Normen
JagdG NÖ 1974 §3a Abs10;
JagdG NÖ 1974 §3a Abs11;
JagdG NÖ 1974 §4 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §7 Abs1;
JagdG NÖ 1974 §7 Abs10;
JagdG NÖ 1974 §7 Abs8;
JagdG NÖ 1974 §7;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030020.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - insoweit in Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde - der Revisionswerberin gemäß § 7 Abs. 8 NÖ JG aufgetragen, entlang der Eigentumsgrenze zwischen den umfriedeten Eigenjagdgebieten "Stadtgemeinde T" und "Bstiftung" bis zum 30. März 2019 einen schalenwilddichten Zaun herzustellen.
2 Dem legte das Verwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - im Wesentlichen Folgendes zu Grunde:
3 Mit in Rechtskraft erwachsenen Jagdgebietsfeststellungsbescheiden der belangten Behörde seien u. a. die in der Natur aneinander grenzenden Eigenjagdgebiete "Stadtgemeinde T" und "Bstiftung" festgestellt worden. Diese als Jagdgehege für die Schalenwildarten Reh-, Schwarz- und Rotwild geführten Eigenjagdgebiete wiesen zueinander keine schalenwilddichte Umzäunung auf, was im Zuge einer Überprüfung der belangten Behörde im Jahr 2016 aufgefallen sei. Aufforderungen zur Herstellung einer Umfriedung (auch) entlang der Eigentumsgrenze habe die Revisionswerberin entgegnet, es werde noch geprüft, beide Eigenjagden rechtsgeschäftlich zu einer Einheit zu verbinden oder einen schalenwilddichten Zaun zu errichten. Beides sei nicht geschehen, woraufhin von der belangten Behörde mit Bescheid vom 10. November 2017 der Auftrag zur Zaunerrichtung bis 30. März 2018 erteilt worden sei.
4 Mit den antragsgemäß ergangenen Jagdgebietsfeststellungsbescheiden seien zwei Jagdgehege festgelegt worden. Wenn die Revisionswerberin nun begehre, die beiden Eigenjagden als eine zu führen, übersehe sie, dass es nicht auf eine allfällige - auch gar nicht vorliegende - "wirtschaftliche Einheit" ankomme, sondern auf das grundbücherliche Eigentum an den Jagdgebietsflächen. Selbst wenn die schalenwilddichte Einfriedung der beiden Jagdgebiete zueinander schon seit ihrer Schaffung gefehlt hätte, sei dieser Mangel nicht etwa dadurch geheilt, dass eine Überprüfung der Umfriedung unterlassen oder ihr Fehlen etwa stillschweigend geduldet worden sei. Vielmehr sei die Revisionswerberin entsprechend dem Jagdgebietsfeststellungsbescheid ("... ist zu umfrieden") zur Errichtung einer schalenwilddichten Einfriedung verpflichtet gewesen. Der jagdpolizeiliche Auftrag der belangten Behörde, mit dem diese Verpflichtung umgesetzt werde, entspreche daher dem Gesetz (§ 7 Abs. 8 NÖ JG). Wegen Zeitablaufs sei aber die Frist für die Errichtung zu erstrecken gewesen.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende, zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte - außerordentliche - Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
10 Die Revisionswerberin macht darin (zusammengefasst) Folgendes geltend:
11 Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Regelung des § 7 Abs. 8 NÖ JG bezüglich der Zulässigkeit eines behördlichen Auftrags zur Errichtung einer Einfriedung, zumal bisherige Entscheidungen jeweils die Verpflichtung zur Beseitigung von Zäunen betroffen hätten. Zudem fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob es sich beim Fehlen der Möglichkeit, bei zwei aneinander grenzenden Jagdgehegen eine schalenwilddichte Einzäunung entfallen zu lassen, um eine Gesetzeslücke handle. Aus Gesetzesmaterialien zum Nö JG ergebe sich, dass der Gesetzgeber die Errichtung von Wildbarrieren durch (insbesondere plötzliches) Einzäunen kritisch sehe, weil die Errichtung eines Zauns den Lebensraum der bestehenden Wildpopulation beeinträchtige. Wildbarrieren sollten deshalb möglichst gering gehalten werden. Dieser Intention werde die Zusammenlegung benachbarter, festgestellter umfriedeter Eigenjagdgebiete eher gerecht als ein striktes Festhalten am Wortlaut des Gesetzes durch Errichtung eines inneren Abtrennungszauns zwischen benachbarten Gehegen. Hinzu trete, dass das Verwaltungsgericht die "besondere Rechtssituation, nämlich den Umstand, dass die Revisionswerberin rechtlich als alter ego der Bstiftung" auftrete, und daher "inhaltlich eine Eigentümermehrheit" hinsichtlich der fraglichen Grundstücke vorliege, nicht ausreichend beachtet habe.
