Normen
ApG 1907 §13 Abs1;
ApG 1907 §8 Abs6;
ApG 1907 §8 Abs7;
ApG 1907 §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ApG 1907 §13 Abs1;
ApG 1907 §8 Abs6;
ApG 1907 §8 Abs7;
ApG 1907 §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 9. September 2009 hat der Unabhängige Verwaltungssenat Wien den Antrag der Beschwerdeführerin vom 21. März 2007 um Genehmigung einer "abweichenden Regelung über die Sperrzeit der Apotheke gemäß § 8 Abs. 6 Apothekengesetz, Offenhalten an Samstagen bis 13.00 Uhr" abgewiesen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde - soweit für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wesentlich - aus, die Behörde erster Instanz habe den Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, dass § 8 Abs. 6 Apothekengesetz, RGBl. Nr. 5/1907 (ApG), im Zusammenhang mit dem Absatz 7 dieser Bestimmung eine Verordnungsermächtigung für die Bezirksverwaltungsbehörde darstelle und daher ein bescheidmäßiger Abspruch über den gegenständlichen Antrag nicht in Frage komme. Die Apothekerkammer habe in der im Berufungsverfahren eingeholten Stellungnahme dazu ausgeführt, dass abweichende Regelungen über die Sperrzeiten während der Dauer eines gesteigerten Bedarfs an Arzneimitteln (z.B. Epidemien, Elementarereignisse, Messen, Märkte u.dgl.) gemäß § 8 Abs. 6 und Abs. 7 ApG nur mit Verordnung festgelegt werden könnten.
Die belangte Behörde schließe sich der Ansicht der Apothekerkammer an. Wenn der Gesetzgeber der Bezirksverwaltungsbehörde nur das Recht auf Erlassung einer Verordnung einräume, folge daraus, dass bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 6 ApG auch nur eine Verordnung, jedoch kein Bescheid erlassen werden könne. Die Erstbehörde habe den geltend gemachten Rechtsanspruch daher zu Recht verneint.
Da die Behörde erster Instanz der Beschwerdeführerin jedoch nicht das Recht zur Stellung des gegenständlichen Antrages abgesprochen habe, stelle die Verwendung des Wortes "zurückgewiesen" im Spruch ihres Bescheides ein Vergreifen im Ausdruck dar. Der Bescheid der Behörde erster Instanz sei daher dahin richtig zu stellen gewesen, dass der Antrag abgewiesen werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 8 und § 13 ApG haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
"§ 8.
Betriebszeiten und Bereitschaftsdienst
(1) Die Zeiten, während derer die öffentlichen Apotheken für den Kundenverkehr an Werktagen offen zu halten haben (Betriebszeiten), sind von der Bezirksverwaltungsbehörde unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verhältnisse so festzusetzen, daß die wöchentliche Betriebszeit 48 Stunden nicht überschreitet und eine tägliche Mittagssperre von ungefähr zwei Stunden eingehalten wird. Befinden sich in einem Ort mehrere öffentliche Apotheken, so sind für sie gleiche Betriebszeiten festzulegen.
...
(6) Während der Dauer eines gesteigerten Bedarfes an Arzneimitteln hat die Bezirksverwaltungsbehörde abweichende Regelungen über die Sperrzeit, den Bereitschaftsdienst und die Sonn- und Feiertagsruhe in öffentlichen Apotheken zu treffen.
(7) Vor Erlassung von Verordnungen nach den Abs. 1 bis 5 ist die Landesgeschäftsstelle der Österreichischen Apothekerkammer und die zuständige Arbeiterkammer zu hören. Auf Grund des Abs. 6 erlassene Verordnungen sind ohne Verzug dem Landeshauptmann, der Österreichischen Apothekerkammer und der zuständigen Arbeiterkammer mitzuteilen.
...
§ 13.
Betriebspflicht
Der Inhaber einer öffentlichen Apotheke sowie der verantwortliche Leiter einer solchen ist verpflichtet, den Betrieb der Apotheke ununterbrochen aufrecht zu erhalten; ebenso darf bei der Übernahme einer Apotheke durch einen Dritten in deren Betriebe keine Unterbrechung eintreten.
..."
Dem Beschwerdeargument, § 8 ApG sei auf Grund der - nach der Gesetzessystematik nachfolgenden - damit im Widerspruch stehenden Regelung des § 13 leg. cit. über die ununterbrochene Aufrechterhaltung des Betriebes "denknotwendig aus dem ... Rechtsbestand ausgeschieden", ist zu entgegnen, dass § 13 Abs. 1 ApG öffentliche Apotheken zu einem ununterbrochenen Betrieb, aber keinesweges zu einem ununterbrochenen Offenhalten verpflichtet. Nach dieser Bestimmung ist eine vorübergehende Einstellung des Betriebes z.B. wegen Betriebsurlaubs oder wegen der vom Gesetz ausdrücklich genannten Betriebsübernahme nicht zulässig. Schon wegen dieses unterschiedlichen Regelungsgehaltes steht § 13 Abs. 1 ApG einer Anwendung der in § 8 leg. cit. enthaltenen Regelungen über die Zeiten, während derer die Apotheke für den Kundenverkehr offenzuhalten ist, nicht entgegen. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin ihren Antrag ausdrücklich auf § 8 Abs. 6 ApG gestützt.
