VwGH Ra 2016/13/0027

VwGHRa 2016/13/002722.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des L in E, vertreten durch die Audit Partner Austria Wirtschaftsprüfer GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 12. Mai 2016, Zl. RV/7102039/2014, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §188;
BAO §209a Abs1;
BAO §209a Abs2;
BAO §188;
BAO §209a Abs1;
BAO §209a Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 29. Juli 2013 entschied das Finanzamt in Abänderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO eines Bescheides von 27. April 2012 über die Einkommensteuer des Revisionswerbers für das Streitjahr 2003, die im Bescheid vom 29. Juli 2013 mit EUR 667,01 festgesetzt wurde. Die Abänderung stützte sich auf einen Feststellungsbescheid vom 19. Juli 2013 betreffend die Gesellschaft A, an der der Revisionswerber beteiligt war. Der Bescheid vom 27. April 2012 war in Abänderung eines Bescheides vom 20. Dezember 2011, ein erster Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 nach Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung schon im Jahr 2004 ergangen.

2 Gegen den Bescheid vom 29. Juli 2013 erhob der Revisionswerber mit Schriftsatz vom 26. August 2013 Berufung. Er verband dies mit dem Vorbringen, gegen den Feststellungsbescheid vom 19. Juli 2013, der ein "Nichtbescheid" sei, sei Berufung erhoben worden. In der beiliegenden Kopie dieser Berufung wurde das Vorliegen eines "Nichtbescheids" mit Begründungsmängeln und einer Verletzung des Parteiengehörs begründet.

3 Mit Bescheid vom 12. Dezember 2013 setzte das Finanzamt in Abänderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO des Bescheides vom 29. Juli 2013 die Einkommensteuer für das Jahr 2003 mit EUR 51.427,84 fest. Diese Abänderung stützte sich auf eine als Feststellungsbescheid intendierte Erledigung vom 5. Dezember 2013 betreffend die Gesellschaft B, an der der Revisionswerber ebenfalls beteiligt war. Da diese Erledigung nach Ansicht des Finanzamtes ins Leere gegangen war, wurde der davon abgeleitete Bescheid vom 12. Dezember 2013 vom Finanzamt mit Bescheid vom 20. Dezember 2013 gemäß § 299 BAO wieder aufgehoben.

4 Mit einem zweiten Bescheid vom 20. Dezember 2013 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer in Abänderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO des Bescheides vom 29. Juli 2013 mit EUR 66.549,27 fest. Diese Abänderung stützte sich auf einen neuen Feststellungsbescheid vom 13. Dezember 2013 betreffend die Gesellschaft B.

5 Der Abänderungsbescheid vom 20. Dezember 2013 wurde dem Revisionswerber erst am 3. Jänner 2014 zugestellt.

6 Mit Schriftsatz vom 9. Jänner 2014 erhob der Revisionswerber gegen den Bescheid vom 20. Dezember 2013 "Berufung (...) gegen die Änderung der Höhe der Einkünfte aus der Beteiligung an der" Gesellschaft B und gegen die Qualifikation von Einkünften aus dieser Beteiligung als nicht ausgleichsfähig gemäß § 2 Abs. 2a EStG 1988. Der Feststellungsbescheid vom 13. Dezember 2013 sei rechtswidrig und werde "im Übrigen selbst mittels Berufung bekämpft".

7 Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2014 machte der Revisionswerber ergänzend geltend, in Bezug auf die Einkommensteuer für das Jahr 2003 sei mit Ablauf des 31. Dezember 2013 absolute Verjährung eingetreten. Der erst im Jahr 2014 zugestellte Bescheid vom 20. Dezember 2013 sei daher nicht mehr zulässig gewesen.

