VfGH E2477/2021

VfGHE2477/20216.10.2021

Verletzung im Recht auf Rundfunkfreiheit durch die verfassungswidrige Auslegung einer Bestimmung des PrivatradioG betreffend die (gewährte) Übergangsfrist zur Aufnahme eines Sendebetriebes mit bundesweit einheitlichem Programm neben gleichzeitiger Ausstrahlung bislang rechtmäßig verbreiteter Hörfunkprogramme während der Übergangsfrist; kontinuitätswahrende Fortführung der bislang rechtmäßig ausgestrahlten regionalen Hörfunkprogramme zur Wahrung der Meinungsvielfalt geboten

Normen

BVG-Rundfunk ArtI Abs2
EMRK Art10 Abs1
PrivatradioG §3, §26, §28b Abs2, §28d, §28c
VfGG §7 Abs1, §88

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:E2477.2021

 

Spruch:

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Rundfunkfreiheit gemäß Art10 Abs1 EMRK verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1.1. Der beschwerdeführenden Partei ist mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 20. Februar 2019 eine Zulassung zur Veranstaltung von bundesweitem privaten terrestrischen Hörfunk erteilt worden. In Spruchpunkt 6. dieses Bescheides ist gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G angeordnet, dass der Sendebetrieb mit dem genehmigten bundesweiten Programm innerhalb von neun Monaten ab Rechtskraft des Bescheides aufzunehmen ist. Nach Spruchpunkt 7. erlöschen mit Rechtskraft des Bescheides gemäß §28b Abs4 PrR‑G die bisher bestehenden (regionalen) Zulassungen. Diese Spruchpunkte sind in Rechtskraft erwachsen.

1.2. In der Folge erhob ein anderer Hörfunkveranstalter, nunmehr beteiligte Partei des verfassungsgerichtlichen Verfahrens, mit Schreiben vom 5. April 2019 Beschwerde gemäß §§25, 28 PrR‑G bei der KommAustria und begründete diese im Wesentlichen damit, dass trotz Erlöschens der Zulassungen mit Rechtskraft des Bescheides vom 20. Februar 2019 die beschwerdeführende Partei weiterhin die bisherigen Programme über die ihr zugeordneten Übertragungskapazitäten verbreitet.

Die KommAustria wies die Beschwerde mit Bescheid vom 9. August 2019 ab. Die Einräumung einer Frist gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G bedeute, dass es der beschwerdeführenden Partei freistehe, mit der Ausstrahlung des im Bescheid vom 20. Februar 2019 genehmigten bundesweit einheitlichen Programmes zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb dieser Frist zu beginnen. Bis zu diesem Zeitpunkt könne die beschwerdeführende Partei auf den von der bundesweiten Zulassung umfassten Übertragungskapazitäten den bisherigen Sendebetrieb entsprechend den eingebrachten Zulassungen unter ihrer Verantwortung fortführen.

2. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der beteiligten Partei des verfassungsgerichtlichen Verfahrens gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26. Mai 2021 statt und stellte fest, dass die beschwerdeführende Partei §28d Abs2 PrR‑G verletzt habe, da sie neun regional jeweils unterschiedliche Programme ausgestrahlt und damit kein bundesweit einheitliches Vollprogramm (mit einer Mindestdauer von 14 Stunden täglich) veranstaltet habe. Zur Frage, ob die beschwerdeführende Partei im Zeitraum zwischen dem Eintritt der Rechtskraft des Bescheides vom 20. Februar 2019 und der Aufnahme des bundesweit einheitlichen Programmes die in der einheitlichen bundesweiten Zulassung aufgegangenen regionalen Programme ausstrahlen durfte, führt das Bundesverwaltungsgericht Folgendes aus (ohne Hervorhebungen im Original):

"[…] Zur Frist für die Aufnahme des Sendebetriebs

 

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde steht es der Zulassungsinhaberin aufgrund der Fristsetzung für die Aufnahme des Sendebetriebes im Rahmen der bundesweiten Zulassung gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G nicht frei, aufgrund einer bundesweiten Zulassung den bisherigen Sendebetrieb entsprechend den eingebrachten Zulassungen unter Nutzung der mit der bundesweiten Zulassung zugeordneten Übertragungskapazitäten bis zum Ende einer gemäß §28b Abs2 PrR‑G gesetzten Frist weiterzuführen:

 

[…] Zum Wortlaut und zur systematischen Einordnung des §28b Abs2 PrR‑G

 

Die Möglichkeit der Regulierungsbehörde gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G eine Frist für die Aufnahme des Sendebetriebs 'mit dem nach §28d genehmigten Programm' festzulegen, bietet schon in ihrem Wortlaut nach keine Anknüpfungspunkte dafür, dass bis zur Aufnahme des genehmigten bundesweit einheitlichen Programmes gemäß §28d PrR‑G ein von den Vorgaben des §28d Abs2 PrR‑G abweichendes Programm gesendet werden darf. Weder im §28d PrR‑G noch in den erläuternden Bemerkungen (Begründung des Initiativantrages 430/A XXII. GP ) finden sich Hinweise darauf, dass §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G eine Grundlage dafür darstellen soll, dass die Regulierungsbehörde die Berechtigung zur Veranstaltung eines nicht bundesweit einheitlichen Vollprogramms, entsprechend den Vorgaben des §28d Abs2 PrR‑G, im Übergangszeitraum für den Zulassungsinhaber begründen kann.

 

Die Festlegung einer Frist für die Aufnahme des Sendebetriebs 'mit dem nach §28d PrR‑G genehmigten Programm' steht im Ermessen der Regulierungsbehörde. Dies ergibt sich aus der Formulierung 'kann' in §28b Abs2 PrR‑G. Die Bestimmung befindet sich im 8. Abschnitt des PrR‑G, der die bundesweite Zulassung für den analogen terrestrischen Hörfunk regelt. Die zum Zweck der bundesweiten Zulassung übertragenen Zulassungen von terrestrischem Hörfunk erlöschen gemäß §28b Abs4 PrR‑G mit Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung der Regulierungsbehörde. Darüber hinaus finden sich im 8. Abschnitt des PrR‑G keine Regelungen zu jenem Sendebetrieb, der aufgrund der im Zuge der Genehmigung der bundesweiten Zulassung erloschenen Zulassungen ausgeübt wurde. Damit sprechen sowohl der Wortlaut des §28b Abs2 PrR‑G als auch systematische Argumente dafür, dass §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G ausschließlich die Frist für die Aufnahme des Sendebetriebes aufgrund der bundesweiten Zulassung regelt.

 

[…] Keine Grundlage für eine Änderung des Programmcharakters

 

Strahlt ein Zulassungsinhaber auf Basis der bundesweiten Zulassung ein Programm aus, das nicht den Anforderungen des §28d Abs2 PrR‑G entspricht, kann dies zulässig sein, wenn eine grundlegende Änderung des Programmcharakters gemäß §28a PrR‑G von der Regulierungsbehörde genehmigt wurde. Die Genehmigung einer grundlegenden Änderung des Programmcharakters setzt voraus, dass der Hörfunkveranstalter seit mindestens zwei Jahren seinen Sendebetrieb ausgeübt hat und dass durch die beabsichtigte Änderung keine schwerwiegenden nachteiligen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation, die Wirtschaftlichkeit bestehender Hörfunkveranstalter im Versorgungsgebiet sowie die Angebotsvielfalt für die Hörer zu erwarten sind (§28[a] Abs3 PrR‑G). Der mit einem bestimmten Konzept erfolgreiche Zulassungswerber darf (Begründung des Initiativantrages 430/A, XII. GP ) 'nicht bereits unmittelbar nach dem Obsiegen im Auswahlverfahren ein anderes Konzept umsetzen, sondern muss zunächst zumindest [eine] gewisse Zeitspanne hindurch das dem Zulassungsbescheid zugrundeliegende Programm veranstaltet haben, um auch aussagekräftige Werte über die Akzeptanz durch das Publikum zu erlangen'. Diese Frist dient den Materialien zufolge vor allem dazu, dass das Auswahlverfahren nicht 'ad absurdum' geführt wird. Beim Verständnis der Wortfolge 'seinen Sendebetrieb ausgeübt' hat der Gesetzgeber ein gesetzes- und bescheidkonformes Verhalten des Zulassungsinhabers vorausgesetzt (BKS 24.09.2007, 611.077/0006‑BKS/2007, bestätigt durch VwGH 12.12.2007, 2005/04/0205; Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze, 783).

 

Ob eine grundlegende Änderung des Programmcharakters gegeben ist, ist durch Vergleich des im Zulassungsantrag dargestellten und in der Zulassung genehmigten Programms einerseits mit dem tatsächlich gesendeten Programm andererseits festzustellen (VwGH 26.03.2014, 2012/03/0048 mit Hinweis auf 20.09.2004, 2003/04/0028 und 24.02.2006, 2004/04/0121). Eine grundlegende Änderung des Programmcharakters im Sinne einer Abweichung von dem mit dem Zulassungsbescheid genehmigten Programm setzt somit eine Genehmigung durch die Regulierungsbehörde voraus. Auch daraus ist abzuleiten, dass das PrR‑G von einer strengen Bindung des ausgestrahlten Programmes an den im Zulassungsbescheid genehmigten Programmcharakter ausgeht. Das Verfahren zur Genehmigung der Änderung des Programmcharakters würde unterlaufen, würde man die Frist des §28b Abs2 PrR‑G als Grundlage für die Ausstrahlung eines von dem nach §28d PrR‑G genehmigten Programmes ohne Prüfung durch die Regulierungsbehörde annehmen.

 

Bestärkt wird dies dadurch, dass die Genehmigung einer Änderung des Programmcharakters voraussetzt, dass das Programm durch den Hörfunkveranstalter[…] seit mindestens zwei Jahren gesetzes- und bescheidkonform ausgeübt [wird]. Dies hat ausweislich der Gesetzesmaterialien den Zweck, das Auswahlverfahren nicht auszuhöhlen, indem unmittelbar nach Erteilung des Zulassungsbescheides sofort um eine Programmänderung angesucht werden kann. Dies dient nicht nur der Kontinuität der Programmgestaltung, sondern auch dem Vertrauen der Marktteilnehmer auf die Bestandskraft aufgrund eines Auswahlverfahrens ergangenen Zulassungsbescheides. Die Änderung des Programmcharakters von dem bundesweit einheitlichen Programm aufgrund des Zulassungsbescheides auf die Ausstrahlung der neuen unterschiedlichen Regionalprogramme im Übergangszeitraum bis zum 25.10.2019 wäre im Hinblick auf die Voraussetzungen des §28a Abs3 PrR‑G auch nicht genehmigungsfähig gewesen.

 

Die belangte Behörde hält im angefochtenen Bescheid fest, dass der hier gegenständliche Fall, dass die Ausstrahlung von unzulässigen Programminhalten vom Zulassungsbeginn an und ohne, dass jemals ein zulassungskonformes Programm veranstaltet wurde, eine Änderung des Programmcharakters darstellen und insofern die Bestimmungen verletzen kann, die die Einhaltung des bewilligten Programms regeln, also §28 Abs2 iVm §28a Abs1 PrR‑G und gegenständlich §28d Abs2 PrR‑G (S. 15 des angefochtenen Bescheides).

