Normen
LSchG Vlbg 1982 §12 Abs2 letzter Satz
LSchG Vlbg 1982 §12 Abs3
LSchG Vlbg 1982 §12 Abs4
LSchG Vlbg 1982 §3 Abs1 litl
LSchG Vlbg 1982 §34 Abs1 lite
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1987:1986100113.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 25. Juni 1985 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs. 1 und 2 des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes (Neukundmachungs‑Verlautbarung LGBl. Nr. 1/1982; in der Folge: LSchG) aufgetragen, die Ablagerung von Bauschutt und sonstigen Abfällen auf dem Grundstück 5443, KG A einzustellen, den auf diesem Grundstück abgelagerten Bauschutt einschließlich der übrigen Abfälle binnen längstens einem Monat nach Rechtskraft dieses Bescheides zu entfernen und den abgeschobenen und auf Deponie gelegten Humus innerhalb eines weiteren Monats wieder aufzubringen. Durch ein Erhebungsorgan der Behörde sei am 5. März 1985 festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer bei seinem Betrieb in A südseitig der Halle und am Zufahrtsweg auf einer Fläche von 800 bis 1.000 m2 Bauschutt und sonstige Abfälle verschiedenster Art abgelagert habe. Anläßlich einer neuerlichen Überprüfung am 13. Juni 1985 habe das Erhebungsorgan festgestellt, daß auf dem besagten Grundstück nunmehr auf einer Fläche von ca. 2.500 m2 Bauschutt und verschiedene andere Abfälle, wie Dosen und Behälter für Farben und Lacke, Benzinfässer, Plastikmaterial und anderes, abgelagert seien. Am Rand der Lagerfläche sei der abgeschobene Humus deponiert. Da die für einen Ablagerungsplatz nach § 3 Abs. 1 lit. 1 LSchG erforderliche Bewilligung nicht vorliege, seien gemäß § 12 Abs. 1 und 2 LSchG die im Spruch angeführten Aufträge zu erteilen gewesen.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer aus, es treffe zu, daß er auf dem neben seinem Betrieb befindlichen Grundstück 5443 auf einer Fläche von ca. 800 bis 1.500 m2 den Humus abgetragen und dort Bauschutt gelagert habe. Das habe er mangels einer anderen Ablagerungsmöglichkeit getan. Der Bauschutt werde regelmäßig einplaniert; er habe so auch für die ohnehin notwendige Aufschüttung dieses Grundstückes zum Zweck seiner Befahrbarkeit verwendet werden können. Sonstige Abfälle würden nicht gelagert. Allenfalls im Bauschutt anfallende andere Gegenstände würden regelmäßig wegtransportiert. Es liege daher ein Ablagerungsplatz im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. 1 LSchG nicht vor.
Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung (der belangten Behörde) vom 28. Mai 1986 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung geht die belangte Behörde von der im § 3 Abs. 1 lit. 1 LSchG normierten Bewilligungspflicht für Ablagerungsplätze mit einer Grundfläche von über 100 m2 aus und hält dazu fest: Der Beschwerdeführer habe auf dem gegenständlichen Grundstück Abfälle abgelagert. Hiebei sei unerheblich, ob es sich um Bauschutt oder andere Abfälle handle, weil auch Bauschutt unter den Begriff Abfall falle. Unbeachtlich sei weiters das Berufungsvorbringen, daß ohnehin für die Befahrung des Grundstückes eine Schüttung notwendig gewesen sei. Denn eine solche Ablagerung bzw. Aufschüttung bedürfe der Bewilligung, auch wenn sie nur dem Zwecke der Erschließung des Grundstückes diene. Da der Beschwerdeführer die Aufschüttung ohne Bewilligung vorgenommen habe, sei die im § 12 Abs. 1 LSchG normierte Voraussetzung für die erteilten Aufträge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 lit. 1 LSchG bedarf unter anderem die Errichtung von Ablagerungsplätzen mit einer Grundfläche von über 100 m2 einer Bewilligung der Behörde.
Gemäß § 12 Abs. 1 lit. a LSchG kann die Behörde die Einstellung der Arbeiten unter anderem bei Vorhaben, die nach § 3 LSchG bewilligungspflichtig sind, verfügen, wenn diese ohne Bewilligung ausgeführt werden. Nach Abs. 2 hat die Behörde demjenigen, der Vorhaben im Sinne des Abs. 1 ausführt, und, falls dieser nicht herangezogen werden kann, dem Grundeigentümer die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes mit Bescheid aufzutragen. Wenn die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes nicht möglich ist, hat die Behörde die möglichst wirksame Beseitigung der durch die Ausführung des Vorhabens nach Abs. 1 hervorgerufenen Verletzungen von Interessen des Landschaftsschutzes aufzutragen. Hiebei sind für die Ausführung der aufgetragenen Maßnahmen angemessene Fristen festzusetzen. Nach Abs. 3 hat die Behörde das entsprechende Verfahren einzuleiten, wenn innert eines Monats nach Zustellung des Auftrages bei der Behörde der Antrag auf Erteilung der Bewilligung gestellt wird. Gemäß Abs. 4 sind, wenn von der Möglichkeit des Abs. 3 kein Gebrauch gemacht, die Bewilligung nicht erteilt oder das ausgeführte Vorhaben untersagt wird, nunmehr binnen den gemäß Abs. 2 festgesetzten Fristen die aufgetragenen Maßnahmen auszuführen.
