VwGH Ra 2016/03/0065

VwGHRa 2016/03/006513.9.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Kommunikationsbehörde Austria, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. April 2016, Zl W194 2106411-1/3E, betreffend Übertretung des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetzes (mitbeteiligte Partei: XY als Landeshauptmann des Landes Y; weitere Partei: Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien), zu Recht erkannt:

Normen

MedKF-TG 2012 §2 Abs1;
MedKF-TG 2012 §5 Abs2;
VStG §45 Abs1 Z4;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 17. März 2015 wurde dem Mitbeteiligten als vertretungsbefugtem Organ des Landes Y eine Übertretung von § 5 Abs 2 3. Fall iVm § 2 Abs 1 und 5 Medienkooperations- und - förderungs-Transparenzgesetz (MedKF-TG) zur Last gelegt und es wurde ihm eine Ermahnung erteilt. Der Mitbeteiligte habe nach Auffassung der Behörde zu verantworten, dass im Rahmen der Bekanntgabe von Daten gemäß § 2 Abs 1 und 5 MedKF-TG an die KommAustria auf der unter www.rtr.at abrufbaren Webschnittstelle im Zuge der Meldephase betreffend das vierte Quartal 2013 Meldungen veranlasst worden seien, die unrichtig gewesen seien. Zum einen sei das Nettoentgeltgebot verletzt worden, weil hinsichtlich der Aufträge an zwei näher bezeichnete Printmedien Skonti, Steuern oder Abgaben zugerechnet worden seien. Zum anderen sei eine falsche Zuordnung zu einem periodischen Medium erfolgt, weil das geleistete Entgelt für Hörfunkbeiträge im ORF Radio Y betreffend die "Senioren und Spielemesse" im vierten Quartal 2013 (Gesamtbetrag: EUR 12.000,--) nicht diesem Medium, sondern fälschlicherweise dem audiovisuellen Medium ORF 2 zugeordnet worden sei.

2 Begründend führte die KommAustria unter anderem aus, die angelasteten Unrichtigkeiten der Meldungen ergäben sich aus den vom Land Y bekanntgegebenen Daten sowie insbesondere aus der Mitteilung des Rechnungshofes im Zuge seiner Gebarungskontrolle des Landes Y ("Medientransparenz in Y", veröffentlicht am 4. Dezember 2014).

3 Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), der mit dem angefochtenen Beschluss stattgegeben wurde. Das BVwG hob den Bescheid der KommAustria auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Mitbeteiligten gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 45 Abs 1 Z 1 VStG ein. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

4 Zur Begründung dieser Entscheidung verwies das BVwG im Wesentlichen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 2015, Ra 2015/03/0006, das zwar nicht zum verfahrensgegenständlichen, sondern zu einem anderen Tatbestand des § 5 Abs 2 MedKF-TG ergangen sei, dessen Grundsätze aber aus Sicht des BVwG auch im vorliegenden Fall anzuwenden seien. Eine Bestrafung habe daher nur in jenen Fällen stattzufinden, die ihrem Gewicht nach dem Tatbestand der unterlassenen Bekanntgabe nach § 5 Abs 1 MedKF-TG nahe kommen, wobei von Bedeutung sei, dass die Strafbarkeit nach § 5 Abs 1 leg cit nur dann eintrete, wenn der betroffene Rechtsträger auch die von der KommAustria nach § 3 Abs 2 MedKF-TG gesetzte Nachfrist ungenutzt verstreichen lasse. Das BVwG gehe folglich davon aus, dass § 5 Abs 2 MedKF-TG auch im Falle unrichtiger oder unvollständiger Bekanntgaben, welche die KommAustria aus Anlass einer Mitteilung des Rechnungshofes im Zuge der Gebarungskontrolle eines Rechtsträgers festgestellt habe, einschränkend im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu lesen sei. In Anwendung dieser Leitlinien könne im konkreten Fall nicht angenommen werden, dass die strittigen Bekanntgaben so fehlerhaft gewesen seien, dass dem Zweck des MedKF-TG nicht entsprochen worden sei. Den vorgelegten Akten lasse sich auch nicht entnehmen, dass einem vorherigen Verbesserungsauftrag der KommAustria nicht entsprochen worden wäre. Der verfahrensgegenständliche Bescheid der KommAustria sei vor dem Hintergrund dieser Erwägungen aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale einzustellen gewesen.

