zum gestaffelten Inkrafttreten vgl. § 3
Anlage 4
LEHRPLANZUSATZ FÖRDERBEREICH SEHEN/BLINDHEIT
ERSTER TEIL
ALLGEMEINES BILDUNGSZIEL
1. Funktion und Gliederung des Lehrplanzusatzes
Der Lehrplanzusatz Förderbereich Sehen/Blindheit stellt die spezifische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit einer Behinderung aufgrund einer Sinnesbeeinträchtigung im Bereich Sehen (gemäß Gutachten/Diagnose einer fachlich geeigneten Stelle) im Rahmen ihrer Schulpflicht sicher. Zu den Menschen mit Behinderung zählen gemäß Artikel 1 der UN-Behindertenrechtskonvention Menschen, die langfristige körperliche, psychische, intellektuelle Beeinträchtigungen oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen und wirksamen Teilhabe, gleichberechtigt mit anderen, an der Gesellschaft hindern können (bio-psycho-soziales Behinderungsmodell). Aufgrund bestehender Barrieren in der räumlichen und sozialen Umwelt wird Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigungen die gleichberechtigte Teilhabe am schulischen, sozialen und gesellschaftlichen Leben erschwert. Der Lehrplanzusatz Förderbereich Sehen/Blindheit beschreibt einerseits ergänzende Bildungsziele und ‑inhalte für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigungen und stellt dadurch die spezifische Förderung der Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Sehen, Hören, Tasten, Lebenspraktische Fähigkeiten sowie Orientierung und Mobilität sicher. Zum anderen formuliert er Maßnahmen und Lernbedingungen, die – in Abstimmung mit den individuellen Bedarfen der Schülerinnen und Schüler – zu einer barrierefreien Gestaltung von Lern- und Entwicklungsprozessen beitragen können, um größtmögliche Aktivität und Teilhabe im Bildungssystem sicherzustellen. Der Förderbereich Sehen/Blindheit versteht sich als Rahmen- und Ergänzungslehrplan, der je nach Bedarf der Schülerin/des Schülers zur Gänze oder in Teilen zum Lehrplan der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe, der Polytechnischen Schule oder des Berufsvorbereitungsjahres in additiver oder integrativer Form Anwendung findet. Der Lehrplanzusatz dient als Grundlage für
- – die Konkretisierung des Bildungsauftrags der Schule,
- – die Ausführung des gesetzlichen Auftrags für alle Schülerinnen und Schüler,
- – die Etablierung inklusiver Unterrichtssettings,
- – die Planung und Steuerung des Unterrichts in inhaltlicher und in methodischer Hinsicht,
- – das standortbezogene Bildungsangebot,
- – die Berücksichtigung der persönlichen Interessen und Lebensrealitäten sowie der individuellen Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler
- und gliedert sich in folgende acht Teile: allgemeines Bildungsziel, Kompetenzorientierung, allgemeine didaktische Grundsätze, übergreifende Themen, organisatorischer Rahmen, Stundentafeln, Fachlehrplan der verbindlichen Übung im Förderbereich Sehen/Blindheit und ergänzende Ausführungen zu den Unterrichtsgegenständen der Vorschulstufe, Primarstufe und Sekundarstufe I.
Der gesamte Lehrplanzusatz schließt jene Überlegungen und Ausführungen der gemäß BGBl. II Nr. 1/2023 verordneten Lehrpläne für die Primarstufe und Sekundarstufe I zur Kompetenzorientierung, zu den allgemeinen didaktischen Grundsätzen, zum organisatorischen Rahmen, zu den übergreifenden Themen sowie zur Stundentafel mit ein und konkretisiert bzw. ergänzt diese für die Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit. Der Förderbereich Sehen/Blindheit wird modular an einen der Lehrpläne der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe, der Polytechnischen Schule sowie des Berufsvorbereitungsjahres angeschlossen (Baukastenprinzip). Die konkreten Maßnahmen und Inhalte werden entsprechend den Lern- und Entwicklungsbedürfnissen der einzelnen Schülerinnen und Schüler ausgewählt.
Der Lehrplan für die verbindliche Übung des Förderbereichs Sehen/Blindheit ist gleich aufgebaut wie die Fachlehrpläne der gemäß BGBl. II Nr. 1/2023 verordneten Lehrpläne für die Primarstufe und Sekundarstufe I. Er beinhaltet Bildungs- und Lehraufgaben, didaktische Grundsätze sowie Kompetenzbeschreibungen. Es wird von spezifischen Kompetenzbeschreibungen pro Schulstufe zugunsten einer Orientierung am individuellen Lern- und Entwicklungsstand abgesehen. Die Kompetenzziele und konkreten Unterrichtsinhalte variieren in Abhängigkeit von den individuellen Voraussetzungen und Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler. Bildungs- und Förderinhalte der verbindlichen Übung sind flexibel im gesamten Unterrichtsgeschehen einzubringen und verpflichtend im Individuellen Bildungs- und Entwicklungsplan (IBEP) spezifisch für die einzelne Schülerin/den einzelnen Schüler zu planen, zu dokumentieren, zu evaluieren und gegebenenfalls zu adaptieren.
Im achten Teil wird auf die Fachlehrpläne der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe, der Polytechnischen Schule und des Berufsvorbereitungsjahres verwiesen und es werden didaktisch-methodische sowie pädagogische Hinweise für diese Unterrichtsgegenstände ergänzt, die für Schülerinnen und Schüler mit einer Sinnesbeeinträchtigung im Bereich Sehen zu berücksichtigen sind.
Zur Beschreibung eines Gesundheitsproblems werden in diesem Lehrplanzusatz Ausdrücke und Begriffe verwendet, die der medizinischen Diagnostik entstammen. Sie sollen einen Anhaltspunkt zur Einordnung von Gutachten und Diagnosen von fachlich geeigneten Stellen geben. Gutachten bzw. Diagnosen werden als Teilbereich einer umfassenden pädagogischen Diagnostik gesehen und im Zusammenspiel mit personen- und umweltbezogenen Faktoren betrachtet.
2. Zielgruppe
Der Förderbereich Sehen/Blindheit ist auf Schülerinnen und Schüler anzuwenden, deren Aktivitäts- und Teilhabemöglichkeiten im Unterricht und an sozialen Prozessen innerhalb der Schule aufgrund der Wechselwirkung zwischen einer angeborenen oder im Laufe des Lebens gesundheitlich entstandenen, nicht nur vorübergehenden Sehbeeinträchtigung, Blindheit oder Cerebraler Visueller Informationsverarbeitungsstörung (CVI) und personen- und umweltbezogenen Faktoren behindert werden.
Schülerinnen und Schüler mit einer Sehbeeinträchtigung, CVI oder Blindheit nehmen Informationen aus der Umwelt überwiegend oder vollständig über die anderen Sinne und Wahrnehmungskanäle auf. Die pädagogische Förderung zielt darauf ab, sie zu befähigen, alternative Wahrnehmungsstrategien zu entwickeln und anzuwenden. Dazu sind spezielle, den individuellen Bedarfen der Schülerinnen und Schüler entsprechende zusätzliche Lernangebote, Unterstützungsmaßnahmen und Hilfsmittel sowie eine weit reichende individuelle Förderung unter Berücksichtigung der Auswirkung der Sehbeeinträchtigung bzw. Blindheit auf den persönlichen Lebens- und Bildungsweg notwendig.
3. Leitvorstellungen
Damit Schülerinnen und Schüler Kompetenzen entwickeln können, die sie dazu befähigen, gegenwärtige und zukünftige soziale, gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Herausforderungen zu bewältigen, muss Schule ein Ort sein, an dem ko-konstruktives, individualisiertes, handlungsorientiertes und reflektiertes Lernen stattfinden kann. Ausgehend vom 4K-Modell (Kommunikation, Kollaboration, Kooperation und kritisches Denken) sollen entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten gefördert, der Erwerb von Kompetenzen für nachhaltige Entwicklung angestrebt, die Auseinandersetzung mit ethischen, moralischen und religiösen Werten angeregt und soziales und gesellschaftliches Handeln ermöglicht werden. Leitvorstellungen dieserart sind in den Lehrplänen der Volksschule, Mittelschule, AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe sowie der Polytechnischen Schule definiert und näher ausgeführt. Sie sind für alle Lehr- und Lernprozesse relevant und müssen an die jeweiligen Lern- und Entwicklungsbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler angepasst werden, damit der Kompetenzerwerb für alle sichergestellt wird. Dies gilt selbstverständlich auch für Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen. Eine Behinderung wird demnach verstanden als das Ergebnis der Wechselwirkung zwischen einer langfristigen körperlichen, psychischen, intellektuellen Beeinträchtigung oder Sinnesbeeinträchtigung und verschiedenster Barrieren, die den Menschen daran hindern, voll und wirksam sowie gleichberechtigt mit anderen an der Gesellschaft teilhaben zu können (bio-psycho-soziales Behinderungsmodell).
Damit Menschen mit Beeinträchtigung gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben können, sind vorhandene Barrieren abzubauen oder spezifische Unterstützungsmaßnahmen bereitzustellen. Diese sind auf den individuellen Unterstützungsbedarf abzustimmen. Voraussetzung ist es daher, dass Schülerinnen und Schüler lernen, ihren Unterstützungsbedarf klar, verständlich und bei Bedarf detailliert zu kommunizieren. Lehrerinnen und Lehrer motivieren Schülerinnen und Schüler dazu, ihre individuellen Unterstützungsbedarfe zu formulieren und fördern sie darin, Anleitungskompetenz zu erwerben und diese verantwortungsbewusst einzusetzen.
Eine möglichst interdisziplinäre Diagnostik der individuellen Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen, die personenbezogene Faktoren und Umweltfaktoren berücksichtigt, schärft das Bewusstsein sowohl für vorhandene Barrieren als auch für Ressourcen. Dafür eignen sich insbesondere Beobachtungs- und Planungsverfahren, denen das bio-psycho-soziale Modell von Behinderung und damit das Verständnis der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF, WHO 2001) zugrunde liegen. Dabei wird nicht nur die medizinische Diagnose betrachtet, sondern wie sich die Beeinträchtigung in Wechselwirkung mit spezifischen umwelt- und personenbezogenen Faktoren auf die Teilhabe- und Aktivitätsmöglichkeiten der Schülerin bzw. des Schülers auswirkt.
Partielles oder fehlendes Sehvermögen ziehen eine andere Art der Umweltwahrnehmung nach sich. Daher ist die Organisation entsprechender Rahmenbedingungen als Voraussetzung für einen adäquaten Erwerb der Bildungsinhalte zu gewährleisten. Die Nutzung von blindenspezifischen Informations- und Kommunikationstechnologien ist eine Grundvoraussetzung für den aktiven und ungehinderten Zugang der Schülerinnen und Schüler zu Informationen und Wissenserwerb. Dadurch wird ihre gesellschaftliche und berufliche Teilhabe ermöglicht.