 

[…] Zum Zweck der Fristsetzungsmöglichkeit im Hinblick auf §3 Abs3 Z1 PrR‑G

 

Soweit die belangte Behörde ausführt, dass die Möglichkeit einer eigenen Fristsetzung für die Aufnahme des Sendebetriebes im Rahmen der bundesweiten Zulassung im Hinblick auf das Erlöschen der Zulassung gemäß §3 Abs3 Z1 PrR‑G bei Nichtdurchführung eines regelmäßigen Sendebetriebes in einem Zeitraum von einem Jahr keinen Zweck hätte, wenn nicht damit eine Weiterführung des bisherigen Sendebetriebes verbunden wäre, ist dazu auszuführen: §3 Abs3 Z1 PrR‑G soll verhindern, dass eine erteilte Zulassung nicht genutzt wird. Die Regelung betrifft nur den Fall, dass ein Zulassungsinhaber seine eingeräumte Berechtigung insgesamt nur unregelmäßig nutzt. Nicht erfasst ist der Fall, dass einzelne mit Bescheid zugeteilte Übertragungskapazitäten bei sonst aufrechtem regelmäßigen Sendebetrieb nicht genutzt werden. Dieser Fall ist im §11 PrR‑G (Überprüfung der Zuordnung) geregelt. §3 Abs3 Z1 PrR‑G findet auch keine Anwendung, wenn die Zulassung und Übertragungskapazitäten zwar genutzt werden, aber festgestellt wird, dass in bestimmten Bereichen ein inhaltlich nicht dem Zulassungsbescheid entsprechendes Programm ausgestrahlt wird. Für diese Fälle treffen §§25 und 28 PrR‑G hinsichtlich der grundlegenden Veränderung spezielle Regelungen (Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze, 644 bis 645). Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Wettbewerb am Privatradiomarkt nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass Übertragungskapazitäten von einem Hörfunkveranstalter gehalten, aber nicht genutzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass einen Hörfunkveranstalter keine Betriebspflicht trifft (BKS 13.12.2002, 611.076/001‑BKS/2002).

 

§28b Abs2 letzter Satz PrR‑G begründet somit für das Erlöschen der Zulassung bei nicht regelmäßigem Sendebetrieb über ein Jahr gemäß §3 Abs3 Z1 PrR‑G keine Grundlage einer Sonderregelung durch die Regulierungsbehörde. Das Erlöschen der Zulassung gemäß §3 Abs3 Z1 PrR‑G setzt unabhängig von einer gemäß §28b Abs2 PrR‑G gesetzten Frist einen nicht regelmäßigen Sendebetrieb in einem Zeitraum von einem Jahr voraus. Eine von der Regulierungsbehörde gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G gesetzte Frist für die Aufnahme des Sendebetriebs verkürzt diesen Zeitraum nicht, weil es dafür einer gesetzlichen Grundlage bedürfte. Es steht im Ermessen der Regulierungsbehörde, eine Frist für die Aufnahme des Sendebetriebes zu setzen. Entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin ist die Einräumung einer Frist für die Aufnahme des Sendebetriebes im Zulassungsverfahren auch nicht antragsgebunden. Das Erlöschen der Zulassung gemäß §3 Abs3 Z1 PrR‑G ist hingegen nach Anhörung des Hörfunkveranstalters als Rechtsfolge der nicht regelmäßigen Nutzung der Übertragungskapazitäten gesetzlich vorgesehen. Das Erlöschen der Zulassung aufgrund einer kürzeren, im Ermessen der Regulierungsbehörde gesetzten Frist würde ohne gesetzliche Grundlage in die Berechtigung des Hörfunkveranstalters eingreifen.

 

Die Frist des §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G spielt bei dem behördlichen Verfahren über das Erlöschen der Zulassung gemäß §3 Abs3 Z1 PrR‑G eine Rolle für die Frage, wann der Beobachtungszeitraum für den Zeitraum von einem Jahr gemäß §3 Abs3 Z1 PrR‑G beginnt. Solange eine gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G gesetzte Frist für die Aufnahme des Sendebetriebs noch nicht abgelaufen ist, ist der Inhaber der bundesweit einheitlichen Zulassung auch noch nicht verpflichtet, einen regelmäßigen Sendebetrieb gemäß der Zulassung auszuüben. Auf diesen Zeitraum kann bei der Beurteilung, ob ein Erlöschen der Zulassung in Frage kommt, auch nicht abgestellt werden. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass der Inhaber der bundesweit einheitlichen Zulassung bis zum Ablauf einer gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G gesetzten Frist berechtigt ist, ein anderes Programm als jenes entsprechend dem Zulassungsbescheid für die bundesweit einheitliche Zulassung auszuüben, weil §3 Abs3 Z1 PrR‑G auf den Fall, dass ein nicht der Zulassung entsprechendes Programm ausgestrahlt wird, nicht anwendbar ist.

 

Die Fristsetzungsmöglichkeit gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G verfolgt vor diesem Hintergrund zwei Ziele: Zum einen soll dem Inhaber der bundesweiten Zulassung die Möglichkeit gegeben werden, einen Vorbereitungszeitraum für die Aufnahme des bundesweit einheitlichen Programms in Anspruch zu nehmen. Zum anderen soll dieser Vorbereitungszeitraum von der Behörde so lange wie nötig, aber so kurz wie möglich, bemessen werden, um die rasche Aufnahme des bundesweit einheitlichen Programms sicherzustellen. Ein darüberhinausgehender Bedeutungsinhalt der Bestimmung dahingehend, dass die Regulierungsbehörde mit Festlegung einer Frist implizit die Weiterführung des Sendebetriebs mit einem, von dem nach §28d Abs2 PrR‑G genehmigten, abweichenden Programm genehmigen kann, ist §28[b] Abs2 letzter Satz PrR‑G nicht zuzumessen.

 

Der Verweis auf das 'nach §28d genehmigte Programm' hat dabei den Zweck zu verdeutlichen, dass nur jenes Programm gesendet werden darf, zu dem der Inhaber der bundesweiten Zulassung gemäß §28d Abs2 PrR‑G berechtigt ist. Ein darüberhinausgehender Bedeutungsinhalt der Formulierung ist weder aus dem Wortlaut noch aus de[r] Systematik der Bestimmung ableitbar.

 

Schließlich findet sich weder im Spruchpunkt I.6. des Zulassungsbescheids noch in der dazugehörigen Begründung ein Hinweis darauf, dass die belangte Behörde mit der Frist auch die Weitersendung der Programme der in die bundesweite Zulassung eingebrachten Zulassungen bewilligt hat. Die Rechtskraft des Zulassungsbescheides vom 20.02.2019 steht der Geltendmachung der Verletzung des §28d Abs2 PrR‑G damit auch nicht entgegen.

 

[…] Keine planwidrige Lücke

 

Da die belangte Behörde entgegen den dargestellten Überlegungen §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G als Grundlage der Berechtigung der Antragsgegnerin heranzieht, um bis zum Ablauf der gesetzten Frist neun unterschiedliche Regionalprogramme unter Nutzung der mit Zulassungsbescheid vom 20.02.2019 zugeordneten Übertragungskapazitäten auszustrahlen, ist zu prüfen, ob diesbezüglich eine echte, planwidrige Lücke besteht. Dies ist vor dem Hintergrund zu prüfen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid argumentiert, es würde den Zielen des PrR‑G, nämlich dem Vermeiden des Brachliegens von Lizenzen zuwiderlaufen, wenn im Übergangszeitraum bis zur Aufnahme des Sendebetriebes keine Rechtsgrundlage für die Sendung eines nicht einheitlichen bundesweiten Programmes bestünde. Die belangte Behörde geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass die Setzung einer Frist für die Aufnahme des Sendebetriebes gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G über den Wortlaut hinausgehend eine Berechtigung zur Sendung eines von den Vorgaben des §28d Abs2 PrR‑G abweichenden Hörfunkprogramms umfasst.

 

Nach der Rechtsprechung setzt ein Analogieschluss das Vorliegen einer echten Gesetzeslücke, also das Bestehen einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zulässig, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas Anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat, so beispielsweise wenn den Gesetzesmaterialien mit Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt. Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen (VwGH 25.02.2021, Ro 2019/16/0015 mit Verweis auf Stammrechtssatz Ra 2018/04/0089 E 22. März 2019 RS 6. und VwGH 24.2.2016, Ro 2014/10/0061, mwN).

 

Nach Ansicht des erkennenden Senates liegt im gegenständlichen Fall keine Lücke im PrR‑G vor, die durch eine Auslegung über den Wortlaut und den oben dargestellten Zweck des §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G hinausgehend zu schließen ist:

 

Das PrR‑G trifft für mehrere Fälle Vorsorge, in denen es aufgrund des Erlöschens der Zulassung zu einer Unterbrechung des Sendebetriebes kommen kann. §28c Abs3 PrR‑G regelt den Fall, dass ein Antrag auf Erteilung der bundesweiten Zulassung den Nachweis der Übertragung einer Zulassung umfasst, die innerhalb der auf die Antragseinbringung folgenden sechs Monate durch Zeitablauf erlischt. Diese Zulassungen können von der Regulierungsbehörde unter Berücksichtigung des §10 Abs2 PrR‑G für eine bundesweite Zulassung herangezogen werden. Im Falle einer abschlägigen Entscheidung der Regulierungsbehörde über einen Antrag auf eine bundesweite Zulassung hat unverzüglich eine Ausschreibung gemäß §13 PrR‑G stattzufinden. Bis zur rechtskräftigen neuerlichen Entscheidung der Regulierungsbehörde über die bisherige Zulassung kann der Sendebetrieb in diesem Fall gemäß §28c Abs3 PrR‑G fortgeführt werden. Diese Regelung dient der Abwicklung eines ordnungsgemäßen, nach abschlägiger Entscheidung über die bundesweite Zulassung unverzüglich zu veranlassenden Ausschreibungsverfahrens (Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze, 793).

 

Das PrR‑G trifft somit für den Fall, dass erst eine Ausschreibung und ein Zulassungsverfahren durchzuführen sind und die kontinuierliche Fortsetzung einer Zulassung aufgrund einer abschlägigen Entscheidung der Regulierungsbehörde nicht gesichert wäre, eine Regelung. Für diesen Fall sieht das PrR‑G eine Verlängerung des Sendebetriebes vor, weil es erst einer behördlichen Tätigkeit (Ausschreibung und Genehmigung der Zulassung) bedarf, damit der Sendebetrieb rechtmäßig fortgeführt werden darf. Dieser Fall unterscheidet sich damit von dem Fall, dass eine bundesweite Zulassung genehmigt wurde und die Aufnahme des Sendebetriebes ab diesem Zeitpunkt dem Zulassungsinhaber obliegt. Aus der Regelung des §28c Abs3 PrR‑G wird deutlich, dass das PrR‑G davon ausgeht, dass eine gesetzliche Grundlage für die Fortsetzung des Sendebetriebes nach Ablauf (oder Erlöschen) der Zulassung erforderlich ist. Des Weiteren geht aus dieser Regelung hervor, dass die Verlängerung des Sendebetriebes voraussetzt, dass ein Verfahren über die Zulassung noch anhängig ist und für die Dauer des Verfahrens keine Unterbrechung des Sendebetriebes eintreten soll.

 

§28c Abs3 PrR‑G stellt aber auch keine Grundlage für die Ausstrahlung eines vom Zulassungsbescheid abweichenden Hörfunkprogrammes in dem Zeitraum bis zur Entscheidung der Regulierungsbehörde über die Zulassung dar. §28c Abs3 PrR‑G spricht damit dafür, dass das Fehlen einer derartigen Berechtigung für den Zeitraum bis zum Ablauf einer nach §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G gesetzten Frist beabsichtigt ist.

