VwGH 2011/16/0180

VwGH2011/16/018026.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger, den Hofrat Dr. Mairinger und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Beschwerde des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 14. Juni 2011, Zl. RV/0952-L/08, betreffend Grunderwerbsteuer (mitbeteiligte Partei: S AG, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Durch ein Schreiben einer Wirtschaftsprüfer und Steuerberater GmbH vom 3. April 2003 erlangte das Finanzamt F (in der Folge: Finanzamt) davon Kenntnis, dass durch Umgründungsverträge vom 18. Mai 2001 eine grundsteuerlich relevante Anteilsvereinigung in der Hand der S GmbH und der I GmbH (in der Folge: ISR GmbH) erfolgt sei. Mit dem Schreiben wurde (zu den in Kopie beigelegten Verträgen) folgende Sachverhaltsdarstellung erstattet:

  1. "1. ...
  2. 2. Im Jahr 2000 waren an L Gesellschaft mbH Co KG (im Folgenden: TH KG) die E GmbH (im Folgenden: EF GmbH als Komplementärgesellschaft (mit 0 % Substanzbeteiligung) und die

    E GmbH als Kommanditistin (mit 100 % Substanzbeteiligung) beteiligt. TH KG verfügt über umfangreichen inländischen Liegenschaftsbesitz.

    3. Mit Kaufvertrag vom 21. November 2000 wurden die Anteile an E GmbH durch die bisherige Alleingesellschafterin L Privatstiftung an (S GmbH) veräußert.

    4. Mit Zusammenschlussvertrag vom 18. Mai 2001 (mit ertragsteuerlicher Rückwirkung auf den 31. August 2000) ist der TH KG die (ISR GmbH) als weitere Komplementärin (mit 0 % Substanzbeteiligung) beigetreten.

    5. ISR GmbH ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der (S GmbH). Seit dem Jahr 2000 (Ergebnisabführungsvertrag vom 24. August 2000 mit Wirkung ab 1. September 2000) besteht ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis gemäß § 2 Abs. 2 UStG zwischen (S GmbH) und ISR GmbH.

    6. Mit Verschmelzungsvertrag, ebenfalls vom 18. Mai 2001 (mit ertragsteuerlicher Rückwirkung auf den 31. August 2000) wurde (E GmbH) auf (S GmbH) verschmolzen. Mit Abschluss dieses Verschmelzungsvertrages erwarb daher (S GmbH) den Anspruch auf Übertragung der der (E GmbH) gehörigen 100 %igen Kommanditbeteiligung an TH KG.

    7. Im Zusammenschlussvertrag vom 18. Mai 2001 wurde (neben dem Beitritt der ISR GmbH als Komplementärin) weiters das Ausscheiden der (EF GmbH) als Komplementärin der TH KG mit Wirkung zum 30. Juni 2001 vereinbart. Gemäß Firmenbuchauszug der TH KG ist der Austritt der (EF GmbH) gemäß dieser Vereinbarung auch tatsächlich erfolgt (Eintragung im Firmenbuch am 3. Juli 2001).

    8. Nach Durchführung der obigen Vereinbarungen vom 21. November 2000 (Anteilskaufvertrag) und vom 18. Mai 2001 (Zusammenschlussvertrag, Verschmelzungsvertrag, Austrittsvereinbarung mit (EF GmbH)) waren an der TH KG die ISR GmbH als Komplementärin (mit 0 % Substanzbeteiligung) und (S GmbH) als Kommanditistin (mit 100 % Substanzbeteiligung beteiligt). Zwischen ISR GmbH und (S GmbH), wie bereits ausgeführt, ist gegenüber dem Finanzamt in den Steuererklärungen eine umsatzsteuerliche Organschaft ausgewiesen.

  1. 9. ...
  2. 10. Die Grunderwerbsteuer wird von der 100 % substanzbeteiligten Organträgerin, (S GmbH), getragen."

    In der Eingabe der Wirtschaftsprüfer und Steuerberatungs GmbH vom 11. Juli 2003 wurde ergänzend vorgebracht, dass "in Abänderung zu Punkt 5. der Sachverhaltsdarstellung vom 3. 4. 2003" die ISR GmbH keine 100 %ige, sondern lediglich eine 99,99 %ige Tochtergesellschaft der S GmbH sei. Als weitere Gesellschaft sei zu 0,01 % die S GmbH (in der Folge: SET GmbH) beteiligt. Diese sei eine 100 %ige Tochtergesellschaft der S Privatstiftung, kein Unternehmer im Sinne des UStG und auch nicht in den Organkreis mit der S GmbH eingebunden. Zwischen der EF GmbH und der S GmbH und zwischen der S GmbH und E GmbH habe keine Organschaft im Sinne des § 2 Abs. 2 UStG bestanden.

    Am 17. Mai 2001 sei ein Umgründungsplan abgeschlossen und am 18. Mai seien die beiden folgenden Umgründungsverträge unterzeichnet worden:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegt der Steuer gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG 1987) ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein oder in der Hand von Unternehmen im Sinn des § 2 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (herrschende und abhängige Unternehmen) vereinigt werden würden.

Der Steuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 3 Z 2 GrEStG 1987 auch die Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Z 1 vorausgegangen ist.

Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird gemäß § 2 Abs. 2 Z 2 UStG dann nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat. Eine juristische Person ist dem Willen eines Unternehmers dann derart untergeordnet, dass sie keinen eigenen Willen hat (Organschaft), wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist.

Die nach § 93 Abs. 3 lit. a BAO gebotene Begründung eines Abgabenbescheides muss erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200).

Diese Ausführungen gelten sinngemäß auch für Abgabenbescheide, mit denen - sowie im Beschwerdefall - eine Abgabenvorschreibung aufgehoben wird.

Den oben angeführten Kriterien entspricht der angefochtene Bescheid in keiner Weise.

Zum einen enthalten die Sachverhaltsfeststellungen lediglich die Angaben, zwischen welchen Unternehmen am 18. Mai 2001 welche Verträge abgeschlossen wurden. Über die näheren Inhalte dieser Verträge gibt es aber ebenso wenig Feststellungen, wie über die gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen der an den Umgründungsvorgängen beteiligten Unternehmen.

Zum anderen hat die belangte Behörde auch nicht in schlüssiger Weise dargestellt, warum sie - anders als die erstinstanzliche Abgabenbehörde - die durch die Verträge bewirkten Vorgänge unter keinen der im GrEStG angeführten Tatbestände zu subsumieren vermag. Der angefochtene Bescheid enthält diesbezüglich zum Teil rechtliche Erwägungen, deren Sinnhaftigkeit sich dem Verwaltungsgerichtshof in dem gegebenen Zusammenhang nicht erschließt. Dies betrifft etwa die Ausführungen über das Anwachsen nach § 142 UGB. Auch aus den rudimentären Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich nämlich nicht, dass an der TH KG jemals nur ein einziger Gesellschafter beteiligt gewesen wäre. Darüber hinaus enthält der angefochtene Bescheid auch rechtliche Schlussfolgerungen, denen jegliche Begründung fehlt (vgl. etwa die Aussage, es liege keine Organschaft iSd § 2 Abs. 2 UStG vor). Eine solche Begründung wäre aber angesichts der eingehenden Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung geboten gewesen.

Daraus ergibt sich aber, dass sich der angefochtene Bescheid insgesamt der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof entzieht. Er war daher - ohne auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Wien, am 26. Februar 2015

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