Der Lehrplan wird von folgenden Leitprinzipien getragen:
- – Schulung der Sinne insbesondere durch Tasterziehung und Hörerziehung
- – Entwicklung und Förderung des Körperschemas, der Körperkoordination und der taktil-kinästhetischen Fähigkeiten
- – Anwendung der Prinzipien von Low Vision bei hochgradig sehbehinderten Schülerinnen und Schülern
- – Förderung von lebenspraktischen Fähigkeiten
- – Einbindung der Prinzipien von Orientierung und Mobilität
- – Anwendung blindenspezifischer Schriftsysteme
- – Anwendung sehbehinderten- bzw. blindenspezifischer Hilfsmittel in Abstimmung mit der Schülerin bzw. dem Schüler und deren bzw. dessen individuellen Bedarfe
- – Förderung der Kommunikation und Interaktion
- – Vermittlung von kompensatorischen (Arbeits-)Techniken
- – Zusammenarbeit und Austausch mit fachspezifisch ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen
- – Abbau von schulischen und systemischen Barrieren entsprechend den individuellen Voraussetzungen
Neben der Schaffung blinden- und sehbehindertengerechter Rahmenbedingungen im Unterricht, die einen adäquaten Erwerb der Bildungsinhalte gewährleisten, und der Einbeziehung des Umfelds in die Unterrichtsgestaltung soll eine geeignete Vorbereitung auf künftige Lebenssituationen erfolgen. Dieses Bildungsziel wird insbesondere durch die Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten sowie anderen relevanten schulischen und außerschulischen Einrichtungen angestrebt.
ZWEITER TEIL
KOMPETENZORIENTIERUNG
Im Zentrum der pädagogischen Überlegungen dieses Lehrplanzusatzes steht die Kompetenzorientierung, welche im § 8 lit. r des Schulorganisationsgesetzes verankert und in den Lehrplänen 2023 sowie in den Lehrplänen des Förderschwerpunkts Lernen konkretisiert wird. Für die Zielgruppe des Förderbereichs Sehen/Blindheit soll die Bedeutung der Entwicklungsadäquatheit von Bildungsprozessen für den individuellen Kompetenzerwerb betont werden. Vor allem beim kumulativen Lernen erfolgt der Wissenszuwachs systematisch aufeinander aufbauend. Bei Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit ist daher neben dem individuellen Lernstand insbesondere der kompetente Umgang mit assistiven Technologien zu berücksichtigen.
Kompetenzorientierter Unterricht und kompetenzorientierte Förderung werden unter anderem durch eine förderliche Klassenführung, die von Achtsamkeit und Präsenz geprägt ist, ermöglicht. Im Förderbereich Sehen/Blindheit zeichnet sich entsprechendes pädagogisches Handeln durch folgende Aspekte aus:
- – Unterrichtsgestaltung/Zeitmanagement: Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit sind einer deutlich höheren Belastung ausgesetzt. Einerseits müssen Strategien zur Kompensation zusätzlich erarbeitet werden, andererseits erfordert es häufig mehr Anstrengung um verbindliche Lerninhalte zu erfassen, zu verarbeiten und zu verstehen. Insbesondere bei Tätigkeiten im Nahbereich (zB beim Lesen und Schreiben) kann die erhöhte Anstrengung zu Konzentrationsschwierigkeiten und visueller Ermüdung führen. Weiters besteht beim Lesen die Herausforderung darin, dass Wörter nicht simultan, sondern Zeichen für Zeichen erfasst werden. Im Unterricht sind daher adäquate Zeitvorgaben, individuelle Pausen und abwechslungsreiche didaktische Methoden zu berücksichtigen.
- – Barrierefreiheit: Damit sich Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit möglichst eigenständig in der Schule orientieren und bewegen können, ist darauf zu achten, etwaige Barrieren (zB abgestellte Schultaschen in den Gängen zwischen den Schulbänken) zu beseitigen und Orientierungshilfen (zB kontrastreiche Markierungen) anzubringen. Nicht nur Lehrpersonen, sondern auch Mitschülerinnen und Mitschüler sind dafür zu sensibilisieren. Neben den räumlichen Bedingungen sind insbesondere Bildungsmittel barrierefrei zu gestalten.
- – Ressourcenorientierung: Ausgangspunkt aller (sonder-)pädagogischen Überlegungen sollte nicht das „Nicht-(Gut)-Sehen-Können“ an sich sein, sondern die Frage danach, wie Unterrichts- und Förderprozesse gestaltet werden können, damit alle Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt daran teilhaben und davon profitieren können. Es soll nicht vordergründig sein, Defizite einfach auszugleichen, sondern Situationen zu schaffen, in denen alle Schülerinnen und Schüler ihre individuellen Interessen, Stärken und Fähigkeiten erfahren und einsetzen können.
DRITTER TEIL
ALLGEMEINE DIDAKTISCHE GRUNDSÄTZE
Ein gelungener, kompetenzorientierter Unterricht berücksichtigt die acht Grundsätze der gemäß BGBl. II Nr. 1/2023 verordneten Lehrpläne (Volksschule, Mittelschule, AHS-Unterstufe) sowie des Lehrplans Förderschwerpunkt Lernen. Im Förderbereich Sehen/Blindheit sind folgende Aspekte mit besonderer Rücksichtnahme zu beachten:
Grundsatz 1: Lehrerinnen und Lehrer nehmen Schülerinnen und Schüler individuell wahr und ermöglichen individuelle Lernprozesse.
Blindheit bzw. hochgradige Sehbeeinträchtigungen können auf die Gesamtentwicklung eines Menschen sehr unterschiedliche Auswirkungen haben. Die individuelle Ausprägung der Sehbeeinträchtigung, aber auch umwelt- und personenbezogene Faktoren der Schülerinnen und Schüler sind zu analysieren, um Barrieren und Ressourcen erkennen und entsprechend damit umgehen zu können. Lehrerinnen und Lehrer setzen spezifische Fördermaßnahmen, die auf die individuellen Lern- und Entwicklungsbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler abgestimmt sind. Im Individuellen Bildungs- und Entwicklungsplan (IBEP) werden konkrete Maßnahmen geplant und evaluiert. Lehrerinnen und Lehrer wissen zudem um die Auswirkungen von Sehbeeinträchtigungen/Blindheit auf Lern- und Bildungsprozesse Bescheid und sorgen durch entsprechende methodisch-didaktische sowie organisatorische Maßnahmen für einen gleichberechtigten Zugang zu allen Lern- und Bildungsinhalten. Konkrete Maßnahmen zur Gewährleistung von Barrierefreiheit im Lernprozess sind dabei stets auf die individuellen Bedarfe der Schülerinnen und Schüler abzustimmen. Beispielhaft sind der Einsatz assistiver Technologien (zB Bildschirmlesegeräte, Vergrößerungssoftware, Braille-Zeile) sowie die adäquate Aufbereitung von Unterrichtsmaterialien (zB vergrößerte Darstellung, verstärkter Einsatz taktiler und auditiver Materialien) zu nennen.
Grundsatz 2: Lehrerinnen und Lehrer bieten einen digital unterstützten Unterricht und nutzen innovative Lern- und Lehrformate.
Digitale Medien bieten vielseitige didaktische und methodische Möglichkeiten, Barrieren in gesellschaftlichen wie auch in Unterrichtsprozessen zu überwinden und damit die Teilhabemöglichkeiten und Bildungschancen für Schülerinnen und Schüler zu erhöhen. Für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit bzw. Beeinträchtigung der visuellen Wahrnehmung können digitale Medien oder assistive Technologien beispielsweise als barrierefreies Kommunikationsmittel oder zur sprachlichen Unterstützung von Unterrichtsinhalten und -abläufen eingesetzt werden. Dazu benötigen Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit Spezialausstattungen (Hardware und Software).
Grundsatz 3: Alle an der Unterrichtsorganisation beteiligten Personen kooperieren und ermöglichen einen inklusiven Unterricht an der Schule.
Um individuelle und diskriminierungsfreie Lern-, Entfaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit bestmöglich unterstützen zu können, sollten Lehrerinnen und Lehrer entsprechende assistive Technologien handhaben und vielfältig anwenden können. Sie achten auf einen konsequenten Einsatz adäquater Hilfsmittel, die auf die individuellen Bedarfe der Schülerinnen und Schüler abgestimmt sind, und sind auf Herausforderungen im schulischen Alltag und im Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit sensibilisiert. Grundlegende Kenntnisse der verwendeten Unterstützungs- und Schriftsysteme (zB Brailleschrift) der Lehrpersonen und gegebenenfalls der Mitschülerinnen und Mitschüler vermitteln Wertschätzung und erleichtern Kommunikationsprozesse. Lehrpersonen, die mit sehbeeinträchtigen bzw. blinden Schülerinnen und Schülern arbeiten, sollten über eine spezielle Fachausbildung in den Bereichen Blinden- und Sehbehindertenpädagogik, Orientierung und Mobilität oder Lebenspraktische Fähigkeiten verfügen.
Grundsatz 4: Lehrerinnen und Lehrer planen den Unterricht sorgfältig und sorgen für eine kompetenzfördernde Lernumgebung.
Lehrerinnen und Lehrer berücksichtigen die Herausforderungen und Auswirkungen von Sehbeeinträchtigung/Blindheit auf Lern- und Bildungsprozesse und setzen spezifische ausgleichende Maßnahmen, die für betroffene Schülerinnen und Schüler eine gleichberechtigte Teilhabe am Unterricht sowie barrierefreie Zugänge zu Bildungsinhalten ermöglichen und damit den individuellen Kompetenzerwerb sicherstellen. Die entsprechenden Regelungen dazu finden sich im fünften Teil im Kapitel 12 „Ausgleichende Maßnahmen“.
Nichtvisuelle Wahrnehmungen bilden die Grundlage für die Entwicklung kompensatorischer Fertigkeiten, die Synthese aller Wahrnehmungen ermöglicht den sachrichtigen Aufbau von Vorstellungen. Bei der Planung und methodischen Aufbereitung des Unterrichts ist die gezielte Schulung aller vorhandenen Sinneskanäle zu berücksichtigen, um die aktive Teilnahme der Schülerinnen und Schüler zu unterstützen.
Grundsatz 5: Lehrerinnen und Lehrer begleiten die Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler.
Lehrerinnen und Lehrer ermutigen und motivieren die Schülerinnen und Schüler zu eigenständigen Handlungen, indem sie dafür bewusst Raum schaffen. Dadurch wird der individuelle, selbstgesteuerte Bildungserwerb angeregt. Um den Bildungserfolg sicherzustellen, rückversichern sich die Lehrpersonen konsequent mit offenen Fragen, ob die Schülerin/der Schüler Inhalte, Instruktionen, Aufgabenstellungen und Beurteilungskriterien verstanden hat. Individuelle Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen sowie damit einhergehende spezifische Unterstützungsbedarfe werden konsequent berücksichtigt. Schülerinnen und Schüler werden darin unterstützt, herauszufinden und zu kommunizieren, welche Art der Hilfestellung und Unterstützung sie benötigen, um Lernprozesse erfolgreich gestalten zu können (Anleitungskompetenz).
Grundsatz 6: Alle am Schulleben Beteiligten pflegen einen respektvollen Umgang miteinander.
