Normen
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §12a ;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §24 ;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Mitbeteiligte beantragte eine Baubewilligung für einen eingeschossigen Zubau am Wohnhaus und den Umbau und die Umwidmung eines ehemaligen Geschäftslokales zu einer Wohnung auf dem Grundstück Nr. X, KG S. Dabei berief sie sich auf die Bauplatzerklärung vom 31. März 1953 (im Folgenden kurz: Bauplatzerklärung 1953).
2 Die Revisionswerberinnen sind Eigentümerinnen des nördlich unmittelbar an das Grundstück Nr. X angrenzenden Grundstückes Nr. Y, KG S. Dieses entstand nach der Erteilung der Bauplatzerklärung 1953 durch Teilung des Grundstückes Nr. Z in die nunmehrigen Grundstücke Nr. Y und Nr. X, wobei zum Zwecke der Einhaltung des gemäß § 70 Salzburger Stadtbauverordnung 1886, GVBl für das Herzogthum Salzburg Nr. 27, erforderlichen Mindestabstandes des Bestandsobjekts auf Grundstück Nr. Y von 5 m von der Grundstücksgrenze ein Teil der zum Bauplatz erklärten Fläche auf dem Grundstück Nr. Y zu liegen kam.
3 Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg erteilte der Mitbeteiligten mit Bescheid vom 13. Juni 2016 die beantragte Baubewilligung.
4 Das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) wies die von den Revisionswerberinnen dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für nicht zulässig.
Begründend führte es - soweit dies für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof relevant ist - aus, gemäß der Übergangsbestimmung des § 27 Abs. 2 Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) sei fallbezogen die Bauplatzerklärung 1953 anzuwenden. Daran ändere auch nichts, dass die damalige Alleineigentümerin der nunmehrigen Grundstücke Nr. Y und Nr. X dem Rechtsvorgänger der Revisionswerberinnen nach Erlassung der Bauplatzerklärung einen Teil der Fläche, die von der Bauplatzerklärung umfasst sei, verkauft habe. Ein Bauplatz könne auch nur Teile von Grundstücken oder mehrere Grundstücke unterschiedlicher Eigentümer umfassen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis (vom 23. November 2010), 2008/06/0115); die Abstandsbestimmungen in § 25 BGG bezögen sich nicht auf die Grundgrenzen, sondern auf die Grenzen des Bauplatzes (Hinweis nochmals auf das hg. Erkenntnis 2008/06/0115). Hinsichtlich der einzuhaltenden Nachbarabstände habe der Gesetzgeber jedoch keine Übergangsbestimmungen erlassen, sodass im gegenständlichen Verfahren nicht die zum Zeitpunkt der Erklärung zum Bauplatz in Geltung gestandenen Abstandsbestimmungen anzuwenden seien, sondern § 25 Abs. 3 BGG. Eine allfällige Verletzung oder Beeinträchtigung der (Mit‑)Eigentumsrechte der Revisionswerberinnen an einem Teil der Bauplatzfläche stelle eine privatrechtliche Einwendung dar, die auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung zusammengefasst vor, die Baubehörden hätten vor Erteilung der Baubewilligung die Bauplatzerklärung 1953 abändern müssen. "Nachdem eine Unterschreitung des Mindestabstandes zu Gst-Nr. Y entgegen der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 24 ff BGG) bewilligt wurde, liegt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vor... Die Bauplatzgrenze des Gst-Nr. X verläuft innerhalb des Gst-Nr. Y (im Eigentum der RW)." Darüber hinaus sei § 12 BGG unrichtig angewendet worden; demnach sei auch bei Umbauten eine Bauplatzerklärung erforderlich. Da die Bauplatzgrenze die Grundgrenze um ca. 2 m überrage, wäre jedenfalls eine Änderung des Bauplatzes - wie vom Baurechtsamt des Magistrates der Stadt S. und vom Amt für Vermessung und Geoinformation des Magistrates der Stadt S. empfohlen - erforderlich gewesen, um die Mindestabstände einhalten zu können. Es stelle eine erhebliche Rechtsfrage dar, ob die gesetzlichen Mindestabstände "(insbesondere § 25 Abs. 36 BGG)" unterschritten werden dürften, wenn die Bauplatzgrenze vor Inkrafttreten des BGG festgelegt worden sei und diesem widerspreche. Weitere erhebliche Rechtsfragen seien, ob eine Unterschreitung von Mindestabständen ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht darstelle und "ob eine Behörde trotz ausdrücklichen behördlichen Auftrages eine zwingend vorgeschriebene Bauplatzänderung vorzunehmen (in Form einer Einschränkung der Bauplatzgrenze auf das Gst-Nr. X), unterlassen kann."
