VwGH Ro 2014/15/0028

VwGHRo 2014/15/00282.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, in der Rechtssache des K P in R, vertreten durch Mag. Thomas Christl, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Promenade 25, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates vom 24. Juni 2013, Zlen. RV/0605-L/12 und RV/0606-L/12, betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2004, 2005, 2007 und 2008 sowie Umsatzsteuer 2004 bis 2008, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §248;
BAO §80;
BAO §9 Abs1;
IO §2 Abs2;
KO idF vor 1. 7. 2010 §1 Abs1;
BAO §248;
BAO §80;
BAO §9 Abs1;
IO §2 Abs2;
KO idF vor 1. 7. 2010 §1 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Revisionswerber war Geschäftsführer der in Belgien situierten TB AG, über deren Vermögen mit Urteil eines ausländischen Gerichts vom 19. Februar 2009 der Konkurs verkündet worden war.

Am 4. Jänner 2010 wurde vom Landesgericht Linz auch über das Vermögen des Revisionswerbers das Konkursverfahren eröffnet und Mag. X zum Masseverwalter bestellt.

Mit Haftungsbescheid vom 9. Jänner 2012 wurde der Revisionswerber als Haftungsschuldner gemäß § 9 BAO für Abgabenschulden der TB AG in Anspruch genommen. Der Haftungsbescheid erging an den Masseverwalter Mag. X, der mit Eingabe vom 2. Februar 2012 sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gemäß § 248 BAO gegen die zu Grunde liegenden Abgaben- und Nebengebührenbescheide der TB AG (betreffend Umsatzsteuer 2004 bis 2008, Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag 2004, 2005, 2007 und 2008, Säumniszuschläge 2007 bis 2010) Berufung erhob.

Während die Berufungsentscheidung betreffend Haftung vom 20. April 2012 an den Masseverwalter erging, wurde die nunmehr angefochtene Erledigung vom 24. Juni 2013 über die gemäß § 248 BAO erhobene Berufung an den Gemeinschuldner (dem nunmehrigen Revisionswerber) gerichtet und ihm am 8. August 2013 persönlich zugestellt.

Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Revision. Die Zulässigkeit der Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG begründet der Revisionswerber u.a. damit, dass die Berufungsentscheidung trotz anhängigen Konkursverfahrens zu Unrecht ihm als Gemeinschuldner und nicht Mag. X als gesetzlichem Vertreter der Konkursmasse zugestellt worden sei.

Durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse, Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs. 1 KO, nunmehr § 2 Abs. 2 IO). Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners iSd § 80 BAO (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 2002, 2002/14/0053). Auch die Geltendmachung der Haftung des Gemeinschuldners für Abgaben betrifft die Konkursmasse (vgl. den hg. Beschluss vom 18. September 2003, 2003/15/0061).

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen. Das Normative dieser Anordnung liegt in der Befugnis, den dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Bescheid anfechten zu dürfen und alle Einwendungen gegen die Grundlagen der Haftung vorzubringen, auch wenn dieser Gegenstand eines Verfahrens eines anderen Abgabenpflichtigen bilden und über diese Grundlagen in diesem anderen Verfahren bereits rechtskräftig abgesprochen wurde (vgl. Stoll, BAO, § 248, 2456).

Ist dem Haftungspflichtigen - wie im gegenständlichen Fall - die Verfügungsmacht über das (gesamte der Exekution unterworfene) Vermögen entzogen und betrifft die Haftungsschuld als Konkursforderung des Finanzamtes die Masse (vgl. zur insolvenzrechtlichen Einordnung von Haftungsschulden das Urteil des OGH vom 16. Februar 2012, 6 Ob 231/11f), kommt das Berufungsrecht ausschließlich dem Masseverwalter zu, der insoweit den (Gemein)Schuldner vertritt.

Der Masseverwalter hat von diesem Berufungsrecht Gebrauch gemacht und seine Berufung gegen den Haftungsbescheid mit einer Berufung gegen die der Haftung zu Grunde liegenden Abgabenbescheide verbunden. Dass die Abgabenbescheide einen anderen Steuerpflichtigen betreffen (nämlich die TB AG) und Mag. X nur im Konkurs des Revisionswerbers Masseverwalter ist, hindert nicht, dass Mag. X als Masseverwalter im Berufungsverfahren alle Parteienrechte zukommen und auch die Erledigung gegenüber dem Masseverwalter zu ergehen hat. Eine an den Gemeinschuldner gerichtete Berufungserledigung geht ins Leere. Sie entfaltet weder eine Wirkung für den Gemeinschuldner noch für den Masseverwalter (vgl. die hg. Beschlüsse vom 2. März 2006, 2006/15/0087, und vom 30. Mai 2007, 2003/17/0339).

In der Eingabe vom 1. August 2013 hat der Masseverwalter somit zu Recht darauf hingewiesen, dass die von ihm erhobene Berufung gemäß § 248 BAO gegen die Abgabenbescheide mit der streitgegenständlichen Erledigung vom 24. Juni 2013 keine Behandlung gefunden hat. Dass Mag. X weder Masseverwalter noch sonstiger Vertreter der TB AG ist, ist im gegebenen Zusammenhang nicht von Bedeutung, weil es bei der ausstehenden Erledigung nicht um eine Berufung der TB AG geht. Der diesbezügliche Einwand des Mag. X in der Eingabe vom 26. Juli 2013 bot daher keine Rechtsgrundlage dafür, den angefochtenen Bescheid gegenüber dem Revisionswerber zu erlassen. Anhaltspunkte dafür, dass die belangte Behörde eine Erledigung gegenüber der Primärschuldnerin erlassen wollte und hinsichtlich der Bezeichnung des Bescheidadressaten lediglich ein Fehler in der Bezeichnung vorläge (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2014, 2013/15/0062) finden sich im Beschwerdefall nicht.

Der angefochtene Bescheid konnte nach dem Gesagten gegenüber dem Gemeinschuldner, der in den die Masse betreffenden Angelegenheiten nicht handlungsfähig ist, nicht rechtswirksam erlassen werden.

Die Revision gegen den nicht dem Rechtsbestand angehörenden Bescheid war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Wien, am 2. Oktober 2014

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