Vielfalt erfordert einen wertschätzenden Umgang, Rücksichtnahme und ein respektvolles Miteinander von allen Beteiligten. Ein gegenseitiges Wahrnehmen der unterschiedlichen Bedürfnisse bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit respektiert werden und sich nicht immer an die Welt der Sehenden anpassen müssen. Lehrerinnen und Lehrer greifen die mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit verbundenen Herausforderungen im Unterricht thematisch auf und sensibilisieren somit alle Schülerinnen und Schüler dafür.
Grundsatz 7: Sprachsensibler Fachunterricht findet in allen Unterrichtsgegenständen statt.
Eine Beeinträchtigung des Sehvermögens kann die Entwicklung der Sprachkompetenz und Semantik beeinflussen. Für Schülerinnen und Schüler mit einer Sehbeeinträchtigung/Blindheit sind daher spezifische didaktische Rahmenbedingungen zu schaffen. Lehrerinnen und Lehrer sind sich dieser Verantwortung sowie ihrer sprachlichen Vorbildwirkung bewusst. Sie verfügen über spezifische Kenntnisse im Bereich Sehbeeinträchtigung/Blindheit und passen ihr Lehrverhalten an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler an.
Grundsatz 8: Lehrerinnen und Lehrer geben im Lernprozess Rückmeldung und sorgen für eine transparente und kompetenzorientierte Leistungsbeurteilung.
Für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit sind Feedbackmethoden entsprechend anzupassen. Vorkehrungen im organisatorischen Ablauf sowie in der Durchführung von Leistungsüberprüfungen sind ohne Änderungen des Anforderungsniveaus festzulegen. Anpassungen wie zB Zeitzugabe, Kürzung des Umfangs, Anpassung nicht durchführbarer Aufgaben, Verwendung der Sprachausgabe oder Spracheingabe sind als Ausgleichsmaßnahmen zu gewähren. Die entsprechenden Regelungen dazu finden sich im Kapitel 12 „Ausgleichende Maßnahmen“ des fünften Abschnittes. Zudem ist darauf zu achten, dass Instrumente der Kompetenzüberprüfung zB iKMPLUS für alle Schülerinnen und Schüler barrierefrei zugänglich sind.
VIERTER TEIL
ÜBERGREIFENDE THEMEN
Mit der Verankerung der übergreifenden Themen in den Fachlehrplänen der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe und des Förderschwerpunkts Lernen werden die fächerübergreifende Kompetenzentwicklung sowie das vernetzte Lernen der Schülerinnen und Schüler über die fachspezifischen Grenzen hinaus unterstützt und mit gesellschaftlich relevanten aktuellen Themen verbunden. Eine detaillierte Beschreibung der übergreifenden Themen (gesellschaftliche Bedeutung, Kompetenzziele und Bezug zu spezifischen Fachlehrplänen) erfolgt in den im BGBl. II Nr. 1/2023 verordneten Lehrplänen für die Primarstufe und Sekundarstufe I. Alle Bezüge zu übergreifenden Themen in den Fachlehrplänen werden durch Hochzahlen (1 bis 13) hervorgehoben, die auf das jeweilige übergreifende Thema hinweisen. Die Bezüge zu den spezifischen Fachlehrplänen dieses Lehrplanzusatzes werden tabellarisch abgebildet.
| Bildungs-, Berufs- und Lebensorientierung | Entrepreneurship Education | Gesundheitsförderung | Informatische Bildung | Interkulturelle Bildung | Medienbildung | Politische Bildung | Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung | Sexualpädagogik | Sprachliche Bildung und Lesen | Umweltbildung für nachhaltige Entwicklung | Verkehrs- und Mobilitätsbildung | Wirtschafts-, Finanz- und Verbraucher/innenbildung |
VerbindlicheÜbung | 1. | 2. | 3. | 4. | 5. | 6. | 7. | 8. | 9. | 10. | 11. | 12. | 13. |
Spezifische Übungen für den Förderbereich | x | x | x | x | x | x |
|
|
| x |
| x | x |
Lebenspraktische Fähigkeiten | x |
| x | x | x |
|
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|
| x |
| x | x |
Orientierung und Mobilität |
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| x | x |
|
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| x |
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Anwendung elektronischer Hilfsmittel |
|
| x | x |
| x |
|
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| x |
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Blindenspezifische Schriftsysteme |
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| x |
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Low Vision | x |
| x | x |
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Tasten/Taststrategien |
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| x |
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| x |
| x |
|
Hören/Hörstrategien | x |
| x |
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|
|
|
|
| x |
| x |
|
Die Vorbereitung und Durchführung von Unterricht zu den übergreifenden Themen erfordert eine zielgerichtete Abstimmung der Lehrerinnen und Lehrer einer Klasse, einer Schule und (im Idealfall) eine vorausschauende Planung in Bezug auf sinnvolle Schwerpunktsetzungen in den einzelnen Schulstufen. Nachfolgend werden Ergänzungen zu einzelnen übergreifenden Themen angeführt, die für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit als bedeutsam erachtet werden.
1. Bildungs-, Berufs- und Lebensorientierung
Um die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten realistisch einschätzen zu können, bedarf es einer Auseinandersetzung mit den eigenen Interessen, Begabungen, Voraussetzungen und Ressourcen, dazu zählen auch die Ursachen und Auswirkungen der eigenen Sehbeeinträchtigung. Zur Bewältigung alltäglicher Herausforderungen in (Aus-)Bildung, Beruf und im privaten Leben sind Informationen und Kenntnisse über mögliche Hilfsangebote und zustehende Rechte ebenso bedeutsam wie die Handhabung assistiver Technologien und kompensatorischer (Arbeits-)Techniken.
2. Entrepreneurship Education
Es wird auf die Ausführungen in den Lehrplänen der Volksschulen, Mittelschulen, AHS-Unterstufe sowie des Förderschwerpunkts Lernen verwiesen. Schülerinnen und Schüler mit einer Sehbeeinträchtigung/Blindheit sollen sich als Teil von Wirtschaft und Gesellschaft begreifen und ihre Rolle entsprechend ihren individuellen Möglichkeiten als Gestalterinnen und Gestalter der Zukunft im Wirtschaftskreislauf – als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Unternehmerinnen und Unternehmer, Verbraucherinnen und Verbraucher, aktive Staatsbürgerinnen und Staatsbürger – erkennen.
3. Gesundheitsförderung
Schulische Gesundheitsförderung zielt auf einen Prozess ab, Schülerinnen und Schülern ein höheres Ausmaß an Wissen und Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen (Gesundheitskompetenz) und sie damit zur selbstbewussten Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Für Schülerinnen und Schüler mit einer Sehbeeinträchtigung/Blindheit steht Gesundheit für ein positives Konzept, das in gleicher Weise die physische, psychische und soziale Gesundheit umfasst. Diese Kompetenzen können nur erworben werden, wenn Schule als ein sicherer und gesundheitsfördernder Ort wahrgenommen wird, was zB durch ein lernförderliches und angstfreies Klassen- und Schulklima, durch ein Stärken des sozialen Miteinanders, durch Maßnahmen zum Schutz vor (sexualisierter) Gewalt, Mobbing und Diskriminierung erreicht werden kann. Diese Maßnahmen beeinflussen das individuelle Gesundheitsverhalten und Wohlbefinden und tragen dazu bei, die individuellen Bedürfnisse von Schülerinnen und Schülern mit einer Sehbeeinträchtigung bzw. mit Blindheit zu wahren.
4. Informatische Bildung
Die Digitalisierung beeinflusst und verändert das private und berufliche Leben. Im Bewusstsein über Folgen und Auswirkungen des Einsatzes bestimmter Technologien sollen Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit eine sinnvolle Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien – auch im Sinne der Barrierefreiheit – in der Schule und im Alltag vornehmen können. Die Kompetenz zur Verwendung von Computern bzw. Anwendungsprogrammen ist eine Grundvoraussetzung für den aktiven und ungehinderten Zugang der Schülerinnen und Schüler zu Informationen und Wissenserwerb. Dadurch werden nicht nur gegenwärtig im Schulsetting die Aktivitäts- und Teilhabemöglichkeiten erweitert, sondern auch zukünftig die Chancen auf gesellschaftliche und berufliche Teilhabe sowie auf ein Höchstmaß an selbständiger und selbstbestimmter Lebensführung gewährleistet.
5. Interkulturelle Bildung
Interkulturelle Bildung befähigt Schülerinnen und Schüler mit Vielfalt in einer diversen Gesellschaft umzugehen. Sie ermöglicht die Auseinandersetzung mit und die Teilhabe an aktuellen gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen. Die Einhaltung der Menschenrechte, welche in den unterschiedlichen Artikeln der Menschenrechtskonventionen (wie zB die Rechte von Menschen mit Behinderung) festgeschrieben sind, sowie die Einhaltung demokratischer Prinzipien sind dabei zentrale Bezugspunkte im Unterricht mit Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit.
6. Medienbildung
Digitale Medien eröffnen Menschen mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit neue Zugänge zu Inhalten und Wissen. Der Einsatz digitaler Medien und assistiver Technologien erleichtert nicht nur den Zugang im Unterricht, sondern zeigt Schülerinnen und Schülern diverse Möglichkeiten der Handhabung auf, die sich auch auf andere außerschulische Situationen sowie zukünftige Herausforderungen in Beruf und Alltag übertragen lassen.
7. Politische Bildung
Politische Partizipation bedeutet nicht nur, die Rechte und Pflichten als Staatsbürgerin und Staatsbürger wahrzunehmen, sondern sich auch für deren Umsetzung und Weiterentwicklung einzusetzen. Sich zB in Vereinen und Organisationen zu engagieren, die sich spezifisch mit den Interessen von Menschen mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit beschäftigen, trägt wesentlich dazu bei.
8. Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung
Es wird auf die Ausführungen in den Lehrplänen der Volksschulen, Mittelschulen, AHS-Unterstufe sowie des Förderschwerpunkts Lernen verwiesen.
9. Sexualpädagogik
Es wird auf die Ausführungen in den Lehrplänen der Volksschulen, Mittelschulen, AHS-Unterstufe sowie des Förderschwerpunkts Lernen verwiesen.
10. Sprachliche Bildung und Lesen
Die Berücksichtigung des individuellen Sprachstands ist essenziell, um die Sprach- und Lesekompetenzen von Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit bestmöglich zu fördern. Begriffsbildung sowie Seh- bzw. Wahrnehmungsübungen bauen auf den vorhandenen Kompetenzen auf und unterstützen die sprachliche Bildung der Schülerinnen und Schüler. Der Sprach- und Leseunterricht erfordert zudem spezifische pädagogische Maßnahmen und didaktisch-methodische Überlegungen, die auf die individuelle Situation der Schülerinnen und Schüler abgestimmt sind.
11. Umweltbildung für nachhaltige Entwicklung
Es wird auf die Ausführungen in den Lehrplänen der Volksschulen, Mittelschulen, AHS- Unterstufe sowie des Förderschwerpunkts Lernen verwiesen.
