§ 20a GWG

Alte FassungIn Kraft seit 28.6.2006

Neue Infrastrukturen

§ 20a

(1) Die Energie-Control Kommission kann auf Antrag mit Bescheid aussprechen, dass die Bestimmungen der §§ 17, 23 bis 23d, 31e bis 31h, 39 und 39a auf eine größere neue Infrastruktur im Sinne des § 6 Z 39 (grenzüberschreitende Fernleitungen und Speicheranlagen) oder Teile davon für einen bestimmten Zeitraum keine Anwendung finden. Der Antrag hat jedenfalls nachstehende Unterlagen zu enthalten:

  1. 1. das Ausmaß der Einschränkung des Rechtes auf Netz- bzw. Speicherzugang sowie dessen voraussichtliche Dauer und die an Stelle der oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen tretenden Regeln;
  2. 2. den Kreis der von dieser Maßnahme betroffenen Kunden sowie das allenfalls nach Kundenkategorien differenzierte Ausmaß der Einschränkung ihrer Rechte gemäß §§ 17, 23 bis 23d, 39 und 39a sowie
  3. 3. geeignete Beweismittel, mit denen das Vorliegen folgender Voraussetzungen glaubhaft gemacht wird:
  1. a) durch die Investition in die betroffene Fernleitung oder Speicheranlage werden der Wettbewerb bei der Gasversorgung und die Versorgungssicherheit verbessert;
  2. b) das mit der Investition verbundene Risiko ist so hoch, dass die Investition in die Fernleitung oder Speicheranlage ohne Ausnahme gemäß Abs. 1 nicht getätigt werden würde;
  3. c) die Infrastruktur steht im Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person, die zumindest der Rechtsform nach von den Netzbetreibern getrennt ist, in deren Netzen die Infrastruktur geschaffen wird;
  4. d) von den Nutzern dieser Fernleitung oder Speicheranlage werden Systemnutzungsentgelte oder Speicherentgelte eingehoben;
  5. e) die Ausnahme gemäß Abs. 1 wirkt sich nicht nachteilig auf den Wettbewerb oder das effektive Funktionieren des Erdgasbinnenmarktes oder das effiziente Funktionieren der in §§ 17, 23 bis 23d, 39 und 39a dargelegten Bestimmungen für die an die Fernleitung oder Speicheranlage angeschlossenen Verteil- und Fernleitungen und Speicheranlagen aus;
  6. f) im Zusammenhang mit der größeren neuen Infrastruktur stehende langfristige Verträge stehen mit den Wettbewerbsregeln in Einklang.

(2) Abs. 1 gilt auch für jede Kapazitätsaufstockung bei vorhandenen Fernleitungen oder Speicheranlagen und für Änderungen dieser Anlagen, die die Erschließung neuer Gasversorgungsquellen ermöglichen.

(3) Der Ausspruch einer Ausnahme gemäß Abs. 1 kann sich auf eine neue Fernleitung oder Speicheranlage, eine erheblich vergrößerte vorhandene Fernleitung oder Speicheranlage oder die Änderung einer vorhandenen Fernleitung oder Speicheranlage in ihrer Gesamtheit oder auf Teile davon erstrecken.

(4) Der Antrag ist auf Aufforderung der Energie-Control Kommission abzuändern, soweit dies zur Erfüllung der Vorschriften und Ziele dieses Gesetzes erforderlich ist.

(5) Die Energie-Control Kommission kann einen Bescheid gemäß Abs. 1 unter Vorschreibung von Auflagen oder Bedingungen erlassen, soweit dies zur Erfüllung der Vorschriften und Ziele dieses Gesetzes erforderlich ist.

(6) Bei der Entscheidung gemäß Abs. 1 hat die Energie-Control Kommission insbesondere die Laufzeit von im Zusammenhang mit der größeren neuen Infrastruktur stehenden langfristigen Verträgen, die neu zu schaffende Kapazität oder die Änderung der vorhandenen Kapazität und die zeitliche Grenze des Projekts zu berücksichtigen.

(7) Bei Ausspruch einer Ausnahme gemäß Abs. 1 können Regeln und Mechanismen für das Kapazitätsmanagement und die Kapazitätszuweisung festgelegt werden, wobei folgende Mindestkriterien einzuhalten sind:

  1. 1. in der Ausschreibung ist die zur Vergabe stehende technische Gesamtkapazität, die Anzahl und Größe der Anteile (Lots) sowie das Zuteilungsverfahren im Falle eines Nachfrageüberschusses bekannt zu geben;
  2. 2. es sind sowohl fixe als auch unterbrechbare Transport- und Speicherrechte auf Jahres- und Monatsbasis anzubieten;
  3. 3. die Ausschreibung ist jedenfalls im Amtsblatt zur Wiener Zeitung sowie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften auf Kosten des Antragstellers zu veröffentlichen;
  4. 4. das Vergabeverfahren hat in fairer und nicht diskriminierender Weise zu erfolgen;
  5. 5. für den Fall, dass Lots gemäß der Ausschreibung nicht abgesetzt werden, ist die Vergabe der Kapazitäten in marktkonformer Weise zu wiederholen.

(8) Bescheide gemäß Abs. 1 sind von der Energie-Control Kommission im Internet zu veröffentlichen.

(9) Im Fall einer grenzüberschreitenden Fernleitung sind vor Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 1 die zuständigen Behörden in den anderen betroffenen Mitgliedstaaten anzuhören.

(10) Die Energie-Control Kommission hat der Kommission der Europäischen Union die Ausnahmeentscheidung gemäß Abs. 1 zusammen mit allen einschlägigen Begleitinformationen unverzüglich zu übermitteln. Die Begleitinformationen müssen insbesondere Folgendes enthalten:

  1. 1. eine ausführliche Begründung der gewährten Ausnahme, einschließlich finanzieller Informationen, die die Notwendigkeit der Ausnahme rechtfertigen;
  2. 2. eine Untersuchung bezüglich der Auswirkungen der Gewährung der Ausnahme auf den Wettbewerb und das effektive Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts;
  3. 3. eine Begründung der Geltungsdauer der Ausnahme sowie des Anteils an der Gesamtkapazität der Erdgasinfrastruktur, für den die Ausnahme gewährt wird;
  4. 4. bei Ausnahmen im Zusammenhang mit einer Verbindungsleitung das Ergebnis der Konsultation der betroffenen Regulierungsbehörden;
  5. 5. einen Hinweis auf den Beitrag der Infrastruktur zur Diversifizierung der Gasversorgung.

(11) Verlangt die Europäische Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Einlangen der Mitteilung eine Abänderung oder Aufhebung der Entscheidung über die Genehmigung einer Ausnahme, kann die Energie-Control Kommission den Bescheid gemäß § 68 Abs. 6 AVG beheben oder abändern. Die Zweimonatsfrist verlängert sich um einen weiteren Monat, wenn die Kommission der Europäischen Union zusätzliche Informationen anfordert. Fasst die Europäische Kommission nach dem Verfahren I der Art. 3 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG einen endgültigen Beschluss, hat die Energie-Control Kommission nach Maßgabe dieses Beschlusses den gemäß Abs. 1 erlassenen Bescheid gemäß § 68 Abs. 6 AVG zu beheben oder abzuändern.

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