Weiters bringt die Beschwerdeführerin vor, dass für Patienten, welche am Samstag Vormittag - lebensnotwendige - Medikamente verschrieben bekommen, ein gesteigerter Bedarf für ein längeres Offenhalten der Apotheke der Beschwerdeführerin bestehe.
§ 8 Abs. 6 ApG erlaube es nach seinem Wortlaut, für solche Fälle eine abweichende Öffnungszeit auch für eine einzelne Apotheke mit Bescheid festzulegen.
Gemäß § 8 Abs. 1 ApG sind die Zeiten, während derer die öffentlichen Apotheken für den Kundenverkehr an Werktagen offen zu halten haben (Betriebszeiten), von der Bezirksverwaltungsbehörde nach bestimmt genannten Kriterien festzusetzen, wobei für mehrere an einem Ort befindliche Apotheken gleiche Betriebszeiten festzulegen sind. Die konkreten Regelungen über die Zeiten, an denen öffentliche Apotheken in Wien offen zu halten haben, sind in der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien vom 7. Oktober 2004 über die Betriebszeiten und den Bereitschaftsdienst der öffentlichen Apotheken in Wien, ABl. 2004/41 (Apotheken-Betriebszeitenverordnung), die auf Grund von § 8 ApG ergangen ist, enthalten.
Der Verfassungsgerichtshof hat im - den Individualantrag des Inhabers einer Wiener öffentlichen Apotheke auf Aufhebung einer Bestimmung der damals in Geltung stehenden Apothekenbetriebszeitenverordnung abweisenden - Erkenntnis vom 10. März 1993, VfSlg. 13.328, ausgeführt, dass ein Offenhalten außerhalb der in der Verordnung geregelten Zeiten nicht zulässig sei. Er kam zum Ergebnis, dass diese Regelung verfassungskonform sei und begründete seine Ansicht damit, dass dem Zwang zur Öffnung während der Betriebszeiten und zu den festgelegten Zeiten des Bereitschaftsdienstes das Verbot gegenüberstehe, die Bereitschaftsdienste anderer Apotheken durch ein freiwilliges Offenhalten zu konterkarieren (und sie die Last der Betriebspflicht ohne die damit verbundenen Einnahmen tragen zu lassen); zur Notwendigkeit einer klaren und bleibenden Festlegung der Betriebs- und Bereitschaftszeiten im Interesse der Versorgung der nachfragenden Bevölkerung zu jeder Tages- und Nachtzeit trete nämlich die Notwendigkeit, den durch diese Festlegung beeinflussten Wettbewerb so zu ordnen, dass sich diese Festlegung nicht wettbewerbsverzerrend auswirke.
Dass es sich bei der Regelung des § 8 Abs. 6 ApG um eine Verordnungsermächtigung handelt, ergibt sich nicht nur klar aus § 8 Abs. 7 zweiter Satz leg. cit., wonach auf Grund des Abs. 6 erlassene Verordnungen ohne Verzug den dort genannten Stellen mitzuteilen sind, sondern auch aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 6 leg. cit., wonach während der Dauer eines gesteigerten Bedarfes an Arzneimitteln die Bezirksverwaltungsbehörde (von der Apothekenbetriebszeitenverordnung) "abweichende Regelungen" über die Sperrzeit "in öffentlichen Apotheken" zu treffen hat. Diese Bestimmung vermittelt hingegen keinen individuellen Anspruch auf Festlegung von Betriebszeiten, die von der mit Verordnung zu treffenden generellen Anordnung abweichen. Vielmehr ist Derartiges nach der Systematik der Regelung ausgeschlossen.
Für eine Änderung der Öffnungszeit einer Apotheke mittels Bescheid über Antrag des Apothekeninhabers bietet § 8 Abs. 6 ApG daher im Ergebnis keine Grundlage, weshalb die belangte Behörde dem darauf gerichteten Antrag der Beschwerdeführerin zu Recht nicht stattgegeben hat.
Im Hinblick auf die dargestellte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach das Offenhalten einer Apotheke zu den Zeiten des Bereitschaftsdienstes die Bereitschaftsdienste anderer Apotheke konterkarieren würde und es notwendig ist, den Wettbewerb so zu ordnen, dass sich die - im Interesse der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gelegene - Festlegung von Betriebs- und Bereitschaftszeiten nicht wettbewerbsverzerrend auswirkt, tritt der Verwaltungsgerichtshof der - nicht weiter konkretisierten - Anregung nicht näher, hinsichtlich § 8 ApG einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu richten.
Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 13. Dezember 2010
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