt, dass angeblich eine andere Person das Fahrzeug gelenkt haben solle. Dazu habe er eine falsche Adresse bekanntgegeben und mitgeteilt, dass er die derzeitige Adresse der angegebenen Person nicht mehr wisse. Insgesamt sei von einer Verschleppungsabsicht des Revisionswerbers auszugehen; dieser sei den Beweis dafür schuldig geblieben, dass er das Fahrzeug nicht gelenkt habe. Hinsichtlich der Strafbemessung sei die verhängte Mindeststrafe aus näheren Gründen angemessen und erforderlich.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit ausschließlich zur Frage der Beschwerdeabweisung durch das LVwG zusammengefasst vorbringt, dieses habe unterlassen, "die entscheidungswesentlichen Tatsachen zu erforschen und ihre Wahrheit festzustellen, indem es seiner Entscheidung einen bloß formell (subjektiv) wahren Sachverhalt zugrunde gelegt" und "dadurch einen Verstoß des Beschwerdeführers" gegen das BStMG angenommen habe. Weiters sei die Ermittlungspflicht "der Behörde gemäß § 25 Abs. 2 VStG" verletzt worden, indem die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände im Gegensatz zu den belastenden unberücksichtigt geblieben seien. Schließlich sei die Bestimmung des § 10 BStMG verletzt, indem der Revisionswerber als Fahrzeughalter bestraft worden sei, obwohl nach dem BStMG nur der Lenker bestraft werden könne.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich bereits aus der gesonderten Darstellung in der Zulässigkeitsbegründung ergeben. Dabei ist konkret aufzuzeigen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt zudem nur dann vor, wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung eben dieser Rechtsfrage abhängt (vgl. für viele etwa VwGH 29.11.2018, Ra 2018/06/0237, mwN).

12 Mit dem allgemeinen Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

13 Soweit der Revisionswerber darin im Ergebnis ins Treffen führt, das LVwG sei seiner amtswegigen Ermittlungspflicht nicht ausreichend nachgekommen, macht er damit einen Verfahrensmangel geltend. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht es jedoch nicht aus, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften bloß zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. dazu etwa VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0183, oder auch 27.5.2019, Ra 2019/01/0172, jeweils mwN); dieser Anforderung wird die Revision in ihren Zulässigkeitsbegründung nicht gerecht. 14 Hinsichtlich der durch das LVwG vorgenommenen Beweiswürdigung ist weiters darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (z.B. VwGH 30.1.2019, Ra 2018/06/0322, mwN). Dass dies gegenständlich der Fall wäre, legt die Revision in ihren Zulässigkeitsausführungen nicht dar.

15 Wenn der Revisionswerber schließlich vorbringt, es liege ein Verstoß gegen § 10 BStMG vor, da er als Fahrzeughalter bestraft worden sei, übersieht er, dass ihm die gegenständliche Verwaltungsübertretung mit dem angefochtenen Erkenntnis als Lenker des dort bezeichneten Fahrzeuges angelastet wurde. Eine Bestrafung als Fahrzeughalter liegt entgegen seinem Vorbringen nicht vor; dass das LVwG gegenständlich aufgrund einer unvertretbaren Beweiswürdigung von der Tatsache ausgegangen wäre, der Revisionswerber habe das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt, tut die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung ebenfalls nicht dar. 16 Soweit die Revision in formaler Hinsicht auch die Aufhebung bzw. Abänderung der über die Beschwerdeabweisung hinausgehenden Spruchpunkte des angefochtenen Erkenntnisses begehrt, enthält sie dazu keine Zulässigkeitsausführungen.

17 In der Revision werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. September 2019

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