VwGH Ra 2016/11/0187

VwGHRa 2016/11/018722.6.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Marktgemeinde P, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum, Dr. Peter Karlberger, Dr. Manfred Wiener, Mag. Wilfried Opetnik, Mag. Petra Rindler und Mag. Christoph Henseler, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Nibelungengasse 1, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 29. September 2016, Zl. LVwG-AV-1288/001-2015, betreffend eine Angelegenheit nach dem NÖ Grundverkehrsgesetz 2007 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrsbehörde M; an deren Stelle in das Verfahren eingetretene Oberbehörde: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt und beschlossen:

Normen

GdO NÖ 1973 §36 Abs2 Z6;
GdO NÖ 1973 §37 Abs1;
GVG NÖ 2007 §11;
GVG NÖ 2007 §14 Abs2;
GVG NÖ 2007 §14;
GVG NÖ 2007 §6;

 

Spruch:

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat der Revisionswerberin EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit (Formular‑)Antrag vom 23. März 2015 begehrte Mag. H, vertreten durch den öffentlichen Notar Dr. K, als Grundstückseigentümerin die grundverkehrsbehördliche Feststellung gemäß § 14 des Niederösterreichischen Grundverkehrsgesetzes (NÖ GVG 2007), ob es sich bei einem im Gebiet der revisionswerbenden Gemeinde gelegenen näher bezeichneten Grundstück um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handle. Dieses Grundstück weise laut Flächenwidmungsplan die Widmung "Grünland/Land- und Forstwirtschaft" und die Kulturgattung "Wald" auf. Es werde derzeit als "Erholungswald" verwendet und solle künftig als "Erholungswald" bzw. als "Reservefläche für eine künftig notwendige Erweiterung der Kläranlage des Gemeindeabwasserbeseitigungsverbandes" verwendet werden. Mag. H. habe seit dem Erwerb der Liegenschaft im Jahr 1990 keine Kultivierungsmaßnahmen gesetzt und es keiner gezielten forstlichen Nutzung zugeführt. Die Nutzung habe sich auf die Entfernung von durch Windwurf betroffenen Bäumen und von auf einem Zufahrtsweg überhängenden Ästen beschränkt. Es sei von ihr auch nicht geplant, das Grundstück forstlich oder landwirtschaftlich zu nutzen.

2 Mit Bescheid vom 1. April 2015 stellte die belangte Behörde gemäß § 14 NÖ GVG nach Anhörung der örtlich zuständigen Bezirksbauernkammer (iF auch: BBK; diese hatte in ihrer Stellungnahme die Auffassung vertreten, es handle sich um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück) sowie der revisionswerbenden Gemeinde fest, dass es sich beim gegenständlichen Grundstück um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handle. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

3 Daraufhin beantragte die - gleichfalls von Notar Dr. K vertretene - Revisionswerberin mit (Formular‑)Antrag vom 17. April 2015 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des beabsichtigten Kaufs des Grundstückes durch die Revisionswerberin als Käuferin von Mag. H als Verkäuferin zu einem Kaufpreis von EUR 54.000.--; beigelegt war ua ein nicht unterfertigter Entwurf des Kaufvertrags.

4 Nach Kundmachung der Antragstellung durch die belangte Behörde mit 7. Mai 2015 erfolgte fristgerecht die Abgabe einer Interessentenerklärung einer Landwirtin (A) gemäß § 11 Abs. 6 NÖ GVG; in ihrer Stellungnahme sprach sich die BBK gegen die beantragte Genehmigung aus, weil der Erwerber (die Revisionswerberin) ein Nichtlandwirt sei und ein landwirtschaftlicher Ersatzinteressent (A) eine Interessentenerklärung abgegeben habe.

5 Die belangte Behörde führte ein Ermittlungsverfahren (ua über die Landwirteigenschaft der Revisionswerberin, die Nutzung des strittigen Grundstücks und dessen Zugehörigkeit zu einem forstwirtschaftlichen Betrieb und zu den maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnissen der Interessentin A) durch und räumte mit Erledigung vom 8. Juli 2015 den Parteien Gehör zur behördlichen Auffassung, das Grundstück gehöre gegenwärtig zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb iSd § 3 NÖ GVG, ein.

