Normen
BauPolG Slbg 1997 §2 Abs1 Z5;
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z2;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs7a;
ROG Slbg 2009 §55 Abs3;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2016060016.J00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber ist Miteigentümer des Grundstücks Nr. X, KG Salzburg. Mit seinem Eigentumsanteil ist Wohnungseigentum an der Wohnung Top 3 (in Eigentümerpartnerschaft) in dem auf dem genannten Grundstück befindlichen Objekt verbunden.
2 Im nördlichen Bereich des Grundstücks Nr. X besteht eine baubehördlich bewilligte Garage mit einer Seitenlänge von ca. 5,60 m, einer Breite von ca. 3,09 m und einer Höhe von ca. 2,50 m. Die Garage, die ein Flachdach aufweist, reicht unmittelbar bis an die nordwestliche Grenze zum Grundstück Nr. Y sowie unmittelbar bis an die nordöstliche Grenze zum Grundstück Nr. Z heran. Diese Grundstücksgrenzen bilden zugleich die Bauplatzgrenzen.
3 Im Bebauungsplan der Grundstufe "Schallmoos-Neustadt 8/G1/N1", Amtsblatt Nr. 18/2013 vom 30. September 2013, Seite 4, ist entlang der nordöstlichen Bauplatz- und Grundstücksgrenze des Grundstücks Nr. X in einem Abstand von 2,55 m im Wesentlichen parallel zu dieser nordöstlichen Grenze eine Baugrenzlinie im Sinne des § 55 Abs. 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) festgelegt. Die Baugrenzlinie verläuft somit durch die bestehende und baubehördlich bewilligte Garage.
4 Im ersten Obergeschoss des Objektes im Bereich der Wohnung Top 3 besteht zum Flachdach der Garage hin bereits eine Terrasse mit einer Breite (Tiefe) von 1,92 m und einer Länge von ca. 5,30 m. Die bestehende Terrasse hält einen Abstand von 3,09 m bis 3,17 m zur nordöstlichen Grundstücksgrenze hin ein.
5 Der Revisionswerber beantragte die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Erweiterung der bestehenden Terrasse auf das Flachdach der Garage, indem das bestehende Geländer zum Teil entfernt und auf dem Flachdach der Garage ein entsprechender Bodenbelag und ein neues Geländer angebracht würden. Nach einer im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) erfolgten Projektänderung ist entlang der nordöstlichen Bauplatzgrenze zum Grundstück Nr. Z hin eine Seitenlänge der Dachterrasse von 4,00 m vorgesehen. Die Dachterrasse entsprechend der Erweiterung nach der Einreichplanung weist eine Tiefe von 2,87 m auf (insgesamt hätte die sich mit der bestehenden Terrasse ergebende Dachterrasse somit eine Tiefe von 4,79 m (2,87 m + 1,92 m)). Das Geländer der Dachterrasse würde zur nordwestlichen und zur nordöstlichen Grundstücksgrenze jeweils einen Abstand von 30 cm zu den Grundstücksgrenzen einhalten. Der durch die Erweiterung erfasste Bereich auf der Garage weist eine Fläche von 2,87 x 4,00 m auf.
6 Die bereits bestehende Terrasse der Top 3 überschreitet die Baugrenzlinie nicht. Durch die Dachterrassenerweiterung würde die in diesem Bereich festgelegte Baugrenzlinie überschritten.
7 Für den maßgeblichen Bereich existieren weder ein Bebauungsplan der Aufbaustufe noch Festlegungen nach § 53 Abs. 2 Z 12 ROG 2009 oder § 53 Abs. 2 Z 16 ROG 2009.
8 Die Eigentümerin des Grundstücks Nr. Z hat dem Bauvorhaben laut Bauansuchen zugestimmt.
9 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 30. Dezember 2015 wurde das Ansuchen des Revisionswerbers um baubehördliche Bewilligung abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 9. Mai 2016 als unbegründet abgewiesen.
