§ 98b VAG

Alte FassungIn Kraft seit 01.1.2008

Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung

§ 98b.

(1) Die Versicherungsunternehmen haben die Identität eines Kunden festzustellen und zu überprüfen:

  1. 1. vor Begründung einer Geschäftsbeziehung;
  2. 2. vor Durchführung von allen nicht in den Rahmen einer Geschäftsbeziehung fallenden Transaktionen, deren Betrag sich auf mindestens 15 000 Euro oder Euro-Gegenwert beläuft, und zwar unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder in mehreren Vorgängen, zwischen denen eine Verbindung offenkundig gegeben ist, getätigt wird; ist der Betrag vor Beginn der Transaktion nicht bekannt, so ist die Identität dann festzustellen, sobald der Betrag bekannt ist und festgestellt wird, dass er mindestens 15 000 Euro oder Euro-Gegenwert beträgt;
  3. 3. wenn der Verdacht oder der berechtigte Grund zu der Annahme besteht, dass der Kunde einer terroristischen Vereinigung (§ 278b des Strafgesetzbuches, BGBl. Nr. 60/1974 [StGB]) angehört oder dass der Kunde objektiv an Transaktionen mitwirkt, die der Geldwäscherei (§ 165 StGB – unter Einbeziehung von Vermögensbestandteilen, die aus einer strafbaren Handlung des Täters selbst herrühren) oder der Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) dienen;
  4. 4. bei Zweifel an der Echtheit oder der Angemessenheit zuvor erhaltener Kundenidentifikationsdaten.

(2) Das Versicherungsunternehmen hat denjenigen, der eine Geschäftsbeziehung zu dem Versicherungsunternehmen begründen will aufzufordern, bekannt zu geben, ob er als Treuhänder auftritt; dieser hat der Aufforderung zu entsprechen. Gibt dieser bekannt, dass er als Treuhänder auftreten will, so hat er dem Versicherungsunternehmen auch die Identität des Treugebers nachzuweisen. Die Identität des Treuhänders ist gemäß Abs. 1 und zwar ausschließlich bei physischer Anwesenheit des Treuhänders festzustellen. Eine Identifizierung des Treuhänders durch Dritte ist ebenfalls ausgeschlossen. Der Nachweis der Identität des Treugebers hat bei natürlichen Personen durch Vorlage des Originals oder einer Kopie des amtlichen Lichtbildausweises (Abs. 1) des Treugebers zu erfolgen, bei juristischen Personen durch beweiskräftige Urkunden gemäß Abs. 1. Der Treuhänder hat weiters eine schriftliche Erklärung gegenüber dem Versicherungsunternehmen abzugeben, dass er sich persönlich oder durch verlässliche Gewährspersonen von der Identität des Treugebers überzeugt hat. Verlässliche Gewährspersonen in diesem Sinn sind Gerichte und sonstige staatliche Behörden, Notare, Rechtsanwälte und Dritte im Sinne des § 98e.

(3) Die Versicherungsunternehmen haben weiters:

  1. 1. den Kunden aufzufordern die Identität des wirtschaftlichen Eigentümers des Kunden bekannt zu geben und dieser hat dieser Aufforderung zu entsprechen sowie haben sie risikobasierte und angemessene Maßnahmen zur Überprüfung von dessen Identität zu ergreifen, sodass sie davon überzeugt sind zu wissen, wer der wirtschaftliche Eigentümer ist; im Falle von juristischen Personen oder von Trusts schließt dies risikobasierte und angemessene Maßnahmen ein, um die Eigentums- und die Kontrollstruktur des Kunden zu verstehen,
  2. 2. risikobasierte und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um Informationen über Zweck und Art der angestrebten Geschäftsbeziehung einzuholen,
  3. 3. risikobasierte und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um eine kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung, einschließlich einer Überprüfung der im Verlauf der Geschäftsbeziehung abgewickelten Transaktionen, durchzuführen, um sicherzustellen, dass diese mit den Kenntnissen des Versicherungsunternehmens über den Kunden, seine Geschäftstätigkeit und sein Risikoprofil, einschließlich erforderlichenfalls der Herkunft der Geld- oder Finanzmittel, kohärent sind, und Gewähr zu leisten, dass die jeweiligen Dokumente, Daten oder Informationen stets aktualisiert werden.

(4) Die Versicherungsunternehmen haben ihr Geschäft anhand geeigneter Kriterien (insbesondere Produkte, Kunden, Komplexität der Transaktionen, Geschäft der Kunden, Geographie) einer Risikoanalyse betreffend ihres Risikos, für Zwecke der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden, zu unterziehen. Die Versicherungsunternehmen müssen gegenüber der FMA nachweisen können, dass der Umfang der auf Grund der Analyse gesetzten Maßnahmen im Hinblick auf die Risiken der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung als angemessen anzusehen ist.

(5) Abweichend von Abs. 1 Z 1 können Versicherungsunternehmen die Identität des Begünstigten aus dem Versicherungsvertrag auch erst vor der Auszahlung, oder wenn der Begünstigte seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag in Anspruch nimmt, überprüfen.

(6) Für den Fall, dass die Versicherungsunternehmen nicht in der Lage sind, Abs. 1 bis 3 zur Kundenidentifizierung und Erlangung der sonstigen erforderlichen Informationen über die Geschäftsbeziehung einzuhalten, dürfen sie keine Geschäftsbeziehung begründen und keine Transaktion durchführen; überdies ist eine Meldung über den Kunden an die Behörde (§ 6 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991 [SPG]) gemäß § 98f Abs. 1 in Erwägung zu ziehen.

(7) Die Versicherungsunternehmen haben die Sorgfaltspflichten gemäß diesem Hauptstück zur Feststellung und Überprüfung der Kundenidentität nicht nur auf alle neuen Kunden, sondern zu geeigneter Zeit auch auf die bestehende Kundschaft auf risikoorientierter Grundlage anzuwenden.

(8) Die Versicherungsunternehmen haben

  1. 1. zu veranlassen, dass in ihren Zweigstellen und Tochterunternehmen in Drittländern Maßnahmen angewendet werden, die zumindest denen entsprechen, die in diesem Bundesgesetz im Hinblick auf die Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden und die Aufbewahrung von Aufzeichnungen festgelegt sind;
  2. 2. die FMA hiervon zu informieren, wenn die Anwendung der Maßnahmen gemäß Z 1 nach den Rechtsvorschriften des betreffenden Drittlands nicht zulässig ist und außerdem andere Maßnahmen zu ergreifen, um dem Risiko der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung wirkungsvoll zu begegnen.

(9) Im Zusammenhang mit Nichtkooperationsstaaten ist § 78 Abs. 9 des Bankwesengesetzes, BGBl. Nr. 532/1993 (BWG) sinngemäß anzuwenden.

EG: Art. 1, BGBl. I Nr. 107/2007

Schlagworte

Eigentumsstruktur, Geldmittel

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2023

Gesetzesnummer

10006594

Dokumentnummer

NOR40094482

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