6 Nachdem die Revisionswerberin mit näherer Begründung ein großes öffentliches Interesse am Erwerb der strittigen Liegenschaft geltend gemacht hatte, wies die belangte Behörde schließlich - unter Anführung der §§ 2, 3, 4, 7 Abs. 1, 11 und 14 NÖ GVG als Rechtsgrundlagen - mit Bescheid vom 26. November 2015 den Antrag auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zurück und stellte unter einem fest, dass kein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vorliege.

In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, beim gegenständlichen Grundstück handle es sich nicht um ein forstwirtschaftlich genutztes Grundstück iSd NÖ GVG; der Antrag der Revisionswerberin sei deshalb wegen Unzuständigkeit der Grundverkehrsbehörde zurückzuweisen und das Nichtvorliegen eines land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks festzustellen gewesen.

7 Dagegen erhob die BBK Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheids und Zurückverweisung an die belangte Behörde, in eventu auf Entscheidung in der Sache und Abänderung dahin, dass festgestellt werde, beim strittigen Grundstück handle es sich nach wie vor um ein forstwirtschaftliches.

8 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Beschluss hob das Verwaltungsgericht - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG den Bescheid der belangten Behörde vom 26. November 2015 auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids nach Verfahrensergänzung zurück; die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dem verfahrenseinleitenden Antrag der revisionswerbenden Gemeinde vom 17. April 2015 sei lediglich ihre eigene Absicht zu entnehmen gewesen, in Zukunft das verfahrensgegenständliche Grundstück kaufen zu wollen. Eine beidseitige Willensübereinkunft zwischen Käufer und Verkäufer, wie das nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs notwendig sei (Hinweis auf den hg. Beschluss vom 18. Dezember 2015, Zl. Ro 2015/02/0018), habe aber gefehlt, zumal als Antragsteller nur die revisionswerbende Gemeinde aufgetreten sei. Trotz des mangelhaften Antrags sei das Kundmachungsverfahren nach § 11 NÖ GVG 2007 durchgeführt worden, wobei nicht ausgeschlossen werden könne, dass potentielle Interessenten mangels der tatsächlichen Möglichkeit, in die Urkunde über das Rechtsgeschäft gemäß § 11 Abs. 5 letzter Satz NÖ GVG 2007 Einsicht zu nehmen, von der Abgabe einer Interessentenerklärung Abstand genommen hätten. Der Mangel sei zwar gemäß § 13 Abs. 3 AVG nach Ende des Kundmachungsverfahrens saniert worden, indem der Rechtsvertreter der revisionswerbenden Gemeinde einen inhaltlich gleichlautenden, dieses Mal aber auch von Mag. H als Verkäuferin unterfertigten Antrag eingebracht habe, die erneute Durchführung eines gesetzmäßigen Kundmachungsverfahrens sei aber unterblieben.

Die Erhebung einer Revision sei unzulässig, weil keine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme und auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach einer bloßen Absichtserklärung keine Antragslegitimierung zukomme, abgewichen worden sei.

9 Dagegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten vorgelegte (außerordentliche) Revision.

10 Die belangte Behörde und die gemäß § 22 VwGG an deren Stelle in das Verfahren eingetretene Oberbehörde erstatteten jeweils Revisionsbeantwortungen.

 

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12 Die Revision macht in ihrer Zulässigkeitsbegründung zutreffend geltend, es fehle an Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur - hier entscheidenden - Frage, ob ein Kundmachungsverfahren iSd § 11 NÖ GVG 2007 auch im Fall der Feststellung, dass kein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vorliegt, durchgeführt bzw. ergänzt werden muss. Die Revision ist damit zulässig; sie ist auch begründet.