8 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 7. April 2014 wies das Finanzamt die durch die späteren Schriftsätze ergänzte, nunmehr als Beschwerde zu behandelnde Berufung vom 26. August 2013 "gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 vom 29.7.2013 bzw. vom 20.12.2013" als unbegründet ab. Es stützte dies - soweit hier wesentlich - auf § 209a Abs. 1 BAO, wonach der Eintritt der Verjährung einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, nicht entgegensteht. Die Begründung enthielt auch Ausführungen darüber, dass das Rechtsmittel gegen den Feststellungsbescheid vom 19. Juli 2013 betreffend die Gesellschaft A mit Beschwerdevorentscheidung vom 5. März 2014 als unbegründet abgewiesen worden sei, wobei die Ausführungen in dieser Beschwerdevorentscheidung über das Vorliegen eines wirksamen Feststellungsbescheides "zur Begründung dieser Beschwerdevorentscheidung" (vom 7. April 2014) "erhoben" wurden. Zum Einkommensteuerbescheid vom 20. Dezember 2013 wurde dargelegt, er sei wegen seiner Erlassung nach Eintritt der absoluten Verjährung "grundsätzlich" rechtswidrig, weshalb der Beschwerde "diesbezüglich grundsätzlich" stattzugeben wäre. Am Spruch des Bescheides würde sich "im Rahmen der nunmehrigen meritorischen Beschwerdevorentscheidung" jedoch nichts ändern, weshalb er nicht rechtswidrig und die Beschwerde dagegen abzuweisen sei.

9 Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2014 beantragte der Revisionswerber die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

10 Mit dem angefochtenen Erkenntnis traf das Bundesfinanzgericht folgende Entscheidung:

"Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Einkommensteuerbescheid vom 20.12.2013 wird aufgehoben.

Der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 29.7.2013 wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Abgabenhöhe sind dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen."

11 Das Berechnungsblatt wies die Einkommensteuer in derselben Höhe aus wie der Einkommensteuerbescheid vom 20. Dezember 2013.

12 In seinen Erwägungen stellte das Bundesfinanzgericht zunächst fest, mit Ablauf des Jahres 2013 sei die Verjährung eingetreten und der Abänderungsbescheid vom 20. Dezember 2013 sei dem Revisionswerber erst danach zugestellt worden. Im Anschluss an allgemeine Rechtsausführungen u.a. zu § 209a Abs. 1 und 2 BAO legte das Bundesfinanzgericht weiters dar, "im Rahmen des nunmehrigen meritorischen Erkenntnisses" sei auch der Feststellungsbescheid vom 13. Dezember 2013 zu berücksichtigen. Gemäß § 209a Abs. 1 BAO stehe der Eintritt der Verjährung einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen habe, nicht entgegen. Einer Berücksichtigung der die Beteiligung an der Gesellschaft B betreffenden Ergebnisse stehe "damit unter Anwendung der Bestimmung des § 209a Abs. 1 BAO auch die mittlerweile eingetretene absolute Verjährung" nicht entgegen. Es sei daher keine anderslautende Einkommensteuer festzusetzen als in dem Bescheid vom 20. Dezember 2013. Dem Einwand im Vorlageantrag, nach Eintritt der Verjährung dürfe es nicht zur erstmaligen Festsetzung von zusätzlichen Abgaben kommen, sei entgegenzuhalten, dass es sich im vorliegenden Fall "eben nicht um eine erstmalige Abgabenfestsetzung, sondern vielmehr um eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung gemäß § 295 Abs. 1 BAO" handle. Eine "Aufsplittung" der Abgabe in den bereits früher vorgeschriebenen und den zusätzlichen Betrag sei rechtlich nicht vorgesehen.

13 Die Bescheidbeschwerde des Revisionswerbers gelte "nunmehr gemäß § 253 BAO sowohl gegen den Bescheid vom 29.7.2013 als auch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 20.12.2013 gerichtet. Da der Bescheid vom 20.12.2013 erst nach Eintritt der absoluten Verjährung zugestellt wurde, wird dieser aufgehoben. Der Bescheid vom 29.7.2013 wird aus den genannten Gründen abgeändert."