12. Verkehrs- und Mobilitätsbildung
Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit sind bei der Verkehrs- und Mobilitätsbildung auf das erhöhte Gefahrenpotenzial aufgrund der Sinnesbeeinträchtigung vorzubereiten. Große Bedeutung haben zudem Informationen und Kenntnisse über allgemeine und sehbeeinträchtigten- sowie blindenspezifische Orientierungssysteme. Verkehrs- und Mobilitätsbildung ist eng verknüpft mit dem Bereich Orientierung und Mobilität.
13. Wirtschafts-, Finanz- und Verbraucher/innenbildung
Es wird auf die Ausführungen in den Lehrplänen der Volksschulen, Mittelschulen, AHS-Unterstufe sowie des Förderschwerpunkts Lernen verwiesen. Mit den Unterrichtsgegenständen Orientierung und Mobilität sowie Lebenspraktische Fähigkeiten erlangen Schülerinnen und Schüler mit Blindheit und Sehbeeinträchtigung wichtige Kompetenzen zur wirtschaftlichen Alltagsbewältigung (Verwendung von Geld, einkaufen, bezahlen, geeignete Hilfsmittel einsetzen).
FÜNFTER TEIL
ORGANISATORISCHER RAHMEN
Ein wesentlicher Anspruch aller verordneten Lehrpläne ist, dass Lehrerinnen und Lehrer die fächerübergreifende Kompetenzentwicklung sowie das vernetzte Lernen der Schülerinnen und Schüler über die fachspezifischen Grenzen hinaus unterstützen. Um dazu am Schulstandort die bestmöglichen Voraussetzungen zu schaffen, sind die Ausführungen zum organisatorischen Rahmen des Lehrplans der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe, der Polytechnischen Schule bzw. des Berufsvorbereitungsjahres zu berücksichtigen. Nachfolgend finden sich dazu Ergänzungen bzw. Konkretisierungen, die für Schülerinnen und Schüler im Förderbereich Sehen/Blindheit als bedeutsam erachtet werden.
1. Umsetzung des Lehrplans am Schulstandort
Es ist die Aufgabe der Schul(cluster)leitung und der Lehrerinnen und Lehrer, die Vorgaben und Zielsetzungen der Lehrpläne nutzbar zu machen, um die Schul- und Unterrichtsentwicklung gezielt voranzutreiben. Die Berücksichtigung der individuellen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler fließen dabei in die Entwicklung konkreter Zielvorgaben mit ein. Entsprechend sind auch Beeinträchtigungen, sonderpädagogische Förderbedarfe und Lehrplanzusätze in diese Überlegungen einzubeziehen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs für Inklusion, Diversität und Sonderpädagogik an den Bildungsdirektionen beraten Schulen in diesen Belangen und unterstützen die regionale Umsetzung.
2. Schulische Gestaltungsfreiräume
Die inhaltlich-thematischen Angebote und die angestrebten Kompetenzen sind auf die Bildungsaufgabe des jeweiligen Lehrplans bzw. Lehrplanzusatzes abzustimmen. Im Rahmen der schulischen Gestaltung kann die verbindliche Übung dieses Lehrplanzusatzes in einen Pflichtgegenstand umgewandelt werden, um vorhandene Schwerpunkte zu vertiefen und das Bildungsangebot zu erweitern. Die Schülerinnen und Schüler benötigen für die Erfassung der Lernangebote gegebenenfalls mehr Zeit, weshalb es notwendig ist, geeignete Schwerpunktsetzungen und Gewichtungen vorzunehmen sowie ausreichende Übungszeiten im Rahmen der vom Lehrplan vorgegebenen Stundentafeln vorzusehen.
Im Förderbereich Sehen/Blindheit kommt dem Einsatz kompensatorischer Strategien eine besondere Bedeutung zu. Neben der integrativen Vermittlung von Lerninhalten durch geeignete Unterrichtsmaterialien sowie Unterrichtsmethoden können auch Möglichkeiten zur individuellen Förderung im Einzel- oder Kleingruppenunterricht geschaffen werden.
3. Erhöhung bzw. Verringerung des Stundenausmaßes von Pflichtgegenständen
Grundsätzlich kommen die Stundentafeln und entsprechenden Regelungen der Lehrpläne für die Primarstufe und Sekundarstufe zum Einsatz. Für Schülerinnen und Schüler im Förderbereich Sehen/Blindheit ergeben sich zusätzliche Unterrichtsstunden für den förderbereichsspezifischen Gegenstand. Die Inhalte und das Ausmaß des spezifischen Unterrichtsgegenstandes werden je nach Bedarf der Schülerin/des Schülers zur Gänze oder in Teilen in additiver oder integrativer Form umgesetzt. Die entsprechenden Regelungen dazu finden sich im sechsten Teil „Stundentafeln“.
4. Vorschulstufe
Spezifische unverbindliche Übungen/Lernangebote für den Förderbereich Sehen/Blindheit sind bereits in der Vorschulstufe unter Berücksichtigung der besonderen Lernbedürfnisse von Kindern dieser Schulstufe durchzuführen.
5. Inklusiver Unterricht und Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf
Inklusiver Unterricht und sonderpädagogische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen schließen einander nicht aus, sondern tragen wechselseitig zu einem gelingenden Miteinander und zur Realisierung gleichberechtigter Bildungschancen für alle bei. Die sonderpädagogische Förderung erfolgt in Zusammenarbeit und Kooperation mit spezifisch ausgebildeten Pädagoginnen und Pädagogen und stellt einerseits die gezielte Unterstützung der Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit in den Bereichen Lebenspraktische Fähigkeiten, Orientierung und Mobilität, Anwendung elektronischer Hilfsmittel, Blindenspezifische Schriftsysteme, Low Vision, Tasten/Taststrategien sowie Hören/Hörstrategien sicher und trägt andererseits zum Abbau von Barrieren im Unterrichts- und Schulalltag wie auch in außerschulischen Settings bei. Ziel ist es, durch den Erwerb von Schlüsselqualifikationen und Kompetenzen die schulische und berufliche Eingliederung sowie gesellschaftliche Teilhabe zu gewährleisten und Schülerinnen und Schüler zur möglichst selbständigen und selbstbestimmten Lebensgestaltung zu befähigen.
Maßnahmen des inklusiven Unterrichts und der sonderpädagogischen Förderung sind in Abhängigkeit von den individuellen Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen und -bedürfnissen aller Schülerinnen und Schüler einer Klasse auszuwählen. Zu berücksichtigen ist dabei die jeweilige Ausprägung der Beeinträchtigung sowie die individuellen Auswirkungen dieser, die aufgrund diverser personen- und umweltbezogener Bedingungsfaktoren sehr unterschiedlich sein können. Eine umfassende Diagnostik der individuellen Lern- und Entwicklungsvoraussetzungen (zB mittels ICF-basierter Verfahren) schließt auch personen- und umweltbezogene Faktoren mit ein und schärft das Bewusstsein für die individuelle Ausgangslage der Schülerin/des Schülers. Auf Basis dieser Kenntnisse können Barrieren identifiziert und beseitigt sowie Bildungs- und Fördermaßnahmen entsprechend differenziert und adaptiert werden, damit alle Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt an den Lernprozessen teilhaben und davon profitieren können.
Im Sinne einer gelingenden Inklusion arbeiten alle am Unterricht beteiligten Personen zusammen und wählen inklusive Settings, die auch im standortbezogenen Förderkonzept der Schule verankert sind. Dies beinhaltet auch die Anregung von Projekten, die dazu beitragen, Barrieren abzubauen und die Teilhabe aller Schülerinnen und Schüler zu stärken.
6. Schularbeiten
Die Zahl und Dauer von Schularbeiten sind den jeweiligen Lehrplänen für die Primarstufe und Sekundarstufe zu entnehmen. Schularbeiten müssen wie auch andere Leistungsnachweise so gestaltet bzw. adaptiert werden, dass für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit keine Nachteile aufgrund der Beeinträchtigung entstehen. Die entsprechenden Regelungen dazu finden sich im Kapitel 12 „Ausgleichende Maßnahmen“ dieses Abschnitts.
7. Förderunterricht
Förderunterricht stellt eine der grundlegenden Maßnahmen im Sinne des § 19 Abs. 3a des Schulunterrichtsgesetzes („Frühwarnsystem“) dar, um Schülerinnen und Schüler, die von einem Leistungsabfall betroffen oder bedroht sind, vor Schulversagen zu bewahren. Darüber hinaus stellt der Förderunterricht für Schülerinnen und Schüler, die schon früh im Unterrichtsjahr im betreffenden Pflichtgegenstand auf Schwierigkeiten stoßen, ein zusätzliches Lernangebot dar. Die dafür zur Verfügung stehenden Ressourcen werden von der Förderung im Rahmen des Förderbereichs Sehen/Blindheit nicht berührt. Für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit ergeben sich zusätzliche Unterrichtsstunden für die spezifische Förderung, die sowohl integrativ als auch additiv geführt werden können. Die entsprechenden Regelungen dazu finden sich im sechsten Teil „Stundentafeln“.
8. Gestaltung von Nahtstellen
Der pädagogischen Gestaltung von Schuleintritts- und Schulaustrittsphasen kommt besondere Bedeutung zu. Neben der Berücksichtigung der allgemeinen Ausführungen und Hinweise zur Gestaltung von Nahtstellen in den Lehrplänen der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe, der Polytechnischen Schule sowie des Berufsvorbereitungsjahres sind in den Übergangsphasen von Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit einige Aspekte vor dem Eintritt in eine neue Institution zu bedenken (zB Voraussetzungen und Vorerfahrungen der Schülerinnen und Schüler, spezielle Hilfsmittel). Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten, dem Diversitätsmanagement sowie schulischen und außerschulischen Einrichtungen anzustreben.
Um optimale Voraussetzungen für einen möglichst erfolgreichen Übergang nach Abschluss der Sekundarstufe I zu schaffen, informieren und beraten Lehrerinnen und Lehrer gemäß § 3 Abs. 1 des Schulorganisationsgesetzes (letzter Satz) die Schülerinnen und Schüler sowie deren Erziehungsberechtigte über mögliche nachfolgende (Aus-)Bildungs- und Berufswege. Die mit der Beeinträchtigung einhergehenden Herausforderungen und Chancen im Bildungs- und Berufssystem wie auch entsprechende unterstützende Möglichkeiten (zB Arbeitsassistenz) sollten in diesem Prozess thematisiert werden.
9. Öffnung der Schule und des Unterrichts
Um Schülerinnen und Schülern aus dem Förderbereich Sehen/Blindheit den Zugang zu spezifischen Communitys zu erleichtern sowie deren Mitschülerinnen und Mitschülern Einblick in diese zu ermöglichen, ist eine Zusammenarbeit mit externen Personen, Expertinnen und Experten sowie Organisationen und Vereinen aus dem Sehbehinderten- und Blindenbereich anzustreben.
10. Begabungs- und Begabtenförderung
(Hoch-) Begabungen treten innerhalb der Gruppe von Menschen mit Sinnes- oder Körperbeeinträchtigung im selben Ausmaß auf wie bei Menschen ohne Beeinträchtigungen. Insofern spielt Begabungs- und Begabtenförderung auch im Förderbereich Sehen/Blindheit eine entscheidende Rolle, um die ganzheitliche Entwicklung der Persönlichkeit und die Umsetzung individueller Potenziale und Interessen sowie spezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler zu fördern.