 

Es trifft zu, dass nach dem Privatradiogesetz das Brachliegen von Übertragungskapazitäten möglichst vermieden werden soll. Es entspricht aber nicht dem PrR‑G, dass ein Zulassungsinhaber zur ununterbrochenen Nutzung von Übertragungskapazitäten und somit zu einem dauerhaften Sendebetrieb verpflichtet ist. Diese Verpflichtung ergibt sich auch nicht aus der bundesweiten Zulassung. Die Regulierungsbehörde ist berechtigt einzuschreiten, wenn der Sendebetrieb über bestimmte Zeiträume nicht ausgeübt wird (§3 Abs3 Z1 und §11 Abs1 PrR‑G). Das wirtschaftliche Risiko für die effiziente Nutzung der Übertragungskapazitäten gemäß dem Zulassungsbescheid trägt jedoch letztlich der Inhaber der Zulassung selbst. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Antragsteller im Rahmen des Zulassungsverfahrens 'glaubhaft zu machen' hat, dass er fachlich, finanziell und organisatorisch die Voraussetzungen für eine regelmäßige Veranstaltung und Verbreitung des geplanten Programms erfüllt (§5 Abs3 PrR‑G). Macht ein Antragsteller im Zulassungsverfahren glaubhaft, dass er fachlich, finanziell und organisatorisch in der Lage ist, die regelmäßige Veranstaltung und Verbreitung eines Programmes im Rahmen einer bundesweiten Zulassung gemäß §28d Abs2 PrR‑G zu erfüllen, besteht gemäß §28b Abs2 PrR‑G auch ein Anspruch auf Erhalt der bundesweiten Zulassung. Damit wird der Frage, ob der Antragsteller auch in der Lage ist, ab Erteilung der bundesweiten Zulassung das bundesweit einheitliche Programm auszustrahlen, bereits im Verfahren über den Zulassungsantrag Rechnung getragen. Da der Zulassungsinhaber aufgrund der bundesweiten Zulassung berechtigt ist und im Zulassungsverfahren glaubhaft gemacht hat, dass er dazu auch in der Lage ist, das bundesweit einheitliche Programm auszustrahlen, trifft den Inhaber der Zulassung ab der Rechtskraft des Zulassungsbescheides und dem damit verbundenen Erlöschen der eingebrachten Übertragungskapazitäten auch das wirtschaftliche Risiko für den allenfalls erforderlichen Übergangszeitraum, in dem die Voraussetzungen für das bundesweit einheitliche Vollprogramm noch nicht gegeben sind. Es ist dem Privatradiogesetz nicht zu entnehmen, dass dieses Risiko durch Einräumung einer Berechtigung zur Ausstrahlung eines Programms, das von der bundesweit einheitlichen Zulassung gemäß §28d Abs2 PrR‑G abweicht, abgewendet werden soll. Ab dem Zeitpunkt der bundesweiten Zulassung ist der Inhaber der Zulassung berechtigt, das Programm gemäß §28d Abs2 PrR‑G auszustrahlen. Sofern er dafür die Aufnahme des Sendebetriebes mit diesem Programm gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G von der Regulierungsbehörde eine Frist eingeräumt bekommt, ist er berechtigt, den Sendebetrieb sofort ab Datum des Zulassungsbescheides auszuüben oder bis zum Ablauf der gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G gesetzten Frist damit zuzuwarten.

 

Damit wird dem Ziel des Privatradiogesetzes dahingehend, dass Übertragungskapazitäten möglichst durchgehend genutzt werden können, bereits im Rahmen der Überprüfung der fachlichen, finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen des Antragstellers Rechnung getragen. Es ist vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich, dass der Inhaber einer bundesweiten Zulassung durch Einräumung einer zusätzlichen Berechtigung zur Sendung von nicht bundesweit einheitlichem Hörfunk über eine Frist der Regulierungsbehörde davor geschützt werden soll, im Übergangszeitraum die Übertragungskapazitäten nicht nützen zu können. Auch dabei ist zu berücksichtigen, dass einen Hörfunkveranstalter keine Betriebspflicht trifft (BKS 13.12.2002, 611.076/001‑BKS/2002)."

3.1. In der gegen dieses Erkenntnis gerichteten, auf Art144 Abs1 B‑VG gestützten Beschwerde behauptet die beschwerdeführende Partei eine Verletzung des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B‑VG), des Rechtes auf Meinungsfreiheit (Art10 EMRK) sowie des Rechtes auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses. Das Bundesverwaltungsgericht unterstelle §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G einen verfassungswidrigen Inhalt. Entgegen der vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Auslegung dürften innerhalb der von der Regulierungsbehörde festgelegten Frist die bisherigen Programme gesendet werden. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes wäre der Sendebetrieb entgegen der dem PrR‑G zugrunde liegenden Zielsetzung der Aufrechterhaltung der Medienvielfalt bis zur Aufnahme des bundesweiten Programmes zur Gänze einzustellen.

3.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

3.3. Die KommAustria hat als die vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde folgende Äußerung erstattet (ohne Hervorhebungen im Original):

"Vorausgeschickt wird, dass die KommAustria gegen das nunmehr vor dem VfGH in Beschwerde gezogene Erkenntnis des BVwG – ebenso wie die vor dem VfGH beschwerdeführende Partei […] – Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben hat. Die Revision der KommAustria vom 05.07.2021, der Bescheid der KommAustria vom 09.08.2019, KOA 1.012/19‑042, sowie der Zulassungsbescheid der KommAustria vom 20.02.2019, KOA 1.012/19‑001, werden der gegenständlichen Stellungnahme angeschlossen. Zur Rechtsansicht der KommAustria wird auf die Revision an den VwGH verwiesen.

 

Davon ausgehend scheinen im Hinblick auf die gegenständliche Beschwerde lediglich folgende Ergänzungen angebracht:

 

Die KommAustria hat in der Revision an den VwGH primär vorgebracht, dass bereits die Rechtskraft des Zulassungsbescheides, mit dem der beschwerdeführenden Partei antragsgemäß eine Frist gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G eingeräumt wurde, und deren Festlegung die KommAustria unter Bezugnahme auf das Antragsvorbringen ein Verständnis zugrunde gelegt hat, wonach innerhalb dieser Frist weiterhin die Programme der eingebrachten Zulassungen verbreitet werden dürfen, der Feststellung einer Rechtsverletzung durch das BVwG entgegensteht. Dies entspricht dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in Punkt 2. ihrer Beschwerde. Zutreffend ist, dass seitens des Vertreters der KommAustria in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG auf diesen rechtskräftigen Inhalt des Zulassungsbescheides hingewiesen wurde (vgl Seite 7 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG vom 20.05.2021). Ebenfalls richtig erscheint aus Sicht der KommAustria, dass auf dieses Vorbringen seitens des BVwG nicht ausreichend eingegangen wurde und die Schlussfolgerung des BVwG im angefochtenen Erkenntnis, wonach die Rechtskraft des Zulassungsbescheides der Geltendmachung der Verletzung von §28d Abs2 PrR‑G nicht entgegenstehe, nicht näher begründet wurde.

 

Die KommAustria enthält sich jedoch diesbezüglich einer Einschätzung, ob das Unterbleiben entsprechender Feststellungen durch das BVwG die Grenzen der 'Willkür' überschreitet und insofern die Verfassungssphäre der Beschwerdeführerin berührt.

 

Inhaltlich teilt die KommAustria das Verständnis der beschwerdeführenden Partei, dass zur Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage der Wendung 'mit dem gemäß §28d genehmigten Programm' in §28b Abs2 PrR‑G ein eigenständiger Bedeutungsgehalt zuzumessen ist. Die so gewonnene Auslegung, wonach aufgrund von §28b Abs2 PrR‑G eine auf das Programm bezogene Frist erteilt werden kann und diese Bestimmung damit gerade nicht Ähnliches regelt wie §3 Abs3 Z1 PrR‑G, wird nach Ansicht der KommAustria vom Wortlaut der Bestimmung nahegelegt und von der Systematik des Gesetzes (und dabei insbesondere der Zusammenschau mit dem zitierten §3 Abs3 Z1) bekräftigt. Damit ist aus Sicht der KommAustria unzweifelhaft, dass die Frist gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G dem Zulassungsinhaber ermöglicht, im festgesetzten 'Übergangszeitraum' weiterhin die in den eingebrachten Zulassungen bewilligten Programme auszustrahlen.

 

Auch hier enthält sich die KommAustria jedoch einer Einschätzung, ob das – nach dem Gesagten auch nach Ansicht der KommAustria – unrichtige Verständnis dieser Bestimmung durch das BVwG so schwer wiegt, dass die dadurch begründete Rechtswidrigkeit in die Verfassungssphäre reicht.

 

Ausgehend von diesem Verständnis bestehen aus Sicht der KommAustria jedenfalls keine Bedenken im Hinblick auf eine Verfassungswidrigkeit von §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G. Wie dargestellt führt das Verständnis der KommAustria im erstinstanzlichen Bescheid sowie der Beschwerdeführerin (auf Basis der primär heranzuziehenden Auslegungsmethoden anhand des Wortlauts der Bestimmung sowie der Gesetzessystematik) zu einem nachvollziehbaren, eigenständigen Bedeutungsgehalt dieser Bestimmung."

3.4. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst hat sich über Einladung des Verfassungsgerichtshofes folgendermaßen geäußert (ohne Hervorhebungen im Original):

"[…] In aller Kürze ist den folgenden Überlegungen der Hinweis voranzustellen, dass die Regelungen über die Schaffung bundesweiter Zulassungen nicht schon in der am 1. April 2001 in Kraft getretenen Stammfassung des Privatradiogesetzes (PrR‑G), BGBl I Nr 20/2001, enthalten waren, sondern erst nachträglich und zwar mit der am 1. August 2004 in Kraft getretenen Novelle BGBl I Nr 97/2004 eingefügt wurden. Die diesbezüglichen Bestimmungen waren ganz besonders von der gesetzgeberischen Intention der 'Etablierung einer lebensfähigen Hörfunklandschaft' (vgl den allgemeinen Teil der Begründung des IA 430/A, XXII. GP ) getragen. Die Änderungen erfolgten nämlich in der anhand der 'Erfahrungen aus der Praxis' gewonnenen Erkenntnis, dass die 'Aussichten hinsichtlich der wirtschaftliche[n] Lebensfähigkeit […] weiter schwierig' sind und es folglich 'im Sinne der Sicherung des Bestands von privatem Radio' notwendig ist, rasch 'eine Alternative zum bisherigen allein auf dem Ausbau von bestehenden Zulassungen bestehenden System zu entwickeln'[,] um mit der Schaffung einer bundesweiten Zulassung der 'Aufrechterhaltung der Medienvielfalt' zu dienen.

 

Um der Dringlichkeit der aufgrund dieses gesetzgeberischen Eingriffs in das 'bisherige System' erfolgenden Maßnahmen Ausdruck zu verleihen, wurde mit der betreffenden Novelle unmittelbar im Gesetz mit §28b Abs1 Satz 1 PrR‑G (statt wie sonst im PrR‑G durch eine Ausschreibung der Behörde) die Frist für die erstmalige Antragstellung mit 30. April 2005 festgelegt. Flankierend (§28b Abs2 Satz 1 PrR‑G) wurde der KommAustria nur für die Konstellation der Schaffung einer bundesweiten Zulassung eine – im Vergleich zur sonst in der Vollziehung des PrR‑G zur Anwendung gelangenden Frist nach §73 AVG erheblich verkürzte – maximale Entscheidungsfrist von 10 Wochen vorgegeben.

 

[…] Anhand der durch die vorstehend geschilderten Regelungen geprägten Ausgangslage ist zu erkennen, dass es ein zentrales gesetzgeberisches Anliegen darstellte, die beschriebene Systemänderung schnell und so friktionsfrei wie möglich unter gleichzeitiger Schonung der Rechte der in den 'Umbau' unmittelbar involvierten Zulassungsinhaber vonstatten gehen zu lassen. Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst lassen die in den Materialien zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Motive für das gesetzgeberische Tätigwerden auch das Bemühen um möglichste Kontinuität in der Ausübung der Zulassung deutlich erkennen.