10 Das Verwaltungsgericht hielt im Wesentlichen fest, dass die verfahrensgegenständliche "Dachterrassenerweiterung" jedenfalls als Änderung der Art des Verwendungszweckes des Daches der Garage nach § 2 Abs. 1 Z 5 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG) baubewilligungspflichtig sei.
11 Zutreffend habe die belangte Behörde erkannt, dass § 25 Abs. 7a Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) grundsätzlich auch dann angewendet werden könne, wenn der seitliche Mindestabstand im Sinne des § 25 Abs. 7a BGG durch eine Baugrenzlinie in einem Bebauungsplan festgelegt worden sei. § 25 Abs. 7a BGG spreche anders als § 25 Abs. 8 BGG nicht von den in den §§ 25 Abs. 3 und Abs. 4 BGG festgesetzten Abständen, sondern vom seitlichen Mindestabstand, was - im Gegensatz zu § 25 Abs. 8 BGG - auch Baugrenzlinien im Sinne des § 55 Abs. 3 ROG 2009 umfasse (Verweis auf Giese, Kommentar zum Salzburger Baurecht, Rn. 22 zu § 25 BGG (Anmerkung: vgl. nunmehr Giese, Kommentar zum Salzburger Baurecht2 (2018), Rn. 21 zu § 25 BGG)).
12 Gegenstand des Bewilligungsverfahrens sei die Erweiterung der Dachterrasse. Davon unabhängig sei, dass die bestehende Garage mit dem Flachdach baubehördlich bewilligt sei. Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeit des beantragten Bauvorhabens des Revisionswerbers sei somit, ob die Voraussetzungen des § 25 Abs. 7a BGG bezogen auf die verfahrensgegenständliche Dachterrassenerweiterung vorlägen.
13 Die Dachterrassenerweiterung sei unter Berücksichtigung der §§ 25 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 7a BGG, 55 Abs. 3 ROG 2009 in Verbindung mit den Festlegungen des bereits genannten Bebauungsplanes der Grundstufe nicht zulässig. Die bauliche Maßnahme stehe mit dem genannten Bebauungsplan nicht im Einklang, es liege der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Z 2 BauPolG vor.
14 Das Verwaltungsgericht hielt dazu zusammengefasst fest, im Hinblick auf die Erläuternden Bemerkungen zu § 25 Abs. 7a BGG (zitiert aus Blg LT 12. GP: RV 703, 5. Sess) sei davon auszugehen, dass mit § 25 Abs. 7a BGG im Vergleich zu den generellen Mindestabstandsbestimmungen (vgl. § 25 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 4 BGG) für kleine Nebenanlagen wegen ihrer typischerweise geringeren Auswirkungen auf die Nachbarschaft verringerte (Mindest‑)Abstände zu den Bauplatzgrenzen ermöglicht werden sollten. Würde man - wie im vorliegenden Fall - ein Dach einer Nebenanlage (Garage) als Dachterrasse nutzen, könne nicht mehr davon gesprochen werden, dass damit typischerweise - wie der Gesetzgeber dies für Nebenanlagen nach § 25 Abs. 7a BGG vor Augen gehabt habe -
keine erhöhte Immissionsbelastung für das Nachbargrundstück einhergehen würde. Vom Gesetzgeber sei nach den Erläuternden Bemerkungen offenbar nicht die dauerhafte Nutzung der Dächer von Nebenanlagen im Sinne des § 25 Abs. 7a BGG zum Aufenthalt von Personen intendiert gewesen. Das Verwaltungsgericht gehe daher davon aus, dass vom Begriff der "eingeschossigen Nebenanlage" im Sinne der genannten Bestimmung nur solche Nebenanlagen umfasst sein sollten, bei denen ein Betreten der Dachfläche zu Aufenthaltszwecken von Personen regelmäßig nicht vorgesehen sei.
