BFG RV/5100289/2024

BFGRV/5100289/20245.2.2025

Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100289.2024

 

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch HC Steuerberatungs GmbH, Am Rauschberg 14, 4101 Feldkirchen/Donau, über die Beschwerde vom 20. November 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 20. Oktober 2022 betreffend Einkommensteuer 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2019 festgesetzt mit -8.284 Euro.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Aufgrund der Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung für 2019 erfolgte mit vorläufigen Bescheid vom 17.10.2022 eine Schätzung. Mit Bescheid vom 20.10.2022 wurde der Einkommensteuerbescheid für 2019 für endgültig erklärt.

Am 20.11.2022 langte eine Beschwerde ein, welche im Anhang die Einkommensteuererklärung für 2019 und verschiedene Beilagen enthielt.

Dieser Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom 20.09.2023 nach durchgeführten Ermittlungen teilweise stattgegeben.

Nicht anerkannt wurde jedoch der Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung, da dieser Werbungskostenüberschuss so wie die Werbungskostenüberschüsse der Vorjahre zur Liebhaberei erklärt wurden. Die Bemessungsgrundlage der Immobilienertragsteuer (ImmoESt) wurde geändert, bzw. nicht mit dem Betrag anerkannt, wie in der der Beschwerde beigelegten Erklärung eingetragen wurde. Im Zuge der Beschwerdevorentscheidung wurden dann die Sanierungsaufwendungen den Anschaffungskosten zugeschlagen, die bisher geltend gemachte Absetzung für Abnutzung bei den Anschaffungskosten jedoch in Abzug gebracht. Somit ergab sich für die Berechnung der Immobilienertragsteuer eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 98.109,80 Euro und eine Immobilienertragsteuer in Höhe von 29.432,94 Euro.

Dagegen wurde mit Eingabe vom 19.10.2023 ein Vorlageantrag eingebracht, mit der Begründung, dass es für die Jahre, die zur Liebhaberei erklärt wurden, auch keine Absetzung für Abnutzung gibt und daher keine Berücksichtigung der "Liebhaberei-AfA". Die Veranlagungen bis zum Jahr 2007 waren endgültig, die Veranlagungen der Jahre ab 2008 ergingen erst vorläufig, wurden dann aber endgültig mit Liebhaberei-Beurteilung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Beantragt wurde, dass die "Liebhaberei-AfA" in Höhe von 28.575,13 Euro die Anschaffungskosten nicht mindert und die Immobilienertragsteuer um 8.572,54 Euro reduziert wird.

Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde am 25.04.2024 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Eingabe vom 17.12.2024 wurden die Anträge auf Entscheidung durch den Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat mit Kaufvertrag vom 06.12.2005 ein Gebäude an der ***Bf1-Adr2*** in Linz um 167.500 Euro gekauft und ab diesem Zeitpunkt vermietet.

An Anschaffungsnebenkosten fielen 17.704,61 Euro an. Die Herstellungskosten für die Sanierung der neuen Wohneinheiten betrugen 12.777,40 Euro.

Die Absetzung für Abnutzung betrug für den Zeitraum 2005 - 2007 4.516,68 Euro.

Die Absetzung für Abnutzung für den Zeitraum 2008 - 2018 in Höhe von 28.575,13 Euro setzte sich aus der Absetzung für Abnutzung für das Gebäude und der Absetzung für Abnutzung für den Einbau der Sanitärräume zusammen.

Da kein Gesamtüberschuss erzielbar war, wurde die Vermietung durch die Abgabenbehörde zur Liebhaberei erklärt. Die Veranlagungen mit den Werbungskostenüberschüssen bis zum Jahr 2007 waren endgültig, die Veranlagungen der Jahre ab 2008 ergingen erst vorläufig, wurden dann aber mit Liebhaberei-Beurteilung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für endgültig erklärt.

Mit Kaufvertrag vom 22.05.2019 wurde das Gebäude um 263.000 Euro verkauft.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die vom Finanzamt Österreich mit Vorlagebricht vom 25.04.2024 vorgelegten Aktenteile und ist zwischen den Parteien nicht strittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Strittig ist die Höhe der durch den Verkauf der streitgegenständlichen Liegenschaft angefallene Immobilienertragsteuer. Dabei ist insbesondere zu klären, in welcher Höhe die Anschaffungskosten zu adaptieren sind. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der Alleinerzieherabsetzbetrag wurden aufgrund der Beschwerde schon in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigt.

Gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). […]

Gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 sind als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren. Die Anschaffungskosten sind um Absetzungen für Abnutzungen, soweit diese bei der Ermittlung von Einkünften abgezogen worden sind, zu vermindern. […]

Der Beschwerdeführer hat das Gebäude am 06.12.2005 erworben und sodann vermietet. Im Jahr 2008 wurden Sanitärräume eingebaut. Bis zum Jahr 2007 wurden die Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung rechtskräftig veranlagt. Die Veranlagungen der Jahre ab 2008 bis 2018 ergingen erst vorläufig, wurden dann aber mit Liebhaberei-Beurteilung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für endgültig erklärt. Mit Kaufvertrag vom 22.05.2019 wurde das Gebäude verkauft.

Der Beschwerdeführer und das Finanzamt gehen übereinstimmend davon aus, dass die Vermietung des verfahrensgegenständlichen Gebäudes durch den Beschwerdeführer eine Liebhabereitätigkeit darstellt (vgl. Vorlageantrag vom 19.10.2023). Mit anderen Worten finden alle Einnahmen und Ausgaben des Liebhabereiobjektes im steuerrelevanten Bereich keine Berücksichtigung mehr.

Somit stellte die Vermietung des Gebäudes an der ***Bf1-Adr2*** in den Jahren 2008 - 2018 keine Einkunftsquelle im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 dar, weshalb keine Werbungskosten (Instandhaltung, Instandsetzung, AfA, ………) bei der außerbetrieblichen Einkunftsart Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden konnten.

Bei der Berechnung der Immobilienertragsteuer sind gemäß § 30 Abs. 3 zweiter Satz EStG 1988 die Anschaffungskosten um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren (vgl. Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, § 30 Tz 236).

Nachdem die Absetzung für Abnutzung vom Gebäude sowie dem Einbau der Sanitärräume im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Jahre 2008 - 2018 steuerlich nicht geltend gemacht werden konnte, ist diese bei der Berechnung der Immobilienertragsteuer anschaffungskostenerhöhend zu berücksichtigen. Die Absetzung für Abnutzung von insgesamt 28.575,13 Euro ist sohin in die Ergebnisermittlung gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 einzubeziehen. In Summe bedeutet dies, dass durch die Liebhabereifeststellung die ungekürzten Anschaffungskosten sowie die gesamten Herstellungs- und Instandsetzungskosten abzugsfähig sind (vgl. BFG 14.08.2019, RV/7104974/2017).

Für das Bundesfinanzgericht ist in diesem Zusammenhang entscheidungswesentlich, dass die verfahrensgegenständlichen AfA-Beträge nicht bei der Ermittlung von (anderen) Einkünften berücksichtigt wurden. Es liegt im beschwerdeanhängigen Fall keine doppelte steuerliche Berücksichtigung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Werbungskosten in Form von Absetzung für Abnutzung vor.

Die deutsche Rechtslage ist im Übrigen mit der österreichischen Rechtslage ident. § 23 dEStG normiert, dass bei privaten Veräußerungsgeschäften die Anschaffungs- oder Herstellkosten sich um eine Absetzung für Abnutzung mindern, soweit sie bei der Ermittlung von anderen Einkünften abgezogen wurden. Der BFH hat in seinem Urteil vom 14.07.2020, VIII R 37/16 unter anderem erkannt, dass es dem Gesetzgeber mit der Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 4 dEStG darum ging, bei der Ermittlung des Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten um die seit Anschaffung/Herstellung steuerwirksam angefallene Absetzung für Abnutzung zu kürzen, um eine doppelte Berücksichtigung von Anschaffungs- und Herstellungskosten zu vermeiden. § 23 Abs. 3 Satz 4 dEStG soll eine Minderung des Veräußerungsgewinns ausschließen, soweit der Steuerpflichtige Anschaffungs- oder Herstellungskosten bereits als Werbungskosten in Form von Absetzung für Abnutzung steuerlich geltend gemacht hat.

Zusammengefasst berechnet sich die Immobilienertragsteuer wie folgt:

 

BeschwerdevorentscheidungFinanzamt

Erkenntnis BFG

Veräußerungserlös

263.000,00 €

263.000,00 €

abzüglich Kaufpreis

-167.500,00 €

-167.500,00 €

abzüglich Nebenkosten

-17.704,61 €

-17.704,61 €

abzüglich Herstellungskosten

-12.777,40 €

-12.777,40 €

zuzüglich AfA bis 2007

4.516,68 €

4.516,68 €

zuzüglich AfA Liebhabereizeitraum 2008-2018

28.575,13 €

 

Bemessungsgrundlage ImmoESt

98.109,80 €

69.534,67

ImmoESt 30%

29.432,94 €

20.860,40

Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2019 festgesetzt mit -8.284,00 €.

[...]

Der Beschwerde kam aus den angeführten Gründen Berechtigung zu, ihr war daher stattzugeben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ergibt sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz. Diese schlichte Rechtsanwendung berührt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am 5. Februar 2025

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 30 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Verweise:

BFG 14.08.2019, RV/7104974/2017

Stichworte