Normen
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
SHG Stmk 1998 §31 Abs1 litb;
SHG Stmk 1998 §31 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Devolutionsweg ergangenen Bescheid vom 9. August 2007 hat die Steiermärkische Landesregierung dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 21. Juni 2005 auf Übernahme der durch den stationären Aufenthalt der Patientin M R im Landeskrankenhaus Graz vom 18. bis zum 21. Jänner 2005 entstandenen Spitalskosten in der Höhe von EUR 2.341,20 aus Mitteln der Sozialhilfe nicht stattgegeben.
Begründend wurde ausgeführt, die minderjährige M R sei vom
18. bis 21. Jänner 2005 an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde am Landeskrankenhaus Graz stationär aufgenommen worden. Die Beschwerdeführerin habe den Antrag vom 21. Juni 2005 auf Spitalskostenrückersatz beim Magistrat Graz, Sozialamt, gestellt, weil kein Leistungsanspruch bei einem Versicherungsträger habe festgestellt werden können.
Der Magistrat Graz, Sozialamt, habe in der Folge Erhebungen eingeleitet, um das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Rückersatzanspruch gemäß § 31 Steiermärkisches Sozialhilfegesetz (Stmk. SHG) zu prüfen. Am 1. Juli 2005 sei seitens des Sozialamtes ein Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG an die Beschwerdeführerin mit dem Ersuchen ergangen, die finanzielle Hilfsbedürftigkeit entsprechend zu präzisieren, weil diese mit der Antragstellung nicht schlüssig glaubhaft gemacht worden sei. Laut Aktenvorgang sei auf diesen Verbesserungsauftrag seitens der Beschwerdeführerin nicht reagiert worden. Vom Magistrat Graz, Sozialamt, sei innerhalb der Frist von sechs Monaten kein Bescheid ausgestellt worden bzw. wäre im Gegenständlichen der Antrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen gewesen.
Da sich im gesamten Aktenvorgang kein Auszug aus der Krankengeschichte, Befund oder ähnliches befinde, sei ein Arztbrief angefordert worden. Aus dem übermittelten Arztbrief gehe hervor, dass die Aufnahme "bei seit mehr als sechs Wochen bestehenden Unterbauchbeschwerden" erfolgt sei.
Der Verbesserungsauftrag sei nach Ansicht der belangten Behörde zu Recht erfolgt, weil mit den mit dem Antrag übermittelten Unterlagen eine Hilfsbedürftigkeit nicht schlüssig glaubhaft gemacht worden sei. Im Gegenständlichen wäre in der Folge vom Magistrat Graz, Sozialamt, der Antrag der Beschwerdeführerin vom 21. Juni 2005 gemäß § 13 Abs. 3 AVG nach Ablauf der gestellten Frist mit Bescheid abzuweisen gewesen. Weiters liege für einen Rückerstattungsanspruch gemäß § 31 Stmk. SHG im Gegenständlichen die Voraussetzung gemäß Abs. 1 lit. b leg. cit. nicht vor: Laut dem vorgelegten Arztbrief habe die Patientin schon seit mehr als sechs Wochen Unterbauchbeschwerden gehabt. Es sei somit keine akute Notfallbehandlung vorgelegen, es wäre der Patientin zumutbar gewesen, einen Antrag beim Magistrat Graz, Sozialamt, zu stellen. Für einen Rückersatzanspruch gemäß § 31 Stmk. SHG müssten alle Voraussetzungen zutreffen und es mangle im gegenständlichen Fall am Erfordernis des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG.
Zusammenfassend gelange die belangte Behörde zum Ergebnis, dass der Antrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückzuweisen gewesen wäre, weiters mangle es am Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 31 Abs. 1 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 29/1998 (SHG), hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfsbedürftigen Hilfe geleistet hat, Rückersatz zu leisten, wenn:
- a) eine Gefährdung des Lebensbedarfes (§ 7) gegeben war;
- b) die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt werden konnte;
c) der Dritte nicht selbst die Kosten der Hilfe zu tragen hatte.
Nach Abs. 2 leg. cit. muss der Rückersatz spätestens sechs Monate nach Beginn der Hilfeleistung bei sonstigem Anspruchsverlust beim örtlich zuständigen Sozialhilfeträger beantragt werden. Im Antrag ist die finanzielle Hilfsbedürftigkeit des Hilfeempfängers durch schlüssiges Vorbringen glaubhaft zu machen.