5 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das BVwG lediglich damit, dass keiner der Fälle des Art 133 Abs 4 B-VG vorläge. Auch seien keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Das BVwG folge vielmehr der angesprochenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

6 Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision der KommAustria, in der zur Zulässigkeit - zusammengefasst - vorgebracht wird, dass zur Auslegung des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsstraftatbestandes Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

7 In der Sache macht die Revision geltend, dass eine Bekanntgabe im Sinne des MedKF-TG in zweierlei Hinsicht falsch sein könne. Zum einen könne das bekanntgegebene Medium bzw der Medieninhaber und zum anderen der geleistete Geldbetrag fehlerhaft sein. Eine Überprüfung der Richtigkeit der gemeldeten Daten durch die KommAustria sei im Gesetz nicht vorgesehen. Wenn "offensichtlich" falsche Meldungen unter Strafe stünden, solle damit nicht zuletzt klargestellt werden, dass die KommAustria nicht verpflichtet sei, die Meldungen auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Eine entsprechende Überprüfung habe das Gesetz dem Rechnungshof zugesonnen. Führe der Rechnungshof die Gebarungskontrolle durch, bestehe für die KommAustria kein Anlass, an der Richtigkeit des resultierenden Rechnungshofberichts zu zweifeln. Im Erkenntnis vom 24. März 2015, Ra 2015/03/0006, habe der Verwaltungsgerichtshof der KommAustria nahegelegt, im Falle der vermuteten Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit einer Bekanntgabe den Rechtsträger zur Berichtigung aufzufordern. Dies werde von der KommAustria seither auch so gehandhabt. Die KommAustria gehe jedoch weiterhin davon aus, dass der Verwaltungsgerichtshof sich im genannten Erkenntnis auf die "offensichtliche" Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit und damit auf den ersten Tatbestand des § 5 Abs 2 MedKF-TG bezogen habe. Gegen die Idee, die KommAustria habe auch in Fällen, in denen der Rechnungshof die Unrichtigkeit der Bekanntgabe aufgezeigt habe, den Rechtsträger zur Korrektur seiner falschen Meldung aufzufordern, sprächen systematische Überlegungen: in derartigen Fällen umfasse der Prüfzeitraum für gewöhnlich mehrere Jahre. Selbst wenn die KommAustria unmittelbar nach der Veröffentlichung des Prüfberichtes tätig werde, sei hinsichtlich eines Großteils der in der Prüfung berücksichtigten Quartale bereits Verjährung gemäß § 31 Abs 1 VStG eingetreten. Wäre die KommAustria verpflichtet, die Rechtsträger zu einer Korrektur der falschen Meldungen aufzufordern, so käme man dadurch dem Ziel erhöhter Transparenz nicht näher, weil die korrigierte Bekanntgabe nicht erneut veröffentlich würde. Völlig unverständlich sei auch die Feststellung des BVwG, im konkreten Fall könne nicht angenommen werden, dass die strittigen Bekanntgaben so fehlerhaft gewesen seien, dass dem Zweck des MedKF-TG nicht entsprochen worden sei. Durch eine falsche Bekanntgabe werde der Zweck des Gesetzes jedenfalls vereitelt bzw erheblich erschwert. Insgesamt hätte das BVwG daher das Verwaltungsstrafverfahren nicht einstellen dürfen.

8 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er - zusammengefasst - die Rechtsansicht des BVwG teilte. Die weitere Partei sah von der Erstattung einer Äußerung ab.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des BVwG zulässig, weil zur Auslegung des Tatbestandes nach § 5 Abs 2 zweiter Fall MedKF-TG (Veranlassung einer Bekanntgabe, deren Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit von der KommAustria aus Anlass einer Mitteilung des Rechnungshofes im Zuge der Gebarungskontrolle eines Rechtsträgers festgestellt wird) noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Die gesetzliche Regelung ist auch nicht so klar und eindeutig, dass es zur Auslegung der Norm höchstgerichtlicher Leitlinien nicht bedürfte. Überdies zeigt der gegenständliche Fall, dass eine Präzisierung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 5 MedKF-TG erforderlich ist (siehe dazu die folgenden Rz 15 bis 20).