11. Betreuungsplan für ganztägige Schulformen (= GTS)
In ganztägigen Schulformen werden Schülerinnen und Schüler je nach Art des Angebots nicht nur unterrichtet, sondern darüber hinaus auch in Lern- und Freizeitphasen gefördert und betreut. Die allgemeinen Bestimmungen dafür sind dem der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen sowie der Polytechnischen Schule zu entnehmen. Wird eine ganztägige Schulform von einem oder mehreren Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigung besucht, so sind deren spezifischen Lern- und Entwicklungsbedürfnisse im Betreuungsplan, aber auch in der konkreten methodisch-didaktischen Ausgestaltung der Unterrichts-, Lern- und Freizeitphasen zu berücksichtigen.
12. Ausgleichende Maßnahmen
Unter ausgleichenden Maßnahmen sind Handlungen und Mittel zu verstehen, die dazu dienen, Benachteiligungen, die durch eine Beeinträchtigung entstehen, zu kompensieren bzw. zu minimieren. Ausgleichende Maßnahmen sorgen dafür, dass Unterrichts- und Prüfungsbedingungen geschaffen werden, die von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen ohne Einschränkungen und Benachteiligungen zu bewältigen sind. Dadurch können alle Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt an Lern- und Bildungsprozessen partizipieren und ihre Fähigkeiten im Hinblick auf gestellte Anforderungen nachweisen. Dies trägt zur Sicherung der Chancengerechtigkeit bei. Ausgleichende Maßnahmen finden in folgenden zwei Bereichen Anwendung:
- – Bereich 1 – Ausgleichende Maßnahmen im täglichen Unterricht: Dieser Bereich umfasst ausgleichende Maßnahmen hinsichtlich der allgemeinen Organisation und Durchführung von Unterricht mit dem Ziel, für alle Schülerinnen und Schüler einen gleichberechtigten Zugang zu allen Bildungs- und Lerninhalten sicherzustellen.
- – Bereich 2 – Ausgleichende Maßnahmen in Prüfungssituationen: Dieser Bereich umfasst ausgleichende Maßnahmen, die im Rahmen von Leistungsüberprüfungsverfahren und deren Bewertung gesetzt werden, damit Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen dabei keine Nachteile aufgrund ihrer Beeinträchtigung erfahren.
Gemäß § 18 Abs. 6 des Schulunterrichtsgesetzes sind Schülerinnen und Schüler entsprechend den Forderungen des Lehrplanes unter Bedachtnahme auf den wegen der körperlichen Behinderung bzw. gesundheitlichen Gefährdung erreichbaren Stand des Unterrichtserfolges zu beurteilen, soweit die jeweilige Bildungs- und Lehraufgabe grundsätzlich erreicht wird.
Die jeweiligen Bildungsziele bzw. Leistungsanforderungen werden durch ausgleichende Maßnahmen nicht verändert, Leistungssituationen sind prinzipiell inhaltlich bzw. fachlich zielgleich zu gestalten. Die ausgleichenden Maßnahmen sind so zu wählen, dass sie die in der Beeinträchtigung begründeten Nachteile kompensieren und Chancengerechtigkeit gewährleisten. Art und Umfang der Maßnahmen sind auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler abzustimmen. Folgende Arten von ausgleichenden Maßnahmen werden unterschieden:
- – Räumliche Maßnahmen (zB niedriger Geräuschpegel, größerer Arbeitsplatz aufgrund der erhöhten technischen Ausstattung und anderer Hilfsmittel wie zB Vergrößerungen)
- – Zeitliche Maßnahmen (zB Zeitzugaben beim Lesen von Texten, Orientierung in Schriftstücken, Räumen oder Ordnungssystemen)
- – Personelle Maßnahmen (zB Unterstützung in der Organisation, technischer Support, Aufbereitung)
- – Didaktisch-methodische Maßnahmen (zB spezielle Didaktik und Methodik für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit, um chancengerechten Zugang zu den Inhalten der Lehrpläne zu gewährleisten)
- – Technisch-mediale Maßnahmen (zB spezielle Hard- und Software, blinden- und sehbehindertenspezifisch aufbereitete Unterrichtsmittel)
SECHSTER TEIL
STUNDENTAFELN
Gesamtwochenstundenanzahl und Stundenausmaß der Pflichtgegenstände, der verbindlichen Übungen, des Förderunterrichts, der Freigegenstände und der unverbindlichen Übungen sind dem Lehrplan der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe, der Polytechnischen Schule sowie des Berufsvorbereitungsjahres zu entnehmen. Der Förderbereich Sehen/Blindheit umfasst zusätzlich spezifische Übungen, welche die sonderpädagogische Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigung oder Blindheit sicherstellen. Diese kommen in Abhängigkeit von den individuellen Entwicklungs- und Förderbedarfen der Schülerinnen und Schüler zur Gänze oder in Teilen in additiver oder integrativer Form zum Einsatz und verfolgen das Ziel, größtmögliche Aktivität und Teilhabe zu gewährleisten.
Gesamtwochenstundenanzahl und Stundenausmaß der verbindlichen Übungen im Förderbereich Sehen/Blindheit:
| Schulstufen und Wochenstunden | ||||||||||
Verbindliche Übungen | Vorschulstufe | 1. | 2. | 3. | 4. | 5. | 6. | 7. | 8. | 9. PTS, BVJ | Gesamt |
Spezifische Übungen im Förderbereich Sehen/Blindheit
| 2-4 | 2-4 | 2-4 | 2-4 | 2-4 | 2-6 | 2-6 | 2-6 | 2-6 | 2-6 | 20-50 |
Ergänzende Anmerkungen:
- 1) Die Rahmenbedingungen für schulautonome Lehrplanbestimmungen sind bei vorliegender Ermächtigung dem Lehrplan der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe, des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe, der Polytechnischen Schule bzw. des Berufsvorbereitungsjahres zu entnehmen. Im Rahmen der schulischen Gestaltungsfreiräume kann die verbindliche Übung dieses Lehrplanzusatzes in einen Pflichtgegenstand umgewandelt werden, um vorhandene Schwerpunkte zu vertiefen und das Bildungsangebot zu erweitern.
- 2) Die in der Stundentafel für die verbindliche Übung des Förderbereichs Sehen/Blindheit angeführten Wochenstunden sind als Richtmaß aufzufassen, ebenso wie die Inhalte dieses Fachlehrplans. Das zeitliche Ausmaß sowie die Auswahl der Inhalte und der Zeitpunkt des Einsatzes der Unterrichtsangebote sind abhängig vom Zeitpunkt des Eintritts, von der Art, vom Grad und vom Verlauf der Sehbeeinträchtigung sowie der Versorgung mit technischen Hilfen. Die Voraussetzungen in Bezug auf das individuelle Leistungsvermögen sind zu berücksichtigen und Überforderungen zu vermeiden. Es sind jene Entwicklungsbereiche der verbindlichen Übung in jenem Ausmaß zu unterrichten, welche eine optimale und individualisierte Entwicklungsförderung in den Bereichen Sehen, Hören, Tasten, Lebenspraktische Fähigkeiten sowie Orientierung und Mobilität sicherstellen. Die Aufteilung in kürzere Lernsequenzen sowie der integrative Unterricht einzelner Inhalte in anderen Unterrichtsfächern sind zulässig.
- 3) Die im Rahmen der verbindlichen Übung angeführten Entwicklungsbereiche für den Förderbereich Sehen/Blindheit können auf Grund der unterschiedlichen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler nicht einer bestimmten Schulstufe zugeordnet werden. Die Auswahl und der Zeitpunkt des Einsatzes der Unterrichtsangebote erfolgen auf der Grundlage des jeweils individuellen Status der vorhandenen Sehbeeinträchtigung. Der Unterricht kann sowohl in Form von fixen Wochenstunden als auch geblockt in Kursform oder, sofern zweckmäßig, integrativ im Rahmen der Pflichtgegenstände angeboten werden.
SIEBENTER TEIL
FACHLEHRPLAN DER VERBINDLICHEN ÜBUNG IM FÖRDERBEREICH SEHEN/BLINDHEIT
SPEZIFISCHE ÜBUNGEN IM FÖRDERBEREICH SEHEN/BLINDHEIT
Bildungs- und Lehraufgabe (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Die verbindliche Übung Spezifische Übungen im Förderbereich Sehen/Blindheit ist in folgende sieben Entwicklungsbereiche untergliedert:
- – Entwicklungsbereich 1: Lebenspraktische Fähigkeiten
- – Entwicklungsbereich 2: Orientierung und Mobilität
- – Entwicklungsbereich 3: Anwendung elektronischer Hilfsmittel
- – Entwicklungsbereich 4: Blindenspezifische Schriftsysteme
- – Entwicklungsbereich 5: Low Vision
- – Entwicklungsbereich 6: Tasten/Taststrategien
- – Entwicklungsbereich 7: Hören/Hörstrategien
Ausgehend vom Entwicklungsstand, den Vorerfahrungen, dem Schweregrad der Sehbeeinträchtigung und den speziellen Bedürfnissen sind im vorgesehenen Rahmen jene Angebote in einem individuellen Ausmaß auszuwählen, durch die eine umfassende Förderung der einzelnen Schülerinnen und Schüler erzielt und größtmögliche Aktivität und Teilhabe sichergestellt werden kann. Bei allen Maßnahmen stehen die individuelle Augenerkrankung und deren Auswirkungen im Mittelpunkt. Durch das Erlernen eines für sie geeigneten Schriftsystems und das Anwenden passender elektronischer Hilfsmittel4,6 können die Schülerinnen und Schüler gleichberechtigt am Unterricht teilnehmen, erhalten Zugang zu Bildung und zur außerschulischen Welt sowie Möglichkeiten der Partizipation. Die Schulung der Entwicklungsbereiche sollen das Selbstvertrauen der Schülerinnen und Schüler stärken und ihre Persönlichkeitsentwicklung mit dem Ziel, Eigenverantwortung für ihre Lebensgestaltung zu übernehmen, fördern.1
Didaktische Grundsätze (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Wesentliche Voraussetzungen sind die Abklärung des funktionellen Sehvermögens (Low Vision), die Arbeitsplatzgestaltung, die Auswahl der passenden Hilfsmittel sowie Unterstützung im sozialen Bereich, damit einerseits eine optimale Förderung und andererseits Inklusion gelingen können. Eine Zusammenarbeit mit speziell ausgebildeten Lehrpersonen(außerschulischen) Fachleuten und Frühförderinnen und -förderern wird empfohlen.
Die zu erwerbenden Kompetenzen werden keiner bestimmten Schulstufe zugeordnet, sondern aufbauend auf den bereits vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten individuell festgelegt und im individuellen Bildungs- und Entwicklungsplan festgehalten. Individuelle Bildungs- und Entwicklungspläne sind verpflichtend zu erstellen. Eine Orientierung an Schulstufen entfällt daher zugunsten einer Orientierung am individuellen Lern- und Entwicklungsstand. Weiters wird dadurch die Möglichkeit geschaffen, Bildungs- und Förderinhalte der verbindlichen Übung flexibel im gesamten Unterrichtsgeschehen einzubringen. Der kontinuierliche kumulative Kompetenzzuwachs wird durch konsequente Adaptierung der Aufgabenstellungen sichergestellt.
