§ 1 AEV Petrochemie

Alte FassungIn Kraft seit 10.9.2021

§ 1.

(1) Bei der wasserrechtlichen Bewilligung einer Einleitung von Abwasser, Niederschlagswasser oder Mischwasser aus Betrieben oder Anlagen gemäß Abs. 2 in ein Fließgewässer oder in eine öffentliche Kanalisation sind die inAnlage A festgelegten Emissionsbegrenzungen vorzuschreiben.

(2) Abs. 1 gilt für Abwasser, Mischwasser oder Niederschlagswasser aus Betrieben oder Anlagen mit folgenden Tätigkeiten:

  1. 1. Lagern von Produkten aus der Verarbeitung von Erdöl oder dessen
  1. 2. Herstellen von Alkenen, Alkinen oder Aromaten aus Verarbeitungsprodukten des Erdöles oder dessen Fraktionen durch Cracken unter Einsatz von Dampf (Steamcracken);
  2. 3. Herstellen von chemisch reinen Kohlenwasserstoffen oder deren Mischungen aus Crackprodukten der Z 2 unter Einsatz physikalischer Trennverfahren;
  3. 4. Herstellen von organischen Grundchemikalien aus Kohlenwasserstoffen der Z 2 oder 3 unter Einsatz nachstehend genannter chemischer Verfahren:
  1. a) Alkylierung,
  2. b) Desalkylierung,
  3. c) Dehydrierung,
  4. d) Disproportionierung,
  5. e) Hydratisierung oder Hydroxylierung,
  6. f) Hydrodesalkylierung,
  7. g) Hydrierung,
  8. h) Isomerisierung,
  9. i) Oxidation,
  10. j) Veretherung;
  1. 5. Herstellen von stickstoffhaltigen organischen Grundchemikalien aus Kohlenwasserstoffen der Z 2 oder 3 oder aus Stoffen der Z 4 (zB Amide, Amine, Cyanate, Isocyanate, Lactame, Nitrile, Nitro-, Nitroso- oder Nitratverbindungen, stickstoffhaltige Aromaten);
  2. 6. Herstellen von schwefel- oder phosphorhaltigen organischen Grundchemikalien aus Kohlenwasserstoffen der Z 2 oder 3 oder aus Stoffen der Z 4;
  3. 7. Herstellen von halogenierten organischen Grundchemikalien aus Kohlenwasserstoffen der Z 2 oder 3 oder aus Stoffen der Z 4 (Halogenkohlenwasserstoffe);
  4. 8. Lagern von Produkten der Z 2 bis 7 im unmittelbaren Anschluß an den Herstellungsprozeß;
  5. 9. Reinigen von Abluft und wäßrigen Kondensaten aus Tätigkeiten der Z 1 bis 8;
  6. 10. Reinigen von Verbrennungsgas aus Tätigkeiten gemäß Z 1 bis 8 unter Einsatz von wäßrigen Medien, wenn
  1. gleichzeitig mit der Verbrennung oder im Anschluß an die Verbrennung gezielt physikalische, chemische oder physikalisch-chemische Reaktionen im Sinne eines Synthese- oder Produktionsprozeßes vollzogen werden oder
  2. das Verbrennungsgas mit Abluft derart vermischt anfällt, daß die Beschaffenheit des Gemisches mehr als geringfügig von der Beschaffenheit des Verbrennungsgases abweicht.

(3) Abs. 1 gilt nicht für die Einleitung von

  1. 1. Abwasser aus Kühlsystemen und Dampferzeugern (§ 4 Abs. 2 Z 4.1 AAEV),
  2. 2. Abwasser aus der Behandlung von Verbrennungsgas (§ 4 Abs. 2 Z 4.2 AAEV) ausgenommen solchem gemäß Abs. 2 Z 10,
  3. 3. Abwasser aus der Wasseraufbereitung (§ 4 Abs. 2 Z 4.4 AAEV),
  4. 4. Abwasser aus der Herstellung von
  1. a) Kunstharzen,
  2. b) Kunststoffen oder Synthesekautschuk,
  3. c) Arzneimitteln oder Kosmetika,
  4. d) Klebstoffen, Druckfarben, Farben oder Lacken, Holz- oder Bautenschutzmitteln,
  5. e) Seifen oder Wasch-, Putz- und Pflegemitteln,
  6. f) Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln,
  7. g) Textil-, Leder- oder Papierhilfsmitteln,
  8. h) Chemiefasern,
  9. i) Explosivstoffen,
  10. j) organischen Zwischenprodukten oder Feinchemikalien,
  1. 5. Abwasser aus der Herstellung von
  1. a) Ammoniak (§ 4 Abs. 2 Z 6.3.9 AAEV),
  2. b) Harnstoff oder Melamin (§ 4 Abs. 2 Z 6.3.5 AAEV);
  1. 6. Abwasser aus der Erdölverarbeitung (§ 4 Abs. 2 Z 6.5 AAEV);
  2. 7. Abwasser oder Niederschlagswasser aus der Lagerung von Verarbeitungsprodukten des Erdöles oder seiner Fraktionen sowie von Produkten gemäß Abs. 2 außerhalb von Betrieben oder Anlagen zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen und organischen Grundchemikalien;
  3. 8. häuslichem Abwasser aus Betrieben gemäß Abs. 2.