13 Einleitend sei klargestellt, dass die Hinweise des Verwaltungsgerichts im Vorlageschreiben vom 22. Dezember 2016, die Revision sei nicht unterfertigt und sie enthalte keinen Hinweis auf einen iSd § 36 Abs. 2 Z 6 NÖ Gemeindeordnung 1973 gefassten Beschluss des Gemeindevorstands, kein Hindernis für eine inhaltliche Behandlung der Revision begründen: Die Revision wurde vom anwaltlichen Vertreter in Erfüllung des durch den hg. Berichter erteilten Mängelbehebungsauftrags vom 1. März 2017 fristgerecht unterfertigt. Gemäß § 36 Abs. 2 Z 6 der NÖ Gemeindeordnung 1973 sind dem Gemeindevorstand ua vorbehalten "Anträge, Beschwerden und Klagen an den ... Verwaltungsgerichtshof"; gemäß § 37 Abs. 1 NÖ Gemeindeordnung 1973 vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen. Selbst wenn es im Revisionsfall also an einer Beschlussfassung des Gemeindevorstands iSd § 36 Abs. 2 Z 6 leg. cit. gefehlt hätte, kann dies nicht zur Zurückweisung der Revision mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung führen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Oktober 2001, Zl. 98/15/0013, und vom 26. April 2005, Zl. 2002/03/0093).

14 Die im konkreten Fall relevanten Bestimmungen des NÖ Grundverkehrsgesetzes 2007 (NÖ GVG 2007), LGBl. Nr. 6800-0 idF LGBl. Nr. 96/2015, lauten wie folgt:

"1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

...

§ 2

Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für Rechtsgeschäfte unter Lebenden über

den Erwerb von Rechten an

1. land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, sowie an

den dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dienenden Wohngebäuden und Wirtschaftsbauwerken oder Teilen dieser Bauwerke;

...

§ 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als:

1. Land- und forstwirtschaftliche Grundstücke:

Grundstücke, die

a) im Flächenwidmungsplan als Grünland/Land- und

Forstwirtschaft oder als Grünland/Land- und forstwirtschaftliche

Hofstellen oder als Grünland/Freihalteflächen oder

b) im vereinfachten Flächenwidmungsplan als Grünland

gewidmet sind,

wenn sie gegenwärtig zu einem land- und

forstwirtschaftlichen Betrieb gehören oder land- und

forstwirtschaftlich genutzt sind. Dabei ist die Beschaffenheit und

die Art ihrer tatsächlichen Verwendung maßgebend. Die Aussetzung

der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung eines

Grundstückes, Betriebes oder Bauwerkes beendet die Eigenschaft als

land- und forstwirtschaftliches Grundstück solange nicht, als

dieses nicht rechtmäßig einem anderen Zweck zugeführt wird.

...

2. Abschnitt

Rechtserwerb an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken

§ 4

Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte

(1) Folgende unter Lebenden abgeschlossene Rechtsgeschäfte, die zumindest ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück betreffen, bedürfen der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn sie zum Gegenstand haben:

1. Die Übertragung des Eigentumsrechtes;

...

§ 6

Genehmigungsvoraussetzungen

(1) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn das land- und forstwirtschaftliche Grundstück

1. zum Zweck des Wohnbaues oder zur Erfüllung öffentlicher,

gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben bestimmt ist, es sei denn, dass das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstückes das Interesse an der neuen Verwendung offenbar überwiegt, mehr Grundflächen als notwendig in Anspruch genommen werden oder die land- und forstwirtschaftliche Nutzung der verbleibenden Grundfläche erheblich erschwert oder unmöglich gemacht wird;

2. ...

...