14 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzamt mit der Begründung, die in Art. 133 Abs. 4 B-VG normierten "Voraussetzungen" lägen "nicht vor", für unzulässig.

15 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, zu deren Zulässigkeit im Wesentlichen dargelegt wird, es liege "kein Anwendungsfall des § 209a BAO" vor, womit die nach Eintritt der Bemessungsverjährung erfolgte Abgabenfestsetzung durch das Bundesfinanzgericht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtswidrig sei. Als Revisionspunkt wird zunächst geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis verletze den Revisionswerber in seinem Recht auf Beachtung der absoluten Verjährung. Zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel gegen den Einkommensteuerbescheid vom 29. Juli 2013, der "nicht Gegenstand der Beschwerde" gewesen sei, sei das Bundesfinanzgericht aber auch nicht zuständig gewesen, wodurch der Revisionswerber ebenfalls in Rechten verletzt sei.

16 Das Finanzamt erstattete keine Revisionsbeantwortung. 17 Mit Berichterverfügung vom 22. November 2016 wurde den Parteien vorgehalten, sie gingen wie das Bundesfinanzgericht davon aus, dass der Bescheid vom 20. Dezember 2013 wegen Erlassung nach Eintritt der absoluten Verjährung rechtswidrig gewesen sei. Dabei sei auf die Rechtsfolgen der aktenkundigen Bekämpfung des Feststellungsbescheides vom 19. Juli 2013, von dem nicht nur der Einkommensteuerbescheid vom 29. Juli 2013, sondern auch der ihn ersetzende vom 20. Dezember 2013 u.a. abhängig gewesen sei, bislang nicht eingegangen worden. Im Hinblick auf das gegen diesen Feststellungsbescheid vor Eintritt der Verjährung erhobene Rechtsmittel sei auf § 209a Abs. 2 BAO Bedacht zu nehmen.

18 Das Finanzamt nahm dazu in einem Schreiben Stellung, in dem es an der Ansicht festhielt, auf Grund der "Bestimmung des § 209a Abs. 1 BAO" sei die "grundsätzlich eingetretene absolute Verjährung" einer Abgabenfestsetzung "im Zeitpunkt des Ergehens des Erkenntnisses" des Bundesfinanzgerichtes nicht entgegengestanden.

19 Der Revisionswerber äußerte sich wie folgt:

"Gemäß § 209a Abs. 2 BAO können Abgaben auch nach Eintritt der Verjährung (Festsetzungsverjährung) festgesetzt werden, wenn diese unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung eines Rechtsmittels oder eines Antrages abhängig sind und das Rechtsmittel bzw. der Antrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht bzw. erhoben wurde.

Normzweck des § 209a Abs. 2 BAO ist, die Partei vor Rechtsnachteilen (durch Eintritt der Bemessungsverjährung) zu schützen, die lediglich dadurch entstehen, dass die Abgabenbehörden Anbringen nicht unverzüglich erledigen (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, § 209(a) Rz 11,

4. Auflage). § 209a Abs. 2 BAO soll damit ermöglichen, dass sich aus einem konkreten und rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung vom Abgabepflichtigen gestellten Antrag bzw. eingebrachten Rechtsmittel ergebende Rechtsfolgen auch nach Eintritt der Verjährung (bescheidmäßig) umgesetzt werden können.

§ 209a Abs. 2 BAO räumt der Abgabenbehörde allerdings nicht das Recht ein, nach Eintritt der Verjährung darüber hinausgehende - somit sich nicht aus der Erledigung des konkreten Antrages bzw. Rechtsmittels ergebende - Änderungen des Bescheides vorzunehmen.

