§ 11 GGBG

Alte FassungIn Kraft seit 01.1.2002

Sicherheitsberater (Gefahrgutbeauftragter)

§ 11.

(1) Ab 31. Dezember 1999 haben Unternehmen, deren Tätigkeiten die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, auf der Schiene oder auf Wasserstraßen oder das mit dieser Beförderung zusammenhängende Be- oder Entladen umfassen, einen oder mehrere qualifizierte Personen mit deren Zustimmung als Sicherheitsberater für die Gefahrgutbeförderung (Gefahrgutbeauftragte) zu benennen. Die Unternehmen haben der Behörde binnen eines Monats nach Benennung die Namen ihrer Gefahrgutbeauftragten mitzuteilen.

(2) Der Gefahrgutbeauftragte hat unter der Verantwortung des Unternehmensleiters im wesentlichen die Aufgabe, im Rahmen der betroffenen Tätigkeiten des Unternehmens nach Mitteln und Wegen zu suchen und Maßnahmen zu veranlassen, welche die Durchführung dieser Tätigkeiten unter Einhaltung der geltenden Bestimmungen und unter optimalen Sicherheitsbedingungen erleichtern. Der Unternehmensleiter ist verpflichtet, den Gefahrgutbeauftragten bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu unterstützen, ihm hiefür ausreichend Zeit während der Arbeitszeit zu gewähren und Hilfsmittel, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten u. dgl. zur Verfügung zu stellen. Die näheren Einzelheiten hinsichtlich Ausbildung, Kostentragung der Ausbildung, Gewährung von Freizeit unter Fortzahlung des Lohnes und sonstiger Unterstützungsmaßnahmen für Gefahrgutbeauftragte gemäß Abs. 4 Z 2 werden durch Verordnung geregelt. Die den Tätigkeiten des Unternehmens entsprechenden Aufgaben des Gefahrgutbeauftragten sind:

  1. 1. Überwachung der Einhaltung der Vorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter;
  2. 2. Beratung des Unternehmens bei den Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Beförderung gefährlicher Güter;
  3. 3. Erstellung eines Jahresberichts für die Unternehmensleitung oder gegebenenfalls für die Behörde über die Tätigkeiten des Unternehmens in bezug auf die Beförderung gefährlicher Güter. Die Berichte sind fünf Jahre lang aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen vorzulegen.

(3) Zu den Aufgaben des Gefahrgutbeauftragten gehört insbesondere auch die Überprüfung des nachstehenden Vorgehens und der nachstehenden Verfahren hinsichtlich der betroffenen Tätigkeiten:

  1. 1. Verfahren, mit denen die Einhaltung der Vorschriften zur Identifizierung der beförderten gefährlichen Güter sichergestellt werden soll;
  2. 2. Vorgehen des Unternehmens, um beim Kauf von Beförderungsmitteln den besonderen Erfordernissen in bezug auf die beförderten gefährlichen Güter Rechnung zu tragen;
  3. 3. Verfahren, mit denen das für die Beförderung gefährlicher Güter oder für das Be- oder Entladen verwendete Material überprüft wird;
  4. 4. ausreichende Schulung der betreffenden Arbeitnehmer des Unternehmens und Vermerk über diese Schulung in der Personalakte;
  5. 5. Durchführung geeigneter Sofortmaßnahmen bei etwaigen Unfällen oder Zwischenfällen, die unter Umständen die Sicherheit während der Beförderung gefährlicher Güter oder während des Be- oder des Entladens gefährden;
  6. 6. Durchführung von Untersuchungen und, wenn erforderlich, Erstellung von Berichten über Unfälle, Zwischenfälle oder schwere Verstöße, die während der Beförderung gefährlicher Güter oder während des Be- oder Entladens festgestellt wurden;
  7. 7. Einführung geeigneter Maßnahmen, mit denen das erneute Auftreten von Unfällen, Zwischenfällen oder schweren Verstößen verhindert werden soll;
  8. 8. Berücksichtigung der Rechtsvorschriften und der besonderen Anforderungen der Beförderung gefährlicher Güter bei der Auswahl und dem Einsatz von Subunternehmern oder sonstigen Dritten;
  9. 9. Überprüfung, ob das mit der Gefahrgutbeförderung oder dem Be- oder Entladen der gefährlichen Güter betraute Personal über ausführliche und verständliche Arbeitsanleitungen und Anweisungen verfügt;
  10. 10. Einführung von Maßnahmen zur Aufklärung über die Gefahren bei der Beförderung gefährlicher Güter oder beim Be- oder Entladen der gefährlichen Güter;
  11. 11. Einführung von Maßnahmen zur Überprüfung des Vorhandenseins der im Beförderungsmittel mitzuführenden Papiere und Sicherheitsausrüstungen sowie der Vorschriftsmäßigkeit dieser Papiere und Ausrüstungen;
  12. 12. Einführung von Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften für das Be- und Entladen.