 

[…] Schon insofern widerspricht nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst eine Auslegung der Regelungen des 8. Abschnitts des PrR‑G, die den 'neuen', zukünftig ein bundesweites Programm anbietenden Zulassungsinhaber – so er nicht zufällig schon im Moment der Zustellung des betreffenden Zulassungsbescheids sämtliche personellen, vor allem aber technischen und programmlichen Vorbereitungen getroffen hat – dazu zwingt, eine abhängig von den Umständen des Einzelfalls womöglich mehrmonatige Sendepause einzulegen, dem gesetzgeberischen Anliegen der 'Aufrechterhaltung der Medienvielfalt'. Die nachteiligen wirtschaftlichen Konsequenzen einer derartigen Zwangspause unter dem Aspekt der im hart umkämpften Werbemarkt ganz entscheidenden Bindung von Hörerinnen und Hörern (im Wettbewerb um das Publikum) hat schon die Beschwerdeführerin in ihren diversen Schriftsätzen mehrfach angesprochen, wurden aber auch von der Kommunikationsbehörde Austria in ihrem Bescheid KOA 1.012/19‑042 für die von ihr vertretene Auslegung der einschlägigen Bestimmung ins Treffen geführt. Die andererseits im bisherigen Verfahren ebenfalls zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung, dass einen Zulassungsinhaber keine Verpflichtung zur ununterbrochenen Nutzung und zu einem dauerhaften Sendebetrieb träfe, scheint diesen sensiblen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Zahl der Hörerinnen und Hörer, den dadurch erzielbaren Werbeei[n]nahmen und damit der Wirtschaftlichkeit der Veranstaltung nicht zu berücksichtigen.

 

[…] Wie auch die umfänglichen, einander im Ergebnis diametral gegenüberstehenden Überlegungen der am Verfahren beteiligten Einrichtungen und Radioveranstalter belegen, liegt die Hauptfrage darin, welches gesetzgeberische Verständnis der Regelung in §28 Abs2 Satz 2 PrR‑G beizumessen ist.

 

[…] Betrachtet man die Bestimmung des §28b Abs2 Satz 2 PrR‑G in systematischer Hinsicht im Zusammenhalt mit den anderen Bestimmungen, so drängt sich nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst zuallererst die Frage auf, warum es notwendig gewesen sein sollte, durch die konkrete Textierung besonders zu verdeutlichen, dass sich die von der Behörde festlegbare Frist auf die Aufnahme des Sendebetriebs 'mit dem nach §28d genehmigten Programm' bezieht.

 

[…] Im gegebenen Kontext (im 8. Abschnitt, in dem jede einzelne der drei Paragrafenüberschriften einen offensichtlichen Bezug zur 'bundesweiten Zulassung' enthält) ist nämlich eindeutig, dass diese Frist nur das nach Maßgabe des §28d PrR‑G (insbesondere dessen Abs2) genehmigte (bundesweite) Programm betreffen kann. Ein anderes aufzunehmendes Programm als jenes bundesweite, zu dessen Ausstrahlung der Zulassungsinhaber (zukünftig) berechtigt ist, steht in dem nach dem 8. Abschnitt geführten Verfahren gar nicht zur Auswahl. Wollte man daher die Regelung nur als Vorgabe verstehen, zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Ausstrahlung des Programms zu beginnen, hätte es der Beifügung der Wortfolge 'mit dem nach §28d genehmigten Programm' nicht bedurft. Läge der Sinn der Bestimmung tatsächlich – wovon das BVwG ausgehen dürfte […] – nur darin, durch das Ende der behördlichen Frist den Anfangspunkt für den in §3 Abs3 Z1 PrR‑G geregelten Beobachtungszeitraum von einem Jahr zu definieren, so hätte es ausgereicht, die Bestimmung wie folgt lauten zu lassen: 'Die Regulierungsbehörde kann dabei auch eine Frist festlegen, innerhalb derer der Sendebetrieb aufzunehmen ist.'

 

[…] Insoweit muss daher die Auslegungsregel zum Tragen kommen, wonach dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden darf, Überflüssiges angeordnet zu haben. Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst ist daher der genannten Wortfolge eine eigenständige Bedeutung beizumessen, die unter Zugrundelegung der […] angestellten Überlegungen zu erschließen ist: Der Zweck der gewählten Formulierung besteht darin, der KommAustria die Möglichkeit einzuräumen, eine abrupte Unterbrechung des Sendebetriebs hintanzuhalten, für einen befristeten Zeitraum die kontinuitätswahrende Fortführung der bisher verbreiteten 'alten' Programme zu legitimieren und den Zeitpunkt der spätestmöglichen 'Ablöse' durch das 'neue' bundesweite Programm zu definieren. Diese Auslegung trägt auch der Tatsache Rechnung, dass ein für die zukünftige Veranstaltung eines bundesweiten Radioprogramms in Aussicht genommener Veranstalter keine Garantie dafür hat, dass seinem Antrag (vollinhaltlich) stattgegeben wird. Für ihn tritt erst mit der Rechtskraft der Entscheidung die für den Um- und Aufbau des neuen bundesweiten Programms erforderliche Planungssicherheit ein.

 

Die Regelung lässt sich andererseits nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst auch nicht dahingehend auslegen, dass sie dazu dienen sollte, im Wege einer behördlichen Absprache die Festsetzung eines Anfangspunkts für die Berechnung der (aufgrund von §28d Abs3 PrR‑G) zur Anwendung gelangenden Frist gemäß §3 Abs3 Z1 PrR‑G (für das Erlöschen der Zulassung wegen Nichtausübung eines regelmäßigen Sendebetriebs) zu ermöglichen. Auf diese Weise würde die genannte gesetzlich fixierte Frist verlängert, ohne dass ein sachlicher Grund dafür ersichtlich ist, dass ein bundesweiter Veranstalter bei der Aufnahme und Ausübung des Sendebetriebs großzügiger behandelt werden sollte als jeder andere (neu hinzutretende) Zulassungsinhaber.

 

[…] Das erweislich der Materialien von der Bedachtnahme auf die Wirtschaftlichkeit der Hörfunkveranstaltung getragene Bestreben des Gesetzgebers, weitestgehend für Kontinuität zu sorgen, zeigt sich letztlich auch in einem Vergleich und anhand eines Größenschlusses mit der für spezifische Ausnahmefälle gedachten Sondernorm in §28c Abs3 PrR‑G. Für die von dieser Bestimmung erfassten Fälle von Zulassungen (die in eine bundesweite Zulassung eingebracht werden sollten, aber bald erlöschen) wird sogar durch eine eigene gesetzliche Anordnung verfügt, dass deren gesamter Sendebetrieb über die gesetzlich vorgesehene Zulassungsdauer hinaus verlängert wird. Diese Maßnahme soll nach den Materialien (vgl erneut die Begründung des Initiativantrags IA 430/A, XXII. GP zu §28c Abs3) 'eine kontinuierliche Fortsetzung einer Zulassung (ob durch den bisherigen Bewerber oder einen neuen Bewerber)' möglich machen. §28c Abs3 PrR‑G ermöglicht also einem Veranstalter in dem dort spezifisch geregelten Sonderfall ausdrücklich eine Fortsetzung seines gesamten Sendebetriebs, weil und obwohl dessen Zulassung an sich schon durch Zeitablauf erloschen wäre.

 

[…] Auch diese Bestimmung ist damit nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst ein Beleg für die Auffassung, dass keine einzige Regelung im PrR‑G (freilich mit Ausnahme der Sanktionsnorm in §28) darauf angelegt ist, im Übergang von einem zum anderen Veranstalter eine 'Zwangspause' zu verordnen. Das gesamte Regelungswerk des PrR‑G zielt im (wirtschaftlichen) Interesse der Veranstalter auf eine möglichst durchgängige kontinuierliche Fortsetzung der Nutzung der Übertragungskapazitäten ab.

 

[…] Aus der Textierung in §28c Abs3 PrR‑G lässt sich jedenfalls nicht in einem Umkehrschluss argumentieren, dass es vom Gesetzgeber geradezu 'beabsichtigt' gewesen wäre, im Wege von §28b Abs2 PrR‑G dem neu hinzugekommenen bundesweiten Zulassungsinhaber die Berechtigung zur weiteren, bloß übergangsweisen Ausstrahlung der bisher verbreiteten Programm[e] zu nehmen. §28b Abs2 PrR‑G und §28c Abs3 PrR‑G regeln vielmehr eindeutig zwei unterschiedliche Konstellationen mit jeweils unterschiedlicher Wortwahl. Aus dem Fehlen der in §28c Abs3 enthaltenen Wortfolge 'Der Sendebetrieb kann […] fortgeführt werden' kann für den Anwendungsfall des §28b Abs2 PrR‑G nicht geschlossen werden, dass der Sendebetrieb sofort einzustellen wäre, wenn er nicht vollinhaltlich dem (neuen) Zulassungsbescheid entspricht.

 

[…] Zusammenfassend vertritt daher das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst die Auffassung, dass die Anordnung in §28b Abs2 PrR‑G dahingehend zu interpretieren ist, dass mit der Festlegung einer Frist für die Aufnahme des Sendebetriebs 'mit dem nach §28d genehmigten Programm' die Genehmigung verbunden ist, die bisher ausgestrahlten Programme weiterhin bis spätestens zum Ende dieser Frist zu verbreiten.

 

[…] Spezifische verfassungsrechtliche Fragestellungen werden hingegen nach Ansicht des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst nicht aufgeworfen: Wie dargetan kann dem Gesetzeswortlaut mit herkömmlichen Interpretationsmethoden ein der gesetzgeberischen Motivlage entsprechender eigenständiger Bedeutungsgehalt beigemessen werden. Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst erübrigen sich daher auch alle Überlegungen zum Nichtvorliegen planwidriger Unvollständigkeiten im Gesetz und zur daraus allenfalls folgenden Unzulässigkeit von Analogieschlüssen. Schließlich ist auch jegliche These zur Möglichkeit der Genehmigung einer Programmänderung für den neuen bundesweiten Veranstalter gemäß §28a rein hypothetischer Natur: Erstens würde eine Genehmigung gemäß §28a Abs3 Z1 PrR‑G einen zweijährigen Sendebetrieb des (neuen) bundesweiten Veranstalters voraussetzen (vgl VwGH vom 12. Dezember 2007, 2007/04/0205, VwSlg 17.336 A; VwGH vom 17. März 2011, 2011/03/0024; VwGH vom 18. September 2013, 2011/03/0155; VwGH vom 26. März 2014, 2012/03/0050), der aber in derartigen Konstellationen denkunmöglich ist. Zum Zweiten ist die Genehmigung einer Programmänderung nach dem gesetzgeberischen Konzept nicht darauf gerichtet, bloß übergangsweise ein abweichendes Programm ausstrahlen zu können, um dann nach Fertigstellung des Umbaus zum bundesweiten Programm zum zweiten Mal die Genehmigung einer Programmänderung und zwar nun 'zurück' zum eigentlich beabsichtigten (und schon einmal genehmigten) bundesweiten Programm zu beantragen."

3.5. Die beschwerdeführende Partei des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht hat als beteiligte Partei des verfassungsgerichtlichen Verfahrens folgende Äußerung erstattet (ohne Hervorhebungen im Original):

"[…] Der Beschwerde der ****************** kommt keine Berechtigung zu. Sie zeigt keine Verfassungswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf. Die Vorschrift des §28b Abs2 l.S. PrR‑G kann verfassungskonform angewendet werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat dies auch getan. Die von der Beschwerdeführerin dargestellte mögliche Ungleichbehandlung von Inhabern einer bundesweiten und solchen einer regionalen Hörfunkzulassung ist durch Unterschiede im Tatsächlichen gerechtfertigt.

