§ 1.
Alle Eisenbahnwagen, in welchen Pferde, Maultiere, Esel, Rindvieh, Schafe, Ziegen, Schweine in was immer für einem Inlands- oder Auslandsverkehre befördert worden sind, müssen nebst den zugehörigen Gerätschaften der Eisenbahnverwaltungen und anderen Geräten, die bei der Beförderung benützt worden sind, vor ihrer weiteren Verwendung nach folgenden Vorschriften gereinigt und desinfiziert werden:
- 1. Der eigentlichen Desinfektion der Wagen muß stets die Beseitigung der Streumaterialien, des Düngers, der Reste von Anbindesträngen u. s. w. sowie eine gründliche Reinigung durch heißes Wasser vorangehen. Wo solches nicht in genügender Menge zu beschaffen ist, darf auch unter Druck ausströmendes kaltes Wasser verwendet werden, jedoch muß vorher zur Aufweichung des anhaftenden Schmutzes eine Abspülung mit heißem Wasser erfolgen. Die Reinigung ist nur dann als ausreichend anzusehen, wenn durch sie alle von dem Transporte herrührenden Verunreinigungen vollständig beseitigt sind; auch die in die Fugen der Wagenböden eingedrungenen Schmutzteile sind vollständig - erforderlichenfalls unter Anwendung von eisernen Geräten mit abgestumpften Spitzen und Rändern - zu entfernen.
- 2. Die Desinfektion selbst hat sich, und zwar auch in den Fällen, wo der Wagen nur teilweise beladen war, auf alle Teile des Wagens oder des benützten Wagenabteils zu erstrecken.
- Sie muß bewirkt werden:
- a) unter gewöhnlichen Verhältnissen durch Waschen der Fußböden, Decken und Wände mit einer auf mindestens 50 ºCelsius erhitzten Sodalauge, zu deren Herstellung wenigstens 3 Kilogramm Soda auf 100 Liter Wasser verwendet sind. Auf Stationen, die mit den erforderlichen Einrichtungen versehen sind, ist statt der Waschung mit Sodalauge auch die gründlichste Behandlung der Fußböden, Decken und Wände mit Wasserdampf unter Benützung geeigneter Vorrichtungen zulässig;
- der zur Verwendung kommende Wasserdampf muß eine Spannung von mindestens zwei Atmosphären haben;
- b) in Fällen einer Infektion des Wagens durch Rinderpest (orientalische Rinderpest), Milzbrand, Maul- und Klauenseuche, Rotz, Schweineseuche (einschließlich Schweinepest), Schweinerotlauf oder des dringenden Verdachtes einer solchen Infektion durch Anwendung eines der beiden unter a) vorgeschriebenen Verfahren und außerdem durch sorgfältiges Bepinseln der Fußböden, Decken und Wände mit einer dreiprozentigen Lösung einer Kresolschwefelsäuremischung oder mit einer zweiprozentigen Formaldehydlösung. Die Kresolschwefelsäuremischung ist durch Mischen von zwei Teilen rohem Kresol (Cresolum crudum des Arzneibuches) und einem Teile roher Schwefelsäure (Acidum sulfuricum crudum des Arzneibuches) bei gewöhnlicher Temperatur zu bereiten. Zur Herstellung der dreiprozentigen Lösung darf die Mischung frühestens 24 Stunden, spätestens drei Monate nach ihrer Bereitung benützt werden. Die Lösung ist innerhalb 24 Stunden zu verwenden.
- Anstatt des Bepinselns kann auch eine Bespritzung mit einem
- von dem Ministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Eisenbahnministerium als geeignet zugelassenen Apparate erfolgen.
- 3. Die verschärfte Art der Desinfektion (2 b) ist in der Regel nur
- auf veterinärpolizeiliche Anordnung, ohne solche Anordnung jedoch auch dann vorzunehmen, wenn die Wagen zur Beförderung von Klauenvieh von solchen Stationen, in deren Umkreise von 20 Kilometer die Maul- und Klauenseuche herrscht oder noch nicht für erloschen erklärt worden ist, gedient haben. Der zuständigen politischen Verwaltungsbehörde bleibt vorbehalten, die verschärfte Desinfektion (2 b) auch in anderen Fällen anzuordnen, wenn sie es zur Verhütung der Verschleppung der bezeichneten Seuchen für unerläßlich erachtet.