Die inhaltliche Strukturierung des Unterrichts orientiert sich an den Vorerfahrungen und dem Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler. Durch die vielfältigen Teilbereiche (Orientierung und Mobilität, Lebenspraktische Fähigkeiten, ...) werden Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt, die eine weitgehend selbständige und selbstbestimmte Lebensbewältigung ermöglichen, Selbstwert und soziale Kompetenz steigern.
Zentrale fachliche Konzepte (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Orientierung und Struktur
Sich selbst zu organisieren und in Folge selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen, sind grundlegend für die gegenwärtige und künftige Lebensgestaltung. Zentrale Aspekte wie Orientierung in verschiedenen räumlichen Umgebungen, die selbständige und individuelle Gestaltung eigener Räume sowie des Arbeitsplatzes, die Erstellung und Nutzung individueller Ordnungssysteme in Zusammenhang mit einem sachgerechten Einsatz blinden- und sehbehindertenspezifischer Hilfsmittel4,6 tragen wesentlich zu Selbstbestimmung und individueller Entfaltung bei und erleichtern die Bewältigung alltäglicher, schulischer bzw. beruflicher Herausforderungen.1,2
Identität und Diversität
Die persönliche Identität erwächst stets aus dem Spannungsfeld von Verschiedenheit und Gleichheit. Dadurch sind ähnliche Lebensumstände, Interessen und Kompetenzen mit den zentralen Aspekten individuums- und gruppenbezogener Identität verbunden. Zugleich sind sie auch Ausdruck interindividueller und gesellschaftlicher Diversität, da sie nur in Variationen existieren.1,5
Aktivität und Partizipation
Eigenständig aktiv und partizipativ agieren zu können, beeinflusst die Lebensqualität eines Menschen maßgeblich. Hör- und Taststrategien, blindenschriftspezifische Kompetenzen, eine sensibilisierte Wahrnehmung äußerer Faktoren sowie der gezielte Einsatz kompensatorischer Techniken und Hilfsmittel4, 6 erhöhen die Aktivität und Partizipation von Menschen mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit und ermöglichen eine aktive Teilhabe an diversen Lebenssituationen.1
Dieser Lehrplan greift folgende übergreifende Themen auf: Bildungs-, Berufs- und Lebensorientierung1, Entrepreneurship Education2, Gesundheitsförderung3, Informatische Bildung4, Interkulturelle Bildung5, Medienbildung6, Sprachliche Bildung und Lesen10, Verkehrs- und Mobilitätsbildung12, Wirtschafts-, Finanz- und Verbraucher/innenbildung13
Kompetenzmodell, Entwicklungsbereiche und Kompetenzbereiche:
Der Lehrplan Spezifische Übungen im Förderbereich Sehen/Blindheit basiert auf einem zweidimensionalen Kompetenzmodell. Die erste Dimension bildet die oben genannten grundlegenden Entwicklungsbereiche des Förderbereichs Sehen/Blindheit ab. Diesen Entwicklungsbereichen werden in einer zweiten Dimension entsprechende Kompetenzbereiche mit spezifischen Kompetenzbeschreibungen zugeordnet. Durch die Auseinandersetzung mit diesen Kompetenzbereichen soll eine optimale Vorbereitung auf künftige Lebenssituationen erfolgen.
ENTWICKLUNGSBEREICH 1: LEBENSPRAKTISCHE FÄHIGKEITEN
Bildungs- und Lehraufgabe des Entwicklungsbereichs 1 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Der Entwicklungsbereich Lebenspraktische Fähigkeiten hat die Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler zu einem selbstorganisierten, selbstbestimmten Alltag zu führen. Die angeeigneten Kompetenzen sind Grundlage für die gegenwärtige und künftige Lebensgestaltung.1,13
Didaktische Grundsätze des Entwicklungsbereichs 1 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Lebenspraktische Fertigkeiten, Fähigkeiten sowie Kompetenzen werden bevorzugt im Einzelunterricht erforscht, erarbeitet und geübt. Es ist notwendig, komplexe Aufgaben oder Handlungsabläufe in kleinste Schritte zu zerlegen und diese Einzelfertigkeiten zu üben. Die erlernten Fähigkeiten sollen regelmäßig im Alltag angewendet werden (zum Beispiel im inklusiven Unterricht in den Unterrichtsgegenständen Kunst und Gestaltung, Technik und Design oder Ernährung und Haushalt). Auf Überforderung durch zu schnelles Zusammenfügen erlernter Einzelfertigkeiten in umfangreiche Handlungsabläufe ist zu achten. Um Barrieren abzubauen, sollen alltägliche Tätigkeiten im gemeinsamen Unterricht mit den sehenden Schülerinnen und Schülern durchgeführt werden (zB gemeinsam „blind“ essen).
Im Unterricht sollen besonders die Motivation und die Bereitschaft gefördert werden, Neues auszuprobieren und zu erlernen. Die Begriffsbildung von Gebrauchsgegenständen, Lebensmitteln, Geräten, aber auch deren Einsatz und Handlungsabläufe sind Grundvoraussetzung für das Erlernen weiterer Kompetenzen.
Kompetenzbeschreibungen des Entwicklungsbereichs 1 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Kompetenzbereich Lebensorientierung und Handlungen im Alltag
Die Schülerinnen und Schüler können
- – die notwendigen Tätigkeiten des alltäglichen Lebens ua. in Bezug auf Hygiene, Verpflegung und Selbstversorgung (zB Kleidung, Ernährung) weitgehend selbständig bewältigen.1,3,13
- – Hilfsmittel für die Bewältigung des Alltags sachgerecht einsetzen und bedienen.4,6
- – bei hochgradiger Sehbeeinträchtigung/Blindheit ihren Namen in Schreibschrift für eine Unterschrift verwenden.10
Kompetenzbereich Gestaltung des individuellen Lebens- und Arbeitsumfeldes
Die Schülerinnen und Schüler können
- – eigene Ordnungssysteme in der Schule und im Alltag erstellen und ihren Bedürfnissen entsprechend anpassen.1
- – ein Ordnungssystem und klare Strukturen einhalten.
- – den Arbeitsplatz entsprechend der individuellen Beeinträchtigung (gegebenenfalls mit Unterstützung) gestalten.1
- – systematische Suchtechniken anwenden.
- – auf Sicherheit bei der Bewältigung selbständiger Handlungen achten.3
Kompetenzbereich Soziale Interaktion
Die Schülerinnen und Schüler können
- – entsprechende Umgangsformen im Rahmen von Gesprächen wie zB Blickkontakt anwenden und umsetzen.5
- – stereotype Verhaltensweisen erkennen und durch gesellschaftlich akzeptierte Bewegungen ersetzen.
- – Unterstützungsbedarfe klar, verständlich und bei Bedarf detailliert kommunizieren und Hilfestellungen in angemessener Form erfragen, annehmen oder ablehnen.
- – zu fremden Personen Kontakt aufnehmen und gezielt nach Informationen fragen.10
- – wichtige Anlaufstellen und Adressen, die für Menschen mit Beeinträchtigungen von Bedeutung sind, nennen und gegebenenfalls kontaktieren.1
Kompetenzbereich Motorik und Bewegung
Die Schülerinnen und Schüler können
- – ihren Körper bewusst wahrnehmen sowie Bewegungen und Körperhaltung kontrollieren, korrigieren und situationsgerecht adaptieren.
- – Bewegungsabläufe zunehmend harmonisch gestalten.
- – Bewegungsabläufe im feinmotorischen Bereich korrekt ausführen.
Kompetenzbereich Wahrnehmung
Die Schülerinnen und Schüler können
- – auditive, taktile, gustatorische, olfaktorische und propriozeptive Sinneseindrücke bewusst wahrnehmen, interpretieren, erkennen und gezielt darauf reagieren.
ENTWICKLUNGSBEREICH 2: ORIENTIERUNG UND MOBILITÄT
Bildungs- und Lehraufgabe des Entwicklungsbereichs 2 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Der Unterricht in Orientierung und Mobilität befähigt die Schülerinnen und Schüler, sich in ihrer näheren und weiteren Umwelt zu orientieren, sich selbständig, sicher und effektiv fortzubewegen, ihren Lebensraum zu erschließen und Alltagssituationen möglichst unabhängig zu bewältigen. Das Erlernen der für sie wichtigen Handlungs- und Bewegungsstrategien soll sie dazu motivieren, mit Freude unbekannte Bereiche in ihrer Umwelt zu erforschen und kennenzulernen.
Voraussetzung dafür ist die Fähigkeit zur bewussten Wahrnehmung des eigenen Körpers, zur gezielten Steuerung von Bewegungsabläufen, zur Einschätzung von Richtungen und Entfernungen sowie zur gezielten Nutzung der vorhandenen Sinne.3,12
Didaktische Grundsätze des Entwicklungsbereichs 2 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Zunächst wird durch das Üben einzelner Fertigkeiten im geschützten Bereich wie Schulgebäude, Schulgarten oder Schulhof Sicherheit in Orientierung und Mobilität erlangt. Die erworbenen Kompetenzen werden dann in einer realen Lebenssituation erprobt und angewendet. Die Übung von Einzelsequenzen im gemeinsamen Unterricht mit den Mitschülerinnen und Mitschülern zielt darauf ab, Verständnis und Einfühlungsvermögen zu entwickeln.
Kompetenzbeschreibungen des Entwicklungsbereichs 2 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Kompetenzbereich Orientierung
Die Schülerinnen und Schüler können
- – sich in öffentlichen Räumen und Gebäuden unter Nutzung der vorhandenen Sinne bewegen und orientieren.12
- – den Raum als „Vier-Seiten-Konzept“ zur Orientierung nutzen.
- – durch Nutzung der vorhandenen Sinne und Hilfsmittel die Größe von Räumen wahrnehmen und Entfernungen einschätzen.
- – bei Verlust der Orientierung korrigierende Strategien anwenden.
- – ihre Bedürfnisse einer sehenden Begleitperson mitteilen und die Techniken der sehenden Begleitung annehmen.
- – Langstocktechniken situationsadäquat einsetzen.
- – Körperschutztechniken anwenden.3,12
- – Schemata zur Kategorisierung von zB Objekten und Tätigkeiten sowie zur Begriffsbildung erarbeiten und anwenden.
- – verschiedene Umweltmuster erarbeiten und übertragen.
Kompetenzbereich Umwelt und Verkehr
Die Schülerinnen und Schüler können
- – sich im öffentlichen Verkehr mit Hilfe adäquater Unterstützung sicher bewegen.4,12
- – wichtige Verkehrsregeln benennen und einhalten.12
- – öffentliche Verkehrsmittel benennen und für das Zurücklegen von Wegen gezielt und effizient nutzen.12
- – blinden- und sehbehinderten spezifische Leitsysteme erkennen und diese nutzen.12
- – Körperschutztechniken für Gesicht, Ober- und Unterkörper benennen und anwenden.
