Artikel 1
— Zum I. Abschnitt.
Zu § 1.
Beim Ausbruche einer im Gesetze (§ 16) nicht namentlich angeführten Tierseuche haben die politischen Bezirksbehörden über den Charakter und die Art der Ausbreitung der Seuche der politischen Landesbehörde allsogleich die Anzeige zu erstatten. Letztere hat erforderlichenfalls eines ihrer Veterinärorgane in den Seuchenort zu entsenden und das Ergebnis der Erhebungen mit aller Beschleunigung dem Ackerbauministerium zur Kenntnis zu bringen.
Besteht mit Rücksicht auf den Charakter und die Art der Ausbreitung der Seuche eine besondere Gefahr, so haben die Unterbehörden (politische Bezirks- oder Landesbehörde) rücksichtlich der ersten vorläufigen Vorkehrungen die im Gesetze und in der Durchführungsverordnung enthaltenen Bestimmungen in analoge Anwendung zu bringen.
Zu § 2.
Die politischen Landesbehörden haben die Anordnungen der Ministerien und ihre eigenen Anordnungen in den amtlichen Landeszeitungen zu veröffentlichen und den politischen Behörden erster Instanz mitzuteilen.
Die politischen Behörden erster Instanz haben dafür zu sorgen, daß diese und ihre eigenen Anordnungen in den Gemeinden verlautbart werden.
Die Kundmachung in den Gemeinden hat durch öffentlichen Anschlag oder sonst in ortsüblicher Weise zu geschehen.
Soferne die Anordnungen das allgemeine Interesse berühren, sind sie auch den Tagesblättern und Fachzeitschriften, sowie den landwirtschaftlichen Hauptkorporationen mitzuteilen.
Zu § 3.
A. Tierärztliche Hochschulen.
Grundsätzlich ist zur Durchführung der im Sinne des Gesetzes zu treffenden veterinärpolizeilichen Maßnahmen in den zu einer tierärztlichen Hochschule gehörenden Räumlichkeiten der Rektor als Vorsitzender des Professorenkollegiums der Hochschule berufen; in diesen Beziehungen tragen das Professorenkollegium, beziehungsweise die Vorstände der in Frage kommenden Institute der Hochschule die volle uneingeschränkte Verantwortung.
Das der Staatsverwaltung zustehende, durch die Landesbehörde und das Ackerbauministerium auszuübende Recht der veterinärpolizeilichen Oberaufsicht wird hiedurch nicht berührt; die genannten Behörden sind daher auch berufen, in besonderen und wichtigen Fällen nach den Bestimmungen des Gesetzes unmittelbar einzugreifen.
- 1. Kliniken der tierärztlichen Hochschulen.
- a) Werden Tiere zur Behandlung in eine derartige Klinik gebracht und daselbst mit einer im Sinne des Gesetzes anzeigepflichtigen Tierseuche behaftet oder derselben verdächtig befunden, so hat der die betreffende Klinik leitende Professor unter Anführung der ihm bekannt gewordenen anamnestischen Daten und unter näherer Darstellung des klinischen Befundes sofort die vorgeschriebene Anzeige im Wege des Rektorates an die Bezirksbehörde des Provenienzortes zu erstatten und von dem Inhalt der anamnestischen Daten die etwa in Betracht kommenden anderen Bezirksbehörden zu verständigen; die Obsorge zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Seuche obliegt den beteiligten Institutsvorständen, welche insbesondere auch dafür Sorge zu tragen haben, daß die Tiere nur nach vollkommener Heilung und wenn jede Gefahr einer Seuchenverschleppung ausgeschlossen ist, aus der Klinik entlassen werden.
- b) In Fällen, in denen nach den Bestimmungen des Gesetzes die zur Behandlung eingebrachten Tiere zu töten sind, kann an der Hochschule von der Tötung abgesehen werden, wenn die Tiere zu Unterrichts- oder Forschungszwecken dienen sollen; zutreffendenfalls gilt, soweit es sich um Entschädigungsansprüche von Parteien nach dem VI. Abschnitte des Gesetzes handelt, die Annahme, daß die Tiere über behördliche Anordnung getötet worden sind.