12 Dieses Vorbringen ist nicht zielführend:
13 Gemäß § 4 Abs. 1 NÖ JG ist das Jagdrecht untrennbar mit dem Eigentum am Grund und Boden verbunden. Es steht dem jeweiligen Grundeigentümer zu und kann als selbständiges dingliches Recht nicht begründet werden. Jagdberechtigt im Sinne des NÖ JG sind in Eigenjagdgebieten (§ 6) und Wildgehegen (§ 7) die Grundeigentümer (§ 4 Abs. 2 Z 1 NÖ JG).
14 Gemäß § 6 Abs. 1 NÖ JG steht die Befugnis zur Eigenjagd in der Regel dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 Hektar zu, die eine für die zweckmäßige Ausübung der Jagd geeignete Gestaltung aufweist.
15 Gemäß § 7 Abs. 1 NÖ JG steht die Befugnis zur Eigenjagd auch dem Eigentümer einer zusammenhängenden Grundfläche von mindestens 115 ha zu, welche der Wildhege gewidmet und dazu geeignet ist, und der Erholung, der Schulung oder der Forschung dient und die gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes und das Einwechseln des außerhalb vorkommenden Schalenwildes vollkommen abgeschlossen wird (Wildgehege). Die Vorschriften der Abs. 3, 6 und 7 sowie der §§ 81 Abs. 1, 83 Abs. 7, 84 Abs. 1, 85 Abs. 4, 87 Abs. 3 und 6, 94b, 95 Abs. 1 Z 6, Abs. 3 und 95a NÖ JG betreffend Wildgehege gelten für diese Flächen erst mit Beginn des Jagdjahres, das der Fertigstellung der schalenwilddichten Einfriedung folgt. Die Fertigstellung ist der Behörde unverzüglich zu melden.
16 Gemäß § 7 Abs. 4 NÖ JG darf die Anerkennung von Wildgehegen nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 bis 3 vorliegen und durch die Einfriedung keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen für die Wildhege in den umliegenden Jagdgebieten zu erwarten sind.
17 Für den Fall, dass erhebliche nachteilige Auswirkungen iSd § 7 Abs. 4 NÖ JG durch mehrere Wildgehege gemeinsam zu erwarten sind, hat die Bezirksverwaltungsbehörde von diesen nur jene anzuerkennen, die bereits anerkannt waren und eingefriedet sind. Andere Grundstücke sind als Eigenjagdgebiet festzustellen (§ 7 Abs. 5 NÖ JG).
18 Gemäß § 7 Abs. 8 NÖ JG hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn sie feststellt, dass ein Wildgehege nicht mehr den Anerkennungsvoraussetzungen entspricht oder die gesetzlichen Erfordernisse nicht eingehalten werden, mit Bescheid die zur Erreichung des rechtmäßigen Zustands notwendigen Maßnahmen anzuordnen.
19 Bei einem schweren Verstoß gegen Bestimmungen betreffend die Wildgehege hat die Behörde die Anerkennung zu widerrufen und die Flächen als Eigenjagdgebiet anzuerkennen, wenn die Voraussetzungen der §§ 6 und 9 NÖ JG zutreffen. Treffen die Voraussetzungen der §§ 6 und 9 NÖ JG nicht zu, sind die Flächen dem Genossenschaftsjagdgebiet zuzuweisen (§ 7 Abs. 9 NÖ JG).
20 Gemäß § 7 Abs. 10 NÖ JG sind Einfriedungen von Flächen, die im Laufe der Jagdperiode die Eigenschaft als Wildgehege verlieren, unverzüglich zu entfernen, soferne diese Einfriedungen nicht auf Grund anderer rechtlicher Vorschriften oder im Sinne des § 99 NÖ JG zulässig sind. § 3a Abs. 10 und 11 NÖ JG sind sinngemäß anzuwenden.