(2) Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die

Genehmigung zu erteilen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der

Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen

Bauernstandes nicht widerspricht. Soweit ein solches Interesse im

Einzelfall nicht besteht, ist die Genehmigung auch dann zu

erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Interesse an der Erhaltung,

Stärkung oder Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und

forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Die

Genehmigung ist insbesondere nicht zu erteilen, wenn

1. der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin kein

Landwirt oder keine Landwirtin ist und zumindest ein Interessent

oder eine Interessentin vorhanden ist;

2. das Interesse an der Stärkung oder Schaffung eines oder

mehrerer bäuerlicher Betriebe das Interesse an der Verwendung

aufgrund des vorliegenden Vertrages überwiegt;

3. Gründe zur Annahme vorliegen, dass eine ordnungsgemäße

Bewirtschaftung des land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks

nicht zu erwarten ist oder dass dieses ohne wichtigen Grund der

land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen wird oder

4. die Gegenleistung den ortsüblichen Verkehrswert ohne

ausreichende Begründung erheblich übersteigt.

...

3. Abschnitt

Behörde und Verfahren im land- und forstwirtschaftlichen Grundverkehr

...

§ 10

Antrag

...

(2) Die Vertragsparteien sind bereits vor Errichtung einer Urkunde berechtigt, ein Ansuchen im Sinne des Absatzes 1 zu stellen. In diesem Fall muss der Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände des Rechtsgeschäftes, sowie die Zustimmung aller Vertragsteile enthalten.

(3) Der Behörde sind alle zur Beurteilung erforderlichen

Unterlagen und Informationen zur Verfügung zu stellen, insbesondere

1. die Urkunde über das Rechtsgeschäft;

2. Angaben über die im Flächenwidmungsplan für das

Grundstück festgelegte Widmung;

3. Angaben über den Gegenstand des Rechtsgeschäftes und die

Gegenleistung;

4. Angaben über die künftige Nutzung des

Geschäftsgegenstandes und

5. Angaben über die persönlichen Verhältnisse des

Rechtserwerbers oder der Rechtserwerberin.

...

§ 11

Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde

(1) Die Grundverkehrsbehörde hat im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 den Bezirksbauernkammern, in deren Bereich die vertragsgegenständlichen Grundstücke liegen, die in § 10 Abs. 3 Z 1 bis 5 genannten Informationen zu übermitteln.

(2) Die Grundverkehrsbehörde hat im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs. 2 den Gemeinden und den Bezirksbauernkammern, in deren Bereich die vertragsgegenständlichen Grundstücke liegen, eine Kundmachung zu übermitteln, in der die Art des Rechtsgeschäftes und folgende Angaben enthalten sind:

1. Name und Adresse des Veräußerers oder der Veräußerin

gem. § 4 Abs. 1 Z 1 - 4;

2. Grundstücksnummer;

3. Katastralgemeinde;

4. Flächenausmaß;

5. kalendermäßige Angabe des Endes der Anmeldefrist.

Den Bezirksbauernkammern sind darüber hinaus die in § 10 Abs. 3 Z 2 bis 5 genannten Informationen und die Urkunde über das Rechtsgeschäft (§ 10 Abs. 3 Z1) zu übermitteln.

(3) Die Anmeldefrist beträgt drei Wochen und beginnt mit dem Tag der Übermittlung der Kundmachung an die Bezirksbauernkammer.

(4) Die Gemeinden haben ihrem Ortsvertreter oder ihrer Ortsvertreterin unverzüglich eine Kopie der Kundmachung zu übermitteln.

(5) Die Kundmachung ist von der Gemeinde und der Bezirksbauernkammer unverzüglich mit dem Hinweis ortsüblich zu verlautbaren, jedenfalls aber während der Anmeldefrist an der Amtstafel anzuschlagen, dass innerhalb der Anmeldefrist jede Person bei der Bezirksbauernkammer ihr Interesse am Erwerb schriftlich oder niederschriftlich anmelden kann. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass bei der Grundverkehrsbehörde und bei der Bezirksbauernkammer Einsicht in die Urkunde über das Rechtsgeschäft genommen werden kann.

(6) Gleichzeitig mit der Anmeldung ist die Interessenteneigenschaft glaubhaft zu machen und sind insbesondere Angaben darüber zu machen, wodurch die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist. Der Interessent oder die Interessentin hat nach ordnungsgemäßer Anmeldung im weiteren Verfahren die Stellung einer Partei gemäß § 8 AVG.

