BFG RV/5100690/2019

BFGRV/5100690/201911.1.2022

Zurückweisung mangels Aktivlegitimation des Einschreiters

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2022:RV.5100690.2019

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2022/15/0038. Zurückweisung mit Beschluss vom 01.06.2022.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***1***, betreffend die Beschwerde des ***2***, ***Adr.*** vom 22. Oktober 2018 gegen die an die ***1*** gerichteten Bescheide des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 25. September 2018 zu Steuernummer ***StNr1*** betreffend Körperschaftsteuer 2014, 2015 und 2016, sowie Umsatzsteuer 2014, 2015 und 2016 beschlossen:

Die Beschwerde vom 22. Oktober 2018 und der Vorlageantrag vom 30.01.2019 werden gemäß § 260 Abs. 1 lit a Bundesabgabenordnung (BAO) - mangels Aktivlegitimation des Einschreiters - als unzulässig zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Bisheriger Verfahrensablauf und Parteienvorbringen

1. Am 29.02.2016 wurden die Erklärungen zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2014 eingebracht.

2. Am 29.02.2016 erfolgte die Anmeldung einer Betriebsprüfung bei der Bf. betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2014-2016.

3. Am 25.04.2017 wurden die Erklärungen zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2015 eingebracht.

4. Am 24.04.2018 wurden die Erklärungen zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2016 eingebracht.

5. Im Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 21.09.2018 wurde seitens der von der Betriebsprüfung verschiedene Feststellungen getroffen, auf Grund derer folgende am 08.03.2019 der ***1*** folgende Bescheide zugestellt wurden:

  1. 1. Bescheid vom 25. September 2018 betreffend Körperschaftsteuer 2014,
  2. 2. Bescheid vom 26. September 2018 betreffend Körperschaftsteuer 2015,
  3. 3. Bescheid vom 28. September 2018 betreffend Körperschaftsteuer 2016,
  4. 4. Bescheid vom 25. September 2018 betreffend Umsatzsteuer 2014,
  5. 5. Bescheid vom 25. September 2018 betreffend Umsatzsteuer 2015 und
  6. 6. Bescheid vom 25. September 2018 betreffend Umsatzsteuer 2016

6. Mit Beschwerde vom 16.10.2018, bei der belangten Behörde am 22.10.2018 eingelangt, hat ***2*** die an die ***1*** gerichteten Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015 und 2016 (jeweils) vom 25.09.2018 und die ebenfalls an die ***1*** gerichteten Körperschaftsteuerbescheide 2014, 2015 und 2016 (jeweils) vom 28.09.2018 angefochten.

Die Beschwerde ist wie folgt formuliert:

[...]

….

[...]

7. Mit Beschwerdevorentscheidungen vom 18.01.2019, zugestellt am 22.01.2019, wurde die Beschwerde gegenüber der ***1*** abgewiesen. Die gesonderte Bescheidbegründung vom 18.01.2019 wurde ***1*** am 23.01.2019 zugestellt.

8. Im Vorlageantrag vom 30.01.2019 hat ***2*** die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Der Vorlageantrag ist wie folgt formuliert:

[...]

….

[...]

9. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am 23.05.2019 zur Entscheidung vorgelegt.

10. Das Rechtsmittel ging bei der Gerichtsabteilung GA des Bundesfinanzgerichtes am 24.05.2019 ein. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 30.07.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung GA gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung GA zum Stichtag 01.10.2020 neu zugeteilt.

11. ***2*** ist Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder, vertrat die ***1*** im abgabenbehördlichen Verfahren und hatte die Zustellvollmacht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Nach § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person zu nennen, an die er ergeht.

Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist jeder zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Im gegenständlichen Verfahren ergingen an die ***1*** die Bescheide betreffend Körperschaftsteuer 2014, 2015 und 2016, sowie Umsatzsteuer 2014, 2015 und 2016. Somit war die ***1*** gem. § 246 Abs. 1 BAO zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde befugt.