Der Bescheid vom 20. Dezember 2013, mit dem der Einkommensteuerbescheid 2003 unter Verweis auf den neuerlich von Amts wegen ergangenen Feststellungsbescheid 2003 zu Steuernummer (B) vom 13. Dezember 2013 abgeändert wurde, war weder mittelbar (kein Antrag/Rechtsmittel des Revisionswerbers betreffend den gegenständlichen Grundlagenbescheid) noch unmittelbar von einem Antrag oder Rechtsmittel des Revisionswerbers abhängig. Damit trat mit Ablauf des 31. Dezember 2013 absolute Verjährung ein.

Da iZm dem Bescheid vom 20. Dezember 2013 weder der Tatbestand des § 209a Abs. 1 BAO (Abgabenfestsetzung hatte nicht im Zuge einer Rechtsmittelerledigung zu erfolgen) noch der Tatbestand des § 209a Abs. 2 BAO (s. obige Ausführungen) erfüllt war, war dieser in Folge Verjährungseintritt rechtswidrig und durch das Bundesfinanzgericht aufzuheben.

Die Tatsache, dass gegen einen anderen Grundlagenbescheid - nämlich zur Steuernummer (A) - eine Beschwerde anhängig war, führt hinsichtlich der sich aus dem Feststellungsbescheid 2003 zu Steuernummer (B) vom 13. Dezember ergebenden Änderungen nicht dazu, dass der Tatbestand des § 209a Abs. 2 BAO erfüllt ist.

Lediglich die sich durch Erledigung der Beschwerde gegen den angefochtenen Feststellungsbescheid 2003 zu Steuernummer (A) ergebenden Änderungen können nunmehr gem. § 209a Abs. 2 BAO zu einer Abänderung des Einkommensteuerbescheides 2003 führen.

Es wird daher beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben oder selbst dahingehend abändern, dass lediglich der Einkommensteuerbescheid vom 20. Dezember 2013 in Folge Eintritts der absoluten Verjährung aufgehoben wird und die in der Folge verfügte Abänderung des Einkommensteuerbescheids 2003 vom 29. Juli 2013 unterbleibt."

 

20 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

21 Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidung darüber in Bezug auf die Auslegung des § 209a BAO von Rechtsfragen abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt.

22 Die inhaltliche Behandlung der Revision erfordert zunächst aber eine Auslegung des Spruchs des angefochtenen Erkenntnisses, in dem auf die Feststellung, die Beschwerde werde abgewiesen, zunächst die Aufhebung des mit ihr bekämpften Bescheides und sodann der Ausspruch folgt, ein früherer Bescheid werde im Sinne des unter einem aufgehobenen Bescheides abgeändert.

23 Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich das Bundesfinanzgericht nicht mit solchen Bezugnahmen auf Bescheide und dagegen erhobene Rechtsmittel begnügt, sondern unter Verweis auf ein angeschlossenes Berechnungsblatt eine eigene Abgabenbemessung vorgenommen hat. In dieser Abgabenbemessung ist der normative Gehalt des angefochtenen Erkenntnisses zu sehen, während den begleitenden Bezugnahmen auf Bescheide und Rechtsmittel im vorliegenden Fall nur die Bedeutung in den Spruch aufgenommener Begründungsteile zukommt.

24 Die in diesen schon zum Ausdruck kommende Begründungslinie des Bundesfinanzgerichtes geht - in Übernahme der Argumentation des Finanzamtes - dahin, dass der Bescheid vom 20. Dezember 2013 wegen des vor seiner Erlassung erfolgten Eintritts der absoluten Verjährung rechtswidrig und daher aufzuheben sei, wobei dies das Verfahren zur Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2003 aber nicht mit einer ersatzlosen Behebung beende, sondern den Weg zur gleichzeitigen Erledigung des Rechtsmittels vom 26. August 2013 gegen den Bescheid vom 29. Juli 2013 unter Berücksichtigung auch des die Gesellschaft B betreffenden Feststellungsbescheides eröffne. Dass der Eintritt der absoluten Verjährung dem nicht entgegenstehe, leitet das Bundesfinanzgericht - wie das Finanzamt - aus § 209a Abs. 1 BAO ab, wonach u.a. einer Abgabenfestsetzung, die in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, der Eintritt der Verjährung nicht entgegensteht. Die zitierte Bestimmung setzt voraus, dass sich das zu erledigende Rechtsmittel gegen einen Bescheid richtet, der nicht schon wegen Eintritts der Verjährung rechtswidrig war (vgl. das Erkenntnis vom 12. Dezember 2007, 2006/15/0004, VwSlg 8294/F), was nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auf den Bescheid vom 29. Juli 2013, aber nicht auch auf den vom 20. Dezember 2013 zutraf.