(7) Die Bezirksbauernkammer hat

1. im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 der Grundverkehrsbehörde innerhalb von zwei Wochen ab Einlangen der Verständigung nach § 11 Abs.1 eine begründete Stellungnahme zu übermitteln, wenn nach ihrer fachlichen Beurteilung das Rechtsgeschäft den Bestimmungen des § 6 widerspricht;

2. im Fall einer Antragstellung auf Genehmigung nach § 6

Abs. 2 der Grundverkehrsbehörde innerhalb von zwei Wochen nach

Ablauf der Anmeldefrist

a) alle bei ihr rechtzeitig eingelangten

Interessentenanmeldungen vorzulegen und

b) eine begründete Stellungnahme zu übermitteln, wenn nach

ihrer fachlichen Beurteilung das Rechtsgeschäft den Bestimmungen des § 6 widerspricht.

(8) Langt bei der Grundverkehrsbehörde keine Verständigung gemäß Abs. 7 ein, hat sie das Rechtsgeschäft zu genehmigen.

(9) Langt bei der Grundverkehrsbehörde eine Verständigung nach Abs. 7 ein, hat sie weitere Ermittlungen durchzuführen. Der Bezirksbauernkammer ist eine Ausfertigung des Bescheides zuzustellen.

...

§ 14

Feststellung, ob ein land- und forstwirtschaftliches

Grundstück vorliegt

(1) Über die Frage, ob ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vorliegt, entscheidet die Grundverkehrsbehörde nach Anhörung der Bezirksbauernkammer und der zuständigen Gemeinde in welcher das Grundstück liegt.

(2) Gegen die Entscheidung über diese Frage steht der Bezirksbauernkammer ein Beschwerderecht an das Landesverwaltungsgericht zu.

...

6. Abschnitt

Gemeinsame Bestimmungen

...

§ 26

Zulässigkeit der grundbücherlichen Eintragung

(1) Ein nach diesem Gesetz genehmigungspflichtiger Rechtserwerb darf im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch die rechtskräftige Genehmigung angeschlossen ist. Der Umstand, dass es sich um kein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt, ist durch eine rechtskräftige Entscheidung oder öffentliche Urkunde nachzuweisen. ..."

15 Mit dem nun in Revision gezogenen Beschluss des Verwaltungsgerichts hat dieses über die Beschwerde der BBK gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 26. November 2015 entschieden; mit diesem war - im Verfahren über den Genehmigungsantrag der nunmehrigen Revisionswerberin - festgestellt worden, es liege kein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vor, wobei unter einem der verfahrenseinleitende Genehmigungsantrag zurückgewiesen worden ist.

16 Das nunmehr in § 14 Abs. 2 NÖ GVG 2007 normierte Beschwerderecht der BBK war in der Stammfassung des NÖ GVG 2007 (LGBl. Nr. 6800-0) noch nicht enthalten.

17 § 14 hatte damals gelautet:

"§ 14

Verfahren, ob ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück

vorliegt

Die Entscheidung, ob ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück vorliegt, steht nach Anhörung der Bezirksbauernkammer und der zuständigen Gemeinde der Bezirksverwaltungsbehörde zu."

18 Durch das NÖ GVG 2007 wurden die Bezirksverwaltungsbehörden als zuständige Grundverkehrsbehörden erster Instanz installiert (§ 7 Abs. 1); sie lösten damit die Grundverkehrsbezirkskommissionen ab, denen auch Vertreter der jeweiligen Bezirksbauernkammern angehörten. Anstelle der direkten Mitwirkung an der Entscheidungsfindung in erster Instanz wurden die Bezirksbauernkammern verstärkt in das Genehmigungsverfahren nach § 11 NÖ GVG 2007 eingebunden: Die jeweilige BBK wird zur Durchführung des Kundmachungsverfahrens und zur Abgabe einer begründeten Stellungnahme verpflichtet, wenn das fragliche Rechtsgeschäft ihrer fachlichen Beurteilung nach dem § 6 widerspricht. Langt bei der Grundverkehrsbehörde eine solche Stellungnahme ("Verständigung") ein, hat sie weitere Ermittlungen durchzuführen und der BBK eine Bescheidausfertigung zuzustellen, während im gegenteiligen Fall das Rechtsgeschäft - ohne weiteres - zu genehmigen ist (§ 11 Abs 9 NÖ GVG 2007).

