Normen
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1984:1984100189.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,‑‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der OÖ Landesregierung (belangte Behörde) vom 12. Juli 1984 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sich am 10. Mai 1984 in der Zeit von 22.00 Uhr bis 23.20 Uhr in Linz, P‑platz, durch Auf‑ und Abgehen, Ansprechen von verschiedenen männlichen Pkw‑Lenkern und Passanten sowie durch das Anbieten eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhalten zu haben, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken abzielte, und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs. 1 des OÖ Polizeistrafgesetzes (LGBl.Nr. 36/1979, im folgenden: PolStG) begangen zu haben. Über die Beschwerdeführerin wurde eine Geldstrafe von S 50.000,‑‑ (Ersatzarreststrafe 14 Tage) verhängt. Die belangte Behörde stützte diesen Schuldspruch auf die Aussagen von drei Polizeibeamten sowie eines „Kunden“ der Beschwerdeführerin und kam unter anderem zu dem Ergebnis, daß die Beschwerdeführerin den Beamten „bereits von freieren Amtshandlungen her persönlich bestens bekannt“ sei und somit an der Identität der Beschwerdeführerin kein Zweifel bestehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung (die nach § 10 Abs. 1 lit. b leg. cit. mit Geldstrafe bis zu S 50.000,‑‑ zu bestrafen ist), wer sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken abzielt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides in Hinsicht auf die Frage der Identität der Beschwerdeführerin mit jener Person, welche die in Rede stehende Verwaltungsübertretung begangen haben soll, nicht zu erkennen. Abgesehen von den im angefochtenen Bescheid angeführten Zeugenaussagen ergibt sich nämlich aus der bezüglichen Anzeige, daß die Beschwerdeführerin von einem Polizeibeamten zu einer Rechtfertigung aufgefordert wurde und die Beschwerdeführerin eine solche auch abgegeben hat. Anläßlich ihrer Einvernahme vom 28. Mai 1984 und der Gewährung des Parteiengehörs ihr gegenüber am 1. Juni 1984 begnügte sich die Beschwerdeführerin nach Vorhalt des Akteninhaltes allerdings damit, anzugeben, sie fühle sich der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung(en) nicht schuldig. Es wäre daher für die Beschwerdeführerin ‑ wollte sie ihre Identität in Zweifel ziehen ‑ naheliegend gewesen, schon zu diesen Zeitpunkten und nicht erst später durch ihren Rechtsfreund, diesbezügliches vorzubringen. Stand aber die Identität der Beschwerdeführerin für die belangte Behörde zu Recht fest, so bestand auch kein Grund für eine Gegenüberstellung mit den Zeugen.
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, sie sei im erstinstanzlichen Verfahren bereits vom einschreitenden Rechtsanwalt vertreten gewesen und sei weder diesem noch der Beschwerdeführerin persönlich Parteiengehör gewährt worden, ist folgendes zu bemerken: Abgesehen davon, daß nach der Aktenlage der Rechtsanwalt erst anläßlich der Erhebung der Berufung gegen das Straferkenntnis der Behörde erster Instanz einschritt, vermöchte die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen, selbst zutreffendenfalls, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Der Beschwerdeführerin wurde ‑ wie oben erwähnt ‑ am 1. Juni 1984 persönlich Parteiengehör gewährt. Selbst wenn ein ausgewiesener Vertreter übergangen worden sein sollte, wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt, inwieweit ein derartiger Verfahrensmangel wesentlich sein könnte. Ein allfälliges übergehen eines ausgewiesenen Vertreters bei der Zustellung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz wäre im übrigen gemäß § 9 Abs. 1 zweiter Satz Zustellgesetz (BGBl. Nr. 200/1982) saniert.
Die Beschwerdeführerin rügt auch die Höhe der verhängten (Höchst‑)Strafe, weil zur Begründung die „Verurteilung in mehreren anderen Fakten“ seitens der belangten Behörde herangezogen worden sei, wobei die Beschwerdeführerin die Meinung vertritt, daß sämtliche dieser Bescheide rechtswidrig seien und sie diese auch „sämtlich“ mit Verwaltungsgerichtshof‑Beschwerden angefochten habe.
Auch mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun: Die belangte Behörde hat auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 VStG 1950 ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens unter Bedachtnahme auf das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung jener Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, dargelegt und begründet. Ebenso hat sie ‑ im Grunde des § 19 Abs. 2 leg. cit. ‑ auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht sowie zur Frage des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens von Erschwerungs‑ und Milderungsgründen Stellung genommen. Dazu kommt, daß eine Strafbemessung, die von dem Gedanken getragen ist, die Einhaltung einer Verwaltungsvorschrift durch die Verhängung entsprechend einschneidender Strafen zu erzwingen, nicht als gesetzwidrig angesehen werden kann, sofern die übrigen in Betracht kommenden Strafzumessungskriterien mitberücksichtigt worden sind (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Mai 1983, Zl. 83/10/0031, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Erhebung einer Verfassungs‑ oder Verwaltungsgerichtshof‑Beschwerde hindert, selbst wenn ihr aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, nicht den Eintritt der formellen Rechtskraft und damit auch nicht die Berücksichtigung der in Beschwerde gezogenen Strafe als Vorstrafe (vgl. die bei Hauer‑Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahren, S. 406, unter Ziff. 42 zitierte Vorjudikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Da es somit der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.
Wien, 26. November 1984
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