- 4. Wenn Wagen mit einer inneren Verschalung der verschärften
- Desinfektion (2 b) zu unterwerfen sind, ist die Verschalung abzunehmen und ebenso wie der Wagen zu reinigen und zu desinfizieren.
- 5. Bei gepolsterten Wagen ist die Polsterung, die entfernbar sein
- muß, in ausreichender Weise zu reinigen. Hat eine Infektion des Wagens durch eine der unter 2 b) genannten Seuchen stattgefunden oder liegt der dringende Verdacht einer solchen Infektion vor, so muß die Polsterung verbrannt werden.
- Der Wagen selbst ist in der zu 1 bis 3 angegebenen Weise zu behandeln. Ausländische Wagen, deren Polsterung nicht entfernbar ist, dürfen nicht wieder beladen werden.
- 6. Bei Wagen, die zur Beförderung von einzelnen Stücken Kleinvieh
- in Kisten oder Käfigen gedient haben und nicht durch Streu, Futter, Auswurfstoffe u. s. w. verunreinigt wurden, gilt, mit Ausnahme der sub 2 b) und 3 erwähnten Fälle, eine Waschung der Wände, des Fußbodens und der Decke mit heißem Wasser als ausreichende Desinfektion.
- 7. Eisenbahnwagen, die zum Transporte von Vieh der im Eingange
- bezeichneten Art benutzt werden, sind bei der Beladung oder bei dem aus dem Auslande kommenden Wagen beim Eintritte in das Gebiet der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder auf beiden Seiten mit Zetteln von gelber Farbe und mit der Aufschrift „Zu desinfizieren" zu bekleben. Sofern ein Wagen der verschärften Desinfektion unterzogen werden muß (2 b und 3), ist er auf derjenigen Station, wo die Voraussetzungen für diese Art der Desinfektion eintreten oder bekannt werden, mit Zetteln von gelber Farbe mit einem in der Mitte aufgedruckten senkrechten roten Streifen und der Aufschrift „Verschärft zu desinfizieren" zu bekleben.
- Bei der Entladung ist auf dem Zettel Tag und Stunde der Entladung unter Beidrückung des Stationsstempels zu bemerken. Wird die Desinfektion nicht in der Ausladestation vorgenommen, so ist auch jene Station ersichtlich zu machen, wohin die Wagen zur Desinfektion zu bringen sind.
- Nach der Desinfektion sind die Zettel zu entfernen und an ihre Stelle solche von weißer Farbe mit dem Aufdrucke „Desinfiziert am
......... Stunde ....... in .........." anzubringen, die erst bei der Wiederbeladung des Wagens zu beseitigen sind.
- 8. Leere oder mit anderen Gütern als Vieh der im Eingange
- bezeichneten Art beladene Eisenbahnwagen, die in das Gebiet der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder eingehen und äußerlich erkennbar zur Beförderung solchen Viehs benützt, aber nicht nach diesen Vorschriften gereinigt und desinfiziert wurden, sind, wenn sie nicht zurückgewiesen werden, nach diesen Vorschriften zu reinigen und zu desinfizieren.
- 9. Die vorstehenden Vorschriften haben auf die Desinfektion der Gerätschaften, die bei der Beförderung benützt wurden, sinngemäße Anwendung zu finden.
- 10. Die Vieh-Ein- und Ausladeplätze, Viehhöfe, Triebwege, Treppen
- und Rampen sind in den Fällen, in welchen nebst der Reinigung auch die Desinfektion derselben stattzufinden hat, durch Bepinseln oder Bespritzen mit einer dreiprozentigen Lösung einer Kresolschwefelsäuremischung oder mit einer zweiprozentigen Formaldehydlösung zu desinfizieren.
Die bei der Reinigung dieser Objekte verwendeten Geräte sind nach jedesmaliger Benützung selbst einer gründlichen Säuberung durch Abwaschen mit Wasser zu unterziehen und falls die Desinfektion dieser Objekte statt zu finden hat, gleichfalls mit der Kresolschwefelsäuremischung oder Formaldehydlösung zu desinfizieren.
Schlagworte
Vieheinladeplatz, Inlandsverkehr
Zuletzt aktualisiert am
01.04.2025
Gesetzesnummer
10010166
Dokumentnummer
NOR40005942
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