 

[…] Wenn die Beschwerdeführerin in der Sachverhaltsschilderung mutmaßt, die Mitbeteiligte würde mit der Beschwerde nach §25 PrR‑G den Zweck verfolgen, ihren Sendebetrieb zu verhindern, muss ergänzt werden: den Sendebetrieb mit Hörfunkprogrammen, für die die nunmehrige Beschwerdeführerin zum Großteil niemals eine regionale Zulassung besessen hat. Die Beschwerdeführerin hatte es selbst in der Hand, nicht acht Monate nach Rechtskraft der bundesweiten Hörfunkzulassung verstreichen zu lassen, bevor sie mit der Ausstrahlung des – einzigen ihr genehmigten – bundesweiten Hörfunkprogramms begann.

 

Im Einzelnen:

 

[…] Zur angeblichen Verletzung des Gleichheitssatzes:

 

[…] Das angefochtene Erkenntnis des BVwG begründet keine Verletzung des Rechts auf Gleichheit aller Staatbürger vor dem Gesetz. Das BVwG hat seine Auslegung und Anwendung von §28b Abs2 l.S. PrR‑G ausführlich begründet. Von einer willkürlichen Entscheidung kann keine Rede sein. Auch ein gehäuftes Verkennen der Rechtslage vermag die nunmehrige Beschwerde nicht darzustellen.

 

Wieso sollte es verfassungswidrig sein, wenn ein Zulassungsinhaber, dessen von ihm selbst gewünschte und antragsgemäß erteilte Zulassung nach §28d Abs2 PrR‑G ausschließlich ein bundesweit einheitliches Vollprogramm umfasst, regionale Hörfunkprogramme nicht auf den ihm nun zugeordneten Übertragungskapazitäten verbreiten darf? Für jene regionalen Programm[e] hat er ja keine Zulassung.

 

Mit der Erteilung der Zulassung nach dem PrR‑G erfolgt nicht die Genehmigung der Veranstaltung irgendeines Hörfunkprogramms, sondern des im Antrag dargestellten Programms (BKS 20.12.2006, 611.077/0002‑BKS/2006). Dabei handelt es sich um jenes Programm, das im Spruch beschrieben wird.

 

Weder der Gleichheitssatz noch das Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung umfassen das Recht des Grundrechtsträgers, irgendein Hörfunkprogramm zu veranstalten.

 

[…] Die Interpretation des letzten Satzes von §28b Abs2 PrR‑G durch die Beschwerdeführerin ist aufgrund von deren Interessen naheliegend, ihre Argumentation hält aber einer Prüfung nicht stand.

 

Mit §28b Abs2 PrR‑G ist der KommAustria ermöglicht, dem Antragsteller eine Frist für die Aufnahme des Programms 'mit dem nach §28d genehmigten Programm' einzuräumen ('kann'). Mit dieser Fristsetzungsmöglichkeit sollen die in eine beantragte bundesweite Zulassung eingebrachten Übertragungskapazitäten im Sinn der regulatorischen Ziele nicht in jedem Fall so lange ungenutzt bleiben, wie es die allgemeine Frist des §3 Abs3 Z1 PrR‑G gestatten würde.

 

Somit ist die Wortfolge 'mit dem nach §28d genehmigten Programm' keine überflüssige oder sinnlose Anordnung. Der neue Zulassungsinhaber soll auch im Fall, dass ihm eine Frist eingeräumt wird, kein anderes Programm veranstalten als das neu genehmigte bundesweite Programm. Die Fristsetzung soll einen Start des genehmigten, bundesweit einheitlichen Programms innerhalb eines von der KommAustria als angemessen und zumutbar erachteten Zeitraums sicherstellen. Hätte der Gesetzgeber lediglich 'Die Regulierungsbehörde kann auch eine Frist festlegen, innerhalb derer der Sendebetrieb aufzunehmen ist.' normiert, könnte der neue Inhaber einer bundesweiten Zulassung mit Fristende irgendein Programm veranstalten, um den Sendebetrieb aufzunehmen und der ihm gesetzten Frist zu entsprechen. Damit würde er natürlich gegen die Vorgabe für das Programm in der Zulassung verstoßen, weshalb §28b Abs2 l.S. PrR‑G zu Recht die Wortfolge 'mit dem nach §28d genehmigten Programm' enthält.

 

[…] Der Inhalt einer Hörfunkzulassung, insbesondere das damit genehmigte Programm, muss sich aus dem Spruch des Zulassungsbescheids ergeben und kann nicht, wie die Beschwerdeführerin argumentiert, aus Gegenschlüssen abgeleitet werden.

 

Schon das Vorbringen in der Beschwerde […] macht deutlich, wie unpräzise, mehrdeutig und damit undurchführbar die Festlegung des genehmigten Programms durch einen Rückgriff auf Gegenschlüsse wäre: '... der Gegenschluss zu ziehen, dass innerhalb der von der Regulierungsbehörde festgelegten Frist etwas anderes als das nach §28d genehmigte bundesweite Programm gesendet werden darf – und das sind naturgemäß und naheliegender Weise die auch schon bisher verbreiteten Programme'.

 

Es bliebe bei einem solchen Gegenschluss völlig unbestimmt, welche Programme der neue Zulassungsinhaber temporär bundesweit ausstrahlen könnte – jedes einzelne Regionalprogramm? [N]ur eines, zwei oder drei davon? Hätte die Beschwerdeführerin während der ihr gesetzten neunmonatigen Frist etwa auch nur das attraktivste oder das kostengünstigste Regionalprogramm der bisherigen Zulassungsinhaber bundesweit ausstrahlen dürfen? Hätte sie während dieser neun Monate beliebig oft die Programmierung ändern können und andere aus den insgesamt neun in die bundesweite Zulassung aufgegangenen Regionalprogramme[…] senden können? Hätte sie in einigen der von ihr nun versorgten Regionen das eine, in anderen Versorgungsgebieten wieder ein anderes Programm verbreiten dürfen? Was davon ist 'naheliegend' und wäre nach Ansicht der Beschwerdeführerin (noch) erlaubt, was nicht mehr?

 

Es leuchtet ein, dass der Gesetzgeber eine ausdrückliche und präzise Regelung für das 'Weitersenden' von Hörfunkprogrammen aus Zulassungen, die in der bundesweiten Zulassung aufgehen, unter der Verantwortung des bundesweiten Zulassungsinhabers geschaffen hätte, hätte er ein solches 'Weitersenden' gewollt.

 

Eine Ausnahme und damit Abweichung von der Regelung des §28d Abs2 PrR‑G, wonach die bundesweite Zulassung nur zur Veranstaltung eines bundesweit einheitlichen Vollprogramms berechtigt, hätte der Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen. Eine solche Ausnahme von der gesetzlichen Regelung durch einen Gegenschluss aus einer anderen Gesetzesstelle ableiten zu wollen, ist abenteuerlich.

 

[…] Spruchpunkt 6. des Zulassungsbescheids der Beschwerdeführerin gewährt dieser eine Frist zur Aufnahme des einzigen(!) ihr genehmigten Sendebetriebs, und das ist jener mit dem im Zulassungsbescheid (in dessen Spruchpunkt 1.) genehmigten bundesweiten Programm. Weder aus Spruchpunkt 6. noch direkt aus §28d PrR‑G folgt jedoch 'e contrario', dass bis zum Ablauf der gesetzten Frist die bisherigen 'alten' Programme gesendet werden könnten.

 

Der gegenständliche Zulassungsbescheid enthält keine Ermächtigung, dass die Beschwerdeführerin bis zur Aufnahme des bundesweiten Programms die 'alten' Programme der eingebrachten und erloschenen Zulassungen verbreiten dürfte. Eine solche Ermächtigung lässt sich nicht durch ergänzende Auslegung und 'e contrario'-Schlüsse schaffen. Sie müsste durch einen Bescheid erfolgen; und dieser müsste wiederum eine gesetzliche Grundlage haben. Beides trifft hier nicht zu.

 

Der Standpunkt der Beschwerdeführerin ist schon deshalb abwegig, weil sie – 'e contrario' – eine Grundlage für die Sendung von Programmen behauptet, die zum Teil für gänzlich andere (!) Zulassungsinhaber genehmigt waren und deren zugrundeliegende Zulassungen ausdrücklich nach §28b Abs4 PrR‑G erloschen sind.

 

[…] Das BVwG hat zu Recht herausgearbeitet, dass die Regelungen des §3 Abs3 Z1 PrRG und des §28b Abs2 l.S. PrR‑G unterschiedliche Zwecke verfolgen, wobei letztere Bestimmung nur für bundesweite Zulassungen zur Anwendung gelangt.

 

Während §3 Abs3 Z1 PrR‑G verhindern soll, dass eine erteilte Zulassung nicht genutzt wird, ermöglicht §28b Abs2 l.S. PrR‑G der Regulierungsbehörde, dem Inhaber einer bundesweiten Zulassung eine kürzere Frist für die Aufnahme des Sendebetriebs mit dem bundesweit einheitlichen Programm zu setzen.

 

§3 Abs3 Z1 PrR‑G betrifft nicht den Fall, dass die Zulassung und die Übertragungskapazitäten zwar genutzt werden, aber festgestellt wird, dass ein in bestimmten Bereichen inhaltlich nicht dem Zulassungsbescheid entsprechendes Programm ausgestrahlt wird. Für solche Fälle greifen die Regelungen der §§25 und 28 PrR‑G.

 

[…] Die von der Beschwerdeführerin behauptete gleichheitswidrige Diskriminierung von Inhabern einer bundesweiten Hörfunkzulassung gegenüber allen anderen Hörfunkveranstaltern findet nicht statt.

 

Denn der Inhaber einer bundesweiten Zulassung ist, wie schon im Verwaltungsverfahren ausgeführt wurde, faktisch in der Lage, den Sendebetrieb rascher aufzunehmen als ein Veranstalter, der erstmalig eine (regionale) Zulassung zugeteilt erhält:

 

Der Bewerber um eine bundesweite Zulassung erhält, wenn er alle Voraussetzungen erfüllt, zwingend die beantragte Zulassung. Es gibt in diesem Fall kein Auswahlverfahren zwischen mehreren Bewerbern.

 

Aufgrund des schon absehbaren Verfahrensergebnisses kann der Antragsteller um eine bundesweite Zulassung schon lange während des Verfahrens mit Schaffung der rechtlichen, finanziellen und technischen Voraussetzungen beginnen, während der Bewerber um eine regionale Bewilligung nicht fix damit rechnen kann, im Auswahlverfahren zu obsiegen.

 

Diese Unterschiede im Tatsächlichen rechtfertigen die unterschiedliche Behandlung von Antragstellern um eine regionale Bewilligung einerseits und eine bundesweite Bewilligung andererseits. Eine unsachliche Diskriminierung liegt nicht vor.

 

Natürlich steht der Bewerber um eine bundesweite Zulassung in engem Austausch mit den Inhabern der einzubringenden Zulassungen, denen auch Parteistellung zukommt. Er ist sich sicherlich nicht im Unklaren darüber, wann die bisherigen Hörfunkprogrammeeingestellt werden müssen und wann er mit dem bundesweiten Programm starten kann (und soll).

 

Die mitbeteiligte Partei ist im Verwaltungsverfahren darauf eingegangen, weshalb es dem Antragsteller für eine bundesweite Zulassung einfacher möglich ist, den Sendebetrieb mit dem genehmigten bundesweiten Programm rascher auf Basis der schon vorhandenen und nun eingebrachten bzw von ihm übernommenen Infrastruktur aufzunehmen, als es einem (mitunter neuen) Marktteilnehmer möglich wäre. Die mitbeteiligte Partei hat auch gezeigt, dass der Antragsteller um eine bundesweite Zulassung von [v]or[n]herein weiß und damit Planungssicherheit hat, dass ihm diese Zulassung bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen zu erteilen ist. Er kann den Start mit dem bundesweiten Programm von langer Hand vorbereiten und planen.