25 Die auf dieser Betrachtungsweise beruhende Abgabenbemessung durch das Bundesfinanzgericht verletzt den Revisionswerber aber nicht in den als Revisionspunkten geltend gemachten Rechten, wenn der Eintritt der absoluten Verjährung schon der gleichlautenden Abgabenbemessung in dem Bescheid vom 20. Dezember 2013 nicht entgegenstand.

26 Gemäß § 209a Abs. 2 BAO steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung u.a. dann nicht entgegen, wenn die Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer vor dem Eintritt der Verjährung eingebrachten Beschwerde abhängt. Eine Abhängigkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt, wie in den allgemeinen Rechtsausführungen des Bundesfinanzgerichtes auch zutreffend dargelegt wird, etwa dann vor, wenn ein Abgabenbescheid von einem mit einem Rechtsmittel bekämpften Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO abzuleiten ist (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 2. September 2009, 2008/15/0216, und vom 30. Mai 2012, 2008/13/0074).

27 Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass gegen den Feststellungsbescheid vom 19. Juli 2013 vor Eintritt der Verjährung ein Rechtsmittel erhoben wurde. Dass es sich bei diesem Feststellungsbescheid tatsächlich um einen "Nichtbescheid" gehandelt habe (vgl. zu den Rechtsfolgen, die dies hätte, das zitierte Erkenntnis vom 30. Mai 2012), sodass das Rechtsmittel richtigerweise zurückzuweisen war, macht der Revisionswerber in Reaktion auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom 7. April 2014 und auf den Vorhalt der Beschwerdevorentscheidung vom 5. März 2014 auch in der Berichterverfügung vom 22. November 2016 nicht mehr geltend. Was die damit klärungsbedürftige Frage der Rechtswirkungen nach § 209a Abs. 2 BAO anlangt, so enthält die Stellungnahme zur Berichterverfügung aber keine ausdrückliche Antwort darauf, dass der Inhalt eines gemäß § 295 Abs. 1 BAO zu erlassenden Einkommensteuerbescheides, mit dem einem die Gesellschaft B betreffenden späteren Feststellungsbescheid Rechnung getragen werden sollte, nicht nur von diesem, sondern auch von dem mit Berufung bekämpften, die Gesellschaft A betreffenden früheren Feststellungsbescheid abhing.

28 Schon in der Revision wurde dabei eingeräumt, dass es dem Bundesfinanzgericht (zu ergänzen: oder dem Finanzamt im Wege einer Beschwerdevorentscheidung) gemäß § 209a Abs. 1 BAO nicht verwehrt gewesen wäre, bei der Erledigung des Rechtsmittels gegen den Einkommensteuerbescheid vom 29. Juli 2013 (gemeint: selbst nach Ablauf der Frist für die absolute Verjährung) auch den die Gesellschaft B betreffenden Feststellungsbescheid zu berücksichtigen, wenn das Finanzamt nicht den nach Ansicht des Revisionswerbers zum Zeitpunkt seiner Zustellung rechtswidrigen, den Bescheid vom 29. Juli 2013 ersetzenden und gemäß § 253 BAO nunmehr den Gegenstand des schon erhobenen Rechtsmittels bildenden Abänderungsbescheid gemäß § 295 Abs. 1 BAO vom 20. Dezember 2013 erlassen hätte.