(4) Soweit diese Verordnung keine von der AAEV abweichende Regelung enthält, gilt die AAEV ausgenommen § 4 Abs. 7 AAEV für Abwasser aus der Reinigung von Abluft und wäßrigen Kondensaten, die bei Tätigkeiten gemäß Abs. 2 anfallen.

(5) Sofern es bei einer rechtmäßig bestehenden Abwassereinleitung gemäß Abs. 1 für die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen der Anlage A erforderlich ist, oder sofern bei einer beantragten Abwassereinleitung gemäß Abs. 1 die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen der Anlage A nicht durch andere Maßnahmen gewährleistet ist, können ua. folgende die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse von Betrieben oder Anlagen gemäß Abs. 2 betreffende Maßnahmen entweder bei alleinigem oder bei kombiniertem Einsatz in Betracht gezogen werden (Stand der Vermeidungs-, Rückhalte- und Reinigungstechnik):

  1. 1. Verminderung des Frischwasserverbrauches und des Abwasseranfalles durch
  1. a) weitestgehenden Ersatz nasser Kühlverfahren durch Trockenkühlverfahren,
  2. b) Anwendung des Kreislaufkühlverfahrens bei unerläßlichem Einsatz nasser Kühlverfahren,
  3. c) Einsatz gereinigter Prozeßwässer in den Kreislaufkühlsystemen,
  4. d) Einsatz wassersparender Reinigungsverfahren (zB Gegenstromwäsche); Kreislaufführung oder Mehrfachverwendung schwachbelasteter wäßriger Kondensate oder Wasch- und Spülwässer, erforderlichenfalls unter Einsatz von Zwischenreinigungsmaßnahmen,
  5. e) Einsatz wasserfreier Verfahren zur Vakuumerzeugung sowie zur Reinigung von Abluft; weitestgehender Verzicht auf den Einsatz von Mischkondensatoren;
  1. 2. Erfassung und Ableitung von Niederschlagswasser, Kühlwasser und Abwasser in gesonderten Kanalisationssystemen; vom Abwassersystem weitestgehend gesonderte Erfassung und Entsorgung der Niederschlagswässer jener Oberflächen einer petrochemischen Anlage, auf denen keine oder nur geringe Rohstoff- oder Produktverunreinigungen anfallen;
  2. 3. Bevorzugter Einsatz solcher Roh-, Arbeits- und Hilfsstoffe sowie Herstellungsverfahren, die eine stoffliche Verwertung der im Abwasser enthaltenen Roh-, Arbeits- und Hilfsstoffe oder der Herstellungsrückstände erlauben (zB Katalysatoren, Extraktionsmittel, Säuren und Laugen, Waschflüssigkeiten);
  3. 4. Einsatz von Herstellungsverfahren und Katalysatoren mit optimierter Prozeßausbeute, welche das Entstehen von Isomerengemischen verhindern, die nachfolgende abwasserintensive Trennoperationen erfordern;
  4. 5. Gesonderte Erfassung und bevorzugt thermische Verwertung oder Entsorgung hochkonzentrierter Abwässer oder wäßriger Rückstände, die nicht gemäß Z 3 wieder- oder weiterverwendet werden können;
  5. 6. Beachtung der ökotoxikologischen Angaben in den Sicherheitsdatenblättern der eingesetzten Roh-, Arbeits- und Hilfsstoffe; Auswahl und bevorzugter Einsatz solcher Stoffe, die selbst keine gefährlichen Eigenschaften gemäß § 33a WRG 1959 aufweisen, bei denen möglichst keine gefährlichen Reaktionsprodukte aus den Herstellungsprozessen zu erwarten sind und welche durch bevorzugt biologische Abwasserreinigungsverfahren eliminiert werden können;
  6. 7. Einsatz von rechnergestützen Maßnahmen zur reaktionstechnischen Überwachung der ablaufenden Herstellungsprozesse zwecks Optimierung der Stoffausbeuten, Minimierung des Anfalles an unerwünschten Nebenprodukten oder Reststoffen und zur frühzeitigen Erkennung von Störungen;
  7. 8. Abpuffern von hydraulischen Belastungsstößen und Schmutzfrachtspitzen durch Mengenausgleich;
  8. 9. Einsatz physikalischer, chemischer oder physikalisch-chemischer Abwasserreinigungsverfahren oder deren Kombinationen (zB Sedimentation, Neutralisation, Flotation, Fällung/Flockung, Strippung, Adsorption/Absorption, Extraktion, Oxidation/Reduktion) für Abwasserteilströme oder für das Gesamtabwasser bei Direkt- und Indirekteinleitern;
  1. 10. vom Abwasser gesonderte Erfassung und Verwertung von Rückständen aus der Produktion oder Verarbeitung sowie von Rückständen aus der Abwasserreinigung oder deren Entsorgung als Abfall (AWG, BGBl. Nr. 325/1990).

Schlagworte

Nitroverbindung, Nitrosoverbindung, Syntheseprozeß, Waschmittel, Holzschutzmittel, Putzmittel, Textilhilfsmittel, Lederhilfsmittel, Vermeidungstechnik, Rückhaltetechnik, Waschwasser, Rohstoff, Rohstoffverunreinigung, Arbeitsstoff, Pflanzenschutzmittel

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2024

Gesetzesnummer

10011155

Dokumentnummer

NOR40237910

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