Nach § 260 Abs. 1 BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist (lit. a) oder nicht fristgerecht eingebracht wurde (lit. b).

Eine Beschwerde ist etwa bei mangelnder Aktivlegitimation des Einschreiters unzulässig (vgl. VwGH 16.12.2010, 2009/16/0091). Wegen mangelnder Befugnis ist eine Beschwerde beispielsweise dann zurückzuweisen, wenn sie der Vertreter der Partei im eigenen Namen einbringt (vgl. Ritz, BAO7, § 260 Tz 6 mit Judikaturhinweisen; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 260 Rz. 5).

Nach § 83 Abs. 1 BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

§ 83 Abs. 2 BAO lautet: "Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des§ 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen."

Ausnahmen vom Grundsatz, wonach sich der Vertreter durch eine schriftliche Vollmachtauszuweisen hat, ergeben sich aus § 83 Abs. 3 und 4 BAO, für Wirtschaftstreuhänder, Bilanzbuchhalter, aus der Rechtsanwaltsordnung und der Notariatsordnung (vgl. Ritz, BAO6, § 83, Tz 7).

§ 77 Abs. 11 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz idF BGBl. I Nr. 137/2017 lautet:

"Beruft sich ein Berufsberechtigter im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung, so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis."

Die in FinanzOnline von einem Parteienvertreter gesetzten Berechtigung - wie sie der Einschreiter im Vorlageantrag anführt - ist einer derartigen Erklärung nach § 77 Abs. 11 WTBG 2017 gleichzusetzen (vgl. VwGH 28.10.2014, 2012/13/0102 ). Allerdings hat im Beschwerdeverfahren der Einschreiter das gegenständliche Rechtsmittel nicht über FinanzOnline, sondern in Papierform vorgelegt. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hätte die Bevollmächtigung im laufenden Verfahren geltend gemacht werden müssen (vgl. Ritz, BAO6, § 9 ZustG, Tz 19 und die dort angeführte VwGH-Judikatur). Dies deshalb, da sich eine Bevollmächtigung nur auf das jeweilige Verfahren bezieht, in dem sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen oder sich auf eine erteilte Zustellvollmacht wirksam berufen hat, nicht jedoch auch auf andere bei der Behörde bereits anhängige oder anfallende Verfahren (VwGH 30.03.2016, Ra 2016/09/0023; VwGH 28.06.2012, 2010/16/0275 ). Die Erteilung einer "Generalvollmacht" für alle (anhängigen oder künftig anfallenden) Verfahren ist mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig (VwGH 08.07.2004, 2004/07/0080; VwGH 16.12.2003, 2001/15/0026).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat sich die Prüfung, ob eine Beschwerde oder ein Vorlageantrag von einem hiezu Berechtigten erhoben wurde, am äußeren Tatbestand zu orientieren. Maßgeblich ist, wer nach dem objektiven Erklärungswert der Eingabe unter Berücksichtigung aller Umstände als derjenige anzusehen ist, der mit dieser Eingabe die Tätigkeit der Behörde (des Verwaltungsgerichts) für sich in Anspruch nimmt (vgl VwGH 28.05.2019, Ra 2018/15/0036; VwGH 08.11.1982, 82/10/0087; VwGH 21.03.1983, 81/10/0077).

Laut ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung muss derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines Anderen oder als Organ einer juristischen Personrechts geschäftlich handeln will, dies auf unzweifelhafte Weise zum Ausdruck bringen (OGH 28.08.2013, 5Ob14/13i).

Für den Beschwerdefall ist festzuhalten, dass von Herrn ***2*** eine Berufung auf eine erteilte Vollmacht, erkenntlich durch einen Vermerk wie "Vollmacht erteilt" oder "Vollmacht ausgewiesen", der ausreichend wäre, um den urkundlichen Nachweis der Bevollmächtigung zu ersetzen (VwGH 23.06.2003, 2003/17/0096), in der gesamten Bescheidbeschwerde sowie auch im Vorlageantrag fehlt. Ebenso finden sich die Worte "Namens und Auftrags meiner Mandantschaft", die ebenfalls als wirksame Berufung auf die Bevollmächtigung genügen würden (VwGH 28.06.2001, 2001/16/0060), im gegenständlichen Beschwerdeschreiben und im Vorlageantrag nicht.