Gemäß § 4 Abs. 1 SHG ist Voraussetzung der Hilfe u.a., dass der Betroffene (hier: der Patient) den Lebensbedarf im Sinne des § 7 SHG (darunter gemäß § 7 Abs. 1 lit. c auch die Krankenhilfe im Sinne des § 10) für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Gemäß § 5 Abs. 1 SHG ist Hilfe nur soweit zu gewähren, als das Einkommen oder das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 7) zu sichern.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde stellt die nicht ausreichende Glaubhaftmachung der Hilfsbedürftigkeit im Antrag auf Spitalskostenrückersatz keinen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar. Vielmehr läge gegebenenfalls eine Unvollständigkeit des Sachvorbringens vor, die die Entscheidung der Behörde in der Sache nicht hinderte. Allerdings hat die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin nicht gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen, sondern ihn - unter Hinweis darauf, dass er "zurückzuweisen gewesen wäre", "nicht stattgegeben", weil es "im Gegenständlichen an der Voraussetzung des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG mangelt".
Der Verwaltungsgerichtshof geht daher davon aus, dass der angefochtene Bescheid in Richtung der Abweisung des Rückersatzantrages der Beschwerdeführerin wegen des Fehlens der in § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG normierten Voraussetzung zu deuten ist.
Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin nicht auf die nicht ausreichende Glaubhaftmachung der Hilfsbedürftigkeit der Patientin M R gestützt. Vielmehr wurde in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid nichts ausgeführt. Die Frage der ausreichenden Glaubhaftmachung der Hilfsbedürftigkeit der Patientin ist daher im Beschwerdefall durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen. Es wird allerdings darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin in der vorliegenden Beschwerde mehrfach behauptet, dem erteilten Verbesserungsauftrag mit Schreiben vom 15. Juli 2005 nachgekommen zu sein und "ausführlich die Hilfsbedürftigkeit und die finanzielle Situation der Frau G R, welche für die Patientin M R unterhaltspflichtig ist, dargelegt" zu haben.
Die belangte Behörde stützt die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid darauf, dass die Voraussetzung des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG nicht vorliege. Sie führte aus, die Patientin habe bei der stationären Aufnahme in das Krankenhaus bereits seit mehr als sechs Wochen Unterbauchbeschwerden gehabt. Es sei somit keine akute Notfallbehandlung vorgelegen, es wäre der Patientin zumutbar gewesen, einen Antrag beim Magistrat Graz, Sozialamt, zu stellen.
Die belangte Behörde hat sich somit mit der Frage auseinander gesetzt, ob es der Patientin möglich gewesen wäre, rechtzeitig einen Sozialhilfeantrag zu stellen. Damit hat sie aber verkannt, dass § 31 Abs. 1 lit. b Stmk. SHG eine Obliegenheit des Dritten, der die Hilfeleistung erbringt, zur Verständigung des Sozialhilfeträgers, vorliegend also der Beschwerdeführerin, begründet, und die Unterlassung der Antragstellung durch den Hilfsbedürftigen dem Rückersatzanspruch des Dritten nicht entgegen gehalten werden kann (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 16. Juni 2009, Zl. 2008/10/0007, vom 9. September 2009, Zl. 2004/10/0139).
Die Voraussetzung für den Rückersatz nach der genannten Bestimmung des Stmk. SHG wäre daher dann erfüllt, wenn die Hilfeleistung so dringend erforderlich gewesen wäre, dass der Sozialhilfeträger von der Beschwerdeführerin vorher nicht mehr hätte verständigt werden können, wie dies von der Beschwerdeführerin behauptet wird. Infolge der dargestellten Verkennung der Rechtslage hat sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen allerdings nicht auseinander gesetzt (vgl. z.B. die beiden bereits zitierten hg. Erkenntnisse vom 9. September 2009 und vom 16. Juni 2009).
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt kann nicht beurteilt werden, ob die Verständigung der Sozialhilfebehörde durch die Beschwerdeführerin vor der Behandlung bzw. vor unverschuldeter späterer Kenntniserlangung von der Hilfsbedürftigkeit möglich gewesen wäre.
Auf Grund obiger Ausführungen war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 13. Mai 2011
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