15 Nach weiteren Ausführungen - unter anderem zu § 10 Abs. 4 BauPolG - hielt das Verwaltungsgericht schließlich fest, die Errichtung einer Dachterrasse auf einer bestehenden, als "Nebenanlage" im Sinne des § 25 Abs. 7a BGG zu qualifizierenden Garage sei bei Überschreitung einer Baugrenzlinie nach § 55 Abs. 3 ROG 2009 nicht zulässig, weil bei einer derartigen Nutzung eines Flachdaches einer Garage als Dachterrasse diese Garage nicht mehr dem Begriff der Nebenanlage im Sinne des § 25 Abs. 7a BGG subsumiert werden könne.
16 Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ließ das Verwaltungsgericht mit der Begründung zu, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Errichtung einer Dachterrasse auf einer Nebenanlage nach § 25 Abs. 7a BGG zulässig sei.
17 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
18 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
19 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
20 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
21 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit seiner Revision ebenso mit dem Vorbringen, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Errichtung einer Dachterrasse auf einer Nebenanlage nach § 25 Abs. 7a BGG zulässig sei. Ergänzt wird dieses Vorbringen mit Ausführungen zu dem nach Ansicht des Revisionswerbers im Gesetz nicht näher erläuterten Begriff der "eingeschossigen Nebenanlage".
22 Die Revision erweist sich als nicht zulässig. 23 § 55 Abs. 3 ROG 2009 definiert Baugrenzlinien als Linien
gegenüber anderen Flächen als Verkehrsflächen, die durch oberirdische Bauten nicht überschritten werden dürfen.
24 Verfahrensgegenständlich ist ein Antrag auf Erweiterung der bestehenden Terrasse, die zum Wohnungseigentumsobjekt des Revisionswerbers gehört, durch Einbeziehung des Flachdaches der bestehenden Garage, die als Nebenanlage bewilligt wurde. Auf dem Dach der Garage sollen ein Bodenbelag und ein Geländer angebracht werden. Angesichts des damit jedenfalls gegebenen funktionellen Zusammenhanges der Terrasse mit dem Hauptgebäude kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegen getreten werden, wenn es von der Unzulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Überschreitung der festgesetzten Baugrenzlinie ausgegangen ist. Wenngleich der in § 25 Abs. 7a BGG verwendete Begriff der Nebenanlage weder im BGG noch im Salzburger Baupolizeigesetz definiert wird, ist die im Revisionsfall beantragte Terrasse wegen ihrer baulichen Ausgestaltung und ihrer Funktion als Terrasse für das Wohnungseigentumsobjekt des Revisionswerbers keinesfalls als selbständige Nebenanlage, die allenfalls nach § 25 Abs. 7a BGG zulässig wäre, anzusehen (vgl. VwGH 25.4.2005, 2004/17/0193; im Übrigen würde auch eine Beurteilung als Nebenanlage im Revisionsfall nicht zur Zulässigkeit führen, da mit der als Garage bewilligten Nebenanlage an dieser Seite der Grundgrenze bereits eine derartige Nebenanlage bewilligt ist und somit § 25 Abs. 7a Z 5 BGG einer weiteren Bewilligung als Nebenanlage entgegen steht).
25 Aufgrund des baulichen und funktionellen Zusammenhangs mit dem Hauptgebäude kann das Vorhaben aber auch nicht als bloße Änderung der Nebenanlage angesehen werden. Es erübrigt sich daher die Prüfung, ob eine vergleichbare (aber nicht zum funktionellen Zusammenhang mit dem Hauptgebäude führende) bauliche Veränderung den Verlust der Eigenschaft als "eingeschossige Nebenanlage" bewirken würde.
26 Die vom Verwaltungsgericht für die Zulässigkeit der Revision ins Treffen geführte Frage ist daher für die Entscheidung über die Revision nicht relevant. Da auch in der Revision keine weitere als grundsätzlich anzusehende Rechtsfrage aufgezeigt wird, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am 1. August 2018
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