19 Zu § 14 wird im Motivenbericht (der Niederösterreichischen Landesregierung) vom 20. Juni 2006 zum NÖ GVG 2007 ausgeführt, die Bezirksverwaltungsbehörde habe von Amts wegen und auf Antrag des Grundeigentümers oder Erwerbers zu entscheiden. Der Bescheid, mit dem festgestellt werde, dass ein Grundstück keine land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft sei, sei eine öffentliche Urkunde, die im Grundbuchsverfahren als Nachweis verwendet werden könne. Die BBK habe bloß ein Anhörungs-, jedoch kein Berufungsrecht.

20 Mit der im Jahr 2008 erfolgten Novellierung des NÖ GVG 2007, LGBl. Nr. 6800 1, wurde der bisherige Text des § 14 in einen Abs. 1 gefasst und ein Abs. 2 hinzugefügt, der lautete:

"(2) Gegen Bescheide gemäß Abs. 1 steht der Bezirksbauernkammer ein Berufungsrecht zu."

Im Motivenbericht (der Niederösterreichischen Landesregierung) vom 17. Juni 2008 wird zu dieser Änderung ausgeführt, es finde derzeit "keine Kontrolle durch die Grundverkehrslandeskommission statt, wenn die Bezirksverwaltungsbehörde einem Feststellungsantrag entgegen der Stellungnahme der Bezirksbauernkammer entsprochen hat und der Bescheid unter Umständen rechtswidrig ist". Die BBK erhalte durch die Neuregelung die Stellung einer Formalpartei; die Änderung sei zudem notwendig, um zum Begriff "land- oder forstwirtschaftliche Liegenschaft" eine einheitliche Vollziehung sicherzustellen.

21 Mit der Novelle LGBl. Nr. 6800-4 schließlich, mit der ua die notwendigen Anpassungen an die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 vorgenommen wurden, erhielt § 14 die oben bereits wiedergegebene Fassung. Erläuternd wird im Motivenbericht vom 24. September 2013 zu § 14 Folgendes ausgeführt:

"Aus der Möglichkeit, über die land- und forstwirtschaftliche Grundstückseigenschaft in einem Zwischenverfahren mit einem Feststellungsbescheid zu entscheiden, ergibt sich nicht die Unzuständigkeit der Grundverkehrsbehörde, diese Frage in einem

anhängigen Genehmigungsverfahren selbst zu prüfen ... Es ist aus

sachlichen Erwägungen nicht einzusehen, dass derzeit der Erwerber mit der Wahl des Verfahrens entscheidet, ob er ein Genehmigungsverfahren nach § 6 NÖ GVG 2007 anstrebt oder einen Antrag auf Feststellung nach § 14 NÖ GVG 2007 stellt, womit er über die gesetzliche vorgesehene Mitwirkung der Bezirksbauernkammer bestimmt. Der Bezirksbauernkammer werden damit in dieser Frage nicht nur im Feststellungsverfahren, sondern auch im Zwischenverfahren ein Anhörungsrecht sowie ein Beschwerderecht an das Landesverwaltungsgericht eingeräumt."

22 Das Gesetz eröffnet damit die Möglichkeit, auch im Genehmigungsverfahren einen abgesonderten Feststellungsbescheid über die Frage, ob ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück vorliegt, zu erlassen. Wird diese Frage verneint, wäre (wie im vorliegenden Fall geschehen) unter einem der Genehmigungsantrag zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat das Verwaltungsgericht über die Eigenschaft des Grundstückes als land- und forstwirtschaftliches zu entscheiden.