Der Beschwerdeführer bestreitet, wie schon in seiner Berufung, das Vorliegen eines Ablagerungsplatzes im Sinne des § 3 Abs. 1 lit. 1 LSchG und behauptet, er habe den Bauschutt zum Zwecke der betrieblichen Erschließung des Grundstückes aufgebracht, nämlich um dessen Niveau anzuheben und um ein Befahren des Grundstückes zu ermöglichen. Hier liege keine Ablagerung, geschweige denn die Errichtung eines Ablagerungsplatzes im Sinne eines bewilligungspflichtigen Vorhabens nach dem Landschaftsschutzgesetz vor. Es handle sich lediglich um die Aufschüttung eines Betriebsgrundstückes. Im angefochtenen Bescheid werde zwischen Ablagerung und Aufschüttung überhaupt nicht differenziert. Die darin vertretene Rechtsansicht, wonach auch eine Aufschüttung, die der Erschließung eines Grundstückes diene, einer Bewilligung nach dem Landschaftsschutzgesetz bedürfe, sei unrichtig, weil in der taxativen Aufzählung der bewilligungspflichtigen Vorhaben in § 3 LSchG die bloße Aufschüttung eines Grundstückes nicht erwähnt werde. Darüber hinaus unterscheide die belangte Behörde nicht zwischen Bauschutt und anderen Abfällen. Sie habe weiters übersehen, daß er den Bauschutt zwecks Erschließung des Grundstückes aufgebracht habe und nicht, um sich seiner zu entledigen. Da die bloße Aufschüttung des Grundstückes mit Bauschutt nicht bewilligungspflichtig sei, seien die Aufträge gemäß § 12 Abs. 1 und 2 LSchG rechtswidrig ergangen.
Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Vorbringens ist vom Begriff des „Ablagerungsplatzes“ auszugehen. Nach dem in der Gegenschrift der belangten Behörde erwähnten Motivenbericht zum Landschaftsschutzgesetz „sollen unter Ablagerungsplätzen Plätze zur Deponierung von Abfällen verstanden werden“ (12. Beilage im Jahre 1973 zu den Sitzungsberichten des XXI. Vorarlberger Landtages, Seite 127). Nach diesem dem Landschaftsschutzgesetz zugrundeliegenden Begriffsverständnis ist die Bestimmung zur Aufnahme von Abfällen für die rechtliche Wertung eines Platzes als Ablagerungsplatz maßgebend. Ob bei einem Platz diese Bestimmung gegeben ist, ist nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und den konkreten Umständen des jeweiligen Falles zu beurteilen. Das Landschaftsschutzgesetz enthält zwar keine Definition des Begriffes „Abfall“, bezeichnet aber in der demonstrativen Aufzählung des § 34 Abs. 1 lit. e Altmaterial, Autowracks, Bauschutt udgl. ausdrücklich als Abfälle.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweist sich das vorstehend wiedergegebene Beschwerdevorbringen als nicht berechtigt: Wie dargetan, bezeichnet das Gesetz selbst Bauschutt als Abfall. Die Fläche, auf welcher der Beschwerdeführer derartigen Abfall abgelagert hat, beträgt ein Vielfaches der normierten Mindestfläche von 100 m2. Schließlich konnte für die belangte Behörde nach allgemeiner Verkehrsauffassung und den konkreten Umständen des vorliegenden Falles kein ernstlicher Zweifel daran bestehen, daß die Absicht des Beschwerdeführers hiebei - unabhängig, von der nach der Planierung des Bauschuttes geplanten weiteren Verwendung dieses Grundstückes - dahin ging, das Grundstück 5443 zur Deponierung von Bauschutt und sonstigen Abfällen zu verwenden. Dies läßt insbesondere seine Berufung klar erkennen, in welcher der Beschwerdeführer ausführte, es sei zur Aufschüttung des im Rahmen seines Betriebes fortzuschaffenden Bauschuttes lediglich mangels einer anderweitigen Ablagerungsmöglichkeit gekommen. Daß die Ablagerungen in weiterer Folge für die (nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers beabsichtigte) Erschließung des Grundstückes durch Anheben des Niveaus genutzt werden sollten, schloß nicht aus, das festgestellte Vorgehen des Beschwerdeführers als ein gemäß § 3 Abs. 1 lit. 1 LSchG bewilligungspflichtiges „Errichten eines Ablagerungsplatzes“ zu qualifizieren.