9 Die Revisionswerberinnen bestreiten nicht, dass die Bauplatzerklärung 1953 rechtskräftig erlassen wurde. Sie bringen auch nicht vor, dass diese erloschen wäre (vgl. die Ausführungen in Giese, Salzburger Baurecht, Rz 5 zu § 22 BGG, sowie in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2015, 2013/06/0113). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Verfahrensakten. Somit ging das LVwG zutreffend davon aus, dass die Bauplatzerklärung 1953 nach wie vor aufrecht ist.
Die Änderung eines Bauplatzes gemäß § 24 BGG kann - ebenso wie die Erklärung zum Bauplatz gemäß § 12a leg. cit. - nur auf Antrag der Grundeigentümer erfolgen (vgl. Giese, a.a.O. Rzen 1 und 6 zu § 24 BGG, sowie das hg. Erkenntnis vom 12. August 2014, 2013/06/0011). Eine Bauplatzänderung von Amts wegen ist im Gesetz ebenso wenig vorgesehen wie ein diesbezüglicher "Auftrag" einer anderen Dienststelle. Mangels eines entsprechenden Antrages der Grundeigentümer gemäß § 24 BGG war es sowohl der Baubehörde als auch dem LVwG versagt, eine Änderung der Bauplatzerklärung 1953 vorzunehmen.
§ 27 Abs. 2 BGG sieht ausdrücklich vor, dass rechtskräftige Bauplatzerklärungen, die vor Inkrafttreten des BGG erlassen worden waren, auch dann als Bauplatzerklärungen im Sinne der §§ 12 leg. cit. gelten, wenn sie inhaltlich nicht im Einklang mit diesen Bestimmungen stehen. Angesichts dieses eindeutigen Wortlautes ist diesbezüglich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Februar 2015, Ra 2014/06/0049, mwN).
10 Sofern die Revision eine "Unterschreitung des Mindestabstandes" rügt, bezieht sie sich erkennbar auf die zum Zeitpunkt der Erlassung der Bauplatzerklärung in Geltung gestandenen Abstandsbestimmungen des § 70 Abs. 3 des Gesetzes vom 2. April 1886, LGBl. Nr. 27/1886, womit eine Bau-Ordnung für die Landeshauptstadt Salzburg erlassen wurde. Demnach musste der Zwischenraum zwischen einzelnen Gebäuden und der Nachbargrenze mindestens 5 m betragen, sodass die Entfernung zwischen zwei Gebäuden mindestens 10 m betrug. Diese Abstandsbestimmungen sind jedoch mangels entsprechender Übergangsbestimmungen - im Unterschied zu § 27 Abs. 2 BGG betreffend die Bauplatzerklärungen -
im gegenständlichen Verfahren nicht anzuwenden. Dass die fallbezogen relevanten Abstandsvorschriften des § 25 Abs. 3 BGG nicht eingehalten würden, bringt die Revision nicht vor. Dem Austauschplan vom 14. Dezember 2015, der integrierender Bestandteil der Genehmigung ist, zufolge beträgt der Abstand zwischen dem (eingeschossigen) Anbau und der nördlichen Bauplatzgrenze mindestens 4,25 m. Angesichts dessen ist nicht erkennbar, dass das LVwG eine Unterschreitung des Mindestabstandes zur Bauplatzgrenze bewilligt hätte.
11 Letztlich zeigt die Revision auch mit dem Vorbringen, "(d)ie Bauplatzgrenze des Gst-Nr. X verläuft innerhalb des Gst-Nr. Y (im Eigentum der RW)" keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Aus dem Austauschplan vom 14. Dezember 2015 ist ersichtlich, dass die Bauplatzgrenze etwa 2 m weiter nördlich der Grundgrenze auf dem Grundstück der Revisionswerberinnen verläuft. Das LVwG führte dazu zutreffend aus, dass Bauplätze auch nur Teile von Grundstücken oder mehrere Grundstücke unterschiedlicher Eigentümer umfassen können und sich die Abstandsbestimmungen gemäß § 25 BGG nicht auf die Grundgrenzen, sondern auf die Grenzen des Bauplatzes beziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. November 2010, 2008/06/0115). Dem tritt die Revision nicht entgegen. Etwaige zivilrechtliche Ansprüche sind nicht im Verwaltungsverfahren zu klären.
12 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
13 Angesichts dessen war über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht mehr abzusprechen. Wien, am 7. September 2017
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