- c) Die mit einem Entschädigungsanspruche der Parteien an den Staat verbundene Tötung von zur Behandlung eingebrachten Tieren, welche nach den Bestimmungen des Gesetzes über behördliche Anordnung getötet werden können, darf von der Hochschule nicht verfügt werden; wird daselbst die Tötung für notwendig oder angezeigt erachtet, so ist hierüber der politischen Landesstelle zu berichten.
- d) Die Schätzung der zur Behandlung eingebrachten Tiere in Beziehung auf die den Parteien nach dem VI. Abschnitte des Gesetzes zustehenden Entschädigungs-, Vergütungs- oder Unterstützungsanspruche hat nach den Bestimmungen des bezogenen Abschnittes zu erfolgen.
- 2. Wissenschaftliche Laboratorien der tierärztlichen Hochschulen.
- a) Die tierärztlichen Hochschulen sind berechtigt, in den hiezu entsprechend eingerichteten Räumen wissenschaftliche Versuche aller Art zur Erforschung der im Sinne des Gesetzes anzeigepflichtigen Seuchen anzustellen.
- Die Einleitung dieser Versuche ist unter Anführung der Seuchen, auf welche sich diese beziehen, dem Ackerbauministerium bekanntzugeben.
- b) Zum obigen Behufe ist die tierärztliche Hochschule insbesondere auch berechtigt, ihr gehörige Tiere zu infizieren, ohne gehalten zu sein, im einzelnen Falle den Ausbruch der Seuche der Behörde bekanntzugeben; des ferneren ist sie berechtigt, kranke und verdächtige Tiere und Teile solcher Tiere sowie tierpathogene Bakterienkulturen zu beziehen.
- Der hinsichtlich des erwähnten Bezuges zu beobachtende
- Vorgang wird durch die jeweils bestehenden administrativen Vorschriften geregelt.
- c) Tiere, die in den zur wissenschaftlichen Erforschung von Seuchen bestimmten Räumlichkeiten eingestellt waren, dürfen ohne besondere Bewilligung der Landesbehörde aus der Anstalt nicht entfernt werden.
- B. Staatliche wissenschaftliche Laboratorien,
- die nicht zu einer tierärztlichen Hochschule gehören.
- Die Bestimmungen ad Abschnitt A, Punkt 2, gelten mit folgenden Einschränkungen auch für die wissenschaftlichen Laboratorien der Universitäten:
- a) Es ist behördlich festzustellen, daß die etwa zu benutzenden Stallungen in veterinärpolizeilicher Beziehung vollkommen geeignet und daß alle zur veterinärpolizeilich gefahrlosen Beseitigung der Kadaver der Versuchstiere, sowie zur Unschädlichmachung der tierischen Produkte und Abfallstoffe erforderlichen Einrichtungen bestehen.
- b) Die veterinärpolizeiliche Überwachung der zum Laboratorium gehörenden Räumlichkeiten, der daselbst untergebrachten Tiere und die Anordnung eventuell notwendiger besonderer veterinärpolizeilicher Maßnahmen obliegt in erster Linie der politischen Landesbehörde.
Zu § 3a.
Inwieweit die Bestimmungen des Bundesgesetzes auf die veterinärmedizinischen Bundesanstalten (Tierseuchenversuchs- und -untersuchungsanstalten, Anstalten zur Gewinnung von Impfstoffen für Tiere u. dgl.) Anwendung finden und in deren Betrieben zu beachten sind, wird in der Verordnung über die Einrichtung und den Betrieb dieser Anstalten festgelegt.
Fassung zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 200/1949
Schlagworte
Tierseuchenversuchsanstalt, Tierseuchenuntersuchungsanstalt, Emtschädigungsanspruch, Vergütungsanspruch
Zuletzt aktualisiert am
28.06.2019
Gesetzesnummer
10010171
Dokumentnummer
NOR12129099
alte Dokumentnummer
N8190931841L
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