 

Da die bundesweite Hörfunkzulassung eine Mindestabdeckung der Bevölkerung erfordert und gesetzliche Kriterien für die einzubringenden Zulassungen bestehen, wird jeder vernünftige Bewerber um seine Zulassung nicht erst nach deren Erteilung konkrete Verhandlungen mit den bisherigen Zulassungsinhabern und den Standortbetreibern führen.

 

Gerade hinsichtlich der Beschwerdeführerin ist darauf hinzuweisen, dass sich diese bereits im Jahr 2017 um eine bundesweite Hörfunkzulassung bemüht hatte. Nachdem ihr erster Antrag 2018 abgewiesen war, konnte sie für den zweiten Antrag auf Vorbereitungsarbeiten, Verhandlungen und wohl auch schon Vereinbarungen zurückgreifen. Sie hat auch selbst einen wesentlichen Teil der Zulassungen eingebracht. Einer Umstellungs- und Vorbereitungsphase von acht Monaten hätte es definitiv nicht bedurft.

 

[…] Der Gesetzgeber hatte bei der Fassung de[s] §28b Abs2 PrR‑G wohl kaum mit dem hier gegenständlichen – und überaus untypischen – Fall gerechnet, dass sich der Inhaber einer bundesweiten Zulassung acht Monate bis zur Verbreitung des bundesweiten Programms Zeit lassen könnte.

 

Eine Sendepause von acht Monaten steht natürlich im Spannungsverhältnis mit den Zielen des privaten Rundfunks. Allerdings darf ein solcher 'Ausreißer' nicht dazu führen, dass übertragende Prinzipien wie jenes, dass ausschließlich das im Spruch des Zulassungsbescheids normierte Programm veranstaltet werden darf, hinweggesehen wird.

 

[…] Zur […] Behauptung einer Verletzung der Art10 MRK und Art6 Abs1 StGG ist zu sagen:

 

Die Beschwerdeführerin war durch das angefochtene Erkenntnis (ebenso wenig wie durch die Entscheidung der KommAustria im Verwaltungsverfahren) zu keinem Zeitpunkt ab Rechtskraft daran gehindert, das ihr genehmigte bundesweit einheitliche Programm auszustrahlen.

 

Mit diesem Hinweis lässt sich der behaupteten Verletzung der Meinungsäußerungsfreiheit und des Rechts auf Erwerbsausübungsfreiheit sehr wohl begegnen. Die Beschwerdeführerin hatte, aus den o.a. Gründen, genügend Zeit für eine Vorbereitung des Sendebetriebs.

 

Hinzu kommt auch, dass aus Art10 MRK und Art6 Abs1 StGG nicht abgeleitet werden kann, dass ein Hörfunkveranstalter jederzeit jedes Programm veranstalten können muss – dies würde schließlich in die Rechtsposition von Mitbewerbern wie der Mitbeteiligten eingreifen. (Nicht unerwähnt sei, dass die Beschwerdeführerin bis zur Aufnahme des bundesweiten Programms Werbegelder für Werbung in den neun von ihr ausgestrahlten Regionalprogrammen vereinnahmt hat.)

 

Es liegt also am jeweiligen Zulassungsinhaber, durch vorausschauende Planung einen zeitnahen Start des bundesweiten Programms zu schaffen.

 

Es ist auch seine Sache, durch eine rasche Aufnahme des Sendebetriebs mit dem bundesweiten Programm wirtschaftliche Einbußen zu vermeiden. Drohender Hörerschwund und Ausfall von Werbeerlösen kann die Beschwerdeführerin nicht zur Rechtfertigung heranziehen, von dem einzigen ihr genehmigten Programm abzuweichen.

 

Den Zulassungsinhaber trifft grundsätzlich keine Betriebspflicht, ihm wird aber auch nicht das wirtschaftliche Risiko genommen, mit der Ausstrahlung des genehmigten Programms nicht oder erst später beginnen zu können.

 

[…] Dass der Gesetzgeber keineswegs beabsichtigte, erloschene Zulassungen einfach weiterlaufen zu lassen oder für erteilte Zulassungen vorübergehend einen anderen Inhalt zu fingieren, wenn sonst zeitliche 'Sendelücken' auftreten würden, zeigen auch die sehr detaillierten Regelungen zur Aufhebung von Zulassungen durch Höchstgerichte in §3 Abs7 und 8 PrR‑G sowie die ebenfalls sehr durchdachten Regelungen über Neuausschreibung von Zulassungen (ausreichend lange vor Ablauf etc); daraus wird deutlich: Dort, wo der Gesetzgeber eine Überbrückung von 'Sendelücken' wollte, hat er das ausführlich, ausdrücklich und detailliert geregelt; wo solche Regelungen nicht getroffen wurden, dort hat der Gesetzgeber solche Sendelücken in Kauf genommen.

 

[…] Die Argumentation der Beschwerdeführerin mit der Rechtskraft von Spruchpunkt 6. des Zulassungsbescheids geht ins Leere, weil weder der Spruchpunkt selbst noch die Bescheidbegründung eine Bewilligung zur Fortführung des bisherigen Sendebetriebs mit neun verschiedenen Regionalprogrammen über die von der bundesweiten Zulassung erfassten Übertragungskapazitäten beinhalten.

 

Eine implizite Genehmigung einer privaten terrestrischen Hörfunkveranstaltung ist nicht denkbar. Sowohl dem Zulassungsinhaber selbst, der Behörde und Dritten muss der Umfang einer Zulassung klar sein und deren Einhaltung überprüfbar sein. Daher sind Zulassungen ausdrücklich und schriftlich im normativen Teil des Bescheids festzulegen.

 

Der Antrag der Beschwerdeführerin lautet lediglich: '… beantragt diese hiermit als Frist, innerhalb welcher der Sendebetrieb mit dem nach §28d PrR‑G genehmigten Programm aufzunehmen ist, den Zeitraum von neun Monaten ab Rechtskraft des Bescheides über die bundesweite Zulassung festzulegen.' Die Beschwerdeführerin führt zwar aus, dass sie davon ausgehe, innerhalb dieser Frist den bisherigen Sendebetrieb fortsetzen zu können – beantragt hat sie eine entsprechende Genehmigung damit aber nicht.

 

Die KommAustria hat eine derartige Genehmigung in Spruchpunkt 6. des Zulassungsbescheids nicht erteilt. Dieser lautet: 'Gemäß §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G wird festgelegt, dass der Sendebetrieb im Rahmen der bundesweiten Hörfunkzulassung gemäß Spruchpunkt 1. innerhalb von neun Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides aufzunehmen ist.'

 

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Begründung zu Spruchpunkt 6. […]. Darin nimmt die KommAustria lediglich auf den Antrag der Beschwerdeführerin Bezug, ihr als Frist, innerhalb derer der Sendebetrieb mit dem nach §28d PrR‑G genehmigten Programm aufzunehmen ist, einen Zeitraum von neun Monaten einzuräumen. Weiters heißt es: 'Da eine solche Frist[...] (noch) als angemessen erscheint […] konnte die Frist antragsgemäß bestimmt werden (Spruchpunkt 6.)'.

 

Weder im Spruchpunkt selbst noch in der Begründung finden sich somit irgendwelche Ansichtspunkte dafür, dass die KommAustria der Beschwerdeführerin die Fortsetzung des Sendebetriebs mit den bisherigen Regionalprogrammen genehmigt hätte. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat die KommAustria im Zulassungsbescheid das temporäre 'Weitersenden der bisher verbreiteten Programme' nicht genehmigt.

 

[…] Die Beschwerdeführerin übersieht aber auch noch einen anderen Punkt:

 

Gegenstand der Beschwerde nach §25 PrR‑G ist der Verdacht[,] dass ein Zulassungsinhaber eine Bestimmung des PrR‑G verletzt hat.

 

Indem die Beschwerdeführerin nach dem unstrittigen Sachverhalt bis zum 25.10.2019 kein bundesweit einheitliches Programm veranstaltet hat, hat sie die Vorgabe des §28d Abs2 PrR‑G für die ihr erteilte Zulassung und damit 'eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes' verletzt.

 

Dass die Ausstrahlung von neun regionalen Programmen eine grundlegende Änderung des Programmcharakters und damit einen Verstoß nach §§28, 28a PrR‑G darstellt, ändert nichts daran, dass jedenfalls schon eine Verletzung von §28d Abs2 PrR‑G vorliegt.

 

Jede Argumentation mit der Rechtsprechung zur grundlegenden Änderung des Programmcharakters, also dahin, dass zur Feststellung einer Verletzung das im Zulassungsantrag dargestellte und in der Zulassung genehmigte[…] Programm mit dem tatsächlich gesendeten Programm verglichen werden müsste, geht somit ins Leere. Denn ein solcher Vergleich ist für die Bejahung einer Verletzung von §28d Abs2 PrR‑G nicht erforderlich.

 

[…] Aus diesem Grund musste das BVwG keine Ermittlungen dazu anstellen und keine Ausführungen dazu treffen, dass die Beschwerdeführerin 'davon ausgeht', den bisherigen Sendebetrieb fortsetzen zu dürfen. Dies war keine willkürliche, sondern eine korrekte Entscheidung des BVwG, denn dieses 'davon Ausgehen' ist rechtlich nicht relevant.

 

[…] Zur angeblichen Verletzung des Rechts auf Meinungsäußerungsfreiheit

 

[…] Im angefochtenen Erkenntnis hat das BVwG festgestellt, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin Bestimmungen des PrR‑G, nämlich jedenfalls §28d Abs2 PrR‑G, verletzt hat, indem sie nicht ein bundesweit einheitliches Vollprogramm, sondern neun verschiedene Regionalprogramme ausgestrahlt hat.

 

Die nunmehrige Beschwerde vermag nicht aufzuzeigen, weshalb die Beschwerdeführerin durch diese Entscheidung in ihrem Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit verletzt sein sollte. Das BVwG hat §28b Abs2 l.S. PrR‑G nicht denkunmöglich angewandt.

 

[…] Sowohl die Auswahlverfahren unter mehreren Bewerbern um eine regionale Hörfunkzulassung nach dem PrR‑G als auch das (ohne jede Auswahl erfolgende) Zulassungsverfahren auf Antrag eines Bewerbers um eine bundesweite private Hörfunkzulassung enden (in aller Regel) mit der Erteilung einer Zulassung, die die Veranstaltung genau eines, nämlich des jeweils beantragten Programms genehmigt.

 

Diese Einschränkung auf das jeweils genehmigte Programm ist mit dem Grundrecht auf Meinungsäußerungsfreiheit genauso vereinbar wie der Umstand, dass die Verbreitung anderer als des jeweils in der Zulassung genehmigten Programms eine Verletzung gegen Bestimmungen des PrR‑G darstellt.

 

Wenn ein Zulassungsinhaber nach rechtskräftiger Erteilung der Zulassung (noch) nicht in der Lage ist, das im Zulassungsbescheid genehmigte Programm zu senden, darf er eben nichts senden. Die Meinungsäußerungsfreiheit kann nicht Grundlage dafür bieten, irgendein Hörfunkprogramm zu senden, auch nicht einstweilig, außer es gäbe dafür eine gesetzliche und im Zulassungsbescheid vorhandene Grundlage – das ist aber im Ausgangssachverhalt nicht der Fall.

 

[…] Die Beschwerdeführerin war durch das angefochtene Erkenntnis (ebenso wenig wie durch die Entscheidung der KommAustria im Verwaltungsverfahren) zu keinem Zeitpunkt ab Rechtskraft daran gehindert, das ihr genehmigte bundesweit einheitliche Programm auszustrahlen.