(4) Die Funktion des Gefahrgutbeauftragten kann wahrgenommen werden:

  1. 1. vom Leiter des Unternehmens,
  2. 2. von einer Person mit anderen Aufgaben im Unternehmen oder
  3. 3. von einer dem Unternehmen nicht angehörenden Person, wenn diese tatsächlich in der Lage ist, die Aufgaben des Gefahrgutbeauftragten zu erfüllen.

(5) Der Gefahrgutbeauftragte muß Inhaber eines für den oder die betreffenden Verkehrsträger gültigen Schulungsnachweises nach dem Muster in Anhang III der Richtlinie 96/35/EG , nachstehend „Nachweis" genannt, sein, welcher der Behörde auf Verlangen vorzulegen ist. Zur Erlangung des Nachweises muß der Bewerber eine Schulung erhalten, die durch das Bestehen einer kommissionellen Prüfung nachgewiesen wird. Mit der Schulung sollen dem Bewerber in erster Linie eine ausreichende Kenntnis über die Risiken von Gefahrgutbeförderungen, eine ausreichende Kenntnis der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für den oder die betreffenden Verkehrsträger sowie eine ausreichende Kenntnis der in den Abs. 2 und 3 festgelegten Aufgaben vermittelt werden. Die Sachgebiete der Prüfung müssen mindestens Kenntnisse über Unfallfolgen im Zusammenhang mit der Beförderung gefährlicher Güter und Kenntnisse der wichtigsten Unfallursachen sowie Bestimmungen in den gemäß § 2 in Betracht kommenden Vorschriften umfassen, die insbesondere folgende Bereiche betreffen:

  1. 1. Klassifizierung der gefährlichen Güter (Verfahren zur Klassifizierung von Lösungen und Mischungen, Aufbau der Stoffaufzählungen, Gefahrenklassen und Klassifizierungskriterien, Eigenschaften der beförderten gefährlichen Stoffe und Gegenstände, insbesondere physikalische und chemische sowie toxikologische Eigenschaften);
  2. 2. Allgemeine Verpackungsvorschriften sowie Anforderungen für Tanks und Tankcontainer (Verpackungsarten sowie Verpackungskodierung und -kennzeichnung, Anforderungen an die Verpackungen und Vorschriften für die Prüfung, Zustand der Verpackungen und regelmäßige Kontrolle);
  3. 3. Aufschriften und Gefahrzettel;
  4. 4. Vermerke im Beförderungspapier (Angaben im Frachtbrief oder Beförderungspapier, Konformitätserklärung des Absenders);
  5. 5. Versandart und Abfertigungsbeschränkungen (Wagenladung, geschlossene Ladung, Beförderung in loser Schüttung, Beförderung in Großpackmitteln (IBC), Beförderung in Containern, Beförderung in festverbundenen Tanks, abnehmbaren Tanks oder Aufsetztanks);
  6. 6. Beförderung von Fahrgästen;
  7. 7. Zusammenladeverbote und Vorsichtsmaßnahmen bei der Zusammenladung;
  8. 8. Trenngebote;
  9. 9. begrenzte Mengen und freigestellte Mengen;
  10. 10. Handhabung und Sicherung der Ladung (Be- und Entladen, Füllungsgrad, Stauen und Trennen);
  11. 11. Reinigung oder Lüftung vor dem Be- und nach dem Entladen;
  12. 12. Ausbildung des zuständigen bei der Beförderung tätigen Personals;
  13. 13. Mitzuführende Papiere (Frachtbrief oder Beförderungspapier, schriftliche Weisungen, Zulassungsbescheinigung des Fahrzeugs, Bescheinigung über die Schulung der Lenker, Sachkundenachweis für die Binnenschiffahrt, Kopie der etwaigen Ausnahme oder Abweichung, sonstige Papiere);
  14. 14. Sicherheitsanweisungen (Durchführung der Anweisungen sowie Schutzausrüstung für den Lenker);
  15. 15. Überwachungspflichten: Halten und Parken;
  16. 16. Verkehrsregeln und -beschränkungen;
  17. 17. Freiwerden umweltbelastender Stoffe auf Grund eines Betriebsvorgangs oder eines Unfalls;
  18. 18. Anforderungen an die Beförderungsmittel.