- – mit Hilfe selbst verursachter Klicklaute durch Schallreflexion (Klick-Sonar-Technik) Hindernisse frühzeitig erkennen und diesen ausweichen.12
Kompetenzbereich Systematische Suchtechniken
Die Schülerinnen und Schüler können
- – Objekte im Hand- und Armtastraum lokalisieren, suchen und finden.
- – Objekte mit dem ganzen Körper lokalisieren suchen und finden.
- – systematische Suchtechniken anwenden.
Kompetenzbereich Einsatz verschiedener Medien und Hilfsmittel zur Orientierung
Die Schülerinnen und Schüler können
- – taktile Pläne12, Skizzen, Modelle und GPS-Systeme4 verwenden und zur Orientierung in der realen Lebenswelt einsetzen.
- – elektronische4, taktile, akustische und allenfalls optische Hilfsmittel einsetzen und zur Informationssuche verwenden.
- – entsprechende Software4 verwenden und im Alltag nutzen.
- – den Langstock situationsadäquat anwenden.
ENTWICKLUNGSBEREICH 3: ANWENDUNG ELEKTRONISCHER HILFSMITTEL
Bildungs- und Lehraufgabe des Entwicklungsbereichs 3 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Der Einsatz von Computern, Anwendungsprogrammen und mobilen Endgeräten sowie deren kompetente Nutzung ist für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit im Sinne der Barrierefreiheit eine unerlässliche Voraussetzung zur Bewältigung der schulischen, künftigen beruflichen und alltäglichen Anforderungen sowie zur gesellschaftlichen Teilhabe. Blinden- und sehbehindertenspezifische elektronische Hilfsmittel ermöglichen einen chancengerechten Zugang zu Bildung und nehmen als Kommunikations-, Informations- und Arbeitsmittel einen wichtigen Stellenwert ein.4,6
Didaktische Grundsätze des Entwicklungsbereichs 3 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Die umfangreichen Möglichkeiten der Anwendung elektronischer Hilfsmittel sollen den Schülerinnen und Schülern sowohl im Fachunterricht als auch im fächerübergreifenden Einsatz vermittelt werden.
Kompetenzbeschreibungen des Entwicklungsbereichs 3 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Kompetenzbereich Einsatz und Nutzung elektronischer Hilfsmittel
Die Schülerinnen und Schüler können
- – Informations- und Kommunikationstechnologien benennen und situationsgerecht bzw. den Anforderungen entsprechend einsetzen.4
- – die Braille-Zeile und blindenspezifische Software4 am Computer richtig verwenden und weitestgehend selbständig einsetzen.
- – Sprachausgabeprogramme zur Unterstützung nennen, verwenden und in Situationen adäquat anwenden.4
- – Strategien zum Lösen von technischen Problemen benennen und anwenden.4
- – ergonomische Aspekte beim Einsatz elektronischer Hilfsmittel benennen und umsetzen.3
- – Speicher- und Ablagesysteme4 erkennen und im Unterricht gezielt den Vorgaben entsprechend anwenden.
- – spezifisches Fachvokabular verstehen und nutzen.10
ENTWICKLUNGSBEREICH 4: BLINDENSPEZIFISCHE SCHRIFTSYSTEME
Bildungs- und Lehraufgabe des Entwicklungsbereichs 4 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Blindenspezifische Schriftsysteme befähigen zur Bewältigung schulischer und künftiger beruflicher Anforderungen sowie zur gesellschaftlichen Teilhabe. Die Beherrschung der 8-Punkt-Computerbrailleschrift (Euro-Braille) bildet die Grundlage für den Umgang mit einem Computer und damit für den Zugang zum Internet.10
Didaktische Grundsätze des Entwicklungsbereichs 4 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Der Unterricht für das Erlernen blindenspezifischer Schriftsysteme sowie des Umgangs mit elektronischen Hilfsmitteln ist so zu gestalten, dass den Schülerinnen und Schülern genügend Raum und Zeit zur Verfügung gestellt werden. Da das Erfassen von Zeichen und Symbolen nicht simultan, sondern nur ganzheitlich erfolgen kann, ist den Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit mehr Zeit zu geben oder eine Reduktion des Aufgabenumfangs vorzunehmen. Sowohl für Erarbeitung als auch für Übung und Festigung ist eine individuelle Betreuung erforderlich. Bei später erblindeten Schülerinnen und Schülern erfolgt die Einführung und das Erlernen der Blindenschrift individuell und unabhängig von der Schulstufe.
Abhängig vom Entwicklungsstand und den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler sollen möglichst früh das 10-Fingersystem erlernt sowie elektronische Hilfsmittel (blinden- und sehbehindertenspezifische Hard- und Software) adäquat eingesetzt werden.
Kompetenzbeschreibungen des Entwicklungsbereichs 4 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Kompetenzbereich Anwendung blindenspezifischer Schriftsysteme
Die Schülerinnen und Schüler können
- – eine Blindenschreibmaschine sachgerecht verwenden und bedienen.
- – den richtigen Fingersatz anwenden.
- – sich am Leseblatt orientieren und Blindenvollschrift ein- oder beidhändig sinnerfassend lesen.10
- – Texte in Blindenschrift selbständig verfassen.
- – die Kürzel der Blindenkurzschrift erkennen, anwenden und Texte in Blindenkurzschrift lesen.10
- – die Eurobraille-Schrift (8-Punkt-Computer-Braille-Schrift) lesen.10
- – die Mathematikschrift lesen und korrekt anwenden.10
- – die Musiknotenschrift lesen und korrekt anwenden.
ENTWICKLUNGSBEREICH 5: LOW VISION
Bildungs- und Lehraufgabe des Entwicklungsbereichs 5 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Ziel von Low Vision ist die bestmögliche Ausnutzung des vorhandenen Sehvermögens durch Hilfsmittel wie zB spezielle Beleuchtung, Vergrößerungen oder elektronische Hilfsmittel. Dabei ist die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen (Beleuchtung, Arbeitsplatzgestaltung, Kontrast usw.) sowie der richtige Einsatz der Hilfsmittel durch Schülerinnen und Schüler von zentraler Bedeutung.3
Didaktische Grundsätze des Entwicklungsbereichs 5 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Nach Abklärung des funktionellen Sehvermögens sind geeignete Hilfsmittel für den Unterricht auszuwählen. Diesbezüglich ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit außerschulischen Fachleuten empfehlenswert. Ausgangspunkte für die jeweiligen spezifischen Maßnahmen sind die individuelle Augenerkrankung sowie deren Auswirkungen. Die Anwendung der Hilfsmittel muss im Hinblick auf den selbständigen Gebrauch speziell geübt werden.
Kompetenzbeschreibungen des Entwicklungsbereichs 5 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Kompetenzbereich Nutzung des vorhandenen Sehvermögens
Die Schülerinnen und Schüler können
- – das noch vorhandene Sehvermögen bestmöglich durch Optimierung der Lichtverhältnisse und Kontraste nutzen.3
- – geeignete Sehhilfen benennen und diese situationsgerecht einsetzen.
- – ihre Augenerkrankung und deren Auswirkung auf ihr Leben beschreiben.1,3
- – ihre diesbezüglichen Bedürfnisse wahrnehmen und kommunizieren.
- – Notwendigkeit und Wichtigkeit spezieller Maßnahmen in geeigneter Weise mitteilen und kommunizieren.
- – die Gestaltung ihres Alltages optimieren.1
Kompetenzbereich Stärkung des funktionellen Sehens
Die Schülerinnen und Schüler können
- – ihr funktionelles Sehvermögen durch selbständig durchgeführte Übungen verbessern.3
- – Kompensationstechniken benennen und anwenden.3
Kompetenzbereich Einsatz optischer und elektronischer Hilfsmittel
Die Schülerinnen und Schüler können
- – verschiedene optische und elektronische Hilfsmittel4 für den Nah- und Fernbereich benennen, anwenden und den individuellen Bedürfnissen entsprechend einsetzen.
- – die Vor- und Nachteile einzelner Hilfsmittel benennen und danach individuelle Entscheidungen für den Einsatz treffen.
- – ergonomische Aspekte beim Einsatz von optischen und elektronischen Hilfsmitteln berücksichtigen.3
ENTWICKLUNGSBEREICH 6: TASTEN/TASTSTRATEGIEN
Bildungs- und Lehraufgabe des Entwicklungsbereichs 6 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Ein beträchtlicher Teil der Informationsaufnahme erfolgt bei Schülerinnen und Schülern mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit über den Tastsinn. Der gezielten Schulung des Tastsinns kommt daher ein besonderer Stellenwert zu. Vielfältige Angebote sollen eine eventuelle Tastscheu abbauen und die Schülerinnen und Schüler dazu motivieren, ihren Tastsinn gezielt einzusetzen. Im Gegensatz zum Sehsinn kann der Tastsinn nur ein geringes Maß an gleichzeitig wahrgenommenen Informationen vermitteln. Da die Informationsaufnahme sukzessiv erfolgt, muss im Unterricht für Erarbeitungs- und Übungsphasen im Vergleich zur visuellen Wahrnehmung ein längerer Zeitraum zur Verfügung gestellt werden. Ausgehend vom individuellen Entwicklungsstand und von den bereits vorhandenen Tasterfahrungen der Schülerinnen und Schüler soll durch vielfältige Material- und Übungsangebote eine möglichst hohe Differenzierungsfähigkeit und Sensibilität des Tastsinns erreicht werden.
Didaktische Grundsätze des Entwicklungsbereichs 6 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Da der Tastsinn nur in der Reichweite des Hand- und Armtastraums anwendbar ist und sich große Objekte, aber auch abstrakte Begriffe der haptischen Erfassung entziehen, sind für den Unterricht entsprechende und allenfalls verkleinerte oder vereinfachte Anschauungsmaterialien in Form von taktilen Modellen, Skizzen und Bildern bereitzustellen.
Kompetenzbeschreibungen des Entwicklungsbereichs 6 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Kompetenzbereich Tasten und Taststrategien
Die Schülerinnen und Schüler können
- – Informationen aus taktilen Bildern, Skizzen oder Modellen entnehmen und wiedergeben.12
- – Positionsbegriffe beim Tasten richtig benennen und anwenden.
- – die Tastrichtung einhalten und größere Objekte systematisch ertasten.3
- – Lagebeziehungen auf einer ebenen Fläche und im Raum beschreiben.
- – sich in einem (größeren) Tastraum orientieren und gezielt Objekte finden.3
- – Gegenstände nach Tastqualitäten sortieren, ordnen und benennen.
- – serielle taktile Abbildungen von Reihen erfassen, wiedergeben und herstellen.
- – taktile Punktmuster erfassen.10
- – Gegenstände und Figuren ertasten, beschreiben, erkennen und benennen.
- – reale Gegenstände in Form eines Modells erkennen und beschreiben.
- – die Realität in eine zweidimensionale Darstellung übertragen.
