VwGH Ra 2018/10/0147

VwGHRa 2018/10/014726.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision 1. des M K in L und 2. des S M in E, beide vertreten durch Mag. Markus Lechner, Rechtsanwalt in 6911 Lochau, Althaus 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 25. Juli 2018, Zl. LVwG-050057/63/Gf/Mu-050060/3, betreffend Apothekenkonzession (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung; mitbeteiligte Partei: J B in L, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Eleonore Berchtold-Ostermann in 1010 Wien, Bräunerstraße 6), den Beschluss gefasst:

Normen

ApG 1907 §10 Abs2 Z1 idF 2006/I/041
ApG 1907 §10 Abs3 idF 2006/I/041
ApG 1907 §10 idF 2006/I/041
ApG 1907 §29 Abs1 Z2 idF 2006/I/041
ApG 1907 §48 idF 2006/I/041
ApG 1907 §51 idF 2006/I/041
ApG 1907 §63 idF 2006/I/041
ApG 1907 §9 idF 2006/I/041
ASVG §342 Abs1
AVG §8
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018100147.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 25. Juli 2018 erteilte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich - durch Abweisung von Beschwerden u.a. der Revisionswerber, die jeweils eine Hausapotheke führende Ärzte in Nachbargemeinden von G sind, gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 1. September 2015 - der Mitbeteiligten gemäß §§ 3, 9 und 10 iVm §§ 48 bis 51 des Apothekengesetzes (ApG) die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in G unter Festlegung eines bestimmten Standortes.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Die Revision bringt in ihrer Zulassungsbegründung zunächst vor, es existiere keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob sich das Bedarfsausschlusskriterium des § 10 Abs. 2 Z 1 ApG auf faktische (dem ärztlichen Stellenplan widersprechende) Gegebenheiten oder den zwischen den Gesamtvertragsparteien abgeschlossenen Stellenplan beziehe.

6 Dem ist entgegenzuhalten, dass § 63 ApG das Gebiet der in den §§ 10 Abs. 2 Z 1, Abs. 3 und 3a, § 28 Abs. 2 und 3, § 29 Abs. 1 Z 2, Abs. 2 und 3 und § 62a genannten Gemeinde mit dem zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 41/2006 nach landesgesetzlichen Vorschriften jeweils festgelegten Gemeindegebiet umschreibt. Es besteht somit kein Zweifel, dass die im maßgeblichen § 10 Abs. 2 Z 1 ApG enthaltene Bezugnahme auf die "Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte" das in landesrechtlichen Vorschriften definierte Gemeindegebiet vor Augen hat. Demgegenüber bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber bei diesem Aspekt der Bedarfsprüfung nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten, sondern von einem - allenfalls davon abweichenden - Stellenplan ausgehen wollte.

7 Ist aber die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen wäre (vgl. VwGH 15.5.2019, Ro 2019/01/0006; 27.11.2018, Ra 2018/08/0225, jeweils mwN). 8 Die weitere Zulassungsbegründung der Revision wendet sich gegen die im Gutachten der Österreichischen Ärztekammer vorgenommene Beurteilung, dass der Ort W als zu berücksichtigender Verkehrsknotenpunkt iSd § 10 Abs. 6a ApG behandelt worden sei. Die entscheidenden Linien öffentlicher Verkehrsmittel seien weder im Gutachten der Apothekerkammer noch in der angefochtenen Entscheidung angeführt, W sei auch bei den grafisch dargestellten Verkehrsknotenpunkten der TU-Studie nicht ausgewiesen und zudem hätten Parallellinien berücksichtigt werden müssen. Es liege daher ein wesentlicher Begründungsmangel und darüber hinaus ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, weil die gerichtlich aufgetragene Ergänzung zur Aufklärung dieses Umstandes entweder nicht vorgelegt worden oder den Revisionswerbern nicht zur Äußerung übermittelt worden sei.

9 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur festgehalten hat, können im Verfahren betreffend die Verleihung einer Konzession zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke die Inhaber umliegender bestehender öffentlicher Apotheken (nur) ihre Existenzgefährdung geltend machen, also lediglich vorbringen, die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte ihrer öffentlichen Apotheke betrage weniger als 500 m bzw. die Zahl der von ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen werde sich infolge der Neuerrichtung der beantragten Apotheke verringern und weniger als 5.500 betragen. In anderen Fragen kommt den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken jedoch kein Mitspracherecht zu (vgl. z.B. VwGH 21.10.2010 , 2008/10/0199; 28.2.2005, 2001/10/0161).

10 Demgegenüber können hausapothekenführende Ärzte nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage des § 10 Abs. 2 ApG idF BGBl. I Nr. 16/2001 vorbringen, dass sich im Umkreis von 4 Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befinde und die Zahl der von der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke aus zu versorgenden Personen weniger als 5.500 betrage, weil es sich dabei um eine Bestimmung zum Schutz des eine Hausapotheke führenden Arztes handle (VwGH 21.5.2008, 2006/10/0254 und 2007/10/0268, sowie wiederum VwGH 28.2.2005, 2001/10/0161).

11 Nach der aufgrund der Aufhebung des § 10 Abs. 2 Z 1 ApG idF BGBl. I Nr. 16/2001 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. Oktober 2005, G 13/05-14, G 37/05-15, G 46/05- 13, mit BGBl. I Nr. 41/2006 neu gestalteten Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z 1 ApG, die unverändert in Geltung steht, besteht ein Bedarf nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind. Gemäß Abs. 3 leg. cit. besteht ein Bedarf gemäß Abs. 2 Z 1 auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke eine ärztliche Hausapotheke und eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Abs. 2 Z 1 entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach § 342 Abs. 1 ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.

12 Damit sind jene Interessen von eine Hausapotheke führenden Ärzten festgelegt, die sie im Rahmen der Bedarfsprüfung geltend zu machen berechtigt sind. So wie Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken bei der Bedarfsfrage nur ihre Existenzgefährdung geltend machen dürfen, sind Hausapotheken führende Ärzte im Rahmen ihrer Parteistellung lediglich berechtigt, das Vorhandensein einer ärztlichen Hausapotheke in einer sogenannten "Ein-Arzt-Gemeinde" iSd § 10 Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 ApG, in der die Betriebsstätte der neuen öffentlichen Apotheke errichtet werden soll, einzuwenden, nicht aber die Existenzgefährdung bestehender Apotheken. 13 Soweit die Revisionswerber in der Zulassungsbegründung die Beurteilung des Ortes W als Verkehrsknotenpunkt kritisieren, was allein dazu geführt habe, dass der öffentlichen Apotheke in W ein Versorgungspotential von über 5.500 verbleibe, machen sie damit eine von der Inhaberin der Apotheke in W aufzugreifende Frage geltend. Nach dem oben Gesagten kommt ihnen aber diesbezüglich kein Mitspracherecht zu.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. September 2019

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