23 Der Bezirksbauernkammer steht jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Grundverkehrsbehörde anlässlich eines anhängigen Genehmigungsverfahrens eine Entscheidung über die Eigenschaft als land- und forstwirtschaftliches Grundstück trifft, dagegen ein Beschwerderecht an das Verwaltungsgericht zu.

24 Im konkreten Fall hatte die Grundverkehrsbehörde mit dem Bescheid vom 26. November 2015 nicht etwa die beantragte grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt oder verweigert, sondern festgestellt, dass es sich beim gegenständlichen Grundstück um kein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt, und den Genehmigungsantrag der Revisionswerberin zurückgewiesen. Dagegen wandte sich die Bezirksbauernkammer in ihrer Beschwerde.

25 Das Verwaltungsgericht wäre daher, beschränkt durch den Inhalt der bei ihm angefochtenen Entscheidung, zunächst zur Beantwortung der Frage berufen gewesen, ob es sich beim vorliegenden Grundstück um ein land- und forstwirtschaftliches im Sinne des NÖ GVG 2007 handelt oder nicht.

Dabei wäre vor dem Hintergrund der unter Rz 1 und Rz 2 wiedergegebenen Aktenlage zunächst zu klären gewesen, ob über die Grundstückseigenschaft bereits eine bindende Entscheidung vorliegt:

26 Im Revisionsfall hatte vor Durchführung des Genehmigungsverfahrens auf Grund eines entsprechenden Antrags der Grundstückseigentümerin ein Feststellungsverfahren nach § 14 NÖ GVG 2007 stattgefunden, das in den Bescheid der belangten Behörde vom 1. April 2015 mündete. Mit diesem wurde festgestellt, dass es sich beim betreffenden Grundstück um ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück handelt; der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Eintritt der Rechtskraft entfaltete dieser Bescheid nicht nur gegenüber den Parteien dieses Verfahrens, sondern auch gegenüber der Grundverkehrsbehörde bzw. dem im Beschwerdeweg angerufenen Verwaltungsgericht Bindungswirkung

(vgl. Lienbacher/Müller/Putz/Schöffmann/Schön/Walzel v. Wiesentreu/Wiesinger/Wischenbart, Die Grundverkehrsgesetze der österreichischen Bundesländer2, Anm. 1 zu § 14 NÖ GVG 2007,

40. ErgLfg).

27 Ein Abgehen von der im Bescheid vom 1. April 2015 getroffenen Feststellung wäre daher nur bei Änderung der maßgeblichen Sach- und Rechtslage zulässig, was nach Lage des Revisionsfalls vom Verwaltungsgericht wahrzunehmen (gewesen) wäre.

28 Bei Fehlen einer relevanten Änderung entfaltete der genannte Bescheid weiterhin Bindungswirkung; ein neuerlicher Abspruch des Verwaltungsgerichts über diese Frage wäre unzulässig. Diesfalls wäre der auf einer Verkennung der Bindungswirkung beruhende behördliche Bescheid vom 26. November 2015 ersatzlos zu beheben gewesen. In weiterer Folge wäre es Aufgabe der belangten Behörde, das Verfahren über den Genehmigungsantrag fortzusetzen.

Hätte hingegen eine relevante Änderung stattgefunden und wäre folglich eine neuerliche, anderslautende Entscheidung über die Eigenschaft als land- und forstwirtschaftliches Grundstück zulässig, so wäre, weil dem fraglichen Grundstück diese Eigenschaft nicht mehr zukäme, der angefochtene Bescheid (insgesamt) zu bestätigen gewesen.

29 Die nach dem Gesagten erforderliche Prüfung wurde vom Verwaltungsgericht aber unterlassen; vielmehr hat es mit der in Revision gezogenen Entscheidung die "Sache" des Beschwerdeverfahrens überschritten:

Ein Eingehen auf die Genehmigungsvoraussetzungen, wie es vom Verwaltungsgericht durch Prüfung des behaupteten Mangels im Kundmachungsverfahren vorgenommen wurde, kam in diesem Verfahrensstadium nicht in Betracht.

30 Der angefochtene Beschluss war aus den dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

31 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 22. Juni 2017

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