21 Nach den damit verwiesenen (unmittelbar für Gehege zur Fleischgewinnung, Zuchtgehege und Zoos geltenden) Bestimmungen des § 3a Abs. 10 und 11 NÖ JG ist vor einer Entfernung der Einfriedungen durch den Berechtigten sicherzustellen, dass die in diesen Einfriedungen allenfalls gehaltenen landfremden oder in den umliegenden Jagdgebieten nicht vorkommenden Wildarten und jedenfalls Schwarzwild nicht in die freie Wildbahn gelangen können. Andere Wildarten, deren gänzliche Entfernung nicht beabsichtigt ist, dürfen auf der Fläche nur in einer solchen Anzahl belassen werden, die der Wilddichte der angrenzenden Jagdgebiete entspricht (§ 3a Abs. 10 NÖ JG).
22 Von der beabsichtigten Entfernung der Einfriedungen ist die Bezirksverwaltungsbehörde zudem mindestens vier Wochen vorher - unter Angabe von Art und Anzahl der gehaltenen Tiere - zu verständigen (§ 3a Abs. 11 NÖ JG).
23 Vor diesem Hintergrund ist einerseits klar, dass zu den "Anerkennungsvoraussetzungen" bzw. den "gesetzlichen Erfordernissen" (vgl. § 7 Abs. 8 NÖ JG) eines Wildgeheges nach § 7 NÖ JG jedenfalls die schalenwilddichte Einfriedung ("gegen das Auswechseln des gehegten Schalenwildes und das Einwechseln des außerhalb vorkommenden Schalenwildes vollkommen abgeschlossen"; vgl. § 7 Abs. 1 NÖ JG) gehört; andererseits aber auch, dass die Jagdbehörde dazu verpflichtet ist, mit Bescheid die zur Erreichung des rechtmäßigen Zustands notwendigen Maßnahmen anzuordnen, also in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die erforderliche schalenwilddichte Einzäunung bislang - entgegen dem NÖ JG und dem Feststellungsbescheid der Jagdbehörde - unterblieben ist, den Auftrag zur Errichtung einer entsprechenden Einfriedung zu erteilen.
24 Da das Jagdrecht an das Eigentum am Grund und Boden anknüpft (§ 4 Abs. 1 NÖ JG) und die Feststellung eines Eigenjagdgebiets, sei es auch in der Form eines Wildgeheges nach § 7 NÖ JG, ungeteiltes Eigentum an einer zusammenhängenden Grundfläche von zumindest 115 Hektar erfordert, entspricht es der Systematik des NÖ JG, dass ein Eigenjagdgebiet, um als solches anerkannt werden zu können, für sich genommen alle dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen muss; eine - der Revisionswerberin offenbar vorschwebende - "Zusammenlegung" von Eigenjagdgebieten unterschiedlicher Eigentümer ist dem NÖ JG fremd. Das "Fehlen der Möglichkeit", bei zwei aneinander grenzenden Jagdgehegen eine schalenwilddichte Einzäunung entfallen zu lassen, stellt daher, gemessen an Systematik und Zielsetzung des Gesetzes, keine Gesetzeslücke dar.
25 Die von der Revision betonte, aber nicht näher ausgeführte "besondere Rechtssituation" (die Revisionswerberin sei Verwalterin des Vermögens der benachbarten Eigenjagdberechtigten) ändert nichts daran, dass es sich bei den fraglichen Eigenjagdgebieten iSd § 6 NÖ JG um die zweier unterschiedlicher Eigentümer handelt.
26 Soweit sich die Revisionswerberin darauf beruft, dass - wie sich auch aus Gesetzesmaterialien ergebe - Wildbarrieren kritisch für den Wildlebensraum zu beurteilen seien, ist ihr insoweit Recht zu geben. Auch dies rechtfertigt aber keinen Verstoß gegen die sie nach § 7 NÖ JG und dem zu Grunde liegenden Jagdgebietsfeststellungsbescheid treffende Verpflichtung zur schalenwilddichten Einfriedung, will sie ein Jagdgehege bewilligungs- und gesetzeskonform betreiben. Im Übrigen ist bloß zu ergänzen, dass dem berufenen Ziel einer artgerechten Wildhege und dem Abbau von Wildbarrieren einfach durch Auflassung des Wildgeheges Rechnung getragen werden könnte (vgl. § 7 Abs. 10 iVm § 3a Abs. 10 und 11 NÖ JG).
27 Nach dem Gesagten ist die gesetzliche Rechtslage eindeutig, weshalb eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG selbst dann nicht vorliegt, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen ist (vgl. nur etwa VwGH 3.7.2015, Ra 2015/03/0041).
28 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 5. März 2019
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