 

Aus Art10 MRK und Art6 Abs1 StGG kann nicht abgeleitet werden, dass ein Hörfunkveranstalter jederzeit jedes Programm veranstalten können muss – dies würde schließlich in die Rechtsposition von Mitbewerbern wie der Mitbeteiligten eingreifen, die ebenfalls nur zur Veranstaltung des im Zulassungsbescheid genehmigten Programms berechtigt sind. Es liegt also am jeweiligen Zulassungsinhaber, durch vorausschauende Planung einen zeitnahen Start des bundesweiten Programms zu schaffen. Es wird ihm nicht das wirtschaftliche Risiko genommen, mit der Ausstrahlung des genehmigten Programms nicht oder erst später beginnen zu können.

 

[…] Zur angeblichen Verletzung des Rechts auf Freiheit der Erwerbsausübung

 

[…] Das wirtschaftliche Risiko eines (zu) lange dauernden Vorbereitungszeitraums für den Start mit dem im Zulassungsbescheid genehmigten Programm trägt jeder Zulassungsinhaber selbst. Dieses Risiko darf nicht zu Lasten von Mitbewerbern eines Zulassungsinhabers gehen, die bescheidkonform das dort genehmigte Programm ausstrahlen. Die Erwerbsausübungsfreiheit bietet keine Grundlage für eine Verschiebung des Risikos zu Lasten von Mitbewerbern – auch diese haben eine geschützte Grundrechtsposition.

 

[…] Das im PrR‑G umgesetzte Konzept einer bundesweiten Zulassung geht davon aus, dass mit der bundesweiten Zulassung über die darin eingebrachten Übertragungskapazitäten zumindest weitgehend und formal in jeder Hinsicht ein neues, bisher noch nicht verbreitetes, weil auf die Interessen des Bundesgebiets abzielendes Programm verbreitet werden dürfte und damit per se idR ein gewisser Austausch der Hörerschaft verbunden sein wird. Für den Erfolg des neuen Programms kommt es daher nicht darauf an, nahtlos an die früheren, inhaltlich anders gestalteten Programme anzuschließen – und wenn es denn doch so sein sollte, dann hätte es der Zulassungsinhaber ja in der Hand, nahtlos zu starten.

 

[…] Wenn der Zulassungsinhaber (noch) nicht in der Lage ist, das im Zulassungsbescheid genehmigte Programm zu senden, ist er dennoch nicht in seinem Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung verletzt, wenn es – wie hier – keine gesetzliche Grundlage gibt, ihm die Ausstrahlung von anderen als dem genehmigten bundesweit einheitlichen Programm zu erlauben.

 

Soweit die Ausübung einer Erwerbstätigkeit mit einem bestimmten Inhalt und unter bestimmten Auflagen und Voraussetzungen behördlich genehmigt ist, dann darf der Genehmigungsinhaber auch nur auf die genehmigte Weise seinen Erwerb ausüben. Es gibt keine verfassungsrechtliche Grundlage dafür, vorläufig irgendeine andere reglementierte Tätigkeit oder die genehmigte Tätigkeit vorläufig ohne Erfüllung sämtlicher Auflagen und Voraussetzungen auszuüben.

 

Andernfalls würde ein derart Begünstigter einen Vorteil gegenüber Mitbewerbern genießen: Die Beschwerdeführerin hat beispielsweise bis zur Aufnahme des bundesweiten Programms Werbegelder für Werbung in den neun von ihr ausgestrahlten Regionalprogrammen vereinnahmt, obwohl sie für diese Programm[e] gar keine Zulassung erteilt bekommen hat, weil sie die Zulassung für ein bundesweites Hörfunkprogramm beantragt hatte.

 

[…] Das BVwG gelangte somit zu Recht zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin Bestimmungen des PrR‑G verletzt hat, indem sie unter Nutzung der ihr zugeordneten Übertragungskapazitäten neun unterschiedliche Regionalprogramme ausgestrahlt hat, obwohl sie nur zur Ausstrahlung des bundesweit einheitlichen Vollprogramms berechtigt war.

 

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Entscheidung vermag die Beschwerde der ****************** nicht aufzuzeigen.

 

§28b Abs2 l.S. PrR‑G ist auch nicht verfassungswidrig."

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem Bestimmungen für privaten Hörfunk erlassen werden (Privatradiogesetz – PrR‑G), BGBl I 20/2001, idF BGBl I 150/2020 lauten:

"Zulassung

 

§3. (1) […]

 

(3) Die Zulassung erlischt,

1. wenn die Regulierungsbehörde nach vorheriger Anhörung des Hörfunkveranstalters feststellt, dass der Hörfunkveranstalter über einen Zeitraum von einem Jahr aus von ihm zu vertretenden Gründen keinen regelmäßigen Sendebetrieb entsprechend der Zulassung ausgeübt hat,

2. […]

 

8. Abschnitt

 

Bundesweite Zulassung für analogen terrestrischen Hörfunk

 

§28b. (1) Zur Schaffung einer Zulassung zur Veranstaltung von bundesweitem privaten terrestrischen Hörfunk (bundesweite Zulassung) zur Versorgung von mindestens 60 vH der österreichischen Bevölkerung kann erstmals befristet bis zum 30. April 2005 der Antrag auf Erteilung einer Zulassung gestellt werden. In weiterer Folge hat die Regulierungsbehörde – soweit ihr glaubhaft dargelegt wird, dass eine den Erfordernissen des §28c Abs2 entsprechende bundesweite Zulassung geschaffen werden könnte – durch Bekanntmachung unter Einräumung einer mindestens sechsmonatigen Frist die Möglichkeit zur Antragstellung für die Erteilung einer bundesweiten Zulassung einzuräumen. Zu diesem Zweck können abweichend von §3 Abs4 Inhaber bestehender Zulassungen zur Veranstaltung von terrestrischem Hörfunk, wenn der Zulassungsinhaber seit mindestens zwei Jahren seinen Sendebetrieb ausgeübt hat, zum Zweck der Erteilung einer Zulassung an eine Kapitalgesellschaft für die Veranstaltung von bundesweitem terrestrischem Hörfunk ihre Zulassung an diese übertragen.

 

(2) Die Regulierungsbehörde hat binnen 10 Wochen ab Einlangen des Antrages nach Abs1 zu prüfen, ob bei der Kapitalgesellschaft den Voraussetzungen des §28c entsprochen ist. Im Falle des Vorliegens dieser Voraussetzungen hat sie der Kapitalgesellschaft unter Anwendung des §3 Abs1 und Abs2 erster und zweiter Satz eine Zulassung nach Maßgabe des §28d zu erteilen, die unter Berücksichtigung des §10 Abs2 jene Übertragungskapazitäten zuordnet, die bisher von den Zulassungen, für welche die Übertragung erklärt wurde, umfasst waren. Die Regulierungsbehörde kann dabei auch eine Frist festlegen, innerhalb derer der Sendebetrieb mit dem nach §28d genehmigten Programm aufzunehmen ist.

 

(3) […]

 

Voraussetzungen für die Erteilung einer bundesweiten Zulassung

 

§28c. (1) Der Regulierungsbehörde ist bis zum 30. April 2005 und in weiterer Folge innerhalb der von der Regulierungsbehörde festgesetzten Frist (§28b Abs1) die Eintragung einer Kapitalgesellschaft im Firmenbuch zur Veranstaltung von bundesweitem terrestrischem Hörfunk sowie durch geeignete Urkunden die Anzahl der Übertragungen und deren Verbindlichkeit nachzuweisen. Der Regulierungsbehörde sind weiters für die Kapitalgesellschaft die Nachweise zu §5 Abs2 zu erbringen, die Voraussetzungen zu §5 Abs3 darzulegen sowie die weiteren Urkunden zu §5 Abs3 vorzulegen. Der Regulierungsbehörde ist durch Vorlage einer schriftlichen Bestätigung eines Kreditinstitutes nachzuweisen, dass der Geschäftsführung oder dem Vorstand der Kapitalgesellschaft ein Betrag zur freien Verfügung steht, der zumindest der Höhe von 10 vH der aus der Veranstaltung von Rundfunk erzielten Umsätze aller jener Hörfunkveranstalter entspricht, die zum Zweck der Erteilung der Zulassung an diese Kapitalgesellschaft ihre Zulassung übertragen haben. Für die Berechnung sind die letzten vorhandenen Umsatzzahlen heranzuziehen. Für den Nachweis zu §9 ist diese Bestimmung mit der Maßgabe anzuwenden, dass beginnend mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Zulassungsentscheidung der Regulierungsbehörde Personen und Personengesellschaften desselben Medienverbundes denselben Ort des Bundesgebietes, abgesehen von technisch unvermeidbaren Überschneidungen (spill over), im Wege der bundesweiten Zulassung nur einmal versorgen dürfen.

 

(2) Voraussetzung für die Erteilung einer Zulassung nach §28b Abs2 ist, dass sich aus der Summe der Versorgungsgebiete jener Zulassungen, für die eine Übertragung erklärt wurde, ein Versorgungsgebiet ergibt, das mindestens 60 vH der österreichischen Bevölkerung umfasst. Wird der Antrag auf Erteilung einer Zulassung mangels Vorliegen dieser Voraussetzung rechtskräftig zurückgewiesen, bleiben sämtliche Zulassungen, für welche die Übertragung erklärt wurde, in ihrem Bestand unberührt. Dies gilt auch für die Ab- oder Zurückweisung des Antrags aus anderen Gründen.

 

(3) Umfasst ein Antrag auf Erteilung einer bundesweiten Zulassung den Nachweis der Übertragung einer Zulassung, die innerhalb der auf die Antragseinbringung folgenden 6 Monate durch Zeitablauf erlischt, so findet §13 Abs1 Z1 keine Anwendung. Die von derartigen Zulassungen umfassten Übertragungskapazitäten können von der Regulierungsbehörde unter Berücksichtigung des §10 Abs2 für eine bundesweite Zulassung herangezogen werden. Unverzüglich nach einer rechtskräftigen abschlägigen Entscheidung in einem Verfahren nach §28b hat eine Ausschreibung gemäß §13 stattzufinden. Der Sendebetrieb kann bis zur rechtskräftigen neuerlichen Entscheidung der Regulierungsbehörde über die bisherige Zulassung fortgeführt werden.

 

Sonderregelungen für bundesweite Zulassungen

 

§28d. (1) Personen und Personengesellschaften desselben Medienverbundes dürfen denselben Ort des Bundesgebietes, abgesehen von technisch unvermeidbaren Überschneidungen (spill over) im Wege einer bundesweiten Zulassung nur einmal versorgen.

 

(2) Eine bundesweite Zulassung berechtigt zur Veranstaltung eines bundesweit einheitlichen Vollprogramms mit einer Mindestdauer von 14 Stunden täglich. Sendeausstiege aus dem bundesweiten Programm für die Ausstrahlung von Werbung und Informationssendungen sind

1. nur bis zu einer Dauer von maximal 10 vH der täglichen Sendezeit und

2. jeweils nur für alle Übertragungskapazitäten innerhalb eines Bundeslandes oder innerhalb zwei oder mehrerer Bundesländer

zulässig.

 

(3) Auf bundesweite Zulassungen finden – soweit in diesem Bundesgesetz nicht andere Regelungen getroffen werden – die §§3 Abs5 und 6, §16 Abs2 zweiter Satz und §17 Abs1 keine Anwendung. §7 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass eine bundesweite Zulassung nur an Kapitalgesellschaften erteilt werden kann. Die Erteilung einer bundesweiten Zulassung zum Zweck des Betriebs eines Informationssenders für Soldaten (§8 Z1) ist ausgeschlossen.

 

(4) Nach rechtskräftiger Erteilung einer bundesweiten Zulassung können Inhaber bestehender Zulassungen zur Veranstaltung von terrestrischem Hörfunk, wenn der Zulassungsinhaber seit mindestens zwei Jahren seinen Sendebetrieb ausgeübt hat, zugunsten der Erweiterung des bisherigen Versorgungsgebietes einer bundesweiten Zulassung ihre Zulassung auf den Inhaber der bundesweiten Zulassung übertragen. §3 Abs4 findet keine Anwendung. Die Regulierungsbehörde hat dazu die bundesweite Zulassung bei unveränderter Zulassungsdauer dahingehend abzuändern, dass unter Berücksichtigung des §10 Abs2 jene Übertragungskapazitäten zugeordnet werden, die bisher von der übertragenen Zulassung umfasst waren.

