VwGH Ro 2014/04/0054

VwGHRo 2014/04/005418.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. A GmbH, 2. s gesellschaft mbH und 3. W G.m.b.H. vertreten durch Heid Schiefer Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Februar 2014, Zl. W138 2000177-1/27E, betreffend ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: Ö in W, vertreten durch MMag.Dr. Claus Casati, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Mariahilfer Straße 1b/17), den Beschluss gefasst:

Normen

62012CJ0100 Fastweb VORAB;
62013CJ0689 PFE VORAB;
BVergG §129 Abs1;
BVergG §129;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
62012CJ0100 Fastweb VORAB;
62013CJ0689 PFE VORAB;
BVergG §129 Abs1;
BVergG §129;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1. Die mitbeteiligte Partei (Auftraggeber) führte ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich. Gegenstand des Verfahrens ist die Vergabe eines Dienstleistungsvertrages betreffend Planungsleistungen nach dem Bestbieterprinzip.

2 Die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Ausschreibungsunterlagen bestanden aus dem "Procedure Letter" vom 6. August 2013 samt Beilagen. Diese Ausschreibungsbestimmungen wurden nicht angefochten und damit bestandsfest.

3 Die Revisionswerberin, eine Bietergemeinschaft, beteiligte sich mit einem fristgerechten Angebot an der Ausschreibung.

4 Mit Schreiben vom 20. November 2013 lud der Auftraggeber die Revisionswerberin und vier weitere Bieter zur Teilnahme an der vertieften zweiten Stufe des Verhandlungsverfahrens ein. Dieses Einladungsschreiben des Auftraggebers enthielt sonstige Festlegungen.

5 Mit Schreiben des Auftraggebers vom 27. November 2013 wurde das Angebot der Revisionswerberin ausgeschieden. Als Ausscheidensgründe im Sinne des § 129 Abs. 1 Z 2, 3, und 7 BVergG 2006 wurden das unterpreisige Angebot zu bestimmten Leistungspositionen und der Verstoß der Bietergemeinschaft gegen § 21 Abs. 3 Ziviltechnikergesetz (ZTG) angeführt.

6 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der Revisionswerberin vom 2. Dezember 2013, die Ausscheidensentscheidung für nichtig zu erklären, ab (Spruchpunkt A.I.). Die weiteren Anträge, "das Bundesvergabeamt möge die gesamten Ausschreibungsunterlagen für nichtig erklären" (Spruchpunkt A.II.) und "das Bundesvergabeamt möge die oben genannten Ausschreibungspassagen (Punkt 7.2, 7.3. und 7.4.) für nichtig erklären und in der Folge als rechtswidrig streichen" (Spruchpunkt A.III.), wurden jeweils zurückgewiesen.

7 Die ordentliche Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für zulässig, weil Rechtsprechung zu der in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Frage fehle, ob es sich bei der mitbeteiligten Partei um einen öffentlichen Auftraggeber handle (Spruchpunkt B.).

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

9 Die mitbeteiligte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision kostenpflichtig zurückbzw. abzuweisen.

10 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 3.1. Vorauszuschicken ist, dass die Revision keine Ausführungen zu der vom Bundesverwaltungsgericht für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision ins Treffen geführten Frage der Eigenschaft der mitbeteiligten Partei als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des BVergG 2006 enthält. Auf diese Rechtsfrage ist daher im Folgenden auch nicht einzugehen.

13 Die Revision bringt zur Begründung der Zulässigkeit ausschließlich vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage der innerstaatlichen Auslegung des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 4. Juli 2013 in der Rechtssache Rs C-100/12 , "Fastweb SpA" betreffend "die Antragslegitimation eines auszuscheidenden Bieters im Nachprüfungsverfahren". Vor dem Hintergrund dieses Urteils könne im Falle des Ausscheidens aller weiteren Bieter und für den Fall, dass die Ausschreibung zu widerrufen sei, die Antragslegitimation des auszuscheidenden Bieters nicht verneint werden.

14 3.2. Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt vor, wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt (vgl. den hg. Beschluss vom 25. März 2014, Ra 2014/04/0001).

15 3.2.1. Die Revision richtet sich mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht gegen die Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung (Spruchpunkt A.I. im angefochtenen Erkenntnis), da in diesem Zusammenhang die Antragslegitimation der Revisionswerberin nicht verneint wurde. Im Übrigen enthält die Revision auch keine inhaltlichen Ausführungen zu der angefochtenen Ausscheidensentscheidung, sodass auf diese im Revisionsverfahren nicht mehr einzugehen ist.

16 3.2.2. Der Antrag, "das Bundesvergabeamt möge die gesamten Ausschreibungsunterlagen für nichtig erklären", war vor dem Hintergrund der von der Revisionswerberin zugestandenen Tatsache der Bestandsfestigkeit der Ausschreibungsbestimmungen, die bereits im Procedure Letter vom 6. August 2013 festgelegt und nicht angefochten worden waren, unabhängig von der Frage der Antragslegitimation präkludiert (vgl. grundlegend zur Frage der Bestandskraft der unangefochten gebliebenen Ausschreibungsbestimmungen die hg. Erkenntnisse vom 17. Juni 2014, 2013/04/0029, und vom 12. September 2013, 2010/04/0119). Damit hängt die Entscheidung über die Zurückweisung dieses Antrages ebenso nicht von der vorgebrachten Rechtsfrage ab.

17 3.3. Auch hinsichtlich des Antrages auf Nichtigerklärung einzelner Festlegungen in der Einladung vom 20. November 2013, demnach sonstiger Festlegungen während der Verhandlungsphase, geht der Hinweis auf das genannte Urteil des EuGH, C-100/12 , ins Leere. Selbst ein erfolgreicher Antrag auf Nichtigerklärung einzelner Festlegungen hätte angesichts der bestandsfesten Ausschreibungsbestimmungen nicht die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens zur Folge. Bereits deshalb sind die Überlegungen zum rechtlichen Interesse des ausgeschiedenen Bieters im Sinne der ins Treffen geführten Entscheidung des EuGH, C-100/12 , (und auch der zwischenzeitig ergangenen Entscheidung des EuGH vom 5. April 2016, C-689/13 ) auf den hier vorliegenden Fall nicht übertragbar.

18 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 18. Mai 2016

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