Desgleichen ist eine Wendung wie "vertreten durch ...", die laut höchstgerichtlicher Judikatur ohnedies nicht zwingend auf eine erteilte Bevollmächtigung schließen lassen würde (OGH 24.03.1992, 5 Ob 25/92; 16.04.1993, 5 Ob 1020/93; 13.03.1996, 5 Ob 1022/96), in den Eingaben nicht enthalten.

Dagegen werden in der Beschwerde Diktionen verwendet, welche nicht erkennen lassen, dass Herr ***2*** als steuerlicher Vertreter im "Auftrag und in Vollmacht" der ***1*** gehandelt hat. Aufgrund des gänzlichen Fehlens einer Vollmachtsbezugnahme zeigen die Formulierungen vielmehr, dass die Beschwerde im eigenen Namen von Herrn ***2*** eingebracht wurde, wie die Verwendung der Ich-Form insbesondere im Beschwerdeantrag belegt.

Aus dem Betreff eines Schreibens lässt sich nicht darauf schließen, dass für die darin genannte Person eingeschritten wird. Wird im Betreff des Schriftsatzes der Name und die Steuernummer jener Person angegeben, an die der angefochtene Bescheid ergangen ist, stellt dies keinen Hinweis auf eine Bevollmächtigung dar, sondern dient dies lediglich zur Bezeichnung des Bescheides, gegen den sich die Beschwerde richtet.

Zusammenfassend ist für den gegenständlichen Beschwerdefall festzustellen: Soll eine Bescheidbeschwerde nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter erhoben werden, so muss dies entsprechend erklärt werden. Eine Person, die ein Rechtsmittel einreicht, ohne anzugeben, dass sie im Namen einer anderen Person handelt, ist selbst Einschreiter. Die gegenständliche Beschwerde ist objektiv betrachtet im eigenen Namen von Herrn ***2*** und nicht namens einer von ihm vertretenen Partei eingebracht worden. Da der Einschreiter zur Erhebung der Beschwerde aber nicht legitimiert war, war die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen (vgl VwGH 14.03.1990, 86/13/0175 ; VwGH 27.08.1990, 90/15/0078 ).

Abschließend ist festzuhalten, dass auch kein Mängelbehebungsverfahren gem. § 85 Abs.2 BAO zu initiieren war, da sich der Anwendungsbereich des § 85 Abs. 2 BAO nur auf "zulässige" Anbringen beschränkt. Unzulässige, sprich nicht von legitimierten Personen oder nicht fristgerecht eingebrachte Anbringen, sind ohne einen vorhergehenden Auftrag zur Mängelbehebung zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO6, § 85 Tz 15 und die dort zitierte Rechtsprechung). Zudem war es gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO zweckmäßig, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen, da sich der maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage ergibt.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da hinsichtlich der zu lösenden Rechtsfragen eine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt, von der nicht abgewichen wurde, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am 11. Jänner 2022

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 77 Abs. 11 WTBG, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, BGBl. I Nr. 58/1999
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 28.10.2014, 2012/13/0102
VwGH 30.03.2016, Ra 2016/09/0023
VwGH 28.06.2012, 2010/16/0275
VwGH 16.12.2003, 2001/15/0026
VwGH 27.08.1990, 90/15/0078
VwGH 16.12.2010, 2009/16/0091
VwGH 28.05.2019, Ra 2018/15/0036
VwGH 08.11.1982, 82/10/0087
VwGH 21.03.1983, 81/10/0077
OGH 28.08.2013, 5Ob14/13i
VwGH 23.06.2003, 2003/17/0096
VwGH 28.06.2001, 2001/16/0060
VwGH 08.07.2004, 2004/07/0080
VwGH 14.03.1990, 86/13/0175

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