 

(5) Behebt der Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung über die Zuordnung von Übertragungskapazitäten, die Gegenstand einer Übertragung zugunsten einer bundesweiten Zulassung waren und sinkt dadurch der Versorgungsgrad der bundesweiten Zulassung unter 60 vH der österreichischen Bevölkerung (§28b Abs1), so bleibt die bundesweite Zulassung nach Ausspruch der Regulierungsbehörde über die von der Aufhebung nicht betroffenen, verbleibenden Übertragungskapazitäten unberührt. Betrifft die Aufhebung eine Entscheidung über die Erweiterung oder Verbesserung eines Versorgungsgebietes, so sind zudem die betreffenden Übertragungskapazitäten gemäß §13 Abs2 neu auszuschreiben. Sinkt der Versorgungsgrad der bundesweiten Zulassung aus vom Zulassungsinhaber zu vertretenden Gründen unter diese Grenze, so hat die Regulierungsbehörde das Verfahren zum Entzug der Zulassung einzuleiten."

III. Erwägungen

Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet:

1. Der 8. Abschnitt des PrR‑G regelt die bundesweite Zulassung für privaten analogen terrestrischen Hörfunk. Vor dem Hintergrund der Entstehung des privaten Hörfunksektors in Österreich, der zunächst durch eine Beschränkung auf lokale und regionale Zulassungen für privaten terrestrischen Hörfunk begrenzt war (siehe Holoubek/Kassai/Traimer, Grundzüge des Rechts der Massenmedien5, 2014, 128 ff.), erklärt sich, dass die Regelungen für Zulassungen zur Veranstaltung von bundesweitem privaten terrestrischen Hörfunk davon ausgehen, dass eine solche bundesweite Zulassung durch die Zusammenfassung von Übertragungskapazitäten aus (bestehenden) Zulassungen gebildet wird, die bis dahin Grundlage für die Veranstaltung von lokalem oder regionalem privaten terrestrischen Hörfunk waren. Zu diesem Zweck können Inhaber einer bestehenden Zulassung zur Veranstaltung von terrestrischem Hörfunk unter näher bestimmten Voraussetzungen "zum Zweck der Erteilung einer Zulassung an eine Kapitalgesellschaft für die Veranstaltung von bundesweitem terrestrischem Hörfunk ihre Zulassung an diese übertragen" (§28b Abs1 letzter Satz PrR‑G). Eine der Voraussetzungen für die Erteilung einer bundesweiten Zulassung ist, dass sich auf diese Weise ein Versorgungsgebiet ergibt, das mindestens 60 vH der österreichischen Bevölkerung umfasst (§28c Abs2 PrR‑G).

Ist dies der Fall und liegen die weiteren Voraussetzungen vor, dann hat die KommAustria als Regulierungsbehörde der Kapitalgesellschaft, auf die die einzelnen (regionalen bzw lokalen) Zulassungen zu diesem Zweck übertragen wurden, eine Zulassung für bundesweiten terrestrischen Hörfunk nach Maßgabe des §28d PrR‑G zu erteilen. Der bundesweiten Zulassung werden dabei also jene Übertragungskapazitäten zugeordnet, die bisher von den übertragenen Zulassungen umfasst waren.

Wird der Antrag auf Erteilung einer bundesweiten Zulassung mangels Erreichens eines Versorgungsgebietes von mindestens 60 vH der österreichischen Bevölkerung "rechtskräftig zurückgewiesen, bleiben sämtliche Zulassungen, für welche die Übertragung erklärt wurde, in ihrem Bestand unberührt. Dies gilt auch für die Ab- oder Zurückweisung des Antrags aus anderen Gründen" (§28c Abs2 PrR‑G).

Vor diesem Hintergrund sieht §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G, dessen Auslegung im Ausgangsrechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht strittig ist, vor, dass die Regulierungsbehörde "dabei", also bei der Zuordnung der Übertragungskapazitäten und Erteilung der Zulassung an die Kapitalgesellschaft im Sinne des §28b Abs2 PrR‑G, "auch eine Frist festlegen [kann], innerhalb derer der Sendebetrieb mit dem nach §28d genehmigten Programm aufzunehmen ist." §28b Abs4 PrR‑G bestimmt schließlich, dass mit Rechtskraft einer dem Antrag auf Erteilung einer Zulassung für bundesweiten terrestrischen Hörfunk stattgebenden Entscheidung der Regulierungsbehörde "die Übertragungen wirksam [werden] und [...] die bisher bestehenden einzelnen Zulassungen [erlöschen]".

2. Das Bundesverwaltungsgericht vertritt im angefochtenen Erkenntnis (ebenso wie die beteiligte Partei in ihrer Stellungnahme im verfassungsgerichtlichen Verfahren) die Auffassung, dass, setzt die Regulierungsbehörde nach §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G eine Frist für die Aufnahme des Sendebetriebes für das bundesweite terrestrische Hörfunkprogramm, für das eine Zulassung erteilt wird, während dieser Frist bis zur Aufnahme des einschlägigen Sendebetriebes die für die Zwecke der Bildung eines Versorgungsgebietes für eine bundesweite Zulassung auf die (künftige) Zulassungsinhaberin (Kapitalgesellschaft) übertragenen bisherigen lokalen oder regionalen Zulassungen nicht weiter für die Übertragung entsprechender terrestrischer Hörfunkprogramme genutzt werden dürften, weil diese Zulassungen bereits mit der Rechtskraft der bescheidförmigen Zulassung des bundesweiten terrestrischen Hörfunkprogramms erloschen seien.

Demgegenüber sind die Regulierungsbehörde in ihrem im Ausgangsrechtsstreit vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochtenen Bescheid und das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst der Auffassung, dass §28b Abs2 PrR‑G dahingehend zu verstehen ist, dass mit der Festlegung einer Frist für die Aufnahme des Sendebetriebes mit dem nach §28d PrR‑G genehmigten Programm nach §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G auch die Genehmigung verbunden ist, die bisher ausgestrahlten Programme bis zur Aufnahme des bundesweiten Programmes, längstens bis zum Ende der gesetzten Frist, weiterhin zu verbreiten.

3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes garantiert Art10 Abs1 EMRK als Bestandteil des Rechtes auf freie Meinungsäußerung auch die Freiheit zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen mit Hilfe von Rundfunkanlagen (individuelle Rundfunkfreiheit, siehe VfSlg 14.258/1995; vgl auch 17.196/2004, 19.619/2012). Mit dieser Rundfunkfreiheit ist es, wie Art10 Abs1 Satz 3 EMRK zeigt, vereinbar, wenn der Gesetzgeber die Veranstaltung von Rundfunk einem Genehmigungsverfahren unterzieht, was der Gesetzgeber für privaten terrestrischen Hörfunk im PrR‑G in Ausführung des ArtI Abs2 des Bundesverfassungsgesetzes vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks (im Folgenden: BVG Rundfunk), BGBl 396/1974, getan hat (vgl VfSlg 14.453/1996 zum früheren Regionalradiogesetz bzw VfSlg 19.619/2012 zum PrR‑G). Die Anforderungen dieses Genehmigungsverfahrens müssen dabei den Vorgaben des Art10 Abs2 EMRK insoweit entsprechen, als sie in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, also verhältnismäßig sein müssen (vgl die oben zur individuellen Rundfunkfreiheit zitierte Rechtsprechung).

Damit verletzt die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtes das unter Gesetzesvorbehalt stehende verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Rundfunkfreiheit gemäß Art10 Abs1 EMRK nach ständiger Rechtsprechung unter anderem dann, wenn diese Entscheidung dem Gesetz einen verfassungswidrigen, insbesondere Art10 Abs2 EMRK widersprechenden Inhalt unterstellt (vgl zB VfSlg 19.742/2013 mwN).

4. Ein solcher qualifizierter, in die Verfassungssphäre reichender Gesetzesverstoß ist dem Bundesverwaltungsgericht hier unterlaufen:

4.1. Vor dem Hintergrund der Rundfunkfreiheit des Art10 Abs1 EMRK ist kein Grund ersichtlich, der es unter den Anforderungen des Art10 Abs2 EMRK als notwendig und damit verhältnismäßig erscheinen lassen würde, dem (erfolgreichen) Antragsteller auf Erteilung einer bundesweiten terrestrischen Hörfunkzulassung in der Zeit zwischen Eintritt der Rechtskraft des diese Zulassung erteilenden Bescheides der Regulierungsbehörde und Aufnahme der Ausstrahlung des genehmigten bundesweiten terrestrischen Hörfunkprogrammes innerhalb der von der Regulierungsbehörde dafür gesetzten Frist zu untersagen, jene bislang rechtmäßig ausgestrahlten (lokalen bzw regionalen) Hörfunkprogramme, die zur Bildung eines Versorgungsgebietes für eine bundesweite terrestrische Hörfunkzulassung zusammengeführt werden, weiter auszustrahlen. Öffentliche Interessen können der weiterhin erfolgenden Verbreitung der Programme der übertragenen Zulassungen, wie deren bisherige, zumindest zweijährige rechtmäßige Verbreitung, die Voraussetzung für deren Einbeziehung in eine bundesweite terrestrische Zulassung ist (siehe §28b Abs1 PrR‑G), zeigt, ebenso wenig entgegenstehen wie Interessen Dritter, insbesondere sonstiger privater Hörfunkveranstalter. Denn es ist nicht ersichtlich, welche legitimen Interessen anderer privater Hörfunkveranstalter vor dem Hintergrund des Art10 Abs1 EMRK und ArtI Abs2 BVG Rundfunk zugrunde liegenden Konzepts der Meinungsvielfalt beeinträchtigt werden könnten, wenn auf Grund der von der Regulierungsbehörde erteilten Zulassungsbescheide bislang rechtmäßig verbreitete Programme weiterhin ausgestrahlt werden.

Ein solches Verbot der kontinuitätswahrenden Fortführung der bisher verbreiteten Programme während der Übergangsfrist nach §28b Abs2 letzter Satz PrR‑G bis zur Aufnahme des Sendebetriebes des bundesweit einheitlichen Programmes wäre somit im Sinne des Art10 Abs2 EMRK ein Eingriff, der weder durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt noch zum Schutz der Rechte Dritter erforderlich ist. Enthielte das Gesetz ein solches Verbot, so wäre dieses nicht mehr mit Art10 Abs2 EMRK vereinbar. Die angefochtene Entscheidung unterstellt dem Gesetz somit einen verfassungswidrigen Inhalt (vgl VfSlg 18.018/2006, 19.854/2014).

4.2. Die beschwerdeführende Partei ist daher durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem Recht auf Rundfunkfreiheit verletzt, womit dieses Erkenntnis schon aus diesem Grund aufzuheben ist.

IV. Ergebnis

1. Die beschwerdeführende Partei ist somit durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Rundfunkfreiheit gemäß Art10 Abs1 EMRK verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

4. Dem Antrag der beteiligten Partei auf Kostenersatz ist nicht stattzugeben, weil es sich bei dem von ihr eingebrachten Schriftsatz, mit dem sie von der ihr eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Äußerung Gebrauch gemacht hat, nicht um einen abverlangten Schriftsatz handelt (zB VfSlg 10.957/1986, 13.847/1994, 15.300/1998) und die von ihr erstattete Äußerung nichts zur Rechtsfindung beigetragen hat (zB VfSlg 14.214/1995, 15.916/2000, 18.315/2007, 19.016/2010).

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