Rechtswidrig sei der angefochtene Bescheid nach Meinung des Beschwerdeführers, auch in Ansehung der Leistungsfrist gemäß § 12 Abs. 2 LSchG. Die belangte Behörde hätte ihm nur auftragen dürfen, den Bauschutt längstens innerhalb eines Monats nach Rechtskraft jenes Bescheides zu entfernen, mit dem allenfalls die Bewilligung nicht erteilt wird. Andernfalls wäre derjenige, der während eines anhängigen Verfahrens die Bewilligung beantrage, schlechter gestellt als derjenige, der einen Bewilligungsantrag innerhalb eines Monats nach Zustellung des Auftrages stelle.
Dieses Vorbringen beruht offensichtlich auf der Rechtsansicht, § 12 Abs. 4 LSchG gelte nur dann, wenn innert eines Monats nach Zustellung eines rechtskräftigen (oder zumindest rechtswirksamen) Auftrages ein Bewilligungsantrag gestellt wird, nicht jedoch dann, wenn ein solcher noch vor dem Ergehen eines Auftrages eingebracht wird. Diese Auffassung ist verfehlt: Gemäß § 12 Abs. 4 LSchG beginnt im Falle eines rechtzeitig gestellten Bewilligungsantrages die Leistungsfrist nach Abs. 2 letzter Satz dieses Paragraphen erst mit der Versagung der Bewilligung zu laufen. Bei deren Erteilung hingegen entfällt, wie sich aus dem Regelungszusammenhang ergibt, die Leistungspflicht überhaupt. Es trifft zwar zu, daß § 12 Abs. 4 an Abs. 3 anknüpft und dort nur von einem „innert eines Monats nach Zustellung des Auftrages“ gestellten Bewilligungsantrag die Rede ist. Das schließt aber keineswegs die Anwendbarkeit des § 12 Abs. 4 LSchG für Bewilligungsanträge, die noch vor dem Ergehen eines Auftrages nach Abs. 2 eingebracht werden, aus. Im Hinblick auf den offensichtlichen Zweck der Regelung, nämlich Aufträge nach § 12 Abs. 2 LSchG jedenfalls nicht vor Abschluß eines (zumindest noch vor Ablauf der Ausschlußfrist des § 12 Abs. 3 LSchG anhängig gemachten) Bewilligungsverfahrens in Vollzug zu setzen bzw. eine allenfalls bereits eingeleitete Vollstreckung auszusetzen, um solcherart Maßnahmen zu vermeiden, die sich später vielleicht als unnötig erweisen, hält der Verwaltungsgerichtshof ein Verständnis der Regelung im Sinne der geschilderten erweiterten Anwendbarkeit des § 12 Abs. 4 LSchG für geboten. Denn nur ein solches Verständnis vermag dem dargelegten Regelungszweck - er kommt bei Einleitung eines Bewilligungsverfahrens vor Ergehen eines Auftrages in gleicher Weise zum Tragen - gerecht zu werden. Daher beginnt in dem zuletzt erwähnten Fall die nach § 12 Abs. 2 LSchG festgesetzte Leistungsfrist erst dann zu laufen, wenn die Bewilligung versagt wird. Da hier ein derartiger Fall vorliegt - der Beschwerdeführer hat am 25. Juli 1985, sohin noch vor dem ihm mit dem angefochtenen Bescheid erteilten Auftrag nach § 12 LSchG die Bewilligung gemäß § 3 Abs. 1 lit. 1 leg. cit. beantragt ‑, kann keine Rede davon sein, daß der Beschwerdeführer durch die bescheidmäßige Festsetzung des Beginnes der Leistungsfrist mit der Rechtskraft des angefochtenen Bescheides „schlechtergestellt“ wurde. Vielmehr wird im Sinne des Gesagten auch die im vorliegenden Fall festgesetzte Leistungsfrist - ungeachtet des auf einen anderen Beginn hindeutenden Wortlautes („binnen längstens einem Monat nach Rechtskraft dieses Bescheides“) erst dann zu laufen beginnen, wenn über den Antrag des Beschwerdeführers eine negative Entscheidung ergehen sollte, dem Beschwerdeführer also „die Bewilligung nicht erteilt wird“.
Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers stellt der ihm noch vor Abschluß des Bewilligungsverfahrens erteilte Beseitigungsauftrag auch nicht „ein den allgemeinen Rechtsgrundsätzen widersprechendes Präjudiz für den nachträglich über den Bewilligungsantrag ergehenden Bescheid“ dar. Diese Behauptung findet im Gesetz keine Stütze. Es ist nicht ersichtlich - und wird vom Beschwerdeführer auch nicht konkret dargetan -, auf welchen allgemeinen Rechtsgrundsatz die von ihm offenbar angenommene bindende Wirkung für die Entscheidung über den Bewilligungsantrag gestützt werden könnte.
Die Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet; sie ist deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 9. Dezember 1987
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