29 Nach der Stellungnahme des Revisionswerbers zur Berichterverfügung vom 22. November 2016 soll der das Hindernis der Verjährung gemäß § 209a Abs. 1 BAO beseitigenden und auch die Einbeziehung des erst später ergangenen Feststellungsbescheides hinsichtlich der Gesellschaft B ermöglichenden Wirkung des Rechtsmittels gegen den Einkommensteuerbescheid vom 29. Juli 2013 aber keine gleichartige Wirkung gemäß § 209a Abs. 2 BAO des Rechtsmittels gegen den diesem Einkommensteuerbescheid zugrundeliegenden Feststellungsbescheid betreffend die Gesellschaft A entsprechen. Anders als das Rechtsmittel gegen den von ihm abgeleiteten Einkommensteuerbescheid vom 29. Juli 2013 soll das Rechtsmittel gegen den Feststellungsbescheid vom 19. Juli 2013 also keine Abgabenbemessung nach Eintritt der Verjährung ermöglichen, bei der auch der Feststellungsbescheid vom 13. Dezember 2013 berücksichtigt werden darf.

30 Für eine solche Unterscheidung fehlt jedoch eine Grundlage im Gesetz. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, werden Fälle, in denen ein Rechtsmittel gegen den Feststellungsbescheid anhängig ist, durch § 209a Abs. 2 BAO den Fällen, in denen die Abgabenfestsetzung selbst Gegenstand eines anhängigen Rechtsmittelverfahrens ist, vielmehr gleichgestellt (vgl. dazu die schon zitierten Erkenntnisse vom 2. September 2009 und vom 30. Mai 2012). Im vorliegenden Fall, in dem beide Rechtsmittel erhoben wurden, war die Abgabenbemessung nach Eintritt der Verjährung daher aus beiden Gründen zulässig, wobei auch keine Konstellation vorlag, für die das Gesetz etwa wie in § 207 Abs. 2 BAO eine teilweise Verjährung (hier: in Bezug auf die nicht schon vor Ablauf der Verjährungsfrist in eine Abgabenbemessung einbezogenen Einkünfte) oder wie in § 209a Abs. 4 BAO ein Außerachtlassen der Verjährung nur zum Vorteil des Abgabepflichtigen vorsieht.

31 Dem Bescheid vom 20. Dezember 2013, der nicht nur vom neuen Feststellungsbescheid betreffend die Gesellschaft B, sondern auch von dem mit Berufung bekämpften Feststellungsbescheid betreffend die Gesellschaft A abhing, stand der Eintritt der Verjährung daher gemäß § 209a Abs. 2 BAO nicht entgegen, wobei es auch nicht schadete, dass die Erledigung des Rechtsmittels gegen den älteren Feststellungsbescheid nicht abgewartet wurde und die neue Abgabenfestsetzung nicht infolge einer Änderung dieses Feststellungsbescheides im Rechtsmittelverfahren erforderlich geworden war. Zu dem in der Stellungnahme zur Berichterverfügung vom 22. November 2016 vertretenen Standpunkt, § 209a Abs. 2 BAO erlaube nur die Berücksichtigung solcher Änderungen, kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das zitierte Erkenntnis vom 2. September 2009 verwiesen werden.

32 Verstieß die Abgabenbemessung mit dem Bescheid vom 20. Dezember 2013 nicht gegen Verjährungsvorschriften, so trifft dies auch für die mit der vorliegenden Revision bekämpfte Abgabenbemessung durch das Bundesfinanzgericht zu. Auch eine Unzuständigkeit des mit Beschwerde gegen den Bescheid vom 20. Dezember 2013 angerufenen Bundesfinanzgerichtes zur Vornahme dieser Abgabenbemessung liegt nicht vor.

33 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2017

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