ENTWICKLUNGSBEREICH 7: HÖREN/HÖRSTRATEGIEN
Bildungs- und Lehraufgabe des Entwicklungsbereichs 7 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Hören ermöglicht es, als Distanzsinn Informationen aufzunehmen, die außerhalb des Tastraumes liegen. Für Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung/Blindheit sind akustische Informationen bedeutsam für die Identifikation von Objekten, Personen und Vorgängen in der Umwelt sowie für die Erfassung räumlicher Bezüge12 und das ästhetische Erleben. Durch die gezielte Schulung des Hörsinns sowie des differenzierenden Hörens sollen die Schülerinnen und Schüler selektives Hören erlernen und verfeinern, um wichtige auditive Informationen aus der Fülle der Umgebungsgeräusche herausfiltern zu können. Besondere Informationen werden dem Tonfall, der Sprachmelodie und der deutlichen Aussprache als Kompensationsmöglichkeit zur nicht wahrnehmbaren Körpersprache entnommen.10
Didaktische Grundsätze des Entwicklungsbereichs 7 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
In einer ruhigen Lernatmosphäre können Schülerinnen und Schüler akustische Informationen besser wahrnehmen, gezielter herausfiltern und erkennen. Daher ist darauf zu achten, dass der allgemeine Lärmpegel möglichst geringgehalten und eine akustische Reizüberflutung vermieden wird.3 Hintergrundgeräusche oder plötzliche Höreindrücke können von den Schülerinnen und Schülern visuell nicht überprüft werden und lenken von der Aufmerksamkeit ab. Die Fähigkeit zur Interpretation nonverbaler akustischer Informationen ist durch ein wiederholtes vielfältiges Übungsangebot zu schulen. Die Schülerinnen und Schüler sollen erfahren, dass sie durch aktives Zuhören an vielen Abläufen und Ereignissen teilhaben und dadurch einen besseren Überblick über das Geschehen gewinnen können.
Kompetenzbeschreibungen des Entwicklungsbereichs 7 (Vorschulstufe, 1. bis 9. Schulstufe):
Kompetenzbereich Hören und Hörstrategien
Die Schülerinnen und Schüler können
- – ihr auditives Gedächtnis durch aktives Zuhören optimal nutzen.
- – durch auditive Aufmerksamkeit und Konzentration Informationen wahrnehmen, erkennen und wiedergeben.
- – Stimmen und Geräusche wiedererkennen und zuordnen.
- – aus akustischen Informationen das Wichtigste entnehmen, es interpretieren und darauf angemessen reagieren.3,12
- – Alltagssituationen mit Hilfe auditiver Wahrnehmungsstrategien bewältigen.1
- – ihr Wissen über den Schutz vor akustischer Umweltbelästigung im Alltag anwenden.3
- – sich mit Hilfe selbst verursachter Klicklaute durch Schallreflexion einen besseren Überblick über die Umgebung machen.12
1Bildungs-, Berufs- und Lebensorientierung | 2Entrepreneurship Education | 3Gesundheitsförderung |
4Informatische Bildung | 5Interkulturelle Bildung | 6Medienbildung |
7Politische Bildung | 8Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung | 9Sexualpädagogik |
10Sprachliche Bildung und Lesen | 11Umweltbildung | 12Verkehrs- und Mobilitätsbildung |
13Wirtschafts-, Finanz- und Verbraucher/innenbildung |
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ACHTER TEIL
ERGÄNZENDE AUSFÜHRUNGEN ZU DEN PFLICHTGEGENSTÄNDEN, DEN VERBINDLICHEN UND UNVERBINDLICHEN ÜBUNGEN SOWIE DEN FREIGEGENSTÄNDEN DER VORSCHULSTUFE, PRIMARSTUFE UND SEKUNDARSTUFE
Die Fachlehrpläne für den Religionsunterricht, jene der einzelnen verbindlichen Übungen der Vorschulstufe sowie der einzelnen Unterrichtsgegenstände (Pflichtgegenstände, verbindliche Übungen, unverbindliche Übungen und Freigegenstände) der Primarstufe und Sekundarstufe sind den Lehrplänen der Volksschule, der Mittelschule, der AHS-Unterstufe bzw. des Förderschwerpunkts Lernen, der einjährigen Fachschule für wirtschaftliche Berufe, der Polytechnischen Schule bzw. des Berufsvorbereitungsjahres zu entnehmen. Nachfolgend werden Ergänzungen angeführt, die für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit allgemein im Unterricht bzw. in einzelnen Unterrichtsgegenständen zu berücksichtigen sind. Sie sind entsprechend den individuellen Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler zu differenzieren und zielen die gleichberechtigte Teilhabe und Aktivität am Schulleben an.
- – Die Sehbeeinträchtigung/Blindheit, damit einhergehende Herausforderungen für Betroffene sowie Barrierefreiheit und Teilhabemöglichkeiten sind fächerübergreifend als Unterrichtsinhalte aufzugreifen.
- – Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit sind einer deutlich höheren Belastung ausgesetzt. Die Konzentration auf die Wahrnehmung auditiver bzw. taktiler Reize erfordert größere Anstrengung und verstärkte Aufmerksamkeitsintensität. Im Unterricht ist diesen Herausforderungen durch bewusstes Einlegen von Pausen, Minimieren von Nebengeräuschen, adäquate Aufbereitung von wichtigen Informationen und Inhalten sowie Einberechnen von Zeitzugaben zu begegnen.
- – Eine umfassende Diagnostik umfasst unter anderem auch die Erhebung jener Faktoren, die sich positiv auf das Sehvermögen einer Person auswirken, um sie in verschiedenen Situationen des schulischen Alltags berücksichtigen zu können. Low vision ist durchgängig zu berücksichtigen.
- – Der Einsatz blinden- und sehbehindertengerechter Unterrichtsmittel, Technologien, Materialien und Methoden ist in allen Unterrichtsgegenständen sicherzustellen. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf Barrierefreiheit zu legen.
- – Der Wortschatzarbeit kommt in allen Unterrichtsgegenständen eine besondere Bedeutung zu, da Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit Begriffe nicht nebenbei und intuitiv entwickeln. Sowohl Alltags- als auch Fachwortschatz sind gezielt zu erweitern und durch die Bereitstellung alternativer Wahrnehmungsmöglichkeiten möglichst gleichzeitig zu vermitteln.
- – Das Erfassen von Gegenständen und Inhalten führt primär vom Erfahren der Realität bzw. des dreidimensionalen Modells hin zu zweidimensionalen Tastbildern. Die wiederholte Verbalisierung der Inhalte ist dabei ebenso von zentraler Bedeutung wie das verstärkte Einbeziehen der anderen sensorischen Reize (akustisch, olfaktorisch, gustatorisch und haptisch).
- – Visuelle Darstellungen sind durch Verbalisierung zu ergänzen sowie durch akustische oder taktile Darstellungen zu ersetzen. Da nicht alle Details einer visuellen Darstellung in taktiler Form wiedergegeben werden können, sind oftmals Vereinfachung, Elementarisierung oder Vergrößerungen notwendig. Komplexe Bilder müssen gegebenenfalls in eine Abfolge von Tastbildern oder Skizzen zerlegt werden.
- – Visuelle Impulse sind als Anregung für Lern- und Gestaltungsprozesse (zB Sprechanlässe, Tätigkeiten im Rahmen des Unterrichtsgegenstandes Kunst und Gestaltung) nicht geeignet und durch multisensorische zu ersetzen. Kreatives und selbständiges Gestalten ist über andere Sinneskanäle anzubahnen.
- – Die Brailleschrift spielt insbesondere im Rahmen des Lese- und Schreibprozesses sowie des Mathematikunterrichts eine wesentliche Rolle. Da Brailleschrift nicht simultan erfasst werden kann, sondern nur Zeichen für Zeichen sukzessive unter erhöhtem Zeitaufwand erfasst wird, sind Zeitzugaben oder eine Reduktion der Anzahl bzw. des Umfangs von Aufgabenstellungen erforderlich. Während des Schreibvorgangs ist eine gleichzeitige Kontrolle des Geschriebenen nicht möglich. Im Mathematikunterricht ist es erforderlich, die speziellen Regeln der Mathematik-Brailleschrift zu vermitteln. Die 8-Punkt-Schrift der Braille-Zeile unterscheidet sich dabei wesentlich von der 6-Punkt-Schrift, die mit der Blindenschreibmaschine erzeugt wird, und erfordert eine andere spezielle methodische Aufbereitung des Unterrichtsstoffes. Das blockweise Erfassen beispielsweise von Texten, mehrstelligen Zahlen sowie Brüchen oder Potenzschreibweisen ist nicht möglich, da Zahlen nur ziffernweise ertastet werden können. So es für das Erlernen eines Rechenvorgangs unerheblich ist, können kleinere Zahlen verwendet werden.
- – Einige Methoden wie zB Betrachten, Beobachten, Bestimmen, Mikroskopieren, Zeichnen sowie die Durchführung von Experimenten und Versuchen, die vor allem in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichtsgegenständen sowie im Bereich Wirtschaft und Gesellschaft wesentliche Möglichkeiten zum Erfahrungs- und Erkenntnisgewinn darstellen, sind für Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit nicht oder nur in eingeschränktem Maße durchführbar. Sollten alternative Methoden nicht möglich sein, bieten sich vor allem Partner- oder Kleingruppenarbeiten an, um den Schülerinnen und Schülern die aktive Teilnahme am Unterricht und Zugang zu den Inhalten zu ermöglichen.
- – Beim Erlernen von Fertigkeiten und Arbeitsabläufen im Bereich Musik, Kunst und Kreativität ist oftmals das Zerlegen in einzelne Teilschritte notwendig. Der Anspruch auf Exaktheit zB im Unterrichtsgegenstand Technik und Design sowie Geometrisches Zeichnen richtet sich nach den wahrnehmungsbezogenen Möglichkeiten der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
- – Möglichkeiten zur Bewegung in verschiedenen Unterrichtsgegenständen können dazu beitragen, auffällige Bewegungsmuster und eventuelle Hemmungen abzubauen bzw. deren Entstehung zu verhindern. Gezielte Unterstützung und Anleitungen sind in den Bereichen Musik, Kunst und Kreativität sowie Gesundheit und Bewegung erforderlich.
- – Kann eine Kompetenz aufgrund einer Sehbeeinträchtigung bzw. Blindheit nicht voll umfänglich erworben werden, so sind den Schülerinnen und Schülern kompensatorische Möglichkeiten anzubieten (zB barrierefreie Zugänge zu Medien und Veranstaltungen).
- – Die Wahl der Sozial- und Arbeitsformen ist an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler mit Sehbeeinträchtigung/Blindheit anzupassen. Kleingruppen- und Partnerarbeiten unterstützen die Entwicklung der sozialen Kompetenzen sowie des Perspektivenwechsels und des Empathievermögens.
- – Das Nicht-Wahrnehmen-Können visueller Signale kann das Gefahrenpotenzial in verschiedenen Situationen erhöhen. Bei der Erarbeitung von Sicherheitsmaßnahmen in diversen Unterrichtsgegenständen (zB Verkehrs- und Mobilitätsbildung, Bewegung und Sport) ist dies speziell zu berücksichtigen.
Zuletzt aktualisiert am
21.10.2024
Gesetzesnummer
20012709
Dokumentnummer
NOR40265817
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