(6) Der Nachweis hat eine Geltungsdauer von fünf Jahren. Seine Geltungsdauer wird automatisch um jeweils fünf Jahre verlängert, wenn der Inhaber des Nachweises im letzten Jahr vor dessen Ablauf an einer Fortbildungsschulung teilgenommen und eine Prüfung bestanden hat. In Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums ausgestellte gültige Nachweise im Sinne von Abs. 5 sind in Österreich ausgestellten Nachweisen gleichzuhalten.

(7) Schulungskurse für Gefahrgutbeauftragte dürfen in Österreich nur von mittels Bescheid anerkannten Schulungsveranstaltern durchgeführt werden. Über den Antrag auf Anerkennung hat der Landeshauptmann zu entscheiden, in dessen örtlichem Wirkungsbereich die Räumlichkeiten für die Durchführung der Schulungskurse gelegen sind. Befinden sich diese im Wirkungsbereich von zwei oder mehreren Landeshauptmännern, haben die beteiligten Landeshauptmänner einvernehmlich vorzugehen. Für die Durchführung von Schulungskursen können auch mehrere Standorte im Bundesgebiet zugelassen werden. Wenn der Antrag von einer natürlichen Person gestellt wird, muß diese das 24. Lebensjahr vollendet haben und vertrauenswürdig sein. Bei juristischen Personen müssen jene Personen vertrauenswürdig sein, denen ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht. Bei juristischen Personen ist mindestens eine verantwortliche natürliche Person mit Hauptwohnsitz in Österreich zu bestellen. Der Anerkennungsbescheid berechtigt den Veranstalter, die darin bezeichneten Kurse und deren Kombination durchzuführen. Für die Anerkennung ist eine Verwaltungsabgabe in Höhe von 581 Euro zu entrichten.

(8) Der Gefahrgutbeauftragte hat dafür zu sorgen, daß nach einem Unfall, Zwischenfall oder schweren Verstoß, der sich während einer von dem jeweiligen Unternehmen durchgeführten Beförderung oder während des von dem Unternehmen vorgenommenen Be- oder Entladens ereignet hat, und bei dem Personen, Sachen oder die Umwelt zu Schaden gekommen sind oder eine konkrete Gefährdung bestanden hat, nach Einholung aller sachdienlichen Auskünfte ein Bericht für die Unternehmensleitung erstellt wird. Dieser Bericht enthebt nicht von Informationspflichten, die wegen anderer Rechtsvorschriften bestehen.

(9) Die in den vorstehenden Abs. 1 bis 8 enthaltenen Verpflichtungen gelten nicht für Unternehmen, deren Tätigkeiten gemäß Abs. 1 sich auf die Beförderung gefährlicher Güter in begrenzten Mengen erstrecken, die unterhalb der in Artikel 3 lit. b der Richtlinie 96/35/EG angeführten Grenzwerte liegen.

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