10 Die Revision ist auch begründet.

11 Nach § 5 Abs 1 des Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetzes, BGBl I Nr 125/2011 (MedKF-TG), begeht eine Verwaltungsübertretung, wer seiner Bekanntgabepflicht gemäß § 2 oder § 4 MedKF-TG bis zu dem in § 2 Abs 3 leg cit genannten Zeitpunkt nicht nachkommt und auch die Nachfrist gemäß § 3 Abs 2 MedKF-TG ungenutzt verstreichen lässt.

Weiters begeht nach § 5 Abs 2 MedKF-TG eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu EUR 20 000,-- , im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu EUR 60 000,--, zu bestrafen, wer eine Bekanntgabe veranlasst, deren Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit offensichtlich ist oder von der KommAustria aus Anlass einer Mitteilung des Rechnungshofes im Zuge der Gebarungskontrolle eines Rechtsträgers festgestellt wurde.

12 Die KommAustria vertritt in ihrer Revision die Rechtsansicht, das MedKF-TG sehe nicht vor, dass sie die inhaltliche Richtigkeit der Bekanntgaben nach § 2 Abs 1 MedKF-TG zu überprüfen habe. Eine solche Überprüfung habe das Gesetz dem Rechnungshof zugesonnen; führe dieser die Überprüfung durch, so habe die KommAustria keinen Anlass, an der Richtigkeit des daraus resultierenden Rechnungshofberichtes zu zweifeln.

13 Dem ist - im vorliegenden Zusammenhang - nur insoweit zuzustimmen, als § 5 Abs 2 MedKF-TG die Strafbarkeit einer unvollständigen oder unrichtigen Bekanntgabe nur dann vorsieht, wenn die Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit offensichtlich ist oder aus Anlass der Mitteilung des Rechnungshofes im Zuge der Gebarungskontrolle eines Rechtsträgers festgestellt wird. Die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens durch die KommAustria setzt demnach voraus, dass entweder Umstände vorliegen, die besonders deutlich die Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der erstatteten Bekanntgabe vor Augen führen, sodass von einer "offensichtlichen" (qualifizierten) Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit ausgegangen werden kann (vgl VwGH vom 24. März 2015, Ra 2015/03/0006), oder der Rechnungshof eine Mitteilung an die KommAustria über eine im Zuge der Gebarungskontrolle eines Rechtsträgers festgestellte Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Bekanntgabe erstattet. Nicht vorgesehen ist hingegen, dass die KommAustria - abseits der genannten Fälle - von sich aus eine eingehende Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben in den Bekanntgaben nach § 2 Abs 1 MedKF-TG vornimmt und diesfalls bei festgestellten Mängeln Verwaltungsstrafverfahren gegen die Verantwortlichen der betroffenen Rechtsträger führt.

14 Allerdings übersieht die KommAustria, dass sie eine Überprüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG vornehmen muss, wenn die in § 5 Abs 2 MedKF-TG genannten Voraussetzungen gegeben sind. So ist es einerseits die Aufgabe der KommAustria, die Bekanntgaben dahingehend (inhaltlich) zu überprüfen, ob sie offensichtlich unvollständig oder unrichtig sind, und bejahendenfalls daraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Andererseits hat die KommAustria - nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes - aus Anlass der zuvor genannten Mitteilung des Rechnungshofes selbst festzustellen, ob die mitgeteilte Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG tatsächlich vorliegt. Eine Bindung dergestalt, dass die KommAustria ohne eigene Überprüfung von der Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Bekanntgaben im Sinne der Ausführungen des Rechnungshofes auszugehen hätte, sieht das MedKF-TG hingegen nicht vor.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 24. März 2015, Ra 2015/03/0006, ausgeführt, dass von einer offensichtlichen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit einer Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG in der Regel dann auszugehen ist, wenn die Verantwortlichen des meldepflichtigen Rechtsträgers einem ergangenen Auftrag der Behörde zur Berichtigung ihrer unvollständigen oder unrichtigen Angaben ohne Grund nicht entsprochen haben oder gleichartige Fehler, nach Beanstandung früherer Bekanntgaben durch die Behörde, neuerlich begehen. Nur in besonders krassen Ausnahmefällen, die von vornherein klar erkennen lassen, dass mit der Bekanntgabe dem Zweck des MedKF-TG eindeutig zuwidergehandelt worden ist, ließe es sich rechtfertigen, die Bestrafung auch abweichend vom zuvor Gesagten vorzunehmen.

16 Der KommAustria ist zuzustimmen, dass sich diese Erwägungen auf den Tatbestand der offensichtlichen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit einer Bekanntgabe nach § 5 Abs 2 MedKF-TG bezogen und keine Aussage über den im vorliegenden Fall maßgeblichen weiteren Tatbestand dieser Norm, nämlich die festgestellte (schlichte) Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit aus Anlass der Mitteilung des Rechnungshofes, enthielten.

17 Wenn die KommAustria in der Revision argumentiert, der Verwaltungsgerichtshof habe ihr in dem zitierten Erkenntnis nahegelegt, im Falle der vermuteten Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit einer Bekanntgabe den Rechtsträger zur Berichtigung aufzufordern, ist dem zur Klarstellung Folgendes zu erwidern:

18 Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis die Strafbarkeit einer unvollständigen oder unrichtigen Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG nicht generell und für jeden Fall davon abhängig gemacht, dass dem Rechtsträger zuvor von der KommAustria - erfolglos - die Möglichkeit zur Verbesserung seiner fehlerhaften Angaben gegeben wurde. Der damaligen Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem die Bekanntgabe des betroffenen Bundeslandes nicht gesetzeskonform erfolgt war, weil vom Rechtsträger nicht - wie gesetzlich gefordert - der Name des periodischen Mediums, in dem die Veröffentlichung stattgefunden hatte, sondern jener der Vermarktungsgesellschaft des ORF (die das Entgelt tatsächlich entgegen genommen hatte) bekannt gegeben worden war. Die Rechtsansicht des meldepflichtigen Bundeslandes, eine derartige Bekanntgabe entspreche dem MedKF-TG, wurde daher für unrichtig erkannt und ausgehend davon die Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG als "objektiv unrichtig" bezeichnet. Präzisierend und zur Vermeidung von Missverständnissen muss jedoch hinzugefügt werden, dass dieser Fall letztlich (auch) als Unvollständigkeit der Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG anzusehen war, weil es das betroffene Bundesland aufgrund seiner unrichtigen Rechtsansicht unterlassen hatte, der Behörde den Namen des Mediums, in dem die Veröffentlichung stattgefunden hatte, bekanntzugeben; es war also nicht etwa der Name eines periodischen Mediums genannt worden, in dem in Wirklichkeit keine Veröffentlichung stattgefunden hatte, sondern es war der Name des periodischen Mediums, in dem die Veröffentlichung vorgenommen worden war, überhaupt nicht bekanntgegeben worden.

19 Für einen derartigen Fall führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Ra 2015/03/0006 aus, dass es einen Wertungswiderspruch zu Verstößen nach § 5 Abs 1 MedKF-TG bedeuten würde, dass nach der zuletzt genannten Norm die Strafbarkeit bei gänzlichem Unterlassen einer Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG erst dann eintritt, wenn auch dem Auftrag der KommAustria zur Nachholung der Bekanntgabe nicht entsprochen wird, die offensichtliche Unvollständigkeit einer Bekanntgabe aber jedenfalls zur sofortigen Bestrafung führen würde.

20 Eine Bekanntgabe, die - ohne nähere Prüfung schon aufgrund des ersten Augenscheins - als offensichtlich unvollständig oder unrichtig erkannt werden kann, deutet nämlich im Regelfall darauf hin, dass der betroffene Rechtsträger irrtümlich agiert hat und es ihm nicht darum ging, den Zielen des MedKF-TG, Zahlungsflüsse öffentlicher Stellen an Medien transparent und für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen, zuwider zu handeln. Diesfalls erscheint es dem Verwaltungsgerichtshof geboten, die Strafbarkeit wegen offensichtlicher Unvollständigkeit und Unrichtigkeit auf Fälle einzuschränken, in denen - vergleichbar der gänzlich unterlassenen Bekanntgabe - auch einem Verbesserungsauftrag nicht entsprochen wird oder in denen aufgrund der Umstände des Einzelfalls nicht davon auszugehen ist, dass die offensichtlich unvollständige und unrichtige Bekanntgabe bloß (erstmalig) irrtümlich erfolgt ist.

