VwGH Ra 2017/21/0247

VwGHRa 2017/21/024725.1.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des J M in W, vertreten durch Mag. Nikolaus Rast, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. Oktober 2017, Zl. G305 2164018- 1/10E, betreffend Ausweisung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §27 Abs2 Z2;
NAG 2005 §27;
NAG 2005 §54 Abs5 Z1;
NAG 2005 §54 Abs5 Z4;
NAG 2005 §54;
NAG 2005 §55;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 21. Juni 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Revisionswerber, einen Staatsangehörigen von Bosnien und Herzegowina, gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 19. Oktober 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) eine dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

3 Begründend stellte das BVwG fest, der Revisionswerber halte sich seit dem 31. März 2011 in Österreich auf. Am 2. Mai 2012 habe er hier die slowenische Staatsangehörige T. geheiratet und mit ihr einen gemeinsamen Wohnsitz in W begründet. Dem Revisionswerber sei daraufhin eine Aufenthaltskarte mit Gültigkeit vom 28. September 2012 bis zum 28. September 2017 ausgestellt worden. Der gemeinsame Wohnsitz und das Familienleben seien, nach Auszug der T. aus der Wohnung am 9. Jänner 2013, spätestens am 9. September 2013 infolge ihrer Rückkehr nach Slowenien beendet worden. Die Ehe, aus der keine Kinder hervorgegangen seien, sei am 17. August 2015 im Einvernehmen geschieden worden.

Infolge der Beendigung des Aufenthalts der EWR-Bürgerin T. in Österreich am 9. September 2013 seien auch die Voraussetzungen für das Aufenthaltsrecht des Revisionswerbers gemäß § 51 NAG weggefallen. Der Revisionswerber sei großteils unselbstständig beschäftigt gewesen, habe wiederholt aber auch Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen. Er sei kinderlos, in Österreich hielten sich ein Onkel, dessen Ehegattin und zwei seiner Brüder auf. Hinweise auf eine berücksichtigungswürdige besondere Integration des Revisionswerbers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht seien im Verfahren nicht hervorgekommen. Eine Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG führe zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts das persönliche Interesse des Revisionswerbers, der auch im Heimatstaat verwandtschaftliche Kontakte aufweise, am Verbleib im Bundesgebiet überwiege; eine Verletzung des Art. 8 EMRK erfolge durch die Ausweisung nicht.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss 13.12.2017, E 4136/2017, ablehnte.

5 Die parallel dazu erhobene Revision erweist sich als unzulässig.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

7 In diesem Zusammenhang wendet sich der Revisionswerber gegen die vom BVwG nach § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung, wobei er vor allem seine Aufenthaltsdauer, die in Österreich erlangte berufliche Integration sowie familiäre Bindungen zu den Brüdern sowie zu seinem Onkel und dessen Ehegattin hervorhebt.

8 Entgegen den Ausführungen der Revision erweist sich allerdings die vom BVwG nach Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgenommene Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG als vertretbar. Das BVwG hat nämlich auf alle vom Revisionswerber diesbezüglich ins Treffen geführten Umstände Bedacht genommen und auch das erreichte Maß an beruflicher Integration sowie die verwandtschaftlichen Kontakte ausreichend gewürdigt. Trotzdem musste das BVwG nicht von einem Überwiegen der persönlichen Interessen des Revisionswerbers an einem weiteren Verbleib in Österreich ausgehen, zumal die in Österreich erlangte soziale und sprachliche Integration, wie in der mündlichen Verhandlung erwiesen wurde, nicht ausgeprägt ist.

Ist das Ergebnis einer vom BVwG nach § 9 BFA-VG vorgenommenen Interessenabwägung aber wie im vorliegenden Fall vertretbar, so steht das nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision von vornherein entgegen (vgl. zuletzt etwa VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0188, mwN).

9 Im Übrigen verweist der Revisionswerber auf § 27 Abs. 2 Z 2 NAG, der ein Niederlassungsrecht von Familienangehörigen bei Scheidung der Ehe wegen überwiegenden Verschuldens des anderen Ehegatten begründe. Diese Bestimmung sei, so der Revisionswerber, auch bei Auslegung der für ihn als ehemals begünstigten Drittstaatsangehörigen geltenden Vorschriften der §§ 54 und 55 NAG entsprechend zu berücksichtigen.

10 Der Revisionswerber lässt bei seiner Argumentation unberücksichtigt, dass § 27 Abs. 2 Z 2 NAG sowohl auf Grund der in Abs. 1 dieser Bestimmung taxativ aufgezählten Aufenthaltstitel, auf die sich der Anwendungsbereich des § 27 NAG beschränkt, als auch unter Berücksichtigung der günstigeren, für (ehemalige) Angehörige eines EWR-Bürgers (wie ihn) geltenden Sondernorm des § 54 Abs. 5 Z 4 NAG bereits nach dem klaren Inhalt dieser gesetzlichen Anordnungen nicht zur Anwendung kommen kann. Ein Vorbringen zu der zuletzt genannten Norm, ebenso wie zu § 54 Abs. 5 Z 1 NAG, hat der Revisionswerber weder im Verfahren vor dem BFA noch vor dem BVwG (im Übrigen auch nicht in der gegenständlichen Revision) erstattet.

11 Die Revision erweist sich somit mangels Vorliegens einer Rechtsfrage, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, als unzulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 25. Jänner 2018

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte