VwGH Ra 2016/02/0199

VwGHRa 2016/02/019913.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des R in W, vertreten durch Dr. Rainer Handl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franziskanerplatz 1/10, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 17. August 2016, Zl. VGW- 001/076/11833/2015-9, betreffend Übertretung nach dem Wiener Kinogesetz (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:

Normen

VStG §31 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §29 Abs4;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016020199.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 21. August 2015 wurde der Revisionswerber schuldig erachtet, er habe jeweils am 25. August 2013 als "kinorechtlicher Geschäftsführer" zwei Übertretungen des Wiener Kinogesetzes begangen, weshalb über ihn zwei Geldstrafen mit Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden.

2 Der dagegen erhobenen Beschwerde hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis insoweit Folge gegeben, als hinsichtlich einer Übertretung eine Ermahnung erteilt und hinsichtlich der zweiten Übertretung die Geldstrafe herabgesetzt wurde.

3 Nach einer im Verwaltungsakt einliegenden Meldeauskunft vom 8. September 2016 hatte der Revisionswerber bis 8. August 2003 an der Anschrift L-Gasse 9 in W einen Nebenwohnsitz und vom 8. August 2003 bis zum 8. Jänner 2016 einen Hauptwohnsitz gemeldet. Seit 8. Jänner 2016 war der Revisionswerber an der Anschrift S-Straße 26 in W hauptgemeldet.

4 Die vom Verwaltungsgericht verfügte Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses vom 17. August 2016 an den Revisionswerber wurde am 18. August 2016 an die Anschrift L-Gasse 9 in W abgefertigt. Auf der an das Verwaltungsgericht am 22. August 2016 retournierten Sendung war die Anschrift durchgestrichen und der Hinweis angebracht "Ortsabwesend bis 26. 8. 16". Auf Anfrage des Verwaltungsgerichtes teilte die zuständige Postfiliale mit, dass der Revisionswerber am 11. August 2016 der Post seine Ortsabwesenheit von der Anschrift S-Straße 26 vom 17. August bis zum 26. August 2016 bekanntgegeben und die Rücksendung von RSa- und RSb-Briefen verfügt hat. Das Verwaltungsgericht hat das angefochtene Erkenntnis neuerlich an die Anschrift L-Gasse 9 in W versandt, wo es bei der zuständigen Postfiliale nach einem Zustellversuch am 1. September 2016 am 2. September 2016 hinterlegt wurde.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

6 Der Magistrat der Stadt Wien nahm unter Hinweis auf eine allfällige Verjährungsproblematik von einer Revisionsbeantwortung in der Sache Abstand.

 

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Der Revisionswerber macht Verjährung nach § 31 Abs. 2 VStG geltend.

9 Gemäß § 31 Abs. 2 VStG tritt Strafbarkeitsverjährung ein, wenn das Straferkenntnis bzw. die dieses bestätigende Entscheidung erst nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet ab dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt (Tatzeit), erlassen wird. Zudem ist nach der ständigen Rechtsprechung die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt, wenn das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde. Die Erlassung gegenüber einer anderen Verfahrenspartei (etwa der Bezirkshauptmannschaft) ist nicht geeignet, diese Wirkung herbeizuführen (vgl. etwa VwGH vom 18. Mai 2016, Ra 2015/17/0029, mwN, und vom 29. Juli 2014, Ro 2014/02/0074, mwN).

10 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

11 Da die Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses an den Revisionswerber als (einer Tat am 25. August 2013) Beschuldigten am 2. September 2016 erst nach Ablauf der in § 31 Abs. 2 VStG geregelten Frist, und damit nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung, erfolgte, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

12 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und §§ 3 und 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 13. Dezember 2016

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