21 Ist eine Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Bekanntgabe aber nicht offensichtlich, sodass sie von der KommAustria im Sinne des bisher Gesagten als solche erkannt und zum Gegenstand einer allfälligen Verbesserung gemacht werden kann, setzt die Strafbarkeit nach § 5 Abs 2 MedKF-TG lediglich voraus, dass die Unvollständigkeit und Unrichtigkeit aus Anlass der Mitteilung des Rechnungshofes von der KommAustria festgestellt wird. Das scheint - im Vergleich zu Fällen, in denen gar keine oder eine offensichtlich unvollständige oder unrichtige Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG vorliegt - nur auf den ersten Blick zu einer Benachteiligung der Verantwortlichen jener Rechtsträger zu führen, die eine schlichte Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit einer derartigen Bekanntgabe zu verantworten haben. Unter Bedachtnahme auf den Zweck des MedKF-TG, die Geldflüsse transparent und nachvollziehbar zu machen, bewirkt nämlich eine Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG, die nicht schon augenfällig (offensichtlich) als unvollständig und unrichtig erkannt werden kann, in erhöhtem Maße die Gefahr der Intransparenz, weil - anders als bei unterbliebenen oder offensichtlich unvollständigen oder unrichtigen Bekanntgaben - der Anschein einer korrekten Bekanntgabe entsteht, deren Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit erst durch eingehende Prüfung festgestellt werden kann.

22 Ausgehend davon ist dem BVwG nicht zuzustimmen, dass die Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis Ra 2015/03/0006, die sich auf den Tatbestand der offensichtlichen Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit einer Bekanntgabe nach § 2 Abs 1 MedKF-TG bezogen, auch auf den im vorliegenden Fall in Rede stehenden weiteren Tatbestand der schlichten Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit einer Bekanntgabe, die aus Anlass der Mitteilung des Rechnungshofes von der KommAustria festgestellt wird, übertragbar sind. Wie zuvor gezeigt worden ist, lässt sich nach dem Zweck des MedKF-TG rechtfertigen, dass die Strafbarkeit in den zuletzt genannten Fällen - bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit -

auch dann gegeben ist, wenn den Verantwortlichen des betroffenen Rechtsträgers zuvor von der KommAustria keine Möglichkeit gegeben worden ist, die Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Bekanntgabe zu korrigieren. In Fällen, in denen die festgestellte (schlichte) Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit allerdings so minimal ist, dass der beanstandete Fehler dem Zweck der Offenlegung der Geldflüsse im Wesentlichen nicht zuwiderläuft und das Verschulden gering ist, steht die Möglichkeit der Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 45 Abs 1 Z 4 VStG (allenfalls auch die Erteilung einer Ermahnung nach § 45 Abs 1 letzter Satz VStG) offen.

23 Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass die beanstandete Bekanntgabe des Landes Y nach § 2 Abs 1 MedKF-TG für das vierte Quartal 2013 in zwei Punkten unrichtig war. Zum einen war - entgegen § 2 Abs 5 MedKF-TG - das geleistete Entgelt nicht als Nettoentgelt angegeben worden. Zum anderen nannte die Bekanntgabe für einen näher bezeichneten Geldbetrag ein falsches Medium, in dem die Veröffentlichung stattgefunden hatte. Beide Unrichtigkeiten waren der KommAustria aus Anlass der Mitteilung des Rechnungshofes im Zuge der Gebarungskontrolle des Landes Y mitgeteilt worden. Die Voraussetzungen für ein Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Übertretung nach § 5 Abs 2 zweiter Fall MedKF-TG lagen daher vor. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch das BVwG mangels Erfüllung des genannten Tatbestandes erfolgte demzufolge nicht zu Recht.

24 Das angefochtene Erkenntnis war deshalb wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

25 Ein Kostenzuspruch hatte gemäß § 47 Abs 4 VwGG zu entfallen.

Wien, am 13. September 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte